Der Himmelblaue Taggecko Lygodactylus williamsi – die Terrarianer können ihn retten!

Um kaum ein Reptil wurde in den vergangenen zwölf Jahren ein solcher Wirbel gemacht, wie um den Himmelblauen Taggecko, Lygodactylus williamsi, auch als „Electric Blue“ bekannt. Obwohl die Art bereits 1952 wissenschaftlich beschrieben wurde, erschienen erst 2004 einige Exemplare im internationalen Tierhandel und der breiten Öffentlichkeit wurden sie erst 2008 auf der Interzoo in Nürnberg bekannt.

Männchen von Lygodactylus williamsi

Man kennt dieses niedliche Tier – es erreicht eine maximale Gesamtlänge von etwa 6 cm – nur aus einem sehr kleinen Verbreitungsgebiet in Tansania. Die der Wissenschaft bekannten Vorkommen beschränken sich auf ein nur etwa 20 km² großes Gebiet im Osten des Landes. Es handelt sich dabei um Restvorkommen ehemals großer Küstenwälder. Innerhalb dieses Gebietes kommt der Himmelblaue Taggecko nur auf einer einzigen Baumart vor, dem Schraubenbaum Pandanus rabaiensis. Auf jedem Schraubenbaum lebt ein Männchen, dazu kommen Weibchen und Jungtiere. Die Schraubenbäume nehmen weniger als 20% der Waldfläche ein. Da sich die Schraubenbäume gut zählen lassen, kann man den Bestand der Taggeckos in dem Gebiet gut hochrechnen.

Weibchen

Schutzgebiete – nur auf dem Papier

Der Grund für den dramatischen Rückgang der ostafrikanischen Küstenwälder liegt im unkontrollierten Raubbau, der an den Wäldern getrieben wird. Zum einen werden Edelhölzer geschlagen, zum anderen wächst aber auch die Bevölkerung unaufhörlich und mit ihr der Hunger nach Land. Darüber hinaus ist Holz das wichtigste Heizmaterial für die lokale Bevölkerung. Illegale Rodungen sind die Folge. Wenngleich das gesamte bekannte Vorkommensgebiet der Himmelblauen Taggeckos unter Schutz steht, besteht dieser Schutz weitgehend nur auf dem Papier. Der Wald schrumpft weiter und wenngleich die Schraubenbäume keinerlei wirtschaftlichen Wert haben, werden sie beim Holzeinschlag mit geschädigt. Nach einer Rodung, etwa zum Zwecke der Anlage von Ackerflächen, kann der Wald sich nicht selbst regenerieren, selbst wenn die illegalen Ackerflächen stillgelegt werden; invasive Baumarten siedeln sich an und verhindern, dass die ursprüngliche Artengemeinschaft wieder Fuß fasst.

Pärchen von Lygodactylus williamsi

Unabhängigkeit vom Wildfang

Die Hobby-Terraristik kann gut auf Wildfänge verzichten, denn Himmelblaue Taggeckos lassen sich ausgezeichnet nachzüchten. Das Tropenparadies in Oberhausen z.B. hat aktuell 24 Zuchtgruppen, wobei eine gemeinsame Pflege von einem Männchen mit drei Weibchen gut möglich ist. Jedes Weibchen produziert ganzjährig alle 4-6 Wochen ein Gelege, das aus zwei Eiern besteht, pro Weibchen und Jahr sind also mindestens 16-18, meist aber um 20 Jungtiere jährlich zu erwarten. Die Eier werden bei 23-28°C und 70-90% relativer Luftfeuchte inkubiert, die Schlupfrate liegt bei annähernd 100%. Im Terrarium werden die Tiere im Alter von etwa 4 Monaten geschlechtsreif, im Bedarfsfall lassen sich also drei Generationen pro Jahr züchten. Bei einem Gelege pro Weibchen alle 6 Wochen ergibt das rund 620 Jungtiere, bei einem Gelege alle 4 Wochen etwa 860. Allerdings ist eine derartig große Menge kaum absetzbar. Theoretisch lassen sich übrigens in einem Jahr, genügend Platz vorausgesetzt, wenn keine Weibchen verkauft werden und in etwa die Hälfte der schlüpfenden Jungtiere Weibchen sind, mit einer derartigen Ausgangsgruppe zwischen 1.400 (bei 6- wöchigem Gelegerhythmus) und 5.500 (bei 4-wöchigem Gelegerhythmus) Jungtiere züchten. Anders ausgedrückt: jedes fortpflanzungsfähige Weibchen kann in einem Jahr mit Kindern und Kindeskindern eine 25-fache bis 48-fache Vergrößerung der Ausgangspopulation bewirken.

Frischgeschlüpfte Zwerggeckos sind winzig. Hier ein Schlüpfling von Lygodactylus kimhovelli, der in etwa gleichgroß wie L. williamsi ist.

Diese enorm hohe Vermehrungsrate ist notwendig, um die bei so kleinen Tieren, die weit unten in der Nahrungskette stehen, die hohen natürlichen Verluste zu kompensieren.
Darum ist auch in Normalfällen eine Besammlung von wildlebenden Populationen von kleinen Echsen für die Terraristik ohne nennenswerte Auswirkungen für die Gesamtpopulation, wenn die Lebensräume ansonsten ungestört sind. Auch wenn die wildlebende Population von Lygodactylus williamsi also einen gewissen Besammlungsdruck ohne Schaden ertragen kann: diese Besammlung ist nicht wünschenswert, denn erstens gehen die Fänger oft nicht gerade zimperlich vor, um an die Tiere zu kommen und töten dazu die Wohnbäume. Und zweitens sind die Schutzgebiete ja nicht grundlos eingerichtet worden. Sie repräsentieren einen extrem schützens- und erhaltenswerten, sehr artenreichen Lebensraum und jede Bemühung, diesen Lebensraum zu erhalten, bedarf unserer absoluten Unterstützung! Der Himmelblaue Taggecko ist ja nur eine unter vielen Arten, die hier vorkommen.

Das WA oder Washingtoner Artenschutzabkommen regelt den internationalen Handel mit besonders geschützten Tierarten. Diese Arten sind nicht notwendigerweise selten oder bedroht, jedoch könnten sie es nach der Einschätzung von manchen Experten durchaus werden, wenn sie im Übermaß gefangen und gehandelt würden. In der Regel geht es dabei nicht so sehr um lebende Tiere, sondern hauptsächlich um Tierprodukte (Leder, Pelz, Elfenbein, auch ganze Körper, wie bei Seepferdchen, Tigern etc.). Doch auch lebende Terrarientiere sind betroffen. Dabei gibt es zwei wichtige Kategorien, die in Artenlisten, den so genannten Anhängen des WA, aufgeführt sind: Im Anhang 1 stehen Arten, die als derart bedroht eingeschätzt werden, dass der Handel mit Wildfängen ausnahmslos verboten ist. Erst Nachzuchten ab der zweiten Generation dürfen frei gehandelt werden, wenn ordnungsgemäße Papiere beweisen, dass es sich um Nachzuchten der zweiten oder späteren Generation handelt. Die meisten Arten stehen jedoch in Anhang 2. Sie dürfen prinzipiell gehandelt werden, es bedarf dazu aber einer Ausfuhrgenehmigung des ausführenden Landes und einer Einfuhrgenehmigung des einführenden Landes. Wissenschaftler fordern nun, den Himmelblauen Taggecko in das WA aufzunehmen, um so dem illegalen Handel mit den Tieren Einhalt zu gebieten. In manchen Fällen hat sich das WA bewährt. Es gibt jedoch auch viele Kritiker des WA unter Wissenschaftlern, die sagen, dass eine Aufnahme in das WA erst Begehrlichkeiten weckt, die zuvor gar nicht existierten.


Preissteigerungen und damit ein vermehrter Anreiz für Schmuggel resultieren aus einer unüberlegten und exzessiven Listung. Vor allem die Aufnahme in den Anhang 1 des WA hat aller Voraussicht nach für den Himmelblauen Taggecko negative Folgen. Sie behindert den Handel mit Nachzuchten stark und heizt den Schmuggel von Wildfängen an. Trotz dieser ernsten Bedenken wurde 2016 der Himmelblaue Taggecko in Anhang 1 des WA aufgenommen. Weitere Informationen hierzu finden Sie hier: https://www.aqualog.de/blog/der-himmelblaue-taggecko-lygodactylus-williamsi-jetzt-in-cites-anhang-1/

Die schlimmste Bedrohung für den Himmelblauen Taggecko kann das WA aber ohnehin nicht beeinflussen: die Biotopzerstörung.

