Die farbliche Anpassung einer Art an eine andere, nicht verwandte Art nennt man Mimikry. Am berühmtesten sind die Beispiele von Mimikry, in denen völlig harmlose Gesellen echte Gifteumel nachahmen und somit vom schlechten Ruf ihrer Vorbilder profitieren. Unter den Insekten sind es z.B. die völlig waffenlosen Schwebfliegen, die die giftstachelbewehrten Wespen, Bienen und Hummeln imitieren.
Corydoras hastatus
Die Mimikry, die hier besprochen werden soll, zeigt der niedliche Sichelfleck-Panzerwels, Corydoras hastatus. Er ist mit maximal 3 cm Länge eine der kleinsten Corydoras-Arten, die man kennt. Ähnlich wie der noch etwas kleinere Zwergpanzerwels, C. pygmaeus, schwimmt der Sichelfleck-Panzerwels fast ständig im freien Wasser und hat das Bodenleben weitgehend aufgegeben. Der Sichelfleck-Panzerwels findet sich vor allem im Rio Paraguay und seinen Nebenflüssen, der im Hochland von Mato Grosso in Brasilien entspringt und dann durch Paraguay fließt.
Corydoras hastatus und Hemigrammus tridensHemigrammus tridens
Hier vereint sich der Sichelfleck-Panzerwels mit ganz ähnlich gefärbten Salmlern z.B. der Arten Cheirodon kriegi, Aphyocharax paraguayensis, Odontostilbe paraguayensis, Serrapinnus piaba und Hemigrammus tridens (es gibt noch ein paar mehr Arten, die so aussehen) zu gemischten Schwärmen. Der Vorteil dieser Mimikry liegt auf der Hand: Durch die Verzwergung der Panzerwelsart wuchs die Anzahl der Arten von Fressfeinden, die sich von der schwachen Panzerung nicht mehr abschrecken lassen. Große Panzerwelse haben kaum Fressfeinde, die kratzen viel zu stark im Hals mit ihren spitzen Flossenstacheln und der harten Panzerung.
Aphyocharax paraguayensisCheirodon kriegi
Doch für die zarten Zwerge galten wieder die gleichen Spielregeln, wie für alle wehrlosen Kleinfische, die in diesem Fall folgende Lösung fanden: In der Masse sind wir stark! Typisch für alle Mitglieder dieses symbiontischen (Symbiose: Lebensgemeinschaft unterschiedlicher Arten zum gegenseitigen Nutzen) Schwarms artfremder Mitglieder ist ein schwarzen, hell eingefasster Schwanzwurzelfleck, der eventuellen Raubfischen ein Auge vortäuschen soll. Raubfische orientieren sich beim Angriff immer am Auge des Opfers und so steigt mit dem Vorhandensein eines Augenflecks am Hinterkörper die Chance, dass ein Räuber in Leere stößt. Diesen Trick haben die unterschiedlichsten Fischarten immer wieder neu erfunden.
Die gemischten Paraguay-Schwärme haben gegenüber artreinen Schwärmen einen großen Vorteil: Jede Mitgliedsart hat unterschiedliche Futteransprüche und so treten die einzelnen Mitglieder des Schwarms in weit weniger Konkurrenz zueinander, als dies bei einem artreinen Schwarm der Fall ist. Besteht also so ein Schwarm aus, sagen wir mal 1000 Individuen, so muss sich ein Paraguay-Rotflossensalmler (Aphyocharax paraguayensis) um eine ins Wasser gefallene Mücke, seine Hauptbeute, mit 999 Artgenossen streiten. Im gemischten Schwarm aus 5 Arten jedoch nur mit 199. Und das bei gleichem Schutzfaktor.
Leider wird nur der eben schon erwähnte Paraguay-Rotflossensalmler (Aphyocharax paraguayensis) regelmäßig von den genannten Arten importiert und steht auch regelmäßig als Nachzucht zur Verfügung. Die anderen sind zu farblos. So kommen nur wenige Glückliche, die Zugang zum Großhandel haben und sich dort die so genannten Beifänge aus importierten Sichelfleck-Panzerwelsen heraussammeln können, in die Situation, einmal alle Arten zusammen in einem großen Gemeinschaftsaquarium zu pflegen und die ganzen Feinheiten dieses Zusammenlebens zu studieren.
Schade, dass sich im Zoofachhandel immer nur die farbigen Fische gut verkaufen lassen…
Die Menschen der westlichen Welt wollten schon immer möglichst frühzeitig wissen, ob eine Schwangerschaft eingetreten ist oder nicht. Der erste wissenschaftlich exakte und dabei problemlos zu handhabende Schwangerschaftstest waren Krallenfrösche, in diesem Falle Angehörige der Gattung Xenopus. Spritzt man nämlich geschlechtsreifen Weibchen dieser Arten den Morgenurin einer schwangeren Frau in den Rückenlymphsack, so bewirkt das darin enthaltene Schwangerschaftshormon Choriongonadotropin, dass das Weibchen spätestens nach 12 Stunden Eier legt.
Xenopus laevis, der Große Krallenfrosch
Schon vor dieser Entdeckung in den 1940er Jahren waren Krallenfrösche (vor allem Xenopus laevis) gefragte Labortiere. Man untersuchte und erforschte an ihnen zahllose neurophysiologische und genetische Grundlagen. Es erfolgte nach der Entdeckung, dass sich Krallenfrösche als sicherer Schwangerschaftstest eignen, ein wahrer Run auf diese Tiere, so dass die Laborzucht immer wichtiger wurde, weil der Nachschub (per Schiff aus Afrika!) nicht so ganz problemlos sicherzustellen war. Auch unsere Großeltern wussten offenbar die Vorteile einer Familienplanung schon ziemlich zu schätzen.
Später fand man heraus, dass dieser Test auch mit einheimischen Fröschen gelingt, freilich nicht mit den Weibchen. Bei den mitteleuropäischen Fröschen ist die Eireife bei den Weibchen streng zyklisch und nur wenige Wochen im Jahr möglich. Aber die Männchen können fast immer (wenn man sie richtig behandelt) und hier stellte man dann die Schwangerschaft einer Frau durch das Vorhandensein von Samenfäden nach einer Urininjektion fest.
Heutzutage ist es eher ungewöhnlich, im Wartezimmer eines Gynäkologen ein Aquarium mit Krallenfröschen oder ein Terrarium mit Grasfröschen (Rana temporaria) anzutreffen. Aber die Froschzüchter in aller Welt machen sich die Eigenart der Frösche, positiv auf menschliches Sexualhormon zu reagieren, immer noch zunutze, wenn es nicht recht gelingen will, die Tiere trotz sexueller Reife zur Nachzucht zu bringen. Details überlasse ich der Phantasie des Lesers…
Der Große Krallenfrosch
Studiert man die wissenschaftliche und die Liebhaber-Literatur in Bezug auf Krallenfrösche, so ist dort meist vom Großen Krallenfrosch, Xenopus laevis, die Rede. In vielen Fällen ist die Bestimmung fragwürdig, weil nur wenige Menschen die verschiedenen Arten von Xenopus auseinanderhalten können; erst im Dezember 2015, wurden sechs (!) neue Arten Krallenfrösche beschrieben! Eine weitere Art (Xenopus calcaratus) wurde aus der Synonymie geholt und jetzt beträgt die Artenzahl in der Gattung (inklusive der nur noch als Untergattung eingestuften Silurana) 29 (Evans et al. 2015). Aber dessen ungeachtet sei Xenopus laevis etwas näher vorgestellt.
Der Große Krallenfrosch erweckte schon immer das Interesse der Menschen. Xenopus bedeutet übrigens “mit fremdartigem Fuß”. In Afrika schrieben die Menschen diesen Fröschen geheimnisvolle Kräfte zu. Das plötzliche Auftauchen der Tiere nach der Regenzeit in Tümpeln interpretierten sie so, dass diese Frösche Regenbringer seien. Auch andere Mythen und Legenden ranken sich um diese Amphibien.
In Europa war das Interesse der Wissenschaftler an den Tieren pragmatischer. Man untersuchte an ihnen morphologische und entwicklungsphysiologische Eigenheiten. In der modernen Wissenschaft nutzt man sie, um Klone (also genetisch identische Individuen) herzustellen und andere genetische Untersuchungen anzustellen. Die moderne Gentechnologie wurde an Krallenfröschen entwickelt und heute gehören Große Krallenfrösche zu den am besten genetisch untersuchten Lebewesen überhaupt.
Albino-Zuchtform des KrallenfroschsZur Paarungszeit entwickeln die männlichen Krallenfrösche an den Händen und Unterarmen Brunftschwielen, gut als dunkle Linien bei diesem Albino-Mann zu erkennen.
In der Vivaristik hat dieser Frosch auch schon früh Eingang gefunden, was unter anderem mit seiner enormen Temperatur-Toleranz (die Haltung ist möglich bei Temperaturen zwischen 12 und 36°C, das Optimum liegt allerdings bei 22°C) zusammenhängt. Auch in ungeheizten Aquarien ist das Tier problemlos zu halten. Erste Pflege- und Zuchtberichte erschienen bereits um 1905.
In Afrika hat der Große Krallenfrosch (im weiteren Sinne, es verbergen sich mehrere genetisch unterschiedliche Formen hinter diesem Namen) ein riesiges Verbreitungsgebiet und besiedelt fast ganz Afrika. Verwilderte Populationen gibt es sogar in Europa (Wales) und in den USA. Das größte bisher gefangene Weibchen der Nominatform maß 12,5 cm. Es fand sich in einem Goldfischteich, wo es sich an den Zierfischen gemästet hatte. Männchen bleiben immer kleiner. Der Große Krallenfrosch ist überaus anpassungsfähig und findet sich in Tümpeln und Weihern ebenso wie in Seen und Flüssen. Als Kulturfolger besiedeln sie auch Gartenteiche und Parks. Kurz: Es sind Hansdampfs in allen Gassen, wie man so schön sagt. Unsere Aquarienstämme sind wohl kaum noch reine Unterarten. Kann man Wildfänge erhalten, sollte man unbedingt reinblütig mit ihnen züchten. Allerdings ist das legal künftig kaum noch möglich, denn die Art wurde als EU-weite invasive Bedrohung eingestuft, der Handel, die private Pflege und Zucht wird darum 2022 verboten werden, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Der Hintergrund hierzu ist, dass eine sich vermehrende Population des Großen Krallenfrosches in Frankreich entdeckt wurde. Wegen des Klimawandels befürchtet man jetzt, diese Art könne in Europa invasiv werden. Um dem vorzubeugen, soll der Handel mit ihr darum verboten werden.
Zuchtform Leopard
Wels oder Frosch?
Im Jahre 1864 beschrieb der berühmte Zoologe John Edward Gray eine neue, seltsame Froschart anhand einiger Kaulquappen und frisch verwandelter Jungfrösche aus Afrika als Silurana tropicalis. Das merkwürdige Geschöpf besaß als Kaulquappe zwei lange Barteln, keinerlei Zähne, gut ausgebildete Augen, einen umlaufenden Flossensaum (ähnlich einem Aal) und eine zweite, kurze Flosse unter dem Bauch. Keine der Flossen besaß stützende Flossenstrahlen. Gray war sich durchaus im Klaren darüber, dass es sich um einen Frosch handelte. Die neue Gattung, die er schuf, setzt sich aus den lateinischen Worten “Silurus” (= Wels) und “Rana” (= Frosch) zusammen. Damit wies er auf die überaus erstaunliche Ähnlichkeit zu Welsen hin, denn derart abstruse Kaulquappen hatte noch nie ein Mensch gesehen oder beschrieben.
Larve des Albino-Krallenfrosches
Es waren die Kaulquappen der Art, die wir heute als Gespornten Krallenfrosch, Xenopus tropicalis, kennen. Xenopus tropicalis (oft auch als Silurana tropicalis bezeichnet) unterscheidet sich deutlich von Xenopus laevis. Er wird nur ca. 4 cm groß, hat kleinere Augen und ist eine tropische Art, die niemals einen europäischen Winter überstehen könnte.
Xenopus tropicalis aus Nigeria
Vielleicht sollte an dieser Stelle einmal ein kleiner Exkurs erlaubt sein, wie denn normalerweise eine Kaulquappe aussieht. Alle Kaulquappen, außer den Kaulquappen der Zungenlosen, besitzen hornige Lippenzähnchen, die in Leisten angeordnet sind. Mit diesen Lippenzähnchen, die in Art und Form so charakteristisch sind, das man daran die Art bestimmen kann, raspeln die Kaulquappen ihre Nahrung klein, die, je nach Art, aus Aufwuchs (das ist der aus Algen und Kleinstlebewesen bestehende Belag auf Steinen, Wurzeln, Blättern etc.) oder auch tierischer Nahrung bestehen kann.
Müllers Krallenfrosch, Xenopus muelleriDie Männchen der Krallenfrösche sind immer kleiner als die Damen. Hinten der Mann.
Die Kaulquappen der Krallenfrösche haben aber keine Lippenzähnchen. Die Kaulquappen der Krallenfrösche (Untergattungen Xenopus und Silurana) sind zu Filtrierern geworden. Dabei haben sie eine Lebensweise angenommen, die der kleiner, sich von Plankton (als Plankton bezeichnet man die Gesamtheit der sich frei im Wasser bewegenden Organismen) ernährender Fische entspricht. Zusätzlich haben die Kaulquappen der Krallenfrösche auch noch lange Bartfäden, die tatsächlich genau wie die Oberlippenbarteln bestimmter Welse (etwa der Glaswelse, Kryptopterus) aussehen.
In der Natur schwimmen diese Kaulquappen frei im Wasser, und zwar in Schwärmen. Die Ähnlichkeit zu Fischen ist wirklich verblüffend.
Kannibalenzucht
Krallenfrösche besiedeln auch künstliche, ziemlich sterile Wasserkörper, wo sie sich außerhalb ihres eigentlichen Verbreitungsgebietes etabliert haben, z.B. in den USA. Als man untersuchte, wovon sie sich dort ernähren, stieß man auf Erstaunliches: Die Mägen der untersuchten Tiere enthielten zu bestimmten Zeiten vorwiegend Kaulquappen der eigenen Art!
Xenopus muelleri ist leider eine bedrohte Art.Portrait von Xenopus muelleri.
Die übliche Nahrung der Krallenfrösche stellen, zieht man Vergleichsuntersuchungen heran, vor allem größere Insekten dar. In neuen, kahlen Lebensräumen herrscht aber unter Umständen gewaltiger Nahrungsmangel. Zwar macht Krallenfröschen auch ein mehrwöchiges Fasten kaum etwas aus, aber auf die Dauer muss sogar ein Xenopus mal was fressen.
Der Überlebenstrick der Krallenfrösche: Sie setzen Nachwuchs in die Welt! Das klingt auf den ersten Blick widersinnig. Ist es aber nicht. Die Kaulquappen von Xenopus ernähren sich nämlich bekanntlich von Mikroplankton (also Schwebealgen und dergleichen), und daran mangelt es in frisch angelegten, künstlichen Teichen kaum jemals, wie viele Gartenteichbesitzer zu ihrem Leidwesen – Stichwort: grünes Wasser – schon lernen mussten.
Xenopus tropicalis, Wildfang aus Nigeria.
Wenn man nun daran denkt, dass ein einziges Xenopus-Weibchen von 6,5 cm Länge schon locker 1.000 Eier auf einmal legen kann, ein 10,5 cm langes Weibchen gar 17.000 Eier und dass Xenopus durchaus mehrfach pro Brutsaison ablaichen, kommt da einiges zusammen. Die Folge dieses Treibens: Hunderte und tausende von Xenopus-Kaulquappen, die das für die Erwachsenen unbrauchbare Mikroplankton in wertvolles Bioeiweiß umwandeln.
Vielleicht ist diese Überlebenstechnik aus menschlicher Sicht moralisch nicht ganz einwandfrei. Sie ist aber in jedem Fall wirkungsvoll.
Frank Schäfer
Literatur:
Evans, B. J., Carter, T. F., Greenbaum, E., Gvoždík, V., Kelley, D. B., McLaughlin, P. J., … & Tobias, M. L. (2015). Genetics, morphology, advertisement calls, and historical records distinguish six new polyploid species of African clawed frog (Xenopus, Pipidae) from West and Central Africa. PLoS One, 10(12), e0142823.
Furman, B. L., Bewick, A. J., Harrison, T. L., Greenbaum, E., Gvoždík, V., Kusamba, C., & Evans, B. J. (2015). Pan‐African phylogeography of a model organism, the African clawed frog ‘Xenopus laevis’. Molecular Ecology, 24(4), 909-925.
Zwei Zierfischfänger, ihre Familiennamen waren Blass und Ramirez, begaben sich in Venezuela in den Savannen (Llanos) des Orinoko auf eine 500 km lange Sammelreise, die ihren Anfang in Palenque nahm und „an einem großen Fluß“ (man vermutet heute, es handelte sich um den Rio Meta) endete. Irgendwo im Verlauf dieser Reise (genauer konnten oder wollten sie es später nicht mehr sagen) fingen sie die ersten Exemplare eines Fisches, der einen beispiellosen Erfolgszug durch die Becken der Aquarianer in aller Welt antrat.
Die Tiere gelangten lebend in die USA und wurden dort bereits kurze Zeit später (1948) von Myers und Harry als Apistogramma ramirezi beschrieben. Der Enthusiasmus, der dem bezaubernden kleinen Geschöpf entgegen gebracht wurde, war nahezu maßlos. Der Fisch war klein, kaum 4 cm lang und damit passte er ideal in die zur Nachkriegszeit vornehmlich kleinen Aquarien. Und er war unbeschreiblich bunt, alle Farben des Regenbogens waren auf ihm vertreten. Da es sich um einen Cichliden handelte, war man zusätzlich besonders begeistert darüber, dass diese prachtvolle Neuentdeckung nur wenig wühlte, die Pflanzen unbeschädigt liess und anderen Aquarienbewohnern gegenüber weitgehend friedlich war. Zudem entspricht der Fisch, für den Ladiges 1949 den bis heute gebräuchlichen Namen „Schmetterlingsbuntbarsch“ prägte, in idealer Weise dem sogenannten „Kindchenschema“: er hat einen kurzen, runden Kopf, ein kleines Maul und ein großes Auge, das durch einen hindurchlaufenden dunklen Balken noch hervorgehoben wird. Ob wir nun wollen oder nicht, jeder Mensch findet einen Schmetterlingsbuntbarsch „süß“.
Der Schmetterlingsbuntbarsch, Mikrogeophagus ramirezi, begeistert seit dem Tag seiner Entdeckung die aquaristische Welt durch seine Farbenpracht und sein vielfältiges Verhaltensrepertoire.
Seit seiner Ersteinfuhr ist der Schmetterlingsbuntbarsch nicht mehr aus den Aquarien verschwunden. Obwohl es wahrhaft pflegeleichtere Fische gibt und ein Anfänger in Sachen Aquaristik mit den Pflegeansprüchen der Art oft überfordert ist, gehört der „Rami“ zum Standardangebot des Zoofachhandels. Er ist in der Zwischenzeit zum Haustier geworden und hat, wie alle Haustierformen, positive und negative Entwicklungen in der Zuchtrichtung durchlaufen. Das ging soweit, dass in den 1970er und 1980er Jahren, als unter massivem Hormon- und Medikamenteneinsatz gezüchtete Schmetterlingsbuntbarsche den Markt dominierten, selbst geübte Aquarianer kaum noch in der Lage waren, diese Tiere erfolgreich zu pflegen und zu züchten.
Glücklicherweise hat sich das zwischenzeitlich wieder weitgehend geändert. Wer sich heutzutage für Schmetterlingsbuntbarsche interessiert, kann aus einer breiten Angebotspalette wählen, die von Wildfängen, über naturfarbene Nachzuchten bis zu reinen Zuchtformen reicht, von denen letztere von den Wildfischen sowohl in der Größe (Zuchtformen werden fast doppelt so groß) wie auch in der Farbzusammenstellung unterschieden sind. Es gibt sogar Zuchtformen mit Schleierflossen.
Streit um den „ramirezi“, Teil 1
1967 publizierte der damalige Leiter der Fischbestimmungsstelle des Verbandes deutscher Aquarienvereine (VDA), Meinken, einen Aufsatz unter dem Titel „Wiederum platzt eine Import-Legende“ (DATZ 20 (10): 294-296), dass endlich die wahre Heimat des Schmetterlingsbuntbarsches entdeckt sei – Bolivien! Grundlage seiner Aussage war ein von Lüling in Bolivien gesammeltes Stück, das Meinken zweifelsfrei als Apistogramma ramirezi bestimmt zu haben glaubte. Exakt passten Schuppenzahlen, Flossenformeln und Proportionen zu der gut bekannten Art. Meinken schloss ganz richtig, dass es aus zoogeografischer Sicht extrem unwahrscheinlich sei, dass eine kleine Buntbarschart in Venezuela und Bolivien vorkäme. Keine andere je bekannt gewordene Cichlide habe eine derart großflächige Verbreitung, die zudem Wasserscheiden und Gebirgsketten überwinde. Meinken nutzte die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass das bolivianische Exemplar wenigstens zeige, was in dem Schmetterlingsbuntbarsch steckte. Denn dieser Fisch war mit 6 cm Länge deutlich größer als die in Meinkens Augen durch die lange Inzucht mit mangelnder Zuchtauslese degenerierten Aquarienstämme.
Meinken beschloss seinen Aufsatz mit dem Hinweis, dass die Geheimhaltung von Fundorten kommerziell interessanter Fischarten doch endlich aufzuhören hätte und dass die Wissenschaft besseres zu tun hätte, als falschen Fundortangaben nachzuspüren.
Schmetterlingsbuntbarsche sind im Becken des Orinoko weit verbreitet und häufig. Doch war ihr Vorkommen lange mysteriös. Oben: Fundort von Mikrogeophagus ramirezi in Venezuela nahe Tucupita.
Nun, in einigen Punkten hatte Meinken ja durchaus recht. Die alberne Geheimhaltungspolitik mancher Importeure führt bis heute dazu, dass das natürliche Verbreitungsgebiet einiger Fischarten unklar blieb oder oder erst in allerjüngster Zeit geklärt werden konnte. Dazu gehören z.B. der Schwarze Makropode, Macropodus spechti, der aus Vietnam stammt oder die Odessa-Barbe (Pethia padamya), die ihre Heimat in Burma hat. Nach wie vor unbekannt ist der Ursprung des Leopardbärblings (Danio frankei) oder der Brokatbarbe (kein wissenschaftlicher Name verfügbar). Bei beiden Arten vermutet man zwar, es handele sich um Zuchtformen, bewiesen ist das jedoch nicht. Die Fundorte des Neonsalmlers (Paracheirodon innesi) waren lange Jahre ein eifersüchtig gehütetes Geheimnis und beim Diskusbuntbarsch (Symphysodonaequifasciatus) werden bis in die heutige Zeit Flüsse als angebliche Fundorte besonders hübscher Varianten frei erfunden.
Ferner waren Meinkens zoogeografische Überlegungen korrekt. Nur auf einen Gedanken kam Meinken nicht: dass der bolivianische Fisch womöglich einer anderen, sehr ähnlichen Art angehören könnte!
Der nach Venezuela ausgewanderte deutsche Aquarianer Fischer antwortete 1968 (DATZ 21 (1): 8-10) empört auf Meinkens Aufsatz und schrieb, er habe in unmittelbarer Umgebung der Stadt Calabozo in Venezuela in den Rios Orituco, Guárico und Caño Caballo persönlich Schmetterlingsbuntbarsche gesammelt. Es könne gar keinen Zweifel geben, dass der Rami ein Venezolaner sei!
Meinken, ein offenbar sehr moderater Mann, antwortete darauf in einem offenen Brief (DATZ 21 (4): 107-109), dass er Fischers Meinung zwar respektiere, aber Wissenschaft nun mal Wissenschaft sei und ohne konservierte Belegexemplare eine ernsthafte Forschung einfach nicht zu betreiben sei. Er bat Fischer darum, konservierte Exemplare einem Museum zu überstellen (nicht ihm persönlich, denn er sei Partei in dieser Debatte und darum nicht objektiv), um erstens klipp und klar festzuhalten, dass Venezuela die Heimat des Schmetterlingsbuntbarsches sei und dass zum Zweiten ausgeschlossen werden könne, dass Fischer vielleicht einer Verwechslung mit anderen ähnlichen Arten (z.B. Apistogramma hoignei) aufgesessen wäre.
Leider scheint Fischer sich nicht darauf eingelassen zu haben. Und so hielt sich in der Fachliteratur hartnäckig die Angabe, der Schmetterlingsbuntbarsch stamme aus Bolivien und käme vielleicht auch in Venezuela vor.
Kullander klärte 1980 und 1981 in zwei Arbeiten (A redescription of the South American cichlid fish Papiliochromis ramirezi (Myers & Harry, 1948). Stud. neotrop. Fauna Envir. 15: 91-108 und The Bolivian Ram: a zoogeographical problem and its taxonomic solution. DCG-Informn. 12: 61-79) den ganzen Kuddelmuddel auf. Heute wissen wir, das der Schmetterlingsbuntbarsch ein in den Llanos Kolumbiens und Venezuelas endemischer (also nur dort vorkommender) Fisch ist, der dort alles andere als selten ist und dass in Bolivien eine andere, sehr ähnliche aber deutlich größere Art vorkommt: Mikrogeophagus altispinosus, eine bereits 1911 unter dem Namen Crenicara altispinosa von Haseman beschriebene Art.
Der bolivianische Schmetterlingsbuntbarsch, der 1911 von Haseman als Crenicara altispinosa beschrieben wurde, sorgte bei seiner Wiederaufsammlung 1966 durch Lüling und die Fehlidentifizierung als Apistogramma ramirezi durch Meinken 1967 für viel Verwirrung über das Vorkommen des Ramirezi.
Streit um den „ramirezi“, Teil 2
Nicht nur das Vorkommen des Schmetterlingsbuntbarsches war Gegenstand heftig geführter Debatten. Auch die Gattungszugehörigkeit wurde kontrovers diskutiert. Dass die Aquarianer diese recht akademische Diskussion nicht nur zur Kenntnis nahmen, sondern sich auch lebhaft daran beteiligten, ist ein weiterer Hinweis auf den hohen Stellenwert, den der Schmetterlingsbuntbarsch in der Aquaristik einnahm und einnimmt.
Beschrieben wurde die Art, wie vorhin schon erwähnt, als Apistogramma ramirezi, obwohl bereits den Erstbeschreibern einige anatomische Besonderheiten auffielen, die nicht recht zur Gattung Apistogramma passten. Der Verhaltensforscher Wickler entdeckte früh die Buntbarsche mit ihrem vielfältigen Verhalten als besonders gut geeignete Objekte für seine Disziplin. Da sich Verhalten oft wesentlich konservativer vererbt als anatomische Strukturen, sollte es doch möglich sein, das Brutpflegeverhalten als extrem überlebenswichtigen Bestandteil des Verhaltensspektrums in evolutionsbiologische Überlegungen mit einzubeziehen.
Die wissenschaftliche Erstbeschreibung des Schmetterlingsbuntbarsches erfolgte unter dem Namen Apistogramma ramirezi.
Unsere heutigen Einteilungen der Brutpflegestrategien der Buntbarsche gehen im Wesentlichen auf diese, in den 1950er Jahren durchgeführten Forschungen zurück. Dabei unterscheidet man zunächst nach Eitypen: haben die Eier Haftorgane und, wenn ja, wo? Eier ohne Haftorgane findet man bei Maulbrütern, die ihren Laich unmittelbar nach dem Ablegen in die Mundhöhle aufnehmen. Werden die Eier jedoch in einem geschlossenen Gelege abgesetzt und betreut, so haben sie entweder (vereinfacht gesagt) längsseits am Ei angebrachte Haftorgane oder die Haftorgane befinden sich auf einer Polseite des Eies. Ersteres findet man hauptsächlich bei Offenbrütern, also Arten, die ihre Eier offen auf Steinen, Wurzeln, Blättern, in Bodengruben oder dergleichen ablegen. Polseitig haftende Eier findet man hingegen vorwiegend bei höhlenbrütenden Arten, die ihre Eier an Höhlendecken anheften. Auch optisch unterscheiden sich beide Eitypen. Die Eier von Offenbrütern müssen tarnfarbig sein, da sonst das Gelege zu sehr auffällt, während die Eier von Höhlenbrütern sich den Luxus eisten können, leuchtend gelb bis rot gefärbt zu sein, was die Einlagerung größerer Dottermengen erlaubt.
Das Männchen gleitet über die bereits abgesetzen Eier und befruchtet sie.
Entsprechend unterschiedliche Strategien werden von den Fischen verfolgt: Offenbrüter produzieren vergleichsweise viele, dotterarme Eier, aus denen notgedrungen ziemlich kleine Jungtiere schlüpfen. Höhlenbrüter hingegen produzieren relativ wenige, dotterreiche Eier, wobei die daraus schlüpfenden Jungfische schon recht groß sind und somit bessere Überlebenschancen haben. Zusätzlich muss man aber noch die Familienstruktur der untersuchten Fische berücksichtigen. Es gibt Arten, bei denen nur das Weibchen für die Brutpflege zuständig ist. Dann spricht man von maternaler Brutpflege oder einer Mutterfamilie. Umgekehrt, wenn das Männchen Eier und Jungtiere versorgt, von einer paternalen Brutpflege oder Vaterfamilie. Sind beide Elternteile gleichberechtigt an der Brutpflege beteiligt, so handelt es sich um eine Elternfamilie, sind beide Elternteile beteiligt, haben jedoch unterschiedliche Aufgaben (also das Männchen verteidigt z.B. das Großrevier, während das Weibchen z.B. die direkte Jungfischversorgung übernimmt), so handelt es sich um eine Mann-Mutter-Familie.
Zuchtform „Electric Blue Orange Head“
So viel, natürlich stark vereinfacht, zu den Brutpflegestrategien der Buntbarsche. Während Apistogramma ausschließlich Höhlenbrüter mit Mann-Mutter-Familie sind, fand man beim Schmetterlingsbuntbarsch schnell, dass es sich um Offenbrüter mit Elternfamilie handelt. Wickler postulierte daher bereits 1960, dass der Schmetterlingsbuntbarsch in eine andere Gattung gehöre und der Gattung Geophagus (wie sie damals verstanden wurde) näher stünde als Apistogramma. Als korrekter Wissenschaftler verwendete er aber keinen neuen Gattungsnamen für den Rami. Blödsinnigerweise brachte der exzellente Aquarianer Frey aber in seinem Standardwerk „Das Aquarium von A-Z“ einen solchen Namen ins Spiel: er schrieb (wörtlich): „Es hat den Anschein, dass die Art zu Unrecht der Gattung Apistogramma zugeordnet wurde, weshalb auch bereits die Aufstellung einer neuen Gattung, Microgeophagus, vorgeschlagen wurde. Mindestens könnte sie eine Übergangsform zu Geophagus darstellen.“ und unter dem Schlagwort „Microgeophagus”: „Evtl. neu aufzustellende Gattung aus der Familie der Buntbarsche oder Cichlidae, der möglicherweise Apistogramma ramirezi zuzuordnen wäre.“ Damit fing der Streit an, in vielen Aufsätzen benutzte man unkritisch den Namen „Microgeophagus“ für den Rami, ohne sich um die Nomenklaturreglen zu kümmern. In Holland und den USA passierte analoges, da brachte man die unnützen „nackten“ Namen Pseudogeophagus und Pseudoapistogramma ins Spiel.
Ein Wildfangpärchen beim Betreuen der freischwimmenden Jungfische, ein Anblick, der das Herz eines jeden Aquarianers höher schlagen lässt.