Die Erkenntnis ist alt: der einzige wirksame Artenschutz ist der Biotopschutz. In wenigen, besonders gelagerten Fällen, etwa bei bestimmten Großtieren, kann der althergebrachte Individuenschutz, also Fang- und Tötungsverbote, wirksam sein, in 99% der Fälle ist er es nicht. Schon Bernhard Grzimek wusste, dass es sowieso unmöglich ist, einen wirksamen Naturschutz ohne die Einbeziehung der betroffenen Menschen zu betreiben. Es ist nutzlos und ethisch sehr fragwürdig, durch die Kriminalisierung der lokalen Bevölkerung von den wirklichen Problemen, nämlich der großflächigen Biotopzerstörung aus wirtschaftlicher Not
heraus abzulenken. Dass die Terraristik relativ leicht auf den Handel mit Wildfängen verzichten kann, wurde gezeigt. Doch welche Möglichkeiten gibt es vor Ort in Tansania? Wie kann man der einheimischen Bevölkerung helfen, die aus schierer wirtschaftlicher Not heraus den Wald der Himmelblauen Taggeckos abholzt und die schönen kleinen Eidechsen fängt, obwohl die Menschen wissen, dass es verboten ist? Ist es ethisch vertretbar, dass in unseren Terrarien die netten Lygodactylus williamsi als Botschafter ihrer schönen Heimat leben, wir unsere Hände in Unschuld waschen (wir haben ja Nachzuchten) und vor Ort der Artentod unaufhaltsam fortschreitet (das haben ja andere zu verantworten)?
Nein! Es wäre keine große Sache, mit Entwicklungshilfegeldern eine Aufforstung der ostafrikanischen Küstenwälder und damit der Schraubenbaum-Bestände in Tansania zu fördern. Die Menschen vor Ort könnten ein bescheidenes, aber nachhaltiges Einkommen aus dem Fang der schönen kleinen Geckos haben. Die Pandanus-Wälder könnten auf diese Art und Weise wieder wachsen und mit ihnen die Populationen des Himmelblauen Taggeckos. Und die sind ja nur eine von vielen, vielen Arten, die in den Wäldern leben und mit deren Vernichtung gleichfalls von der Erde verschwinden werden.

Frank Schäfer

Wackelnder Gang und spezifische Ernährung – Harlekingarnelen

Harlekingarnelen aus der Gattung Hymenocera sind farblich überaus attraktiv was ihre Körperstruktur noch unterstützt. Vor allem die großen Scheren, die unwillkürlich an Flügel erinnern, charakterisieren diese Garnelen unfehlbar. Ihre wackelnde Fortbewegungstechnik ist prägnant und auffallend.

Harlekingarnelen sind bizarre Geschöpfe. Derzeit ist sich die Wissenschaft uneins, ob Hymenocera elegans und H. picta als eigenständige Arten zu führen sind. Die hier abgebildete H. elegans (das Photo entstand in Thailand) gelangt von den Philippinen zu uns nach Deutschland. Photo: Teresa (Zubi) Zuberbühler, www.starfish.ch

Weltruhm erlangten die Harlekingar­nelen, als diese als mögliche Kandi­daten in Erwägung gezogen wurden, das Great Barrier Reef vor der Zerstörung der ge­fürchteten Dornenkrone Acanthaster plancii zu retten. Letzten Endes wurde von diesem Experiment dann doch Abstand genom­men, da Harlekingarnelen Seesterne der Gattung Fromia, Nardoa und Linckia den Dornenkronen vorziehen.

Die Dornenkrone ist ein giftiger Seestern, der sich von Korallenpolypen ernährt. Bei Massenvermehrung kann sie große Riffabschnitte zerstören. Photo: Jürgen Gries

Systematik
Fosså & Nilsen (1998) als auch Baensch & Debe­lius (1992) verwenden den Namen Gnatho­phyllidae als Familienbezeichnung für die Harlekin­garnelen. Ich habe mich bei der Nennung der Familie an dem jüngeren Werk von Debelius (2000) orientiert, der den Familiennamen Hymenoceridae Ortmann, 1890 verwendet. Die Familie der Hummel­gar­nelen wird hier in die Gnatho­phyllidae Dana, 1852 eingeordnet. Die ITIS (2006) ver­wendet ebenfalls Hymenoceridae.
Zur Anzahl der Arten in der Gattung Hy­me­nocera Latreille, 1819 gibt es Wider­sprüch­­liches. Einige Autoren, wie Debelius (2000) oder Schuhmacher & Hinterkircher (1996) differenzieren zwischen Hymenocera picta und H. elegans. Als Kriterium hierfür werden Unterschiede in der Farbe angeführt.
Fosså & Nilsen (1998) verweisen darauf, dass die Unterscheidung der zwei Arten auf kei­ner wissenschaftlichen Untersuchung ba­siert und somit eine Variation der Färbung nicht ausgeschlossen werden kann, was be­deutet, dass es lediglich eine Art ist, was die Gattung monotypisch machen würde.
Es verwundert also nicht, dass die ITIS (2006) lediglich Hymenocera picta Dana, 1852 als valide Art nennt.

Eigentlich zu schade zum Verfüttern: Linckia-Seestern

Seesternkiller
Da es vor allem Versuche mit Acanthaster waren, die Aufschluss über das Fressver­halten von Hymenocera picta gaben, nachfol­gend die Beschreibung wie Harlekingar­nelen ihr Opfer fangen.
Debelius (1983) beschreibt den Vorgang nach Angaben der Beobachtungen aus den Labo­ratorien des Max-Planck-Instituts für Ver­haltensphysiologie in Seewiesen / Bayern so:
Zunächst nähert sich das Weibchen der Dornenkrone, klettert auf diese hinauf und sucht die Oberfläche des Seesterns nach ei­ner kleinen Wunde ab. Zur Suche werden die winzigen Scheren eingesetzt. Der Seestern be­wegt sich weiter fort und erklimmt einen Stein. Jetzt tritt die männliche Harlekin­gar­nele in Aktion. Beide Garnelen versuchen den Seestern, durch Stemmen, auf den Rücken zu drehen. Dazu wird der Arm, auf dem die männliche Garnele inzwischen Platz genommen hat, von selbiger hochge­stemmt. Dabei drückt die Garnele nicht nur den Arm des Seesterns in die Höhe sondern auch sich selbst. Damit dies funktioniert, die­nen die großen Scheren als Stemmwerkzeug – sie werden gegen den Untergrund ge­drückt. Die Fressscheren gleiten nun in die Ambulakralrinne auf der Unterseite des Seesternarms. Die Lauffüßchen des See­sterns ziehen sich, Reflex bedingt, ein, was den Verlust der Bodenhaftung zur Folge hat.
Aber die Dornenkrone gibt deshalb noch lange nicht auf! Sie bewegt sich weiter fort und die Garnele ist damit beschäftigt, den Seesternarm fortwährend in die Höhe zu stemmen. Um dieses zu bewerkstelligen, stelzt die Harlekingarnele auf den Rändern der Schere und folgt so der Richtung des Seesterns. Schließlich schafft es die gerade mal eben 5 cm messende Garnele, die Dor­nen­krone auf den Rücken zu kippen. Der Seestern versucht sich zu wehren und ist bemüht, wieder die normale Körperposition einzunehmen. Das funktioniert aber nur, wenn die Ambulakralfüßchen die schüt­zende Rinne verlassen. Auf diesen Moment haben die Harlekingarnelen gewartet. Die Füßchen werden abgezwickt und durch die Hebelwirkung verursachten Wunden werden genutzt, um einen langen Einge­weide­strang aus dem Körper des Seesterns zu ziehen. Dieser wird mit den messer­scharfen Fress­scheren zerteilt und gefressen. Das Ende des Seesterns ist besiegelt. Je nachdem wo der Seestern verletzt wurde, dient er mehrere Tage als frische Nahrungsquelle.

Harlekingarnelen sind streng monogam. Nur so ist es ihnen möglich, sich mit ausreichend Nahrung zu versorgen.
Harlekingarnelen fressen in der Natur wohl nur Seesterne. Ein Partner beginnt mit der Über­wältigung des Seesternes, in dem er sich auf diesem bewegt.