Der Wissenschaftler Kullander nahm sich 1977 diese leidigen Problems an und brachte eine sauber definierte Gattungsbeschreibung heraus: Papiliochromis, was, wörtlich übersetzt, „Schmetterlingsbuntbarsch“ heisst. Eigentlich hätte das Namensdebakel damit ein Ende finden können, doch stellte sich in jüngster Zeit heraus, dass Meulengracht-Madsen offenbar 1968 den Namen Mikrogeophagus (mit „k“) gemäß den internationalen Nomenklaturregeln verfügbar gemacht hatten. Ich kenne diese Arbeit nicht, aber in den neueren populären, wie auch wissenschaftlichen Publikationen wurde dieser Ansicht bislang nicht widersprochen, so dass der korrekte wissenschaftliche Name für den Rami wohl Mikrogeophagus ramirezi (Myers & Harry, 1948) lautet.
Ein Wildfangmännchen aus Kolumbien. Wildfänge erkennt man vor allem daran, dass sie mit 4-5 cm Maximallänge wesenlich kleiner und vor allem zierlicher als Nachzuchttiere sind. Die Farbe hängt allerdings von Fütterung und Aufzucht ab, auch Nachzuchttiere können sehr bunt sein.Wildfangweibchen der gleichen Population wie obenstehendes Männchen. Bei Wildfängen sind die Weibchen zuverlässig ab etwa 2,5 cm Länge an den Glanzpunkten im Seitenfleck zu erkennen, die den Männchen immer fehlen.
Kullander teilte die Buntbarsche Südamerikas 1998 aufgrund anatomischer Untersuchungen in sechs Unterfamilien auf und schlug den Rami der Unterfamilie Geophaginae zu. Jüngste molekularbiologische Untersuchungen (Fernandez et al. (2005): Molecular phylogeny and evidence for an adaptive radiation of geophagine cichlids from South America (Perciformes: Labroidei). Molecular Phylogenetics and Evolution 34: 227–244) bestätigten im Wesentlichen Kullanders Arbeit und sehen in den Gattungen Geophagus sensu lato, Gymnogeophagus, Biotodoma, Crenicara und Dicrossus die nächsten Verwandten von Mikrogeophagus.
Äskulap ist der Gott der Heilkunst, eigentlich ein Halbgott, denn er wurde von Gott Apollon mit der Sterblichen Koronis gezeugt. So war Äskulap selbst sterblich und wurde letztlich von Zeus, dem obersten der Götter, getötet, weil Äskulap die Heilkunst so perfektionierte, dass er einen Toten zum Leben erweckte, womit Äskulap den Zorn der Götter auf sich zog.
Links: Äskulap (auf griechisch Asklepios) wird als bärtiger Mann mit einem Stab dargestellt, um den sich eine Schlange windet. Rechts: Relief mit Äskulapstab
Dargestellt wurde Äskulap stets als bärtiger Mann, der einen Stab trug, der wiederum von einer Schlange umwunden war. Dieser Äskulapstab ist bis heute das Symbol des medizinischen Berufsstandes. Welche Schlange genau den Stab umschlingt, lässt sich natürlich nicht sagen. Doch gibt es in Europa nur verhältnismäßig wenige Schlangenarten, die regelmäßig klettern. Eine davon ist die Äskulapnatter, Zamenislongissimus (früher Elaphelongissima). Sie wird daher mit dem Gott der Heilkunst in Verbindung gebracht. Ihr wissenschaftlicher Name bedeutet übrigens nichts dergleichen, sondern schlicht “die allerlängste”. Namensgeber Laurenti (https://de.wikipedia.org/wiki/Josephus_Nicolaus_Laurenti) glaubte wohl nicht an den Kult…
Diverse Gesundheitsdienste nutzen den Äskulapstab als Symbol.
Schlange oder Wurm?
Die Interpretation des Äskulapstabes ist allerdings nicht unumstritten. Wenngleich es ohne jeden Zweifel im Mittelmeerraum den Äskulapkult gab, in den Tempelanlagen auch mit Sicherheit Schlangen gepflegt wurden und die freundliche, ungiftige und zudem beißunlustige Äskulapnatter sicherlich auch dort vertreten war, so gibt es auch eine andere Erklärung für den Stab.
Halbwüchsige Äskulapnatter (Zamenis longissimus)
Eine hässliche Erkrankung des Menschen ist der Medinawurm (Dracunculus medinae). Der Mensch infiziert sich mit dem Tier, wenn er ungefiltertes Wasser trinkt und damit kleine Copepoden (Cyclops etc.) verschluckt. Die Ruderfußkrebschen dienen als Zwischenwirt für den Medinawurm. Einmal verschluckt, schlüpft die Larve des Wurmes im Magen des Menschen, bohrt sich durch die Darmwand und wandert in die Leibeshöhle. Hier paaren sich die nur 3 cm lang werdenden Männchen mit den bis zu 120 cm lang werdenden Weibchen und sterben ab. Der Körper des Menschen kapselt sie ab, das ist nicht gefährlich. Die Weibchen jedoch wandern in das Bindegewebe des befallenen Menschen und zwar an Stellen, wo der Mensch mit Wasser in Berührung kommt.
Hier verursacht der Medinawurm ein taubeneigroßes Geschwür. Kommt die Stelle mit Wasser in Berührung, platzt die dünne Haut am Ende der Beule auf, das Weibchen streckt sein Körperende heraus und entlässt hunderte von Larven ins Wasser, die die Cyclops befallen – der Zyklus schließt sich. Die Entfernung des Wurmes gelingt nur, indem man das Körperende des Weibchens mit einem Stöckchen festklemmt und es unendlich behutsam aufwickelt – täglich nicht mehr als 10 cm. Reißt der Wurm, bilden sich gefährliche Infektionen. Die Entfernung des Wurmes, der heutzutage als ausgerottet gilt, in historischen Zeiten aber auch im Mittelmeerraum (z.B. Ägypten) weit verbreitet war, war Spezialisten vorbehalten. Die These, dass diese Spezialisten einen Stab mit dem umwickelten Wurm als Berufsemblem trugen und dass sich aus diesem Symbol später in Griechenland, wo der Medinawurm nicht vorkam, zu dem Schlangenstab uminterpretiert wurde, ist zumindest plausibel.
Äskulapnattern im Terrarium
Diese herrliche, gewöhnlich 1,4-1,6m lange, ausnahmsweise sogar bis bis 2 m lange Schlange ist ein ideales Terrarientier, deren Pflege auch Anfängern wärmstens empfohlen werden kann. Die Ernährung erfolgt mit Mäusen. Das Terrarium für Äskulapnattern sollte hoch und mit reichlich Kletterästen ausgestattet sein. Die temperaturunempfindliche Schlange – die Äskulapnatter kommt sogar in Deutschland vor – benötigt keine hohen Temperaturen. Tagestemperaturen von 20-24°C und ein Heizstrahler, der aber unbedingt dagegen abgesichert sein muss, dass die Schlange sich darumwickelt und sich dann schwere Verbrennungen zuzieht, reichen darum völlig aus.
Zwei erwachsene Äskulapnattern. Weibchen bleiben stets deutlich kleiner als die Männchen.
Ausbreitung erwartet
Die Äskulapnatter ist weit verbreitet. Es gibt sie (von West nach Ost aufgezählt) in Nordwest-Spanien, Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland (Taunus, Odenwald, Passau, Berchtesgaden), Österreich, Tschechien, Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Norden der Türkei, Griechenland (inkl. Korfu), Kroatien (inklusive einiger adriatischer Inseln), Slowenien, Bosnien, Herzegovina, Monte Negro, Mazedonien, Serbien, Slowakei, Albanien, Tschechien, Georgien, Iran, Moldavien, Süd-Russland, Ukraine, Teilen von Kleinasien, Moldavien und Aserbeidschan. Sie ist ein Kulturfolger und Mäusefresser, also begrenzt ihre Ausbreitung eher das Klima als der Mensch. Entsprechend gilt die Art nach der Roten Liste der IUCN als nicht gefährdet (http://www.iucnredlist.org/details/157266/0).
In Deutschland ist die Äskulapnatter aber noch eine große Seltenheit, die nur so genannte Wärmeinseln besiedelt. Es ist aber zu erwarten, dass diese schöne und harmlose Schlange sich bei uns weiter ausbreitet, da sie sicher vom Klimawandel profitiert. Lichte Wälder, alte Gärten, Holzhaufen und Legsteinmauern gibt es überall: das sind die bevorzugten Lebensräume der Äskulapnatter. Und Mäuse, ihre Vorzugsnahrung, sind ebenfalls nirgendwo Mangelware. Das einzige, das knapp werden könnte, sind große Komposthaufen. Denn die braucht die eierlegende Art bei uns unbedingt, nur dort kann durch die Gärungswärme eine ausreichend hohe Temperatur erreicht werden, die die Eier zur Entwicklung brauchen. Wer also etwas Schlangenschutz betreiben will, der lege Komposthaufen an. Davon profitiert auch unsere häufigste heimische Schlange, die Ringelnatter.
Die Gelege der Äskulapnatter bestehen aus bis zu 15 Eiern, die etwa vier Zentimeter lang sind und rund 60 Tage zur Entwicklung brauchen. Die Jungschlangen sind etwa 27 cm lang. Die Überlebenschancen der Jungtiere sind gering, darum die hohe Vermehrungsrate. Erwachsenen Äskulapnattern werden allerdings nur wenige Tiere gefährlich, dazu sind die Schlangen zu groß, zu heimlich, zu schnell.
Die Äskulapnatter ist ein heimliches Tier, das sich geräuschlos fortbewegt. In freier Natur entdecken sie nur wenige Menschen.
Mit der Ringelnatter wird die Äskulapnatter häufig verwechselt, da die Jungtiere der Äskulapnatter gelbe Flecken am Hinterkopf haben, die den weißen Halbmonden der Ringelnatter ziemlich ähneln. Und wer weiß? Vielleicht gibt es die Äskulapnatter ja schon viel häufiger in Deutschland, als man vermutet?
Das sind die Zwergbärblinge der Gattung Paedocypris. Es gibt drei wissenschaftlich beschriebene Arten dieser Zwerge, zwei kommen von Borneo und eine von Sumatra und einer vorgelagerten Insel. Es sind: Paedocypris carbunculus (Kalimantan Tengah, Borneo), P. micromegethes (Sarawak, Borneo) und P. progenetica (Sumatra und Bintan). Nach ihrer Entdeckung in den 1990er Jahren glaubte man, es handele sich sogar um die kleinsten Wirbeltiere überhaupt, allerdings wird dieses Attribut gegenwärtig dem Frosch Paedophryne amauensis zugesprochen. Fische wachsen zeitlebens. Darum ist es grundsätzlich kompliziert, verlässliche Größenangaben bei Fischen zu machen. In der aquaristischen Literatur wird zudem gewöhnlich die Totallänge, also mit Flossen angegeben. Das ist im Extremfall sehr irreführend, denn viele Fischarten haben verlängerte Flossenstrahlen, man denke nur an den Schwertträger. Ein Männchen mit körperlangem Schwert ist da keine Seltenheit, aber die Totallänge, also von Schnauzenspitze bis Ende des Schwertes als Größe anzugeben, ist wenig sinnvoll.
Das kleinste geschlechtsreife Weibchen von Paedocypris progentica, das wissenschaftlich vermessen wurde, war 7,9 mm lang, das kleinste geschlechtsreife Männchen 8,2 mm. Die Maximallänge des Frosches liegt bei 7-8 mm. Männchen der Art Paedocypris progenetica werden maximal 9,8 mm, Weibchen 10,3 mm lang (alle Angaben sind Standardlänge ohne Schwanzflosse).
Männchen von Paedocypris progenetica
Paedocypris progenetica ist unbestritten der kleinste Fisch überhaupt. Diese Art und der ein wenig größere P. micromegethes sind oft farblos durchsichtig, aber P. progenetica erscheint oft auch rötlich. Die beigefügten Bilder zeigen, dass bei den Tieren rote Farbzellen am Körper vorhanden sind. P. micromegethes ist, wie die Bilder von Michael Lo zeigen, die er bei Sibu (Sarawak) aufnahm, ebenfalls rötlich (siehe http://pitcherplants.proboards.com/thread/5968). Auch P. carbunculus ist oft kräftig rot gefärbt.
Eine Paedocypris-Art, nämlich P. carbunculus, wird auch manchmal im Aquarium gepflegt und sogar gezüchtet!
In einer sehr schönen Arbeit haben Oliver Perrin und Peter Beyer das Ablaichverhalten von Paedocypris carbunculus in der Datz dokumentiert, das muss hier nicht ausführlich wiederholt werden. Nur in aller Kürze: Die Männchen von Paedocypris besetzen Mini-Reviere unterhalb von Blättern. Ähnlich wie weibliche Keilfleckbärblinge stellen sich in diesem Fall die Männchen bäuchlings nach oben unter das Blatt und warten in dieser Stellung auf das Weibchen. Die Eier werden an die Blattunterseite angeheftet. Das Männchen hat eine spezielle Struktur am Bauch, so genannte verhornte Polster (engl. “keratinized pads”) und besonders geformte Bauchflossen. Man nimmt an, dass beide Besonderheiten etwas mit dem Fortpflanzungsverhalten zu tun haben, aber was genau, das weiß man noch nicht. Zusätzlich verfügen die männlichen P. carbunculus über die Fähigkeit, Leuchtsignale auszusenden, die im natürlichen Lebensraum, dem tiefbraunen Schwarzwasser, sicher eine wichtige Rolle bei der optischen Partnererkennung spielen.
Dort, wo Paedocypris vorkommen, sind sie häufig und Individuenreich. Dass sie erst so spät entdeckt wurden, liegt an der geringen Größe, man hielt sie früher schlicht immer für unbestimmbare Jungtiere anderer Arten. Das besagt auch der wissenschaftliche Gattungsname: Paedocypris bedeutet „kindlicher Karpfen“.
Ich konnte vor einiger Zeit einige Exemplare von Paedocypris ergattern. Welche Art es ist? Das ist schwer zu sagen, denn ich weiß nicht, wo sie gesammelt wurden. Das sicherste Unterscheidungsmerkmal der Arten ist die Anordnung der Farbzellen (Chromatophoren) entlang der Rückenlinie. Bei P. progenetica bilden sie eine massive Linie, bei P. micromegethes eine dünn gesprenkelte Linie und bei P. carbunculus eine aus drei parallelen Reihen gebildete Linie. Am ähnlichsten ist die Ausprägung der Rückenlinie meiner Tiere zu P. progenetica.
Die Ausprägung der Rückenlinie meiner Tiere entspricht am besten P. progenetica
Die Tiere sind gar nicht so übermäßig empfindlich, aber solche zarten Fische dürfen niemals mit der Luft in Berührung kommen! Das hat alleroberste Priorität und ist wichtiger als die Wasserzusammensetzung. Man muss also darauf achten, dass die Tierchen zu keinem Zeitpunkt ihres Transportes mit dem Netz gefangen und aus dem Wasser gehoben werden; stattdessen muss man sie mit einer Fangglocke oder einem Becher umsetzen. Die Ernährung erfolgt mit Artemia-Nauplien, feinstem Trockenfutter, Rädertierchen etc. In der Natur werden Futterpartikel im Größenbereich von 60-500 µm gefressen. Zur Zucht muss das Wasser extrem weich und ziemlich sauer sein, pH um 4,5.
Weibchen meiner Paedocypris.
Wie mir Peter Beyer mitteilte, gelang es bislang noch nicht, die Tierchen über die dritte Generation zu bringen, ein Phänomen, das wir aus leidvoller Erfahrung mit diversen Lebendgebärenden Zahnkarpfen kennen. Aufgrund der Biotopbeschreibungen – zumindest die Wohngewässer von P. carbunculus sind stets der Sonne ausgesetzt – liegt das vermutlich an Mangel an UV-Licht. Es ist jedenfalls einen Versuch wert, das Paedocypris-Becken mit Lampen mit UV-Anteil, so wie man sie für Reptilienhaltung ja überall kaufen kann, zu beleuchten.
Frank Schäfer
Literatur:
Britz, R. & M. Kottelat (2008): Paedocypris carbunculus, a new species of miniature fish from Borneo (Teleostei: Cypriniiformes: Cyprinidae). Raffles Bulletin of Zoology v. 56 (no. 2): 415-422.