Im Aquarium
Zur aquaristischen Bedeutung avancierten Harlekingarnelen vor allem dadurch, dass sie durch ihre speziellen Nahrungsbedürfnisse zuverlässig die kleinen aber lästigen See­ster­ne aus der Familie Asterinidae vertilgen. Leider verenden mit dem Verschwinden der Seesterne auch die Harlekingarnelen, da sowohl Hymenocera elegans (?) als auch H. picta ausschließlich Seesterne fressen.
Dabei ist die Hysterie vieler Aquarianer ge­gen­über den Seesternen meines Erachtens nach unbegründet. Auch Hebbinghaus (2002) verweist darauf, dass es sich bei Asterina cf. anomala um einen harmlosen kleinen See­stern handelt, der sich von Mikroalgen ernährt.
Im Aquarium benötigen Harlekingarnelen viele Verstecke, in die sie sich tagsüber zu­rück­ziehen. Sind die Tiere gut genährt, zei­gen sie sich in meinem Aquarium nur nachts im Schein der Taschenlampe.
Zum Wohlbefinden ebenfalls wichtig ist die Pflege eines Paares. Debelius (1983) hat die Untersuchungen der monogam lebenden Garnelen dokumentiert. Dabei geht aus der Niederschrift hervor, dass Harlekingarnelen in der Lage sind, ihren Partner zu erkennen. Außerdem ist belegt, dass sowohl Weibchen als auch Männchen ihren erwählten Partner anderen bevorzugen. So wurde mit einem kleinen Netz einer der Partner isoliert und etwas weiter weg vom Unterschlupf im Aquarium platziert. Der verbliebenen Har­le­kin­garnele wurden nun verschiedene an­ders­­geschlechtliche Artgenossen präsen­tiert. Alle wurden jedoch ignoriert. Vielmehr machte sich der Partner auf, seinen isolierten Lebensgefährten aufzusuchen und sich neben diesem niederzulassen. Beide Tiere waren nur noch durch das Netz getrennt. Schuhmacher & Hinterkircher (1996) vermuten als Erkennung individuelle Duftstoffe des weiblichen Tieres.
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Harle­kin­garnelen eine monogame Lebensweise anstreben. Ist es ihnen doch in aller Regel ausschließlich als Paar möglich, größere See­sterne zu erbeuten.
Das bislang größte Problem der aquaris­tischen Pflege stellt, wie schon erwähnt, die dauerhafte Ernährung dar. Da Harlekin­garnelen ausschließlich Seesterne fressen, wird diese Ernährungsstrategie einerseits recht kostspielig und andererseits sind Bedenken begründet, welche die Einfuhr von Seesternen ausschließlich zur Ernährung der Harlekingarnele anmahnen.
Pintak (2000) hat eine interessante Möglich­keit vorgestellt, die es vielleicht ermöglicht, Harlekingarnelen über Wochen mit einem Seestern zu versorgen. Als bewährte Nah­rung wurde im Handel nach Blauen See­sternen aus der Gattung Linckia gesucht, die den Transport nicht ganz unbeschadet über­standen hatten. Entlang der Ambulakral­rinne wurden diese Tiere (nach vorherigem Töten durch Abkochen) aufgeschnitten und in 2 cm große Stücke geschnitten und an­schließend eingefroren. Seine Harlekin­garnelen nahmen das Futter bereitwillig an.
Leider wurde diese spezielle Nahrungs­zubereitung, die sicher ein Meilenstein in der Versorgung der aquaristisch gepflegten Har­lekingarnelen darstellen würde, von anderen Autoren nicht bestätigt, sodass mit einer Pau­schalisierung von dieser Form der Ver­sorgung nicht auszugehen ist.
Ich habe inzwischen diese Variante der Ernährung meines Paares Hymenocera elegans (?) ebenfalls versucht. Jedoch ist das Ergebnis eher mit magerem Erfolg zu beurteilen. Momentan bleibt mir nur der Weg, geschädigte – noch lebende – Linckia spp. zu kaufen und sofort zu verfüttern, um mein Harlekingarnelen-Paar in einem guten Ernährungszustand zu halten.
Die von Pintak (2000) beschriebene Methode allerdings versuche ich dennoch immer wieder, in der Hoffnung, dass sich die Harle­kin­garnelen doch noch auf diese galante Form der Ernährung umstellen lassen.
Neben der Ernährung über Seesterne be­richten Fosså & Nilsen (1998) davon, dass sich Harlekingarnelen im Aquarium über Seeigel hermachen. Eine Beobachtung, die in an­derer Literatur keine Bestätigung findet. Im Internet allerdings findet sich ein weiterer Hinweis zu dieser Form der Nahrungs­aufnahme (M. Kruppas, pers. Mttlg. 2006).

Durch kräftiges Stemmen unter Zuhilfenahme der kräftigen Scheren wird der Seestern auf den Rücken gelegt.
Ist dieses gelungen, werden die skalpellscharfen Scheren in die Ambulakralrinne geführt. Die Pseudopodien werden abgezwickt und der Seestern kann nicht mehr flüchten.
Das Paar bei der gemeinsamen Überwältigung eines Seesternes. Linckia laevigata liefert in dieser Größe den Garnelen etwa für eine Woche Nahrung.

Es bleibt zu resümieren, dass Harlekin­garnelen gut für die Pflege in einem Riff­aquarium geeignet wären, wenn es das Problem der Ernährung nicht gäbe.

Joachim Frische

Literatur

Baensch, H. A. & Debelius, H. (1992): Meerwasser Atlas Bd. 1. Mergus Verlag. 1216 S.
Debelius, H. (2000): Krebsführer. Jahr Verlag GmbH & Co., 322 S.
Debelius, H. (1983): Gepanzerte Meeresritter. Kernen Verlag. 120 S.
Fosså, S. A. & Nilsen, A. J. (1998): Korallenriff-Aquarium Bd. 6. Birgit Schmettkamp Verlag, 590 S.
Hebbinghaus, R. (2002): Seesterne im Aquarium Teil 2. DATZ. 55(1), 30-33
ITIS (2006): Integrated Taxonomic Information System: http://www.itis.usda.gov
Pintak, T. (2000): Anmutige Helfer ohne Gnadenbrot? Der Meerwasseraquarianer 4(1), 4-8
Schuhmacher, H. & Hinterkircher, J. (1996): Niedere Meerestiere. BLV. 320 S.

Carinotetraodon irrubesco

Kugelfische sind für die meisten Aquarianer Brackwasserfische. Es gibt aber auch Arten, die nicht nur ausschließlich in reinem Süßwasser leben, sondern sich sogar an das sehr weiche und saure Wasser der Urwälder angepasst haben. Hierzu zählen die Kammkugelfische der Gattung Carinotetraodon, die auf Sumatra durch C. irrubesco vertreten wird.

Dieser Kugelfisch wird im männlichen Geschlecht etwa 5 cm lang, Weibchen bleiben etwas kleiner. Männchen erkennt man leicht an der roten Schwanzflosse. Alle anderen Farben können stimmungsabbhängig blitzschnell verändert werden und nutzen darum wenig bei der Bestimmung.

Im Verhalten kann man Rotaugen-Kammkugelfische am besten mit leicht aggressiven Buntbarschen vergleichen. Manche Fische werden völlig in Ruhe gelassen, andere gezwickt. Eine Vorhersage ist nicht möglich. Am besten pflegt man die Kugelfische darum pärchenweise im Artenaquarium , wo sie auch oft ablaichen. Die Eier werden frei in feinfiedrige Pflanzen ablegt, Brutpflege betreibt diese Art nicht.

Text & Photos: Frank Schäfer

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Rückenschwimmende Welse

Seit noch nicht einmal einem Jahr haben wir die Corona-Einschränkungen. Die meisten Fische, um die es heute geht, kamen zuletzt 2019 zu uns, als noch alles normal war. Es erscheint fast, als sei das eine halbe Ewigkeit her… Egal!

Endlich ist mal wieder ein Kongo-Import eingetroffen! Leider gibt es nur noch wenige Zierfischfänger und Exporteure in dem großen zentralafrikanischen Land. Und dann kommen die Importe aus Kinshasa meist über Paris in die EU; die Bürokratie im Charles de Gaulle ist legendär und sehr gefürchtet. Man atmet jedesmal tief durch, wenn die Tiere das einigermaßen schadfrei überstehen…

Der Rückenschwimmende Kongowels, Synodontis nigriventris. Die Art bleibt klein (ca. 8 cm) und schwimmt immer mit dem Bauch nach oben. Der Bauch ist dunkel mit kleinen Punkten.

Diesmal ging alles glatt, die Stempel auf den Begleitpapieren waren mit so detaillversessener Präzision in die auf den Formularen dafür vorgesehenenen Kringel gesetzt, dass selbst die pariser Kontrolleure offenbar nichts zu bemäkeln hatten. Puh!

Dieser kleine Rückenschwimmer gehört zu einer wissenschaftlich noch unbeschriebenen Art, die wegen ihrer Bauchzeichnung (gestreift statt gepunktet wie bei S. nigriventris) als Synodontis sp. aff. nigriventris „Zebra“ bezeichnet wird.

Und nun schwimmen sie wieder bei uns, die netten Synodontis sp. aff. nigriventris „Zebra“, zusammen mit vielen anderen begehrenswerten und schönen Fischen aus der Mai Ndombe Region: Killis, Salmler, Zwergbuntbarsche, Barben, Kugelfische, Flösselhechte (es kam der superseltene Polypterus weeksii!) und weitere Welse.

Die dritte kleine Art rückschwimmende Art aus dem Kongo ist der seltene S. contractus.

Bei der Gelegenheit: warum schwimmen eigentlich manche Welse auf dem Rücken? Gerade bei den Fiederbartwelsen (Synodontis) gibt es ja etliche Arten, die das tun. Einige kleine Arten, wie der Rückenschwimmende Kongowels (Synodontis nigriventris), S. contractus und der schon genannte „Zebra“ tun das fast immer, wenngleich sie durchaus normal schwimmen können. Andere, aus Nigeria z.B. die großwüchsigen S. membranaceus, S. clarias, S. resupinatus und S. batensoda, die übrigens als Jungtiere gerne in gemischten Schwärmen unterwegs sind, oder der mittelgroße S. eupterus schwimmen mal so und mal so. Und auch Asien hat seinen Rückenschwimmer: Mystus leucophasis.

Eines haben die obligatorischen Rückenschwimmer gemeinsam: eine dunkle Bauchseite. Bei anderen Welsen der gleichen Gattungen, die nicht auf dem Rücken schwimmen, ist der Bauch eher hell. Welse, vor allem auch die bislang genannten Arten, sind gewöhnlich dämmerungsaktive Tiere. Helles Licht meiden sie. Die sinnvollste Erklärung für das seltsame Schwimmverhalten ist die, dass diese Welse in der Dämmerung und nachts an der Wasseroberfläche nach ins Wasser gefallenen Insekten jagen. Dabei schützt sie der dunkle Bauch vor Fressfeinden wie Nachtreihern, die einen Fisch mit hellem Bauch sehr leicht erbeuten können, wenn dieser sich mit dem Bauch nach oben an der Wasseroberfläche nach Nahrung sucht.

Synodontis resupinatus (oben) und Synodontis batensoda können so und so schwimmen. Jungtiere sehen S. nigriventris sehr ähnlich, aber Obacht: diese Arten werden gut 50 cm lang. Da sie im Kongo nicht vorkommen, sind Verwechslungen allerdings unüblich. Ausgewachsene S. resupinatus und S. batensoda (die Fische bewohnen den Niger und den Nil) sind einfarbig grau.