Kottelat, M., R. Britz, H. H. Tan & K.-E. Witte (2006): Paedocypris, a new genus of southeast Asian cyprinid fish with a remarkable sexual dimorphism, comprises the world’s smallest vertebrate. Proceedings of the Royal Society of Edinburgh Section B (Biology) 273: 895-899
Perrin, O. & P. Beyer (2008a): Das komplexe Liebesleben des “Roten Paedocypris” von Borneo I. Die Aquarien- und Terrarienzeitschrift, 61 (1): 24–29.
Perrin, O. & P. Beyer (2008b): Das komplexe Liebesleben des “Roten Paedocypris” (Schluss). Die Aquarien- und Terrarienzeitschrift, 61 (2): 29–31.
Die Sumatrabarbe und ihre Zuchtformen gehören zu den wichtigsten Zierfischen der Welt. Ein Gattungsname ist endlich gefunden – Puntigrus – doch welcher Spezies sie zuzuordnen ist, weiß kein Mensch. Sicher ist nur: es handelt sich nicht um P. tetrazona.
Systematisch gesehen sind die Sumatrabarben die schwierigsten aller Gürtelbarben. Obwohl eine ihrer Arten zu den häufigsten Zierfischarten überhaupt gehört, von der zudem viele Zuchtformen existieren, ist die korrekte Benennung gerade dieser Form bis heute ein ungelöstes Rätsel.
Die wissenschaftlich beschriebenen Wildformen der Puntigrus-Gruppe sind anhand weniger Merkmale relativ leicht zu klassifizieren. Die Färbung ist bei allen ziemlich ähnlich, weshalb, von einer Ausnahme abgesehen, gut eingewöhnte Tiere dafür herangezogen werden müssen. Alle Arten haben vier senkrechte Körperbinden. Die erste verläuft durch das Auge, die zweite setzt etwa auf halber Strecke zwischen dem Hinterrand des Kopfes und dem Ansatz der Rückenflosse an, die dritte beginnt am Ende der Rückenflosse und die vierte begrenzt den Schwanz zur Schwanzflosse. Während bei vier der fünf wissenschaftlich akzeptierten Arten (Puntigrus anchisporus, P. navjotsodhii, P. pulcher und P. tetrazona) die dritte Körperbinde aus der dunkelgefärbten basalen Zone der Rückenflosse sozusagen ausläuft, Binde und Rückenflossenzeichnung also miteinander verbunden sind, ist das bei der fünften Puntigrus-Art, P. partipentazona, nicht der Fall. Bei Ihr ist die Markierung in der Rückenflosse kurz und erstreckt sich nur über die Hälfte der Basis der Flosse. Darunter befindet sich eine zusätzliche Halbbinde, die auch zu einem Punkt reduziert sein kann. Zwischen dem Ende der Rückenflossenmarkierung und dem Ansatz der dritten Körperbinde ist bei P. partipentazona also eine Lücke.
Zeichnungsmuster der sechs Puntigrus-Arten. Nach Fowler (1934), Alfred (1962), Vaillant (1902) und Sterba (1959)
Die Rückenflossenzeichnung ist also das erste Bestimmungsmerkmal bei Puntigrus, das man betrachten muss. Das zweite ist am lebenden Fisch manchmal nur schwer zu erkennen: hat das Tier Barteln oder nicht? Nur P. anchisporus hat vier Barteln (zwei Paare, ein Paar am Ober- und eines am Unterkiefer), zwei davon lang und gut sichtbar, alle anderen Arten nicht. Ob es bei den anderen Arten überhaupt Barteln gibt, ist in der Literatur widersprüchlich beschrieben. In etlichen Fällen werden die Barteln überhaupt nicht erwähnt, in anderen ist die Rede von sehr kurzen Barteln, die am lebenden Tier nicht erkennbar sind. In der Praxis kann man also sagen: die einzige Viergürtelbarbe mit leicht erkennbaren Barteln ist P. anchisporus.
Nun zum dritten Merkmal: der Seitenlinie. Es gibt Puntigrus-Arten mit vollständiger Seitenlinie (P. anchisporus, P. navjotsodhii), bei denen also alle Schuppen vom Kiemendeckelrand bis zum Ende des Schwanzstiels durchbohrt sind, und solche, bei denen nur der vordere Teil der Seitenlinie aus durchbrochenen Schuppen besteht (die übrigen drei Arten).
Wendet man nun diese drei Unterscheidungskriterien auf Aquarien-Sumatrabarben – also Nachzuchten aus dem Handel – an, so ergibt sich ein uneinheitliches Bild: viele haben keine Barteln, eine unvollständige Seitenlinie und eine Rückenflossenzeichnung bezüglich des Schwarzanteils wie bei keiner der wissenschaftlich beschriebenen Arten. Es ergibt sich daraus nahezu zwingend, was schon Zarske (2008) postulierte: diese Aquarien-Sumatrabarbe stammt von einer wissenschaftlich noch nicht erfassten Spezies ab, deren ursprüngliche Heimat wohl im indonesisch-malaiischen Raum liegt oder lag. Angesichts der massiven Umweltzerstörung in den Schwarzwasserbiotopen dieser Region kann auch nicht ausgeschlossen werde, dass diese Wildform in der Natur bereits ausgestorben ist. Diese Aquarien-Sumatrabarbe hat verhältnismäßig schmale senkrechte Binden und entspricht in dieser Hinsicht ziemlich gut der „echten“ Puntigrus tetrazona. Abgesehen von dem anderen Schwarzanteil in den Flossen hat aber diese Aquarien-Sumatrabarbe auch einen brillant roten Saum in der Rückenflosse (fehlt bei tetrazona), rote Bauchflossen (bei tetrazona schwarz) und zumindest im männlichen Geschlecht eine rote Schnauze (wenig oder kein Rot in beiden Geschlechtern im Schnauzenbereich bei tetrazona).
Ein alter Aquarienstamm (die Aufnahme entstand um 1980) einer Sumatrabarbe ohne Barteln, mit vollständiger Seitenlinie, schmalen Bändern und typischer Rückenflossenfärbung.
Es gibt aber noch einen zweiten Stamm von Aquarien-Sumatrabarben, die in jeder Hinsicht gut zu Puntigrus anchisporus passt. Dieser Stamm hat erheblich breitere Körperbinden, in der Rückenflosse befindet sich im Bereich der Hartstrahlen ein kleines entweder transparentes oder rotgefärbtes Dreieck, die Seitenlinie ist entlang des gesamten Körperlänge durchbrochen (also vollständig) und das Tier hat lange, gut erkennbare Barteln.
Diese breitbindige Sumatrabarbe hat Barteln und eine vollständige Seitenlinie, die Rückenflossenzeichnung mit dem deutlichen hellen Fenster am Ansatz entspricht recht gut Puntigrus anchisporus. Aqualog Archivbild von Mayland vor 1988.
Es lässt sich leider nicht exakt feststellen, wann welche Viergürtelbarbenart importiert wurde, da man auf die entsprechenden Unterschiede nicht achtete. Wenn über die Tiere in Aquarien-Zeitschriften oder -Büchern berichtet wurde, so verwendeten die Redaktionen ständig die gleichen Bilder, die sie im Verlagsarchiv besaßen, ohne zu überprüfen, ob denn die Fische, über die berichtet wurde, überhaupt dem Bildmaterial entsprachen. Manche Abbildungen zeigen zudem Merkmale, die sich bei heute existierenden Tieren nicht bestätigen lassen, etwa lange Barteln bei P. partipentazona (bei Ladiges, 1934) oder eine zu weit rückwärtig positionierte zweite Körperbinde (bei Ladiges, 1949).
Wildfangpärchen (Männchen oben) von Puntigrus partipentazona aus Süd-Thailand (Sok-Fluss, Surat Thani).
Es gibt andererseits keinen Grund, anzunehmen, dass die verbalen Schilderungen des Farbkleides der in den frühen 1930er Jahren (ab 1933) importierten Viergürtelbarben falsch sind. Die frühen Importe bestanden aus mindestens zwei Arten, wovon eine die in der Natur relativ weit verbreitete Art Puntigrus partipentazona war, die andere vermutlich die namenlose Stammform der schmalbindigen Aquarien-Sumatrabarbe. Beide Arten haben eine unvollständige Seitenlinie und viel Rot in den Flossen. Ob die völlig schwarzflossige Sumatrabarbe, die erst in den 2000er Jahren ganz gelegentlich importiert wurde, P. tetrazona oder P. pulcher repräsentiert, ist unklar, zu den übrigen Arten lässt sich ebenfalls nichts zuverlässiges sagen. Gelegentliche Meldungen über Importe von P. anchisporus und P. navjotsodhii stammen aus nicht verifizierbaren Internet-Quellen.
In der alten Aquarienliteratur ab April 1933 – dem Erstimportdatum von Viergürtelbarben – bis zum Ende des 2. Weltkrieges wird m. W. ausschließlich und gut erkennbar Puntigrus partipentazona abgebildet. Die einzige Ausnahme ist die bereits erwähnte farbige Zeichnung von Ladiges in seinem „Zierfisch-Bilderbuch“, das zwar erst 1949 verlegt wurde, doch entstand die Zeichnung höchstwahrscheinlich deutlich früher; datiert ist die Zeichnung aber leider nicht. Man muss dazu wissen, dass Ladiges bis 1959 für die damals führende Importfirma „Aquarium Hamburg“ arbeitete. Der Erstimport von Sumatrabarben i.w.S. erfolgte zwar durch eine andere Firma (Otto Winckelmann, Altona), aber es können kaum Zweifel bestehen, dass Ladiges diese Tiere zu Gesicht bekam und noch weniger Zweifel, dass man bei Aquarium Hamburg das kommerzielle Potential dieses Fisches erkannte und alles daransetzte, ihn ebenfalls zu importieren.
Es muss Importe von mindestens zwei Arten gegeben haben, wie Zarske (2008) anhand der Quellenlage der amerikanischen Zierfischliteratur (Myers, 1934, und Smith, 1934) belegt. In dem aufwändigen, teils farbigen Katalog der Firma Beldt´s Aquarium (St. Louis, Missouri) wird eine Tigerbarbe ab 1934 als Barbus sumatranus angeboten. Sie ist zu diesem Zeitpunkt mit $4 pro Paar einer der teuersten Fische, wird aber leider nicht abgebildet. Ein Dollar 1934 entspricht einer heutigen Kaufkraft von ca. 21 Dollar. Erst im Katalog von 1939 (der Katalog erschien jährlich) gibt es eine schwarz-weiß Zeichnung des Tieres. Der Preis war zu diesem Zeitpunkt bereits auf $1 pro Paar gefallen. Diese Abbildung zeigt ganz eindeutig P. partipentazona, ebenso das Photo von Paul Kohl, das im Arnold-Ahl (1936) und im Holly-Meinken-Rachow (ohne Jahresangabe, aber nach Zarske & Berkenkamp (2015) datiert das Blatt auf 1935 mit Meinken als Autor). Das wunderschöne Farbenaquarell von Kurt Bessiger aus dem Jahr 1942 (signiert) zeigt ebenfalls ohne jeden Zweifel P. partipentazona. Aus frühen Nachkriegszeit gibt es nur wenige neue Abbildungen, die Sumatrabarben zeigen. Anders als bei den so genannten Raritäten machte man sich auch kaum die Mühe, die Herkunft der fotografierten Tiere zu dokumentieren. Es waren halt Sumatrabarben, leicht erkennbare Allerweltsfische. Wenn überhaupt achtete man auf eine möglichst ideale Färbung, also regelmäßige Bindenzeichnung, goldgelbe Körperfärbung, viel Rot in den Flossen. Fundortangaben wurden in der Aquaristik auf breiter Basis erst in den 1980er Jahren langsam bedeutsam, als man feststellte, dass z.B. bei vielen Buntbarschen ganz unterschiedlich gefärbte Fundortvarianten existieren. So ist es außerordentlich schwierig bis unmöglich, heute noch den Werdegang der Aquarien-Sumatrabarbe nach dem 2. Weltkrieg zu rekonstruieren.
Schöne Zeichnungen liefert Hans Frey in seinen Büchern der 1950er und 1960er Jahre, aber sie erscheinen mir zu idealisiert, um daran Artunterschiede festmachen zu können. Eines der ersten Photos von dieser Art, von dem ich weiß, ist eine Schwarz-Weiß-Photographie von Helmut Pinter in DATZ 8/1960: 238. Sie zeigt die breitbindige Form, also Puntigrus anchisporus oder P. navjotsodhii, Seitenlinie und Barteln sind nicht erkennbar. Es ist denkbar, dass auch früher schon diese Abbildungen publiziert wurde, ich habe wegen eines Umzugs zur Zeit nur eingeschränkten Zugriff auf meine Bibliothek. Ein wunderschönes Farbphoto bringt A. v. d. Niewenhuizen 1960 in seinem Buch „Exotische Vissen“ (deutsche Ausgabe ab 1964 im Landbuch Verlag als „Exoten im Aquarium“), es zeigt ebenfalls die breitbindige Form. Sehr breite Binden, eine vollständige Seitenlinie und ein Paar langer, gut sichtbarer Rostralbarteln haben die Sumatrabarben, die Burkhard Kahl (damals beim Tropicarium) in den 1960er Jahren photographierte, veröffentlicht erstmals (?) im Aquarien-Magazin 1967: 142-143 und später z.B. in Mayland, 1979. Hans J. Mayland hatte zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch kein eigenes optimales Photo der Art, sonst hätte er es sicher verwendet. In unserem Archiv befinden sich gute Mayland-Photos der schmalbindigen Sumatrabarbe. Sie sind nicht datiert, Mayland verwendete sie spätestens ab 1985 in seinen Publikationen.
Aquarienstamm von Sumatrabarben mit Barteln, schmalen Bändern und vollständiger Seitenlinie; es sieht so aus, als hätten die Tiere drei Linien perforierter Schuppen. Aqualog-Archvbilder von Mayland vor 1988.
Bereits 1963 schreibt der Berufszüchter Helmut Pinter, der sicherlich viele Sumatrabarben gesehen hat: „Hinsichtlich dieser Arten (gemeint sind die Gürtelbarben) bestand zu Anfang große Unklarheit in bezug auf ihre Namen, und es sind anscheinend mehrere nahe verwandte Arten importiert worden, welche dann weitgehend verwechselt oder möglicherweise auch bastardiert worden sind. Solche Kreuzungen sind mit Sicherheit möglich zwischen Barbus tetrazona einerseits und Barbus sumatranus und Barbus partipentazona andererseits.“ Die phänotypische Vielfalt der Aquarien-Sumatrabarben ist anders auch nur schwer zu erklären.
Sehr interessant sind in diesem Zusammenhang die Kreuzungsexperimente von Dieter Bork, über die er 2008 schrieb. Er kreuzte Wildfänge „echter“ Sumatrabarben (schwarzflossige Tiere von Borneo; es handelte sich entweder um Puntigrus tetrazona oder P. pulcher. Die geringe Breite von Binde 2 über nur zwei Schuppenbreiten spricht für P. pulcher) mit breitbindigen Aquarien-Sumatrabarben und fand sie nur schwer kreuzbar. Ca. 70% der Eier waren nicht befruchtet (Männchen WF x Weibchen Aquarien-Sumatrabarbe). Die Jungtiere der F1, die groß wurden glichen phänotypisch der Mutter, also der breitbindigen Aquarien-Sumatrabarbe, hatten aber lange Barteln! Diese Kreuzung wurde nicht weitergeführt. In einem zweiten Experiment kreuzte Bork P. partipentazona aus dem Sok-Fluss in Süd-Thailand mit Aquarien-Sumatrabarben. Diese Bastarde waren bis in die F3 uneingeschränkt fruchtbar. Die Teilbinde unter der Rückenflosse von P. partipentazona erwies sich als dominant vererbtes Farbmerkmal, das in der F3 zu 100% phänotypisch erkennbar war, während die Rückenflossenfärbung der Aquarien-Sumatrabarbe glich.
Paar einer Hybridsumatrabarbe aus Sok-Wildfängen von P. partipentazona und der breitbindigen Aquarien-Sumatrabarbe.F1-Hybrid – mit langen Barteln! – zwischen schwarzflossigem WF von Borneo und der breitbindigen Aquarien-Sumatrabarbe.Breitbindiges Weibchen des Aquarienstammes ohne Barteln, mit dem Bork sein Kreuzungsexperiment unternahm.Wildfang (Männchen) einer Puntigrus-Art von Borneo, entweder P. tetrazona oder P. pulcher; ich denke letzteres. Mit diesem Tier unternahm Bork seinen Kreuzungsversuch.Diese Sumatrabarben stammen tatsächlich von Sumatra. Sie wurden in der Provinz Jambi gefangen. Auffällig bei diesen Tieren sind die langen Maxillarbarteln. Es sind mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit „echte“ Puntigrus tetrazona.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Aquarien-Sumatrabarbe ein genetisch uneinheitlicher Hybrid ist, dem formell kein wissenschaftlicher Name zugeordnet werden kann. Die Puntigrus-Wildform, die die Rückenflossen-Färbung, die die Aquarien-Sumatrabarben ziemlich einheitlich zeigen, in die Aquarienbestände einbrachte, ist nach wie vor nicht identifiziert. Puntigrus anchisporus, P. tetrazona, P. navjotsodhii und wohl auch P. pulcher wurden offenbar schon gelegentlich importiert, aber nur selten erkannt. Nur P. partipentazona wurde als besondere Art häufiger diskutiert. Es gibt Stämme der Aquarien-Sumatrabarbe, die Merkmale von P. anchisporus und P. navjotsodhii aufweisen, und auch Aquarien-Sumatrabarben mit der Teilbinde von P. partipentazona tauchen immer wieder unter den in Züchtereien vermehrten Tieren auf und gelangen so in den Handel. Bei sehr vielen Aquarien-Sumatrabarben kann man unvollständige Streifenbildung beobachten, ebenso gibt es viele Exemplare, bei denen es zu großflächiger Melanophorenbildung zwischen den Binden 2 und 3 kommt. Beide Phänomene können aber auch bei Wildfängen beobachtet werden, die keineswegs perfekt einheitlich gezeichnet sind. Bei der Suche nach der Wildform der Aquarien-Sumatrabarbe ist selbstverständlich auch zu berücksichtigen, dass es überall, wo Menschen leben, auch gewollten oder ungewollten Aussetzungen von Zierfischen gekommen sein kann. Wie von allen verwilderten Haustieren bekannt ist, entwickeln sie sich innerhalb weniger Generationen wieder zu einem einheitlichen, wildtierartigen Phänotyp. Das kann es sehr kompliziert machen eine verwilderte Aquarien-Sumatrabarbe von einer echten Wildform zu unterscheiden.
Im gerade erschienen Bookazine #12 widme ich mich ausführlich den Bestimmungsproblemen und Namendramen bei südostasiatischen Kleinbarben. Dort werden auch die zahlreichen Zuchtformen der Sumatrabarbe diskutiert und – selbstverständlich – finden Sie dort alle zitierten Bilder und Abbildungen. Lesen Sie doch mal rein!
Neu-Guinea gehört immer noch zu den relativ wenig erforschten Regionen der Erde. Die Süßwasserfische von dort fanden erst spät den Weg in die Aquarien. Unter ihnen ist die Pastell- oder Schwanzfleckschläfergrundel, Tateurndina ocellicauda.
Laichbereites Pärchen der Pastellgrundel, Weibchen vorn.
Entdeckt wurde die kleine Art, die niemals größer als 5-6 cm wird, erst 1953. Anlässlich der vierten Archbold-Expedition sammelte Hobart M. Van Deusen die ersten Exemplare im Peria Creek, Kwagira River, etwa 10 Meilen von der Küste entfernt, in tümpelartigen Abschnitten. 1955 beschrieb John T. Nichols vom American Museum of Natural History die Grundel in einer neuen, eigens für sie aufgestellten Gattung, nämlich Tateurndina, als T. ocellicauda. Bis heute ist sie die einzige Art dieser Gattung geblieben. Der sehr eigenartige Name „Tateurndina“ setzt sich aus den Worten „Tate“ und „Urndina“ zusammen. Mit „Tate“ wollte Nichols die Brüder Geoffrey M. Tate und George H. H. Tate ehren, die sich sehr um die Kenntnis der Fauna von Neu-Guinea verdient machten. „Urndina“ erklärt Nichols nicht. Aber er vergleicht den neuen, kleinen Fisch mit Mogurnda, den Tüpfelgrundeln, und erwähnt, dass er darüber nachdachte, dass es sich bei Tateurndina vielleicht nur um eine Art Larvenstadium der Tüpfelgrundeln handele; aber er verwarf diesen Gedanken dann wieder. Höchstwahrscheinlich ist mit „Urndina“ daher eine Verkleinerungsform von „Mogurnda“ gemeint. Der Name Mogurnda ist übrigens abgeleitet von dem volkstümlichen Namen für die Art Mogurnda mogurnda in Port Essington in Australien.
Sowas von bunt
Für eine Süßwassergrundel ist die Pastellgrundel ganz außergewöhnlich bunt. Und sie hat eine absolut ungewöhnliche Lebensweise. Meist sind Grundeln nämlich Bodenfische, die Pastellgrundel aber schwimmt frei im Wasser. Von ihrer Farbigkeit ahnte Nichols nicht das geringste, als er die neue Art beschrieb. Seine in Alkohol konservierten Exemplare waren nämlich nur bräunlich, heller am Bauch. Das einzige, auffallende Farbmerkmal, das sie aufwiesen, war der große, teilweise hell eingefasste Schwanzwurzelfleck, der dann auch als Inspiration für den Artnamen diente: „ocellicauda“ bedeutet „mit Augenfleck am Schwanz“. Dieser Augenfleck ist beim lebenden Tier aber gar nicht so augenfällig. Dagegen sind die herrlich roten, senkrechten Steifen auf blauem Grund auf den Körperseiten und die rot getupften, leuchtend gelb eingefassten Flossen echte Hingucker und machen die Pastellgrundel zu einem der schönsten Aquarienfische von Papua. Der Kopf ist der Hammer! Die Geschlechter sind bei der Pastellgrundel schon recht früh zu unterscheiden: Männchen haben einen flacheren Bauch als die Weibchen. Mit zunehmendem Alter entwickeln die Männchen einen immer höheren Kopf, bis sie im Alter schließlich fast etwas grotesk aussehen. Der Kopf erinnert zum Schluss etwas an den der Goldmakrelen oder Dolphins (Coryphaena). Es ist kein besonderer Zweck für diese Kopfform bekannt. Es gibt Buckelköpfe aber auch bei allerlei anderen Fischarten, vor allem Buntbarschen, aber auch Labyrinthfischen. Es sind vermutlich reine Luxusbildungen, ähnlich der prachtvollen Schwanzschleppe des Pfaus und dient in erster Linie dazu, die Frauen anzumachen und die anderen Männer einzuschüchtern.
Pastellgrundeln sind keine Bodenfische, sondern schwimmen frei im Wasser.Junges Männchen.Junges Weibchen.
Leichte Pflege
Aquaristisch wurde die Pastellgrundel erst spät, in den 1980er Jahren, bekannt. Sie eroberte aber die Herzen der Liebhaber im Sturm, denn sie vereint viele positive Eigenschaften in sich: sie ist stets sichtbar und sehr farbig; sie ist völlig anspruchslos in Bezug auf die Wasserzusammensetzung und die Fütterung; sie ist (zumindest meistens) friedlich; und sie ist leicht zu züchten. Und letzteres macht sie wiederum zu einer ungewöhnlichen Grundel. Die allermeisten Grundelarten kommen sehr unterentwickelt zur Welt. Wenn sie schlüpfen, sind es kaum entwickelte Larven, die sich mit den Meeresströmungen treiben lassen und im Plankton heranwachsen. Das tun sogar die meisten Süßwassserarten. Sie laichen zwar im Süßwasser ab, die Larven werden aber mit der Strömung der Bäche und Flüsse ins Meer gespült. Bei Tateurndina ist das anders: Die Larven schlüpfen nach ca. 10 Tagen aus den vergleichsweise riesigen Eiern und obwohl sie frei im Wasser schwimmen und nur wie Glassplitter aussehen, können sie bereits gut genug schwimmen, um in der Nähe des Geburtsortes zu bleiben, wo sie auch heranwachsen.
Das Männchen bewacht alleine das Gelege, das Weibchen hat nichts mit der Brutpflege zu tun. Man entfernt das Weibchen darum nach der Eiablage. Oben: Männchen mit frischem Gelege.
Einfache Zucht
Man kann die Pastellgrundel als echten Einsteigerfisch bezeichnen, was die Zucht angeht. Nur wenige Arten machen es dem Aquarianer so leicht. Wenn das Weibchen einen guten Laichansatz zeigt und im Idealfall beim Männchen und beim Weibchen schon die Genitalpapillen leicht hervortreten, ist ein günstiger Zeitpunkt, das Paar in das Zuchtbecken zu überführen. Dafür reicht schon ein 5-Liter Becken aus. Es braucht keine Einrichtung außer ein paar freischwimmenden Pflanzen (Hornkraut, Wasserpest, eine Handvoll Fadenalgen etc.) und einer kleinen Höhle, die wie ein Dolmen (ein steinzeitliches Kultgrab) aus zwei etwa walnussgroßen Kieseln mit einer Deckplatte, bestehend aus einem flachen Stein, gebaut ist. Hier wird das Pärchen bald ablaichen, die Wassertemperatur sollte bei 26-28°C liegen. Das Weibchen fängt man nach dem Ablaichen heraus. Es kümmert sich ohnehin nicht um die Eier. Das ist die Aufgabe des Männchens. Das Männchen bewacht den Laich bis zum Schlupf der Larven und fächelt den Eiern frisches Wasser zu. Nach dem Schlupf der Larven endet auch beim Männchen die Brutpflege, es kann jetzt wieder zurück ins Gesellschaftsbecken. Die Aufzucht der Jungen mit Mikro (Panagrellus redivivus, früher Turbatrix silusiae oder Anguillula silusiae), Artemia-Nauplien und sogar staubfeinem Trockenfutter ist kein Problem und gelingt auch Anfängern in der Zierfischzucht.
Hier ist das Gelege zwei Tage alt, die Larven mit den großen Dottersäcken sind gut in den Eiern zu erkennen.Drei Tage altes Gelege. Die Larven sehen schon schlupfreif aus, doch es wird noch vier Tage bis zum Schlupf dauern.Frisch geschlüpfte Larve.
Im Gesellschaftsbecken
Die Pastellgrundel eignet sich grundsätzlich hervorragend für Gesellschaftsbecken. Es ist dabei gleichgültig, wie viele Exemplare welchen Geschlechts im Becken schwimmen, untereinander sind sie immer friedlich. Nur gegenüber manchen Fremdfischen mit lang ausgezogenen Flossen können sie oft nicht widerstehen und knabbern die Flossen an. Gerade der geografisch und bezüglich der Größe so gut passende Iriatherina werneri (Filigran- oder Prachtregenbogenfisch) sollte darum nicht mit Pastellgrundeln gemeinsam gepflegt werden. Gut geeignete Gesellschafter sind hingegen Regenbogenfische der Gattung Melanotaenia, Barben, Salmler, Leuchtaugenfische, Welse, Zwergbuntbarsche oder Schmerlen. Man kann Tateurndina mit Trockenfutter, Frostfutter und Lebendfutter füttern, sie lässt sich alles schmecken, nur für Pflanzen als Nahrung interessiert sie sich nicht. Aber dagegen hat schließlich kein Aquarianer etwas einzuwenden….
Männchen der Pastellgrundel haben einen mächtigen Buckelkopf.
Blinde Fische erwartet man, so rein gefühlsmäßig, eigentlich aus Höhlengewässern. Bei der Mehrzahl der Arten dürfte das auch zutreffen, doch der Blinde Stachelaal, Mastacembelus (früher: Caecomastacembelus) brichardi, macht da eine Ausnahme. Der Fischt stammt aus der Volksrepublik Kongo (dem früheren Zaire) und lebt dort in dem Gebiet des Stanley Pool (heute: Pool Malebo). Bekannte, in großen Stückzahlen aus diesen Gebiet importierte Aquarienfische sind z.B. der Leopardbuschfisch (Ctenopoma acutirostre), der Fiederbartwels Synodontis brichardi oder der Stromschnellencichlide Teleogramma brichardi.
In der Arbeit, in der der Blinde Stachelaal erstmals wissenschaftlich beschrieben wird, befindet sich auch eine Biotopaufnahme. Dort erkennt man große, teilweise aus dem Wasser ragende Felsen, in deren Spalten sich die Blinden Stachelaale wohl bevorzugt aufhalten.
Die Art wird etwa 15 cm lang (das größte, der Originalbeschreibung zugrunde liegende Exemplar war 11 cm lang). Die Tiere, deren Färbung von schneeweiß bis schmutzig-grau variiert, fressen bevorzugt Wurm- und Frostfutter. Wichtig ist, dass das Futter stark duftet.
Stachelaale sind recht gesellige Tiere, man kann auch diese Art gut in Gruppen pflegen. Andere Fische, die nicht so klein sind, dass sie als Futter angesehen werden, werden nicht belästigt. Geschlechtsunterschiede beschränken sich bei den Stachelaalen darauf, dass die Weibchen etwas größer und deutlich fülliger als die Männchen sind. Manche Exemplare haben aber einen stark aufgetriebenen Schädel, was vielleicht ein Geschlechtsmerkmal der Männchen ist.
Über keine Art der afrikanischen Stachelaale liegt bislang ein Zuchtbericht vor, man kann jedoch davon ausgehen, dass sich die Zucht nicht wesentlich von der der asiatischen Macrognathus-Arten unterscheidet. Diese laichen in den Wurzeln von Schwimmpflanzen (besonders gut eignet sich schwimmender Ceratopteris) ab. Brutpflege üben Stachelaale nicht aus. Wer mit kongolesischen Fischen züchten möchte ist gut beraten, dies während unseres Winters zu tun. Viele Arten sind zu dieser Jahreszeit deutlich laichwillger als sonst. Im Pool Malebo ist im Dezember die Zeit des höchsten Wasserstandes, der niedrigste im März und September. Der Wasserstand des rund 10 m tiefen Gewässers schwankt um ca. 3 m.
De Pflege dieser nur äußerst selten angebotenen Fische ist nicht schwer. Die Wassertemperatur kann zwischen 25 und 28°C liegen, in der Natur ist das Wasser weich (ca. 2,2°GH) und leicht sauer bis neutral (pH 6-7), aber für gewöhnlich sind die Fische dieser Region recht anpassungsfähig was die Wasserchemie angeht. Wichtiger erscheint mir, dass man den Tieren einen sandigen Bodengrund bietet, in den sie sich bei Bedarf eingraben können.
Die häufig importierte Muräne Gymnothorax tile aus Indien ist an und für sich ein unempfindlicher Pflegling. Doch ihre Ernährung stellt viele vor ein Rätsel. In Importeurskreisen geht gar das Gerücht um, sie sei ein Nahrungsspezialist, weil Fütterungsversuche in Importstationen und beim Einzelhändler oft erfolglos sind. Ähnliche Probleme können sich bei den raren Arten Gymnothorax polyuranodon und Echidna leucotaenia ergeben (diese Arten sind zwar weit im indopazifischen Raum verbreitet, werden jedoch nur selten von den auf Süßwasserzierfische spezialisierten Fischern gefangen; Importe erfolgen meist aus Indonesien).
Gymnothorax tile aus Indien wird etwa 60 cm lang und ist die einzige regelmäßig im Handel zu findende „Süßwassermuräne“. Auf Dauer gehört sie in ein Brack- oder Meerwasseraquarium.