Dass es so besonders viele Rückenschwimmer bei Synodontis gibt, könnte damit zusammenhängen, dass die Vertreter dieser artenreiche Welsgattung besonders gerne in Körperkontakt mit festen Gegenständen treten. In der Natur sind das sehr oft ins Wasser gefallene Baumstämme. Deckung suchend stehen die Synodontis tagsüber meist an der schattigen Unterseite der Bäume und zwar mit dem Bauch nach oben! Von diesem Verhalten zum nächtlichen Jäger an der Wasseroberfläche ist es nur ein kleiner Schritt.

Frank Schäfer


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Kennen Sie die häufigsten Tiere der Welt? Seegurken sind Erfolgsmodelle der Evolution!

Hand auf’s Herz: wären Sie bei der Eingangsfrage auf ”Seegurken” gekommen? Und doch ist es wahr! Seegurken stellen etwa 90% der Biomasse der Tiefsee und da rund 70% der Erdoberfläche in der Tiefsee liegen, stimmt die Rechnung.

Seegurken oder Seewalzen bilden im zoologischen System die Klasse der Holothuroidea. Etwa 600 Arten sind weltweit bekannt. Sie leben ausschließlich im Meer und alle Arten ernähren sich von Kleinstlebewesen. Es gibt dabei – grundsätzlich – zwei Methoden. Die eine Gruppe frisst Unmengen Sand und Schlick in sich hinein, sortiert im Körperinneren das Verdauliche vom Unverdaulichen und scheidet das Unverdauliche als gereinigten Sand wieder aus. Die zweite Gruppe fischt mit ihren umgebildeten Mundtentakeln Plankton aus dem Wasser.

Colochirus crassus ist eine wunderschöne, planktonfressende Seegurke.

Außerirdische?
Alle freilebenden*, mehrzelligen Tiere auf Erden sind bilateral-symmetrisch – bis auf die Stachelhäuter! Bilateralsymmetrisch bedeutet, dass es eine rechte und eine linke Körperhälfte gibt. Stachelhäuter – das sind die Seelilien, Schlangensterne, Seesterne, Seeigel und eben die Seegurken – sind dagegen radiärsymmetrisch, sie haben 5 Körperachsen oder ein Vielfaches dieser Zahl. Das Leben auf der Erde ist wohl nur ein einziges Mal entstanden, weshalb alle Lebewesen – egal ob Bakterien, Pilze, Pflanzen oder Tiere – irgendwie miteinander verwandt sind. Am deutlichsten zeigt sich das in der Biochemie, basieren doch Energiegewinnung und Stoffwechsel bei allen Lebewesen auf den gleichen Prinzipien. Aber auch in der Anatomie gibt es grundsätzliche Übereinstimmungen. Wie kommt es also zu der Radiärsymmetrie der Stachelhäuter? Sind sie am Ende gar außerirdische Lebensformen, die einst aus einer anderen Galaxie zu uns kamen? Nein, wohl kaum. Denn die Larven der Stachelhäuter sind ganz normal bilateralsymmetrisch. An den Eiern der Seeigel wurde sogar die grundsätzliche Entwicklung der tierischen Eizelle nach der Befruchtung erforscht, weil Seeigel-Eier so groß, widerstandsfähig und vor allem durchsichtig sind. Die Entwicklung eines menschlichen Embryos unterscheidet sich anfangs nicht von der Entwicklung des Embryos einer Seegurke. Seegurken sind, genau wie wir, irdische Eingeborene.

*Viele Schwämme und einige andere festsitzende Tiere sind amorph, also ohne reguläre Gestalt.

Die Mundtentakel von Pseudocolochrius sehen aus wie Weichkorallen.

Atmen durch den Popo
Die besser bekannten Seesterne und Seeigel haben nur eine wichtige Körperöffnung, die bauchseits in der Mitte des Körpers liegt. Durch diese Körperöffung wird gefressen, Kot ausgeschieden und die Geschlechtsprodukte freigesetzt. Seesterne und Seeigel haben auch keine Atmungsorgane im eigentlichen Sinne. Sie pumpen über eine Art hydraulisches System Wasser, das über eine siebartige Platte (die so genannte Madreporenplatte) durch den Körper. Das dient nicht nur der Sauerstoffversorgung, sondern auch der Mobilität. Die vielen kleinen Füßchen, die man am Körper der Seesterne, Seeigel und Seegurken findet, die so genannten Ambulakralfüßchen, werden durch ein hydraulisches System bewegt! Eine Seegurke ist im Prinzp ein auf der Seite liegender, sehr langgestreckter Seestern. Die Veränderung der Körperform bedingte, dass die Madreporenplatte im Körperinneren zu liegen kam. Wie kommt dort das Wasser hin? Offenbar war es für die Seegurken unpraktisch, alles über eine einzige Körperöffung abzuwickeln. Es ist wohl günstiger, die aufgenommenen Sedimente wie auf einem Fließband längs des Körpers zu verarbeiten und hinten wieder auszuscheiden: der After der Stachelhäuter war erfunden! Außerdem steigert die Existenz eines Afters die Effizienz der Nahrungsaufnahme. Verließen die unverdaulichen Sedimentreste die Seegurke wieder über die Mundöffnung, so würde sie verhältnismäßig viel unnützes Material erneut aufnehmen. Über die Afteröffnung atmen die Seegurken auch! Seegurken haben im Körperinneren sackartige Organe entwickelt, die so genannten Wasserlungen, deren Enden fein verzweigt sind. Die Wasserlungen werden durch den After mit Wasser vollgepumpt. Sie entziehen dem Wasser Sauerstoff, zusätzlich brauchen die Seegurken das Wasser aber auch für ihr Hydrauliksystem.

Holothuria edulis, der Name bedeutet ”essbare Seegurke”, wird in Massen zu Trepang verabeitet.

Achtung, sehr giftig!
Seegurken haben keine nennenswerten Sinnesorgane und nur ein sehr einfaches Nervensystem. Eine Flucht vor Fressfeinden ist ausgeschlossen. Da Seegurken überall so massenhaft verbreitet sind, könnte man meinen, viele Fische und Krebse hätten sich auf diese leichte Beute spezialisiert. Falsch gedacht! Alle Seegurken verfügen über ein extrem potentes Gift, das so genannte Holothurin. Es wird am stärksten in den so genannten Cuvierschen Schläuchen gebildet, das sind fadenförmige Anhängsel des Enddarmes. Bei starker Belästigung schleudert die Seegurke diese Cuvierschen Schläuche durch die Afteröffnung dem Angreifer entgegen. Die Cuvierschen Schläuche sind nicht nur sehr giftig für Fische, sondern auch sehr klebrig. Trotzdem werden Seegurken in den Tropen gegessen! Reizt man die Seegurke nach dem Ausschleudern der Cuvierschen Schläuche noch weiter, so stößt sie sämtliche Innereien aus. Für uns stinkt das abscheulich, aber in der Südsee isst man das, roh oder als Suppeneinlage. Die gesamte, entleerte und gehäutete Seegurke wird geräuchert oder gekocht und dann getrocknet und findet als ”Trepang” vor allem in China und auf den Philippinen Verwendung in Medizin und Küche. Falsche Zubereitung kann zu Vergiftungen führen. Für den Menschen ist Holothurin wenig gefährlich. Doch Hautkontakt kann zu brennenden Schmerzen führen, Augenkontakt sogar zur Erblindung. Verschluckt man Holothurin, so führt es zu Muskelkrämpfen, Verdauungsbeschwerden und in schweren Fällen zum Tod durch Atemlähmung.

Holothuria atra – diese Art kann über 30 cm lang werden.



Im Aquarium

Die Giftigkeit für Fische macht Seegurken zu nicht ungefährlichen Pfleglingen. Die bloße Anwesenheit mancher Arten kann zum Sterben des gesamten Fischbestandes führen. Meist muss eine Seegurke aber extrem gereizt oder gequält werden, um zur Gefahr im Aquarium zu werden. Die größte Gefahr geht von Ansaugöffnungen von Pumpen aus. Wer Seegurken pflegen möchte – und einige Arten sind ja extrem attraktiv – muss durch entsprechende Schutzmaßnahmen unbedingt verhindern, dass das Tier angesaugt wird. Auch die gemeinsame Pflege größerer Krabben oder Krebse verbietet sich, da diese allzeit fressbereiten Tiere sich durchaus an einer Seegurke vergreifen können und damit den gesamten Besatz gefährden. Die Seegurke selbst verfügt übrigens über ein extremes Regenerationsvermögen. Sämtliche inneren Organe können binnen weniger Wochen wieder hergestellt werden. Die schönen Seegurken der Gattungen Colochirus und Pseudocolochirus sind Planktonfresser, die man im Aquarium mit Artemia-Nauplien, gefrostetem Plankton, Cyclops etc. gut ernähren kann. Zunehmend werden auch die wenig attraktiven Arten der Gattung Holothuria gepflegt, die in Aquarien mit größeren Sandflächen hervorragende biologische Helferlein darstellen. Sie braucht man gewöhnlich nicht extra zu füttern. Seegurken sind übrigens getrennt geschlechtlich. Wenn sie Zwitter sind, so zeitweise männlich und zeitweise weiblich. Über eine Zucht im Aquarium ist noch nicht berichtet worden. Die Risiken der Giftigkeit sollten unbedingt bedacht werden, bevor man sich Seegurken anschafft. Auf Korallen etc. wirkt das Holothurin nicht giftig, doch für Fische ist es tödlich. Es muss aber auch ganz klar gesagt werden, dass bislang nur sehr selten über Unfälle mit Seegurken im Aquarum berichtet wurde!

Pseudocolochirus wird auch ”Seeapfel” genannt. Im Aquarium sucht sie sich ein ruhiges Plätzchen.

Frank Schäfer


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Oryzias latipes „Orange“

Bereits 1897 wurde dieser kleine gelbe Reiskärpfling, eine Zuchtform des in Ostasien weit verbreiteten Oryzias latipes, als „Japanischer Goldhecht“ nach Deutschland importiert. Damit gehört die maximal 4 cm lange Art zu den frühesten exotischen Zierfischen, die der Aquaristik zur Verfügung standen.

Heute erleben die hübschen Tiere eine Renaissance, nachdem sie jahrzehntelang praktisch nicht in den Aquarien westlicher Hobbyisten zu finden waren. Viele, sehr attraktive neue Zuchtformen sind im Angebot. Aber es gibt auch noch die ziemlich schlichten und trotzdem hübschen „Goldhechte“. Da die Fische aufgrund ihrer Herkunft nur mäßige Temperaturansprüche stellen – in milden Wintern können sie in klimabegünstigten Regionen in Deutschland sogar im Freiland überwintern – sind sie sehr gut geeignet, in Miniteichen oder Balkonaquarien für Stechmückenfreiheit zu sorgen. Man sollte sie allerdings unter normalen Umständen im Oktober, bevor es zu Nachtfrösten kommt, abfischen und im Haus überwintern.

Die Gold-Medakas, so eine weitere Bezeichnung für diese Tiere, sind friedliche Schwarmfische, die am besten im Trupp von 10 oder mehr Exemplaren gepflegt werden sollten. Die Männchen unterscheiden sich durch die Form der Rücken- und Afterflosse deutlich von den Weibchen. Bei den Männchen ist die Afterflosse viel länger und erscheint rechteckig, die Rückenflosse der Männchen ist zweiteilig; Uneingeweihte könnten meinen, die Dorsale der Männchen sei eingerissen.

Wie bei allen Oryzias tragen die Weibchen die Eier eine Weile in Form einer Traube am Bauch mit sich herum, bis sie in Wasserpflanzen abgestreift werden. Man sollte O. latipes nicht in weichem, sauren Wasser pflegen, dort sind sie anfällig, während sie in mittelhartem bis harten Wasser und einem pH zwischen 7,5 und 8,5 sehr ausdauernd sind. Gefressen wird jegliches Trocken-, Frost- und Lebendfutter, wenn es nur ins Maul passt. Pflanzen werden nicht beachtet.

Frank Schäfer

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Rote Renner mit Halskettchen: Latastia longicaudata

Von den Anfangszeiten der Terrarienkunde um 1880 bis in die 1970er Jahre gehörten die in Süd- und Mitteleuropa einheimischen Eidechsen (Lacertidae) zu den am häufigsten gepflegten Terrarientieren. Dann verboten Artenschutzgesetze den Handel mit diesen Tieren weitgehend und nach und nach gerieten sie in Vergessenheit.

Die Smaragdeidechse war früher ein beliebtes Terrarientier. Heute erschweren gesetzliche Auflagen Pflege und Zucht erheblich. Auf den Bestand in der Natur hatten die Fang- und Handelsverbote keinen positiven Einfluss.

Leider führte das Handelsverbot aber nicht dazu, dass sich die Bestände der Eidechsen erholten. Im Gegenteil: heutzutage sind mehr Arten stärker bedroht als früher. Die Vorhersage aller vernünftigen Menschen, die schon damals erklärten, dass Kleintiere niemals durch direkte Verfolgung, sondern immer nur durch Biotopzerstörung gefährdet werden, verhallte ungehört und bewahrheitete sich vollständig. Eine der wenigen Eidechsen-Arten, die bis in die Gegenwart regelmäßig im Terrarienhandel auftauchte, ist die Rote Langschwanzeidechse, Latastia longicaudata. Die angebotenen Tiere stammten nahezu ausnahmslos aus Tansania.

Das Halsband ist in Seitenansicht nicht gut zu erkennen. Bei dieser Berbereidechse (Timon pater) sieht man die ersten drei Schuppen des Collare (Pfeil).

Die Halsbandeidechsen
Bevor ich näher auf Latastia longicaudata eingehe, muss ich ein paar Worte über ihre Verwandtschaftsverhältnisse verlieren. Es ist noch gar nicht so lange her, da hieß die Mehrzahl der Echten Eidechsen oder Halsbandeidechsen der Familie Lacertidae mit Gattungsnamen Lacerta. Allen Halsbandeidechsen gemeinsam (naja, fast allen, einige wenige Ausnahmen gibt es, aber die brauchen hier nicht zu interessieren) ist das Collare oder Halsband, eine Hautfalte zwischen Kehl- und Brustbeschuppung, die ihrerseits meist mit nach hinten frei stehenden Schuppen bedeckt ist. 309 Arten sind derzeit anerkannt (http://reptile-database.reptarium.cz), aber es werden noch ständig neue Arten entdeckt. Zu den eigentlichen Arten kommen bei den meisten noch eine Anzahl Unterarten. Keine Angst, es folgt hier keine Aufzählung aller Unterarten, das wäre ebenso langweilig wie nutzlos. Aber ein Beispiel sei gestattet: die auch in Deutschland heimische Mauereidechse (Podarcis muralis) hat – je nach Autor – acht bis elf Unterarten ausgebildet. Ganz allgemein neigen Halsbandeidechsen nämlich dazu, lokale Formen auszubilden. Es ist dabei nicht geklärt, ob das an ihrer hohen Vermehrungsrate liegt, oder ob Halsbandeidechsen einfach derzeit einen evolutionären Schub haben und kräftig in Artbildung begriffen sind.

Die Mauereidechse (Podarcis muralis) kommt überall im südlichen Europa sehr häufig vor. Und überall sieht sie etwas anders aus. Hier ein Männchem am Lago Varese in Norditalien beim Sonnenbad.

Latastia longicaudata:
Färbung und Verbreitung
In seiner Monografie über die Laceritae (1921) schreibt der geniale Systematiker George Albert BOULENGER über Latastia longicaudata: ”Die Färbung variiert enorm. Die Grundfärbung variiert von blassgrau bis braun, rotbraun oder ziegelrot. Einige Exemplare sind attraktiv mit dunklen und hellen Schattierungen gezeichnet und haben Punkte und Streifen, andere sind hell gräulich sandfarben und sämtliche Zeichnungsmerkmale treten stark zurück. Es können vier dünne helle Streifen an der Oberseite des Nackens und des Körpers vorhanden sein, die am weitesten außen liegenden beginnen an den Augenbrauen kanten, und zwei weitere breitere helle Streifen auf den Flanken, wobei der obere hinter dem Auge beginnt, über das Trommelfell läuft und bis zum Schwanzansatz reicht; der untere beginnt an der Oberlippe, läuft durch das Trommelfell und oberhalb des Oberarms zum Schenkel, an dessen Rückseite er wieder auftaucht und bis zum Schwanzansatz läuft. Diese hellen Streifen können von einer unregelmäßigen Punktreihe unterbrochen sein, entweder auf dem Rücken und den Flanken oder nur an den Flanken, wo sie durch schmale schwarze Balken voneinander getrennt sein können; zwischen den beiden hellen Flanken bändern können schwarze Punkte liegen oder auch eine Reihe schwarz geränderter, blauer Ocelli oder sie können auf Rücken und Flanken durch mehr oder weniger regelmäßige schwärzliche, gerade oder wellenförmige Streifen durchkreuzt werden. Sehr selten gibt es einen dunkelbraunen oder schwarzen Rücken streifen, der vom Kopfansatz bis zum Schwanzansatz laufen kann oder nicht durch gängig ist oder in eine Reihe von Punkten im hinteren Teil des Körpers aufgelöst sein kann. Bei wieder anderen Exemplaren findet man keine Spur von hellen oder dunklen Längsstreifen und ihr Rücken weist ein unregelmäßiges, braunes oder schwarzes Punkt- oder Schnörkelmuster auf und die Kopf- , Hals- und Flankenseiten sind schwarz-weiß gebändert oder blaugrau. Ein dunkles Band läuft gewöhnlich seitlich am Schwanz entlang.”

Latastia longicaudata ist ein schmuckes Tier. Dieses und die weiteren in diesem Blog abgebildeten Exemplare stammen aus Tansania.

Verbreitung
Die Rote Langschwanzeidechse ist weit verbreitet: Senegal, Mali, bis zum Sudan und Ägypten (inlusive der Sinai-Halbinsel), bis nach Äthiopien, Somalia, Yemen, Kenia, Tansania, Kamerun, Zentralafrikanische Republik und Niger. Typuslokalität ist „Tor im peträischen Arabien“ (= Nordarabien).
Man unterscheidet derzeit vier Unterarten: L. l. andersonii: SW Arabien, L. l. lanzai: Somalia, Kenia, Äthiopien, L. l. revoili: Äthiopien, Kenia, südlich bis Ugogo, Zentral-Tansiania (Typuslokalität dieser Unterart: Somalia). Der größte Teil des Artareals wird von der Nominat-Unterart besiedelt.