Die Muränen sind jedoch lediglich „Sensibelchen“, die sich erst absolut eingewöhnt haben müssen, bevor sie Nahrung (tote und lebende Fische, gefrostete Garnelen und Regenwürmer) annehmen. Diese freiwillige Hungerphase dauert nach meinen Erfahrungen etwa 3–4 Wochen und wird auch von kleinen Exemplaren gut überstanden. Also: Nur Geduld, früher oder später fangen sie schon an zu fressen. Am besten setzt man ein paar lebende Futterfische passender Größe (besonders eignen sich Mollys wegen ihrer großen Salztoleranz) in das Muränenbecken. Sind die Mollys verschwunden, haben die Muränen zu fressen begonnen; nun kann auch eine Fütterung mit toten Futtermitteln probiert werden. Es ist unbedingt erstrebenswert, auf Frostfische gegenüber Lebendfischen als Futtermittel umzustellen, weil sich dadurch die Gefahr, eine ansteckende Krankheit einzuschleppen, deutlich reduziert ist. Zwar sterben keineswegs alle Parasiten oder gar Bakterien während des Einfrostens ab, aber da es sich bei den Frostfischen um Wildfang handelt, sind die Tiere zum Zeitpunkt des Fanges gewöhnlich nicht akut erkrankt. In der Natur findet man nur sehr selten stark infizierte Fische, da sie, wenn sie Anzeichen einer akuten Erkrankung zeigen, schnell Opfer von Beutegreifern aller Art werden. Bei lebenden Futterfischen sieht die Sache anders aus. Sie werden meist in hoher Dichte gehältert und wenn hier Krankheiten auftreten, nehmen diese leicht einen seuchenartigen Verlauf. Übrigens: auch wenn die eingewöhnten Muränen problemlos Fischfilet annehmen, ist das Verfüttern vollständiger Fische viel besser. Durch die Schuppen, Gräten und Innereien bekommen die Muränen viele Inhaltsstoffe, die in schierem Filet fehlen.
Gymnothorax polyuranodon wandert oft weit (viele 100 km) in Süßwasserflüssen stromaufwärts. Aber auch diese Art, die ca. 60 cm lang wird, ist bei der Pflege in reinem Süßwasser deutlich empfindlicher als in Brack- oder Meerwasser.
Für eine ständige Pflege im Süßwasseraquarium ist Gymnothorax tile nicht gut geeignet. In der Natur lebt sie im Gezeitenbereich, also dort, wo die Ebbe und Flut gut spürbar sind. Ähnlich wie Argusfische, Silberflossenblätter, Kugelfische usw., die aus dieser Zone kommen, vertragen sie durchaus reines Süßwasser, sind dort aber sehr empfindlich gegen Nitrat – selbst Werte von nur 50 mg/l werden schlecht vertragen – und noch empfindlicher gegen Nitrit. Wenn nach einer Fütterung der Nitritwert plötzlich ansteigt ist das oft das Todesurteil für die Brackwasserfische, auch wenn echte Süßwasserfische im gleichen Becken keinerlei Anzeichen von Unwohlsein zeigen.
Salz verringert die physiologische Giftwirkung von Nitrat und Nitrit auf den Organismus der Muränen. Darum pflegt man sie besser in Brack- oder Meerwasseraquarien.
Strophidon sathete wurde wissenschaftlich anhand eines Exemplares aus dem Süßwasser bei Kalkutta beschrieben, ist aber ebenfalls auf Dauer besser für Brack- oder Meerwasser geeignet. Mit fast 3 m Länge ist sie eine der größten Muränen überhaupt.
Von vielen Muränen wird behauptet, ihr Biss sei giftig. Der Biss von Gymnothorax tile ist definitiv nicht giftig. Ich hatte einmal das zweifelhafte Vergnügen, von einem Exemplar sehr heftig gebissen zu werden, was zu einem blutenden Finger führte. Das geschah nicht aus Bosheit des Tieres, sondern nach einer Fütterung. Meine Finger rochen noch nach Fisch und ich arbeitete am Filter, was die offenbar noch nicht gesättigte Muräne veranlasste, von mir zu probieren. Ich ließ die Wunde unter fließendem, warmem Wasser gut ausbluten. Sie heilte ohne Schwellung oder Entzündung völlig problemlos von alleine ab.
Echidna leucotaenia wird häufiger in reinem Süßwasser angetroffen. Die weit im indopazifischen Raum verbreitete Art wird um 60 cm lang. Langzeiterfahrungen in der Pflege konnte ich leider noch nicht sammeln.
Auch Echidna xanthospilos wurde mir schon als Süßwassermuräne angeboten. Die Photos entstanden auch in Süßwasser, ich bezweifle aber, dass diese Art dort dauerhaft gedeiht. Besser pflegt man diese Muränenschönheit von vornherein in einem Meerwasseraquarium.
Kein geringerer als Carl von Linné, der Erfinder der binominalen Nomenklatur (also der wissenschaftlichen Namensgebung von Tieren und Pflanzen) beschrieb 1753 diese wunderschöne Pflanze. Sie ist aus der modernen Aquaristik nicht mehr wegzudenken. Im Holländischen Pflanzenaquarium ist sie, als „Leidener Straße“ gesteckt, ein unverzichtbares Gestaltungselement.
Lobelia cardinalis, gesteckt als „Leidener Straße“
Die Lobeliengattung liefert einige Arten, die zum festen Pflanzenrepertoire der Gärtnereien gehören. Da wäre z.B. die bekannte Lobelia erinus, die als „Männertreu“ in praktisch keinem Balkonkasten fehlt. Wird diese Pflanze ausschließlich ihrer üppigen Blütenpracht wegen kultiviert, wissen viele Aquarianer gar nicht, welch herrlichen Blütenschmuck die als wichtige Aquarienpflanze bekannte Kardinalslobelie entwickelt, wenn man sie nur lässt.
Lobelia erinus, das Männertreu. Der Name Männertreu bezieht sich auf die Kurzlebigkeit der Einzelblüte. Sie sei wie die Treue eines Mannes: sehr hübsch, aber eben nicht von Dauer…
Beheimatet ist die Kardinalslobelie im gemäßigten Nordamerika. Am natürlichen Standort wächst sie als über einen Meter hohe Sumpfpflanze mit aufrechtem Stengel und fleischigen Blättern.
In der Unterwasserkultur im Aquarium gehört sie zu den robustesten und anspruchslosesten Pflanzen überhaupt, die darum jedem Aquarianer wärmstens zu empfehlen ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Stengelpflanzen wächst Lobelia cardinalis relativ langsam und erfordert daher nur wenig Pflegemaßnahmen. Der optimale Temperaturbereich liegt bei 22 – 26°C, doch kann man sie auch gut in ungeheizten Zimmeraqarien verwenden. Je nach Lichtangebot variiert die Wuchsform, vor allem die Blattgröße, erheblich. So kann der Aquarianer durch die Beleuchtungsstärke selbst bestimmen, ob er die Kardinalslobelie lieber als Vordergrund-, Mittelgrund- oder Solitärpflanze (immer in Gruppen) verwenden möchte. Obwohl die Pflanze ein Sumpfgewächs ist, wird an den Nährstoffgehalt des Bodengrundes kein hoher Anspruch gestellt. Scheinbar deckt die Lobelie den größten Teil ihres Nahrungsbedarfs bei der Unterwasserkultur direkt aus dem Wasser ab.
Blütenstand der Kardinalslobelie.
Vermehrt wird die Pflanze im Hobby im allgemeinen durch Stecklinge. Das Regenerationsvermögen der Lobelie ist erstaunlich. Oft bilden selbst einzelne, abgerissene Blätter noch Wurzeln aus. Dennoch sollten die Stecklinge nicht zu klein gewählt werden und mindestens 6 Blätter haben. Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist die Kardinalslobelie ideal zum Aufbau einer nach hinten aufsteigenden „Straße“ geeignet. Beim Abnehmen von Stecklingen und beim Einpflanzen ist darauf zu achten, dass der Stengel mit einem sehr scharfen Messer abgeschnitten werden sollte. Druck- und Quetschstellen sind unbedingt zu vermeiden, sonst kommt es zu Faulstellen. Man kann Lobelien aber auch durch Samen vermehren, Saatguthersteller bieten solche Sämereien an. Durch Aussaat bekommt man preiswert sehr viele Pflanzen, die zudem mit den lokalen Bedingungen gewöhnlich gut zurecht kommen. Die Samen sind, wie bei vielen Glockenblumengewächsen, zu denen die Lobelien zählen, sehr fein. Sie sollten darum nicht mit Substrat bedeckt, sondern lediglich leicht angedrückt werden. Die Keimdauer beträgt ca. 4 Wochen, das ist auch etwas temperaturabhängig. In unseren Breiten wird man sie gewöhnlich erst nach den letzten Frösten aussäen, aber prinzipiell ist die Aussaat in Innenräumen ganzjährig möglich. Die Saatguthersteller empfehlen eine Keimtemperatur um 20°C.
Kardinalslobelie, Lobelia cardinalis, Einzelblüte. Botanisch gehört die Gattung Lobelia mit ihren ca. 365 Arten übrigens zu den Glockenblumengewächsen (Campanulaceae).
Leider – oder soll man sagen: glücklicherweise? – ist die Pflanze bei uns nicht dauerhaft winterhart, bei stärkeren Frösten stirbt sie gewöhnlich ab. So ist Lobelia cardinalis derzeit noch nicht auf der immer länger werdenden Liste potentiell invasiver Arten zu finden, deren Verkauf EU-weit verboten ist. Eine grundsätzlich gute Idee wird in dieser EU-Verordnung zunehmemd pervertiert, indem unter dem Argument der Vorbeugung auch solche Arten in ein Handelsverbot aufgenommen werden, die nirgendwo in der EU dauerhafte Populationen ausbilden, geschweige denn, invasiv werden. Dennoch an dieser Stelle der Hinweis: Reste von Kardinalslobelien sollten, genau wie alle anderen Zierpflanzen, über den Kompost entsorgt werden und man hat als verantwortungsvoller Pflanzenfreund die Pflicht, dafür sorge zu tragen, dass es nicht zur Ansiedlungen in freier Wildbahn kommt.
Im Mai am Gartenteich oder auch im feuchten Staudenbeet ausgepflanzte Exemplare kommen regelmäßig zur Blüte, die wirklich spektakulär ist. Darum kann man die Kardinalslobelie inzwischen nicht nur im Zoofachhandel als Aquarienpflanze kaufen, sondern findet sie auch im Staudensortiment des Gartenhandels. Dort werden auch stark frostresistente Sorten angeboten, die angeblich bis minus 30°C ertragen können.
Auch am sonnigen Blumenfenster kann man die Blütenbildung beobachten, wenn man die Pflanze auf Sumpfkultur umstellt. Dazu nimmt man am besten ein kleines Aquarium, dessen untere Bodenschicht mit einem nährstoffreichen Substrat angereichert wurde. Das Wasser sollte weich sein. Man läßt die Pflanze in einem Aquarium mit niedrigem Wasserstand von alleine aus dem Wasser herauswachsen und entfernt dann nach und nach die Deckscheibe. So härtet man die Pflanze ab und das weiche Blattgewebe der Wasserpflanze (submerse Wuchsform) wird von der Lobelie durch das derbere Blattgewebe der Landform (emerse Wuchsform) ersetzt. Man kann die Pflanze aber auch topfen und in gespannter Luft (also einer sehr hohen Luftfeuchte nahe der Sättigungsgrenze) anwurzeln lassen. Im Zoofachhandel gekaufte Pflanzen sind oft emers kultiviert (dazu kann man den Verkäufer befragen); die Umstellung auf Unterwasserkultur gelingt gewöhnlich problemlos. Der Vorteil der emersen Kultur liegt für die Gärtner darin, dass die Pflanzen schön sauber sind, weil sie natürlich keine Algen ansetzen. Aber der Vorteil von emers kultivierten Pflanzen liegt auch darin, dass sie leichter für Blühexperimente verwendet werden können.
Emers kultivierte Pflanzen können auch sehr gut in Paludarien und feuchten Terrarien Verwendung finden. Da alle Lobelien ziemlich giftig sind – sie enthalten u.a. ein Alkaloid namens Lobelin, das in der Wirkung dem Nikotin ähnlich ist – werden sie von den meisten pflanzenfressenden Tieren gemieden. Angeblich wurde die Kardinalslobelie von den Ureinwohnern Nordamerikas als Heilpflanze gegen Krämpfe und Typhus eingesetzt, andere Arten der Gattung wurden vor allem geraucht und sollen wirksam gegen Astma sein, eine weitere Art heißt sogar nach der Krankheit, gegen die frühe Siedler sie verwendeten: Lobelia siphilitica. Diese blau blühende Lobelienart wird oft als Zierpflanze angeboten. Sie kann m.W. nicht submers kultiviert werden, ist aber eine Sumpfpflanze und schattenverträglich.
Die medizinische Dosierung von Lobelien gestaltet sich schwierig; innerlich sollte man sie überhaupt nicht anwenden (also als Tee oder gegessen). Verwendet werden Lobelien als Räucherwerk oder in Salben. Aber Vorsicht: Überdosierungen können sogar tödlich sein, weshalb dringend davon abgeraten werden muss, diesbezüglich herumzuexperimentieren. Wer sich für Lobelien interessiert, sollte sich an Wuchs und Blüte erfreuen und die Erforschung der pharmazeutischen Eigenschaften den Profis überlassen.
Eine relativ neue Züchtung der Kardinallobelie ist die Lobelia cardinalis „Mini“, die sich besonders gut für so genannte Nano-Aquarien oder als Vordergrundpflanze eignet. Sie ist einfach in allen Teilen wesentlich kleiner als die Stammart.
Kurz und gut: in ihrer vielseitigen Verwendbarkeit in Aquarien, Terrarien und Teichen unter den verschiedensten Temperatur- und Lichtregimes ist die Kardinalslobelie unübertroffen.
Der Erstimport des Mosaikfadenfisches nach Deutschland erfolgte 1933. Seither ist dieser wunderschöne Fisch nie wieder aus den Aquarien verschwunden. Trifft die Aquarianer eine Mitschuld an seinem Seltenwerden in der Natur oder gar an seinem Aussterben?
Der Mosaikfadenfisch ist eine von fünf Arten der östlichen Fadenfische (Trichogaster, von manchen auch Trichopodus genannt). Wie die vier übrigen Arten, der Punktierte Fadenfisch (T. trichopterus), der Schaufelfadenfisch (T. pectoralis), der Mondscheinfadenfisch (T. microlepis) und der erst kürzlich entdeckte T. poptae gehört die bis zu 12 Zentimeter lange Art in ihrer Heimat zu den Speisefischen. Dort, wo der Mosaikfadenfisch (T. leerii) vorkommt, ist er häufig und nicht gefährdet. Dennoch wird die Art in der Internationalen Roten Liste (IUCN) auf der Vorwarnstufe ”potentiell gefährdet” geführt. Warum?
Zwei rangelnde Männchen des Mosaikfadenfisches, Zuchtstamm aus Singapur.
Verlust an Lebensraum
Der Mosaikfadenfisch ist in der Natur auf einen ganz bestimmten Gewässertyp angewiesen, um überleben zu können: das Schwarzwasser. Schwarzwasser heißt so, weil es die Farbe von dünnem Kaffee hat. Es ist sehr säurehaltig (pH um 4,5) und sehr arm an Mineralstoffen, wodurch Schwarzwasser auch sehr keimarm ist. Im Aquarium ist der Mosaikfadenfisch auch in anderem Wasser gut zu pflegen, doch in der freien Natur kann er nicht mit anderen Arten konkurrieren, wenn das Schwarzwasser verschwindet. Mit dem Schwarzwasser verschwindet auch der Mosaikfadenfisch.
Ölpalmen – der Fluch der Tropen
Früher gab es den Mosaikfadenfisch in Thailand, auf der malaiischen Halbinsel, auf Sumatra, Borneo und Riau, vielleicht auch auf anderen kleineren Sundainseln. Dort gab es viele Torfsümpfe und mit ihnen reichlich Schwarzwasserbiotope. Heute erstrecken sich dort, wo früher die Schwarzwassersümpfe waren, endlose Ölpalmenplantagen. Schwarzwasser sucht man dort vergebens. Die Fische, die auf Schwarzwasser angewiesen sind, gibt es nicht mehr.