Die Rote Langschwanzeidechse in der Natur
Es gibt nicht viele Berichte über das Freileben dieser weit verbreiteten und offenbar auch häufigen Art. Eine sehr interessante Studie liefert PARKER 1942, der die Echsen von British Somaliland (heute Republik Somaliland und ein Teil des Nordens von Somalia) bearbeitete. Er benennt fünf Unterarten für das Gebiet, nimmt aber an, dass es noch sehr viel mehr gibt, da sich die von ihm erfassten Formen ökologisch und auch teilweise bezüglich anatomischer Einzelheiten unterscheiden lassen. Aber PARKER betont auch, dass alle Formen ineinander übergehen (der Fachbegriff lautet „intergradieren“), ein wichtiges Definitionsmerkmal für Unterarten. Ungeachtet dessen, wie der taxonomische Status dieser somalische Unterarten auch sein mag, so zeigt PARKER sehr schön, wie sie sich ökologisch trennen. Es würde an dieser Stelle leider viel zu viel Raum einnehmen, diese Arbeit zu referieren. Aber man kann nach PARKER sagen, dass Latastia longicaudata in Somaliland und Somalia teils trockene bis sehr trockene Lebensräume bewohnt und dass die Tiere in jedem Lebensraum anders aussehen, teils in Bezug auf die (immer variable) Färbung, teils in Bezug auf Beschuppungsmerkmale.

Der Name ”Langschwanzeidechse” ist treffend gewählt, sollte aber nicht zu Verwechslungen mit Arten der Gattung Takydromus führen.

Ein Terrarium für Latastia longicaudata
Erfahrene Terrarianer wissen: die Pflege und Zucht von Reptilien aus wüstenartigen Gegenden ist meist mit erheblich mehr Schwierigkeiten verbunden als die von Reptilien aus Regenwaldregionen. Es gibt zwar einige sehr prominente Ausnahmen von dieser Regel (Leopardgeckos, Bartagamen), aber eine Regel bleibt trotz Ausnahmen eine Regel. Die Gründe für die Schwierigkeiten in Pflege und Zucht sind gut bekannt. Denn in wüsten Gegenden müssen die Tiere ständig mit erheblich wechselnden Bedingungen klarkommen. Die Temperaturen können tagsüber auf bis zu 50°C ansteigen und nachts fast bis auf den Gefrierpunkt abfallen. Freies Trinkwasser steht nur selten im Jahr zur Verfügung und wenn, dann im Überfluss. Und das Nahrungsangebot ist karg… Diese Bedingungen kann man im Terrarium nur eingeschränkt nachahmen. Ganz wichtig ist für die erfolgreiche Pflege von Wüstenechsen wie Latastia longcaudata eine deutliche Temperaturabsenkung über Nacht. Man erreicht das vergleichsweise leicht über das Ausschalten der Beleuchtung. So lässt sich gewöhnlich ein Temperaturgefälle von etwa 20°C erreichen. Unter der Hauptwärmequelle im Terrarium, einem Strahler, sollte die Temperatur etwa 45°C betragen. Den hohen Lichtbedarf dieser Echsen deckt man mit Röhren und einem UV-Strahler im Terrarium. Ein gutes Licht bieten auch HQI-Strahler, die jedoch wegen ihres hohen Anschaffungspreises und der nicht minder hohen Betriebskosten nicht sonderlich wirtschaftlich sind. Ein zweiter Punkt von enormer Bedeutung ist der richtige Bodengrund. Die meisten Echsen aus wüsten Gegenden graben sich regelmäßig ein, teils zur Thermoregulation (um zu großer Hitze auszuweichen), teils als Schutz vor Fressfeinden (nachts), teils zur Feuchtigkeitsregulation. Freies Wasser gibt es, wie gesagt, nur selten. Wüstenechsen können aber aus der Feuchte des Bodengrundes über die Haut Wasser aufnehmen. Zusammen mit dem in den Futtertieren enthaltenen Wasser deckt die Bodenfeuchtigkeit einen wesentlichen Anteil des Wasserbedarfs der Tiere. Der Bodengrund im Terrarium für Latastia longicaudata sollte darum etwa 10 cm hoch sein und aus grabfähigem Material bestehen. Am günstigsten ist ein Sand-Erde-Gemisch im Mischungsverhältnis 3:1 bis 8:1, je nach Lehmanteil in der Erde. Die Erde verhindert, dass gegrabene Höhlen in sich zusammenstürzen, der Sand verhindert, dass der gesamte Bodengrund durch Verdichtung zu einer steinharten Masse wird. Ideal ist Erde aus der obersten Bodenkrume, denn sie ist reich an Mikroorganismen, die durch den Abbau von Kot und Urin dafür sorgen, dass der Bodengrund jahrelang nicht ausgetauscht werden muss. Lediglich sichtbar an der Bodenoberfläche liegender Kot sollte einmal pro Woche entfernt werden. Die Feuchtigkeit im Bodengrund ist so einzustellen, dass er ganz unten leicht (!) feucht ist und zur Oberfläche hin immer trockener wird. Man sollte das Terrarium reich strukturiert (Äste, Steine, Rinden, Grasbülten) einrichten, denn die Eidechsen kommen nicht aus Sandwüsten. Die Gesamtlänge von Roten Langschwanzeidechsen beträgt bis zu 40 cm, wovon 30 cm auf den Schwanz entfallen. Das Terrarium sollte den Tieren gute Bewegungsmöglichkeiten bieten und eine Bodenfläche von 100 x 50 cm auf die Dauer besser nicht unterschreiten. Zur Eingewöhnung kann es aber sinnvoll sein, die Tiere in kleineren Behältern zu pflegen. Sie verlieren hier ihre Scheu wesentlich schneller und sind auch besser zu kontrollieren.

Pärchen im Terrarium

Pflege und Zucht
Latastia longcaudata ist nicht sonderlich krankheitsanfällig, wenn die wichtige Temperatur-Nachtabsenkung eingehalten wird. Man pflegt die Tiere am besten paarweise, besonders Männchen können untereinander unverträglich sein. Es ist wichtig, immer beide Tiere gleichzeitig einzusetzen. Sollte einmal ein Nachbesatz nötig werden, sollte man das Terrarium gründlich umräumen, um ein allzu aggressives Verhalten des eingewöhnten Tieres, das ja das Terrarium als sein Revier ansieht, zu vermeiden. Gefressen werden alle üblichen lebenden Futterinsekten, die man regelmäßig vitaminisieren sollte. Man kann gelegentlich auch süßes Obst (überreife Bananen) anbieten, manche Echsen mögen das.
Ein Wassernapf schadet nicht und sollte täglich mit frischem Wasser befüllt werden. Viel gefährlicher als ein gelegentlich leerer Wassernapf ist ein Wassernapf mit schmutzigem Wasser. Um Latastia longicaudata zur Zucht zu stimulieren, sollte man sie etwa 3 Monate (Januar-März) bei reduzierter Beleuchtungsdauer (8 Stunden) und etwas kühler pflegen (einen schwächeren Spot verwenden) und danach die Beleuchtungsdauer wieder auf 12 Stunden erhöhen und die Temperatur erhöhen. Die Gelege umfassen 5-12 weichschalige Eier. Die Inkubation erfolgt außerhalb des Terrariums bei 24-28°C auf feuchtem, atmungsaktiven Substrat (Vermiculite, Seramis oder dergleichen). Die Jungtiere schlüpfen nach 8-12 Wochen und haben oft leuchtend rote Schwänze. Es wird berichtet, dass die Gelege häufiger unregelmäßig schlüpfen, also aus ein und demselben Gelege über einen Zeitraum von mehreren Tagen. Auch deshalb sollte man täglich den Inkubator kontrollieren, denn geschlüpfte Jungtiere sollten sofort entfernt werden, damit sie die noch ungeschlüpften Eier nicht beschädigen. Die Aufzucht der Jungtiere ist gewöhnlich problemlos, man hält sie etwas feuchter als die erwachsenen Tiere. Die innerartliche Aggression ist bei den Jungtieren nur gering ausgeprägt, weshalb die gemeinsame Aufzucht bis zur Geschlechtsreife erfolgen kann.

Ausblick
Latastia longicaudata war eine Zeit lang regelmäßig und preiswert auf dem Heimtiermarkt zu finden. Es wäre schön, wenn diese Situation von den Terrarianern genutzt wurde, Zuchtprotokolle für die schönen Eidechsen zu entwickeln. Denn die regelmäßige Zucht und die Veröffentlichung der dabei gemachten Beobachtungen könnten sehr helfen, die vielen offenen Fragen zu der Systematik von Latastia longicaudata, die sich durch Freilandbeobachtungen nun einmal nicht beantworten lassen (z.B. Erbgänge der Farben und der Beschuppungsmerkmale) zu klären.

Lexikon
Latastia: Widmungsname für Fernand Lataste (1847 – 1934).
longicaudata: bedeutet „mit langem Schwanz“.
Die Unterartennamen andersonii, lanzai und revoili sind allesamt Widmungsnamen.

Literatur
Bedriaga, J. v. (1884): Die neue Lacertiden-Gattung Latastia und ihre Arten (L. Doriae n. sp., var. Martensi m., Samharica Blanf. und Boscai n. sp.). Annali del Museo civico di storia naturale di Genova 20: 307-324
Bischoff, W. (1991): Übersicht der Arten und Unterarten der Familie Lacertidae. 4. Die Gattungen Latastia, Meroles, Mesalina, Nucras, Ophisops, Pedioplanis, und Philochortus. Die Eidechse 1 (4): 17-25
Boulenger, G. A. (1920): Monograph of the Lacertidae, Vol. 1. London, 352 pp.
Boulenger, G. A. (1921): Monograph of the Lacertidae, Vol. 2. London, 451 pp.
Largen, M. J. & S. Spawls (2006): Lizards of Ethiopia (Reptilia Sauria): an annotated checklist, bibliography, gazetteer and identification key. Tropical Zoology 19: 21-109
Parker, H. W. (1942): The lizards of British Somaliland. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology 41 (1): 1-99
Reuss, A. (1834): Saurier. Museum Senckenbergianum 1 (1): 29-58
Rogner, M. (2001): Praxis Ratgeber Eidechsen. Frankfurt am Main. 152 pp.


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Osphronemus exodon

Bis zum Ende des 20ten Jahrhunderts glaubte man, es gäbe nur eine Art der Riesenguramis. Doch dann erkannte man einige weitere Arten, darunter Aus dem Stromgebiet des Mekong Osphronemus exodon. Als Jungtier sieht er einem Gewöhnlichen Riesengurami (O. goramy) sehr ähnlich. Nur Eingeweihte erkennen die zahlreicheren Seitenstreifen und den etwas abweichenden Fleck auf der Schwanzwurzel. Doch erwachsene Tiere sind unverwechselbar: sie haben Zähne auf den Lippen! Wozu die dienen ist bislang unerforscht.

Jugendliche Riesenguramis aller Arten – außer O. exodon und O. goramy gibt es noch den Rotflossigen Riesengurami O. laticlavius und von Borneo (Mahakam River) den Siebenstreifen-Riesengurami, O. septemfasciatus – sind sehr aggressiv untereinander. Erst wenn sie die Pubertät hinter sich haben – mit 15-20 cm Länge – hören die ständigen Streitereien mit Artgenossen auf. In sehr großen Becken kann man mehrere Jungtiere gemeinsam pflegen, aber auch dort gehören zerrissene Flossen zum Alltag. Wer das nicht möchte zieht Riesenguramis am besten einzeln bis zu einer Größe von 20 cm auf und gewöhnt die Tiere erst dann in einem entsprechend großen Aquarium aneinander.

Erwachsene Riesenguramis sind – ganz im Gegensatz zu den Jungtieren – ziemlich friedlich untereinander. Es sei übrigens noch erwähnt, dass artfremde Fische von Riesenguramis aller Alterstufen üblicherweise ignoriert werden. O. exodon erreichen eine Größe bis ca. 60 cm.

Jungtier des Gewöhnlichen Riesenguramis, O. goramy. In diersem Alter lassen sich die beiden Arten nur sehr schwer unterscheiden.

Eine Bepflanzung von Riesen-Gurami-Becken ist gewöhnlich aussichtslos, da diese Fische Pflanzen als Nahrungsergänzung ansehen.

Frank Schäfer

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Der Blaue Fadenfisch

Man findet ihn in jedem Zoogeschäft der Erde und kann ihn für wenig Geld kaufen, den Blauen Fadenfisch. Er scheint also etwas ganz alltägliches und uninteressantes zu sein. Alltäglich – vielleicht.
Uninteressant – ganz und gar nicht!

Blaue Fadenfische werden heutzutage auf der ganzen Welt gezüchtet.

Beschreibung aus Versehen
Alle diese Millionen und Abermillionen Blauer Fadenfische, die heutzutage in Zoogeschäften schwimmen, stammen von Tieren ab, die 1933 von der in Hamburg ansässigen Firma „Aquarium Hamburg“ von der Insel Sumatra importiert wurden. Aquarium Hamburg, gegründet 1926, war seinerzeit einer der weltweit führenden Zierfischgroßhändler, die Firma exportierte u.a. auf einer festgebuchten Dampferlinie in die USA. Die Inhaber der Firma, Walter GRIEM und Hugo SCHNELL, hatten den jungen Biologen Werner LADIGES angestellt, um die Importe aus aller Welt fachkundig zu begleiten und auch, um neue und interessante Arten zu finden. 1934 erschien ein Katalog der Firma „Aquarium Hamburg“, verfasst von Werner LADIGES. Allerdings war LADIGES in Guyana, als der Katalog gedruckt wurde, weshalb der damals sehr bekannte Autor von Fachartikeln in Aquarienmagazinen Christian BRÜNING das Endlektorat übernahm. Beim Blauen Fadenfisch machte BRÜNING dabei einen Fehler. Jedenfalls sagt LADIGES später (1957), dass er nie vorhatte, den Blauen Fadenfisch als eigenständige Art zu beschreiben, sondern lediglich als Varietät vom Punktierten Fadenfisch (Trichogaster trichopterus) und BRÜNING habe bei der Bildunterschrift, die „Trichogaster trichopterus sumatranus“ hätte lauten sollen, kurzerhand das „trichopterus“ gestrichen.

In Brasilien ist der Blaue Fadenfisch verwildert. Dies ist ein Wildfang-Männchen von dort.

Ob Versehen oder nicht: die Beschreibung genügt formell allen Anforderungen, die an eine wissenschaftliche Beschreibung zu stellen ist. Trichogaster sumatranus LADIGES, 1934 ist ein regelkonformer, verfügbarer Name im Sinne der Regeln der zoologischen Nomenklatur. Das Publikationsdatum ist 1934, nicht, wie in vielen Büchern zu lesen ist, 1933. Dieser Irrtum geht übrigens auf das deutsche Standardwerk der Aquarienfische aus dieser Zeit, den Arnold-Ahl aus dem Jahr 1936 zurück. Man sieht, die wissenschaftliche Erfassung des Blauen Fadenfisches stand unter keinem glücklichen Stern und ist mit vielen Irrtümern und Fehlern behaftet. Einen kostenlosen Download der Erstbeschreibung finden Sie <<hier>> – denn das Buch – in dem sie erschien, ist selbst in der Deutschen Nationalbibliothek nur in Leipzig einsehbar.

Dies ist die Zeichnung von LADIGES, die er der Originalbeschreibung des Blauen Fadenfisches beifügte.

Mysteriöse Abstammung
Erstmals nach Deutschland eingeführt hat den Fisch 1933 ein Hamburger Seemann – sein Name ist nicht überliefert – der für die HAPAG fuhr und der die Tiere bei B. BERTHOLD in Medan gekauft hatte. BERTHOLD wiederum hatte diese Tiere tatsächlich aus freier Wildbahn bekommen. Er war Tierhändler der alten Schule, der vom Orang Utan über Tiger, Vögel, Reptilien und Fische so ziemlich jedes Viech lieferte, das bei drei nicht auf dem Baum war. Die Zeichnung der Blauen von LADIGES in dem 1934er Katalog ist nicht gut, vor allem ist die Rückenflosse viel zu weit vorne angesetzt. Im beschreibenden Text von T. sumatranus wird aber nichts dergleichen erwähnt, vielmehr schreibt LADIGES dort, dass der Fisch, bis auf die – allerdings sehr außergewöhnliche Färbung – ganz dem gewöhnlichen Trichogaster trichopterus gleiche, aber „robuster“ gebaut sei. Auch später, 1957, wiederholt LADIGES die Tatsache, dass es beim Blauen Fadenfisch „im Habitus mancherlei augenfällige Abweichungen von der bekannten Form“ gäbe; leider spezifiziert er das aber nicht. In Aquarianerkreisen werden Blaue Fadenfische bis heute gerne als die „Blauen Zigarren“ bezeichnet, denn es gibt auffallend viele Tiere dieser Farbform mit kurzem Kopf und eher walzenförmigem Körper. Bei Weibchen ist das auffälliger als bei Männchen.

Weibchen des Blauen Fadenfisches, Zuchtstamm aus Hongkong

Es gelang bislang nie wieder, Blaue Fadenfische in der Natur nachzuweisen und man muss davon ausgehen, dass alle heutzutage im Aquarium schwimmenden Blauen Fadenfische auf den ersten Import 1933 zurückgehen. Allerdings ist es durchaus vorstellbar, dass irgendwann zwischendurch „normale“ T. trichopterus eingekreuzt wurden. Medan, die Hauptstadt der Provinz Nord-Sumatra (Sumatera Utara) liegt am Fluss Deli.

Es wäre wirklich interessant, einmal Wildfänge aus dem Einzug des Deli zu untersuchen, um festzustellen, ob bei dieser Population eine Tendenz zur „Zigarrenform“ vorliegt. Allerdings: wer je eine größere Anzahl Wildfänge des Punktierten Fadenfisches (Trichogaster trichopterus) sah, der weiß auch, dass je nach Ernährungszustand und allgemeiner Kondition individuell recht erhebliche Unterschiede feststellbar sind. Wir wissen übrigens recht genau, wie die ersten Blauen aussahen. Bei Aquarium Hamburg fotografierte W. HOPPE (leider weiß ich nicht einmal den vollständigen Vornamen) und dokumentierte auch die Blauen Fadenfische der damaligen Zeit; wir bringen das Bild hier, um zu dokumentieren: seit 87 Jahren gelingt die ununterbrochene Erhaltungszucht dieses Fisches im Aquarium.

Das historische Foto von HOPPE zeigt den Blauen Fadenfisch, wie er vor dem Zweiten Weltkrieg aussah.