Agrarwüste in Südostasien: Ölpalmen, Bananen, ReisSo sehen Biotope aus…
Noch 1945 schrieb Hugh M. SMITH in seinem Buch über die Süßwasserfische von Thailand, dass der Mosaikfadenfisch in der Umgebung von Bangkok nicht selten sei. Horst LINKE, der erfahrene Tropenreisende und Labyrinthfisch-Spezialist, konnte ihn in Thailand nie nachweisen, ebenso Jörg VIERKE. Ich halte es, wie VIERKE, nicht für ausgeschlossen, dass es teils auch Verwechslungen mit Trichogaster microlepis, dem Mondscheinfadenfisch, gegeben hat. Das klingt vielleicht wenig glaubhaft, wenn man diesen schönen Fisch nur von Bildern kennt. Da wird er immer in seiner typischen, silbergrauen Färbung gezeigt. Stimmungsabhängig, vor allem bei Beunruhigung, kann T. microlepis aber auch ein dunkles Längsband zeigen, wie es für T. leerii so typisch ist. Das gleiche Individuum kann das dunkle Längsband aber auch wieder vollständig ausschalten. T. microlepis ist ökologisch nicht sehr anspruchsvoll, braucht vor allem kein Schwarzwasser und kommt in Zentral-Thailand häufig und weit verbreitet vor.
Laut IUCN-Liste muss die Art T. leerii für Zentral-Thailand jedenfalls als ausgestorben gelten. Der Lebensraumverlust für den Mosaik-Fadenfisch in den kommenden 10-20 Jahren wird auf dramatische 30% geschätzt.
Mondscheinfadenfische, Trichogaster microlepis, sind sehr eng mit T. leerii verwandt. Manchmal zeigen sie ein Längsband.
Überfischung?
Im Handel tauchen Wildfänge des Mosaikfadenfisches praktisch nie auf. Bei Aquarium Glaser, einem der weltweit größten Zierfisch-Großhändler, hat man in den letzten 20 Jahren niemals Wildfänge von T. leerii angeboten bekommen. Kommerziell gezüchtet wird die Art in Südostasien (Indonesien, Singapur, Malaysia, Thailand, Sri Lanka, Vietnam, Hongkong), ferner in Israel, Tschechien und den USA. Überall, wo Aquaristik betrieben wird, beschäftigen sich auch Hobbyzüchter mit der Vermehrung der Art. Der nationale und der internationale Handel sind bei dieser äußerst produktiven Art – es handelt sich um Schaumnestbauer, die ca. 700 Eier pro Gelege produzieren, ganzjährig fortpflanzungsfähig sind und eine Generationsfolge von 4 – 6 Monaten haben – völlig vom Wildfang unabhängig. Überfischung für den Lebendhandel ist als Ursache des Rückganges der freilebenden Bestände darum absolut auszuschließen.
Männchen eines Zuchtstammes aus Hongkong.
Diese Galerie zeigt Tiere eines Zuchtstammes aus der Tschechischen Republik.
Erhaltungszucht tut Not
Als Art ist der Mosaikfadenfisch dank der Aquaristik nicht gefährdet. Aber die freilebenden Bestände sind hochgradig bedroht. Yunedi BASRI vom Integrated Fishery Laboratory der Bung Hatta University in Padang, West-Sumatra, hat mit der Erhaltungszucht der Population von Riau begonnen (Jakarta Post vom 6. August 2013). In West-Sumatra selbst sind keine Mosaikfadenfische mehr zu finden. Es ist sehr wichtig, die verschiedenen, genetisch unterschiedlichen Populationen von T. leerii rein zu erhalten. Dazu sollten schnellst möglich die natürlichen Bestände erfasst und importiert werden. Die Zucht an sich ist kein Problem, denn sie gehört zum 1×1 der Aquaristik.
Zuchstamm aus Singapur
Endlich: Wildfänge aus Thailand!
Im Juni 2017 geschah dann das Unerwartete: Aquarium Glaser importierte 50 Wildfänge des Mosaikfadenfisches aus Thailand. Und nicht nur das: der Lieferant gab auch noch gute Fundortinformationen dazu! Die Tiere stammen aus dem Gebiet von Su-Magi Kolok in der Provinz Narathiwat, wo gewöhnlich Glaswelse (Kryptopterus vitreolus) gefangen werden. Zunächst erschien es, als würden die – etwas über halbwüchsigen – Fische sich äußerlich nicht von den Nachzuchttieren unterscheiden, doch ein genauerer Blick ergab: die Weibchen haben deutlich weniger Punkte im Rücken als die Männchen! Noch sind die Fische recht klein, doch werde ich mir große Mühe geben, dass der Stamm im Hobby erhalten bleibt, denn wann es wieder einmal Wildfänge vom Mosaikfadenfisch aus Thailand geben wird, ist steht in den Sternen. Auf jeden Fall waren diese Tiere der Beweis: der Mosaikfadenfisch ist in Thailand noch keineswegs ausgestorben!
Wildfänge aus Süd-Thailand
Wildfänge von Borneo
Dank der Ausdauer der Mitarbeiter von Aquarium Glaser konnte im Jahr 2020 auch die Wissenslücke, wie denn die Wildfänge aus Indonesien – also von Sumatra und Borneo aussehen, geschlossen werden. Leider gelang es mir noch nicht, von den Sumatra-Tieren brauchbare Aufnahmen zu erstellen, aber die Borneo-Fische konnte ich schon ablichten. Sie unterscheiden sich äußerlich nicht von den Aquarienstämmen und man kann daher davon ausgehen, dass die Aquarienpopulation des Mosaikfadenfisches auf diese Tiere zurückgeht.
Die Wildfänge von Borneo entsprechen äußerlich den Aquarienstämmen.
Frank Schäfer
Literatur:
Bachyul Jb, S. (2013): Rescuing ‘sepat mutiara’and other rare fish species. The Jakarta Post, Padang, West Sumatra vom Dienstag, 6. August 2013
Linke, H. (2017): Labyrinthfische. 2. Auflage. Tetra Verlag, Berlin-Velten
Smith, H. (1945): The fresh-water fishes of Siam, or Thailand. Bulletin of the United States National Museum No. 188: i-xi + 1-622, Pls. 1-9.
Vierke, J. (1978): Labyrinthfische und verwandte Arten. Engelbert Pfriem Verlag, Wuppertal-Elberfeld
Die Störwelse gehören zu den sehr beliebten Harnischwelsen für das Aquarium. Das liegt an ihrer interessanten Gestalt und guten Züchtbarkeit. Hinzu kommt, dass Störwelse auch tagsüber aktiv sind und sich nicht – wie viele andere Harnischwelse – verstecken. Es gibt zwei Gattungen der Störwelse, Sturisoma und Sturisomatichthys. Die Gattungsunterschiede sind subtil. Als die Gattung Sturisomatichthys 1979 aufgestellt wurde, wurde als einziger Unterschied zu Sturisoma das nicht verlängerte Rostrum (= die Schnauze) angegeben. Sturisomatichthys waren also de kurznasigen Störwelse. Spätere Arbeiten zur Anatomie und DNS der Störwelse gruppierten die Sturisomatichthys und Sturisoma zugeordneten Arten unterschiedlich, bis schließlich 2019 in einer umfassenden Studie zur Taxonomie von Sturisomatichthys die Gattung wie folgt von Sturisoma getrennt wurde:
„Von Sturisoma unterscheiden sie (Anmerkung: Sturisomatichthys) sich durch die unregelmäßigen, zahlreichen zentralen Bauchplatten, die nicht in definierten Reihen angeordnet sind (im Gegensatz zu drei klar angeordneten Reihen zentraler Bauchplatten); durch den Besitz von dunklen Flecken auf einer oder allen Rücken-, Brust-, Bauch- oder Afterflossen (im Gegensatz zu fehlenden Flecken); und durch die 13-18 Platten auf der mittleren Plattenreihe (im Gegensatz zu 20-21 Platten auf der mittleren Reihe)“; (im Original: from Sturisoma it is distinguished by the irregular, numerous central abdominal plates not arranged in defined series (vs. three clearly arranged series of developed central abdominal plates); by the possession of dark spots on either, or all, dorsal, pectoral, pelvic, or anal fins (vs. spots absent); and by having 13–18 plates on the median plate series (vs. 20–21 plates on the median series. Londoño-Burbano & Reis, 2019: 765).
Aufgrund dieser Definition gehören heute folgende Arten zu Sturisomatichthys: Sturisomatichthys aureus; S. caquetae; S. citurensis; S. dariensis; S. festivus; S. frenatus; S. guaitipan; S. kneri; S. leightoni; S. panamensis; S. reinae; S. tamanae und S. varii. Zu Sturisoma zählen: Sturisoma barbatum; S. brevirostre; S. caquetae; S. guentheri; S. lyra; S. monopelte; S. nigrirostrum; S. robustum; S. rostratum und S. tenuirostre.
Aus Paraguay werden wundervolle, teilweise sehr große Sturisoma-Störwelse importiert. Aus dem Rio Paraguay sind zwei Sturisoma-Arten bekannt: der bereits 1853 von Kner beschriebene S. barbatum und der 1904 von Regan beschriebene S. robustum. Die beiden Arten unterscheiden sich auf den ersten Blick nur unwesentlich voneinander.
Das wichtigste anatomische Merkmal, das die beiden Arten unterscheidet, ist die Struktur der Nacken- und Vorderrückenschilder. Bei S. barbatum bestehen sie im wesentlichen aus drei massiven Knochenspangen (plus zwei kleinere Knochenplatten), bei S. robustum aus 17 Knochenplatten.
S. barbatum soll wesentlich länger ausgezogene Flossenfilamente haben als S. robustum. Heute wissen wir aber, dass solche Flossenfilamente sowohl ontogenetisch (also im Verlauf des Lebens während des Wachstums) wie auch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können und zur Artunterscheidung wenig geeignet sind. Betrachtet man die den Originalbeschreibungen beigefügten Abbildungen, so fällt ferner auf, dass S. barbatum insgesamt zierlicher wirkt, der Artname “robustum“ ist von Regan gut gewählt.
Betrachtet man die den Originalbeschreibungen beigefügten Abbildungen, so fällt ferner auf, dass S. barbatum (abgebildet ist ein Männchen) insgesamt zierlicher wirkt, der Artname “robustum“ ist von Regan gut gewählt (bei ihm ist ein Weibchen abgebildet). Bei lebenden Tieren aus Paraguay sieht man sehr gut, dass die Männchen besser S. barbatum, die Weibchen besser S. robustum entsprechen.
Abbildung von Sturisoma barbatum aus der Originalbeschreibung.Abbildung von Sturisoma robustum (Abb.1) aus der Originalbeschreibung. Abb. 2 zeigt Sturisoma lyra, eine Art aus dem Rio Jurua, die bisher wohl noch nie importiert wurde.
Im Hobby benutzt man allgemein den Namen S. robustum, im Handel hingegen werden Störwelse aus Paraguay meist als S. barbatum bezeichnet. Klären kann solche Fragen nur eine wissenschaftliche Studie. Die arttypische Nackenbeschilderung ist auf Photos nicht immer zu erkennen; die von Aquarium Glaser aktuell (2021/22) importierten Tiere entsprechen bezüglich der Nacken- und Vorderrückenschilder, wie man auf den Photos gut erkennen kann, S. barbatum.
Paar von Sturisoma barbatum aus Paraguay in der Draufsicht, oben das Männchen. Import aus dem Jahr 2009.Das gleiche Männchen in seitlicher Ansicht.Und hier das Weibchen in seitlicher Ansicht,
Störwelse sind fantastische Aquarienfische, die bis zu 28 cm lang werden können und entsprechend große Aquarien benötigen. Die Männchen sind in der Fortpflanzungszeit an dem ausgeprägten Backenbart zu erkennen, aber auch außerhalb der Laichzeit fällt die Unterscheidung der Geschlechter nicht schwer, wie man auf den Fotos leicht erkennen kann. Die Ernährung ist vielseitig mit einem deutlichen Schwerpunkt auf pflanzlicher Kost.
Und hier zum direkten Vergleich ein Pärchen von Sturisoma robustum aus dem gleichen Import wie die oben gezeigten S. barbatum; oben das Weibchen, unten das Männchen.Das gleiche Weibchen wie darüber in Draufsicht in Seitenansicht.Und noch einmal. Man erkennt die mehrteilige Beschilderung unmittelbar vor der Rückenflosse.Und hier das Männchen von S. robustum in seitlicher Ansicht.
Bei den Tieren auf dieser Bildserie handelt es sich eindeutig um Sturisoma barbatum. Import aus dem Jahr 2021.
In Importen aus Paraguay sind also beide Arten vertreten. Da sie sich außerordentlich ähnlich sehen, ist es wichtig, bei Zuchtabsichten auf die Rückenbeschilderung zu achten, um nicht versehentlich gemischte Paare zusammenzustellen.
Bei Fischen aus Paraguay ist allgemein zu beachten, dass die Wassertemperaturen dort jahreszeitlich schwanken und im dortigen Winter recht niedrig sind. Nach erfolgreicher Eingewöhnung sollte man die Fische an unsere Jahreszeiten anpassen und bei 24-26°C im Sommer und 16-18°C im Winter pflegen. Dann züchten sie auch meist willig nach. Abgelaicht wird gerne an der Frontscheibe des Aquariums, das Männchen bewacht Laich und frischgeschlüpfte Jungtiere. Für die Aufzucht der Jungfische ist es unumgänglich, Kot der Elterntiere zu verfüttern, da sie die im Darm lebenden Bakterien und Plize (Endosymbionten) benötigen, um Pflanzenkost verdauen zu können. Beachtet man dies nicht, verhungern die Jungtiere nach der Umstellung von Fleischkost (Artemia-Nauplien etc.), die sie als Anfangsnahrung benötigen, zu Pflanzenkost trotz vollen Magens.
Kner, R. (1853): Die Panzerwelse des K.K. Hof-naturalien-Cabinetes zu Wien. I. Abtheilung. Loricarinae. Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe. v. 6: 65-98.
Londoño-Burbano, A. & R. E. Reis (2019): A taxonomic revision of Sturisomatichthys Isbrücker and Nijssen, 1979 (Loricariidae: Loricariinae), with descriptions of three new species. Copeia v. 107 (no. 4): 764-806.
Regan, C. T. (1904): A monograph of the fishes of the family Loricariidae. Transactions of the Zoological Society of London v. 17 (pt 3, no. 1): 191-350, Pls. 9-21.
Seepferdchen und Seenadeln fallen von vornherein durch ihr bizarres Äußeres aus dem üblichen Rahmen dessen, was man unter einem Fisch versteht. Syngnathoides biaculeatus setzt noch einmal einen drauf: das Tier sieht aus, als hätte es sich nicht entscheiden können, ob es eine Seenadel oder ein Seepferdchen werden wollte. Markus Eliser Bloch, der die Art als erster 1785 für die Wissenschaft beschrieb, nannte sie „Die Stachelnadel“. Der englische Name „Two-barbel Pipe Fish“ bezieht sich auf die zwei Hautanhänge, die viele Tiere unterhalb des Maules am „Kinn“ tragen. Diese Hautanhänge fehlen aber auch bei zahlreichen Exemplaren, wogegen an anderen Stellen des Körpers auch oft Hautanhänge zu finden sind. Diese Hautanhänge sehen so aus, als seien die Fische mit Algen bewachsen und ihr Sinn liegt wohl in der Tarnung.
Manchmal nehmen die Stachelnadeln eine senkrechte Körperhaltung ein und erinnern dann sehr stark an Seepferdchen.
Die Färbung der Tiere ist hochvariabel und schwankt zwischen einem hellen Grün und einem schmutzigen Braun. Dabei kann jedes Individuum in kürzester Zeit diesen Farbwechsel durchmachen. Meist zeigen die Fische aber, sofern sie sich wohlfühlen, eine grüne Körperfarbe.
Der Schwanz und der Kopf der Stachelnadeln sehen aus wie die eines Seepferdchens, d.h. der Schwanz hat keine Flosse am Ende und dient zum Greifen und Festhalten. Hingegen erinnert die Körperform eher an eine Seenadel, da die Tiere im allgemeinen nicht die senkrechte Körperhaltung einnehmen, wie sie für Seepferdchen so typisch ist.
Gut getarnt lauert diese Syngnathoides biaculeatus auf Beute. Die Aufnahmen für diesen Beitrag entstanden in einem Brackwasseraquarium. Auf die Dauer sollten die Tiere aber in reinem Seewasser gepflegt werden.
Syngnathoides biaculeatus ist weit im indopazifischen Raum verbreitet. Sie dringt wohl auch gelegentlich in das Brackwasser der Flußmündungen vor, doch verlangt sie im Aquarium für die dauerhafte Pflege vollwertiges Seewasser. Die erreichbare Endgröße liegt bei etwa 25 cm.
Leider ist die Pflege der Tiere, wie die aller marinen Seepferdchen und Seenadeln, äußerst schwierig und sollte spezialisierten Aquarianern vorbehalten bleiben. Zwar stellen die Tiere ebensowenig Ansprüche an die Wasserqualität wie die Mehrzahl ihrer Verwandten, doch ist die Fütterung ein für Binnenländer nur schwer zu lösendes Problem.
Originalabbildung aus der Beschreibung von Syngnathoides biaculeatus aus Bloch, 1785
Die Stachelnadeln fressen ausschließlich lebendes Futter und sind zudem äußerst langsame Fresser. Bis sich eine Stachelnadel entschlossen hat, einen Wasserfloh zu fressen, ist die Mehrzahl der eingesetzen Wasserflöhe bereits im Seewasser abgestorben und wird dann nicht mehr beachtet. Gleiches gilt sinngemäß für die meisten anderen, üblicherweise im Aquarium gereichten Lebendfuttersorten. Man braucht also entweder eine gutlaufende Artemia-Zucht, aus der ständig ausgewachsene Artemia gereicht werden können, oder gute Verbindungen zur Küste oder ein sicheres (!) Futtertierabonnement für lebende Mysis (Schwebegarnelen). Außer Kleinkrebsen werden auch frischgeborene Lebendgebärende wie Guppys oder Mollys gefressen. Doch deckt ein kompletter Wurf von etwa 50 Jungfischen gerade mal den Futterbedarf einer Stachelnadel für ein bis zwei Tage, so daß man schon eine sehr umfangreiche Fischzucht unterhalten muß, um die Tiere damit satt zu bekommen.
Wie bei allen Nadeln und Seepferdchen obliegt auch bei Syngnathoides biaculeatus dem Männchen das Ausbrüten der Eier in einer speziellen Bruttasche am Bauch. Die Zucht vieler Nadeln und Seepferdchen ist im Aquarium bereits geglückt, so daß auch die Stachelnadel wohl züchtbar ist – wenn man denn das Futterproblem lösen kann.
Geschockt und mit tiefer Besorgnis blicken wir auf die Ukraine, wo Menschen sterben und Existenzen zerstört werden, weil ein einzelner Mann zuviel Macht anhäufen konnte und diese nun skrupellos einsetzt. Vor dem Hintergrund eines drohenden 3. Weltkrieges kommt es mir seltsam vor, einfach weiterzumachen, als sei nichts geschehen. Aber es ist vielleicht trotzdem wichtig, gerade in solchen Zeiten ein Hobby am Leben zu erhalten, das – wie die Aquarien- und Terrarienkunde – eine geistige Ablenkung von den gräßlichen Ereignissen ermöglicht, gegen deren Fortgang kaum Einflussmöglichkeiten bestehen.
Wenn ich an die Ukraine dachte, fiel mir bisher immer zuerst die Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa ein und der dort stattfindende Zierfisch-Wochenendmarkt, auf dem in einer Art von Flohmarktatmosphäre private Liebhaber ihre Nachzuchten zum Verkauf anboten. Dort wurde, so sagt man, auch der kleine Barbe erstmals, um die es in diesem Blog geht.
Um 1980 begann ein wunderschöner kleiner Fisch seinen Siegeszug durch die Aquarien in aller Welt. Informationen über die Herkunft der Tiere waren nicht erhältlich, doch führten alle Spuren in die ehemalige UdSSR.
Odessabarbe, Pethia padamya, Wildfangmännchen
Nach Jaroslav Elias (2000) wurde die Art erstmals 1971 auf dem Zierfischmarkt von Odessa angeboten, doch erregten die unscheinbaren Jungtiere keine besondere Aufmerksamkeit. Darum stellte der Verkäufer später ausgewachsene Männchen aus und von da an fanden die Tiere reißenden Absatz. Zunächst kamen sie in die DDR, wo sie 1973 allgemein verbreitet waren, später auch in die Tscheslovakei (1974) und schließlich auch in den Westen, wo sich dann die Berufszüchter in Südostasien des Tieres annahmen. Die Herkunft der Odessabarbe blieb aber ein Geheimnis. War es eine Zuchtform? Eine Mutante? Oder doch ein Wildfisch unbekannter Herkunft?
Jüngeres Nachzucht-Männchen der Odessa-Barbe
Es wurde viel über den geheimnisvollen Ursprung der herrlichen Barbe spekuliert. Meist glaubte man in ihr eine Zuchtform oder Variante der Sonnenfleckbarbe, Barbus ticto (heute: Pethia ticto), zu sehen. Dieser Fisch hat freilich nur ganz oberflächlich Ähnlichkeit mit der Odessabarbe, die auch gelegentlich als Rubinbarbe bezeichnet wird. Andere Kandidaten waren die Prachtbarbe (Pethia conchonius), die Sonnenfleckbarbe (P. stoliczkanus) und die Ceylonbarbe (P. cummingii), wobei letztere, den Untersuchungen von Stanilav Frank (1974) der Odessabarbe anatomisch am ähnlichsten ist.
Altes Männchen der Odessabarbe, Aquarienstamm
Den rührigen Aquarienfischexporteuren in Singapur haben wir die Auflösung dieses Rätsels zu verdanken. Im Jahr 2001 wurden erstmals Wildfänge exportiert. Die Odessabarbe ist keine Zuchtform sondern ein Wildfisch aus Burma! Sven O. Kullander und Ralf Britz haben die Art im Oktober 2008 formell beschrieben, sie heißt jetzt richtig Pethia padamya. Verbreitet ist sie im Einzug des Chindwin-Irrawaddy-Beckens.
Der erste Wildfang der Odessabarbe, 2001 aus Singapur exportiert, Männchen
Der erste Wildfang der Odessabarbe, 2001 aus Singapur exportiert, Weibchen
Kommt gemeinsam mit Pethia padamya vor: die Sonnenfleckbarbe, P. stoliczkanus, Wildfang, der zusammen mit den ersten Wildfang-Odessabarben 2001 aus Singapur exportiert wurde.
Sehr interessant ist die Tatsache, dass die Odessabarbe in den vergangenen über 45 Jahren wohl nur in Inzuchtstämmen gezüchtet wurde und trotzdem kaum ein Unterschied zu den Wildfängen festzustellen ist. Die Wildfänge sind lediglich etwas kleiner und zierlicher, aber das ist grundsätzlich bei fast allen Wildfischen im Vergleich zu Nachzuchttieren der Fall. In der Natur ist der Tisch nun mal bei weitem nicht so reichlich gedeckt wie im Aquarium. Doch beweist dieser Fall einmal mehr, dass Erhaltungszuchten von Kleinfischen im Aquarium ohne Degenerationserscheinungen über Jahrzehnte problemlos möglich sind.
Pethia stoliczkanus wurde als Kandidat für die Stammform der Odessabarbe angesehen – ein Irrtum, wie man heute weiß.
Pethia stoliczkanus, Männchen im Aquarium
Odessabarben werden 5-6 cm groß. Berichte von wesentlich größeren Tieren sind wohl auf Verwechslungen mit anderen Arten zurückzuführen. Es sind ausgezeichnete Aquarienfische, die in Schwärmen von 10-15 Exemplaren gehalten werden sollten. Tut man das nicht, so muss man damit rechnen, dass die sehr verspielten Tiere andere Fische und zarte Pflanzen anknabbern, wie man das auch von der Sumatrabarbe, Puntigrus anchisporus, her kennt.
Ceylonbarben, Pethia reval (links) und P. cummingii, sind der Odessabarbe anatomisch sehr ähnlich und haben auch ähnlich geformte Seitenflecken.Eine Verwechslungart aus Burma: Pethia tiatian, die Gelbe Putao-Barbe.Ebenfalls aus Burma, aber ohne Schwanzwurzelfleck: Pethia didi.
Besonders schön werden Odessabarben, wenn man sie eine Zeitlang im Gartenteich unterbringt, was in gemäßigten Zonen etwa von Mai bis Oktober möglich ist. Die untere Temperaturtoleranz liegt bei etwa 12°C.
Pethia ticto aus Indien wurde bis 2000 am häufigsten für die Stammart der Odessabarbe angesehen.
Die Männchen der Odessabarbe sind deutlich schlanker und auch etwas kleiner als die Weibchen. Die Männchen sind farblich zudem leicht durch den prächtigen roten Seitenstreifen von den Weibchen zu unterscheiden und sie haben eine kräftigere Fleckenzeichnung in der Rückenflosse.
Zur Zucht sollte man die Geschlechter etwa zwei Wochen vor dem geplanten Zuchtansatz trennen und gut mit Lebendfutter versorgen, wobei Wasserflöhe und Hüpferlinge ein wichtige Rolle spielen. Die Wasserwerte sind zwar grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung – abgesehen davon, dass Odessabarben Frischwasser sehr schätzen, weshalb man vor dem unmittelbaren Zuchtansatz zwei bis drei Wochen den üblichen wöchentlichen Teil-Wasserwechsel aussetzt, weshalb das Frischwasser im Zuchtbecken besonders stimulierend ist – doch die Erfahrungen der alten Praktiker zeigten, dass ein pH-Wert von 6,3-6,9 bei einer Gesamthärte von 5-7°dH besonders günstig ist. Sie empfehlen den paarweisen Ansatz. Im Zuchtbecken, das 15-20 Liter Inhalt aufweisen sollte, stellt man die Temperatur auf 24-27°C ein; wichtig ist, dass die Fische zuvor, also in der Trennungsphase in der kräftig gefüttert wird, jedoch mit dem Wasserwechsel ausgesetzt wird, die Wassertemperatur deutlich niedriger, bei 18-20°C liegt.
So behandelte Odessabarben laichen meistens am folgenden Morgen bei Sonnenaufgang wie auf Bestellung ab, wenn man sie abends in das Zuchtbecken einsetzt. Das Männchen treibt sehr stark, abgelaicht wird in feinfiedrigen Pflanzen (Tausendblatt, Myriophyllum, ist ideal, es eignen sich aber auch andere Pflanzen, wie Javamoos oder die leider kaum erhältliche Nitella). Wer Wert auf eine zahlenmäßig große Nachzucht legt, bringe einen Laichrost oder eine bodendeckende Schicht ca. haselnussgroßer Kieselsteine oder Murmeln ein, denn die Eltern sind Laichräuber. So können mehrere hundert Jungtiere vom Initialansatz erzielt werden. Einmal in Laichstimmung gebracht kann man das Paar etliche Tage täglich ablaichen lassen, dann bringen sie aber nur noch – gute Fütterung vorausgesetzt – 50-100 Eier pro Tag.
Die Aufzucht der winzigen Jungtiere ist mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden, allerdings eine Fleißarbeit, denn um gut gewachsene Odessabarben, die weder verfettet noch verzwergt sind, zu erhalten, muss mehrfach täglich gefüttert werden und täglich ein großer Wasserwechsel durchgeführt werden, bei dem man gründlich den Boden absaugt. Ein paar Schnecken helfen sehr, hygienisch gute Verhältnisse zu schaffen.
Frank Schäfer
Zitierte Literatur:
Elias, J. (2000): Die Odessabarbe, Barbus ticto. Das Aquarium 11/2000: 28
Ist es nicht seltsam, dass so viele Algenfresser weißlich oder silbern gefärbte Fische mit einem dunklen Längsband sind? Egal ob Saugschmerle (Gyrinocheilus aymonieri), Rüsselbarbe (Garra cambodgiensis und Epalzeorhynchus siamensis) oder Ohrgitterharnischwels (Otocinclus), sie alle zeigen dieses Farbmuster. Auch der einzige regelmäßig im Handel befindliche Algenfresser unter den Salmlern, der La-Plata-Algensalmler (Apareiodon affinis, oft unter dem Namen Parodon affinis im Handel) ist so gezeichnet.
Apareiodon affinis sind gesellige Fische
Der La-Plata-Algensalmler kommt im südlichen Südamerika vor, importiert wird er aus Paraguay. Es gibt mehrere ähnliche Arten der Gattung Apareiodon, deren Identifizierung auch für Wissenschaftler nicht ganz einfach ist. Im La-Plata-Becken, das die Einzüge die Flüsse Rio Paraguay, Rio Uruguay, Rio Paraná und Rio Iguaçu umfasst, leben acht Arten der Famile Parodontidae: Apareiodon affinis, A. ibitiensis, A. piracicabae, A. vittatus, A. vladii, eine noch unbeschriebene Apareiodon-Art aus dem oberen Paraná-Einzug und die Parodon-Arten P. moreirai und P. nasus. Eine interessante DNS-Untersuchung aller Arten des La-Plata-Beckens führten Bellafronte et al. 2013 durch; sie zeigte, dass vermutlich die Populationen von A. affinis aus dem oberen Paraná eine separate, neue Art repräsentieren.
Die Rückenzeichnung ist individuell recht unterschiedlich.
Apareiodon affinis ist ein Bewohner fließender Gewässer, wo er vor allem von Aufwuchs lebt. Allerdings nutzt der Fisch durchaus auch andere Nahrungsquellen, wenn sie sich ihm bieten, etwa in der Nähe von Aquakulturen, wo Speisefische in Netzkäfigen gehalten werden.
Unter bestimmten Lichtverhältnissen leuchtet der Rücken der Art prächtig grün.
Zwei Dinge gilt es zu beachten, wenn man diesen Salmler, dem manchmal wahre Wunder in Sachen Algenvertilgung nachgesagt werden, im Aquarium pflegen möchte. Erstens wird die Art recht groß, ca. 15 cm, und ist dabei sehr schwimmaktiv. Das Aquarium sollte also nicht zu klein sein, zumal der La-Plata-Algensalmler gerne in Gesellschaft von seinesgleichen lebt. Und zweitens lebt sie in Fließgewässern der Subtropen, was bedeutet, dass die Wassertemperatur nicht dauerhaft über 27°C steigen sollte – die Temperatur-Untergrenze beträgt etwa 16°C für längere Zeiträume. Wer diese Bedingungen erfüllen kann und will, wird viel Freude an den lebhaften Tieren haben.
Beunruhigte Tiere werden schlagartig blass.
Bezüglich der Algenvernichtung: es ist grundsätzlich günstig, Algenfresser (ganz gleich welcher Art) bereits einzusetzen, bevor Algen wuchern. Das ständige „ablutschen“ von Pflanzen und Dekorationsgegenständen verhindert dann zuverlässig, das sich überhaupt lästige größere Algenmengen bilden. Man muss sich nicht sorgen, dass die Algenfresser hungern, denn sie nehmen sehr gern jegliches übliche Fischfutter an. Muss man allerdings die Notbremse ziehen und möchte, dass die Algenfresser effektiv gegen übermäßiges Algenwachstum vorgehen, darf man kein Zusatzfutter anbieten. Aber – ganz ehrlich – Wunder darf man sich von keinem Algenfresser erwarten, auch nicht vom La-Plata-Algensalmler. Wenn die Algen allzu üppig wuchern, stimmt etwas grundsätzlich nicht im Aquarium, daran können auch Algenfresser nichts ändern.
Lexikon: Apareiodon: bedeutet „ohne Zähne seitlich im Maul“. Parodon: bedeutet „mit gleichen Zähnen“. affinis: heißt „ähnlich“.
Literatur:
Bellafronte, E., Mariguela, T. C., Pereira, L. H. G., Oliveira, C., & Moreira-Filho, O. (2013): DNA barcode of Parodontidae species from the La Plata river basin-applying new data to clarify taxonomic problems. Neotropical Ichthyology, 11(3): 497-506.
Brandão, H., Lobón-Cerviá, J., Ramos, I. P., Souto, A. C., Nobile, A. B., Zica, É. D. O. P., & Carvalho, E. D. (2012): Influence of a cage farming on the population of the fish species Apareiodon affinis (Steindachner, 1879) in the Chavantes reservoir, Paranapanema River SP/PR, Brazil. Acta Limnologica Brasiliensia, 24(4): 438-448.