Blaue Mutanten

Zumindest die blaue Farbe ist kein Merkmal, das eine Unterart rechtfertigt. Es handelt sich dabei um eine Farbmutation, eine spontane Änderung des Erbgutes. Sie tritt bei ganz unterschiedlichen Fischen auf, ist aber sehr, sehr selten. Gegenwärtig kennt man sie vom Paradiesfisch (Macropodus opercularis) vom Segelflosser (Pterophyllum scalare) und vom Aland (Leuciscus idus). LADIGES erwähnt auch einen blauen Döbel (Squalius cephalus) aus der Würm in Bayern, doch wurde das Tier offenbar nicht zum Aufbau eines Zuchtstammes benutzt. Kürzlich (2009) tauchten erstmals unter 43.000 Nachzuchttieren der Äsche (Thymallus thymallus) 11 blaue Exemplare auf, die jetzt in der Lehranstalt für Fischerei Aufseß gepflegt werden. Es erscheint grundsätzlich also möglich, dass die blaue Mutation bei allen möglichen Fischen auftaucht. Einen eigenen Namen gibt es nicht für diese blaue Mutation, mir ist jedenfalls keiner bekannt.

Lesen Sie mehr über die blaue Mutation hier: https://www.aqualog.de/blog/blauer-blog-ueber-skalare-und-fadenfische/

Der Marmor-Fadenfisch
Es ist geradezu ein Fluch: das Auftreten von Mutationen bei Aquarienfischen ist für gewöhnlich nur extrem schlecht dokumentiert. In einem 1957 erschienenen Buch über Guramis schreibt der Autor, Sol KESSLER, dass etwa 15 Jahre zuvor (also 1942, mitten im 2. Weltkrieg!) in Europa verschiedene, auf Mutation des Punktierten Fadenfisches beruhende Varianten der Art erzüchtet worden seien. Mit diesen, offensichtlich in Deutschland nicht weiter gezüchteten Tieren soll ein Züchter namens COSBY in Texas, er hat nach KESSLER eine eher kleine Zierfischzüchterei betrieben, einen erbfesten Stamm, den Marmor- oder Cosby-Gurami erzüchtet haben.

So sah der ”Ur-Cosby” aus, der in den 1940er Jahren von Deutschland in die USA kam.
Cosby-Fadenfisch, Stamm Singapur

Es ist wirklich sehr interessant, dass es demnach noch nach der Kriegserklärung der USA gegen Deutschland im Dezember 1941 einen Austausch unter europäischen und amerikanischen Aquarianern gegeben haben muss. Wann der Cosby nach dem Krieg genau nach Deutschland kam, ist mir nicht bekannt. Erstmals vorgestellt wurde er in der Zeitschrift DATZ 1960 von Helmut A. PFEIFER als „Marmorierter Fadenfisch“. PFEIFER schrieb: „In den letzten Jahren tauchte ein neuer Labyrinther auf, der am Anfang recht teuer war, jetzt jedoch preislich erschwinglich ist. Er wird unter verschiedenen Namen gehandelt, so z.B. Trichogaster crospy, marmoratus oder opaline. Alle diese Namen sind ohne wissenschaftlichen Wert.“

Der schöne Fisch zeigt, vor allem im Jugendstadium, auf blauer Grundfarbe ein dunkelblaues, unregelmäßiges Marmormuster. Der Vorläufer des Cosby, den KESSLER mit einem Foto des deutschen Tierfotografen G. J. M. TIMMERMAN belegt, war im Prinzip ein „gewöhnlicher“ Blauer Fadenfisch, bei dem die sonst nur als Balzkleid gezeigte dunkle, senkrechte Streifung immer zeigte. Es gibt solche Exemplare auch heute noch ab und zu, sie werden aber nicht gezielt gezüchtet, sondern fallen nur als Nebenprodukt bei der Cosby-Züchtung an. Der Cosby- oder Marmor-Fadenfisch ist erbfest und die Jungen ähneln allesamt den Eltern, wenngleich der Grad der Marmorierung schwankt. Im Handel sind ausschließlich auf der blauen Mutation basierende Marmor-Guramis.

Weitere Mutanten
Anfang der 1970er Jahre erschienen plötzlich goldene (der Fachausdruck lautet: xanthoristische) Exemplare des Punktierten Fadenfisches auf dem Markt. Auch ihr Ursprung ist kaum dokumentiert, doch publizierte Helmut STALLKNECHT bereits 1973 in der damaligen DDR einen Zuchtstandard für Trichogaster trichopterus, in dem die Goldenen beinhaltet sind. Importiert wurden die Goldenen Fadenfische über die staatliche Importstelle „Zoologica“ 1970 in die DDR, die Herkunft dieser Tiere lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Goldene Fadenfische bei der Balz.

Zeitgleich mit den Goldenen, denen übrigens stets der Seitenfleck fehlt, wurde von der Zoologica auch eine silberfarbene Form importiert, der ebenfalls der Seitenfleck und auch der Schwanzwurzelfleck fehlt (RICHTER, 1982). Im Handel nennt man solche Tiere mit silberner Grundfärbung Opal-Guramis. VIERKE (1978) gab den Erbgang dieser Formen an. Kreuzt man Blaue und Goldene Fadenfische, so sehen die Nachkommen zu 100% wie wildfarbige Tiere, also gelb-braun mit Seiten- und Schwanzwurzelfleck, aus. Diese wildfarbigen Fische sind aber alle mischerbig (der Fachausdruck lautet: heterozygot), die Nachkommen sind teils blau, teils golden und zu einem geringen Anteil auch silberfarben. Die silberfarbenen Tiere sind also das Ergebnis in zweiter Generation (F2) einer Kreuzung von blauen und goldenen Tieren. Diese F2-Tiere sind die empfehlenswerteste Methode, um zu silber-gelbfarbenen Exemplaren zu kommen, denn obgleich man die Tiere auch reinerbig weiterzüchten kann, so zeigten doch die (allerdings sehr spärlichen) Zuchtberichte von Aquarianern, die sich damit befassten, dass die Vitalität von Silber- oder Opalguramis in Reinzucht stark nachlässt. Aber auch bei der Reinzucht Goldener Guramis fallen bis zu 50% silberfarbene Fische (VIERKE, 1976), die gleichfalls sehr vital sind. Bei Goldenen Fadenfischen kann man heutzutage zwei Zuchtlinien beobachten, eine mit leuchtend rotem Augenring, und eine, bei der sich die Rotfärbung auf den oberen Irisrand beschränkt. In Europa, besser gesagt, von Liebhabern, werden Trichogaster trichopterus kaum gezüchtet, denn die Jungtiere wären im Vergleich zu kommerziell gezüchteten Tieren viel zu teuer. Das ist schade, denn so wissen wir leider nicht zuverlässig, wie die Erbgänge der Kreuzung mit Cosby-Guramis aussehen.

Es gibt aber einen Artikel in der Zeitschrift „Der Makropode“, der sehr gute Hinweise gibt. Der Autor, Elmar SÄNGER, kreuzte ein Gold-Gurami Männchen mit einem Cosby-Weibchen. Das Ergebnis waren braune (wildfarbene) Tiere, darunter auch Braun-Marmor. Die Kreuzung braunwildfarbig (Männchen) mit braun-cosby (Weibchen) – Geschwisterpaarung – ergab Jungfische der Farben braun, blau, braunmarmor, blau-marmor, gold und silber, wobei goldene und silberfarbene Tiere darunter waren, die rußig überhaucht aussahen und nach Ansicht des Autors den Marmor-Faktor trugen. Die Verpaarung eines solchen goldmarmor Männchens mit einem braunmarmor Weibchen – Geschwisterpaarung – ergab ausschließlich marmorierte Tiere in den Grundfarben braun, blau, gold und silber. Ein zweites Geschwisterpaar, diesmal ein blau-marmor Männchen und ein braunmarmor Weibchen ergab 50% braun-marmor und 50% blau-marmor Nachkommen, während die Geschwisterpaarung blaumarmor x blau-marmor zu 100% blaumarmorierte Nachkommen ergab.

Pflege von Fadenfischen
Jungtiere des Punktierten Gurami, wie sie  überall im Zoofachhandel erhältlich sind, sind sehr hübsche und problemlose Aquarienfische. Die Tiere sind sehr friedlich und lassen die Pflanzen in Ruhe, lassen sich leicht mit jeglichem Zierfischfutter passender Größe ernähren und stellen keinerlei Ansprüche an Härte und pH-Wert. Die Wassertemperatur kann sich zwischen 18 und 30°C bewegen, wobei man den Fadenfischen nachsagt, dass sie höhere Temperaturen (24-28°C) bevorzugen; wenn die Tiere herangewachsen sind, erreichen sie eine Gesamtlänge zwischen 8 und 12 cm. Werden sie sexuell aktiv, können manche männlichen Exemplare aggressive Verhaltensweisen entwickeln. In kleineren Aquarien können sie nicht nur Artgenossen, sondern auch artfremde Fische umbringen. Leider ist es unmöglich vorherzusagen, welche Exemplare aggressiv werden und welche friedlich bleiben. Es ist darum verständlich, wenn manche Aquarianer, die einmal das Pech hatten, ein bösartiges Tier zu pflegen, kaum noch dazu zu bringen sind, es erneut mit Punktierten Fadenfischen zu versuchen. Allerdings gelten goldene, silberfarbene und Cosby-Mutanten grundsätzlich als friedfertiger, verglichen mit wildfarbigen Tieren. Auch die Blauen, die seit über 80 Jahren ausschließlich als Nachzuchten gepflegt werden. In den Zuchtanstalten arbeitet man gewöhnlich nicht mit übermäßig aggressiven Männchen. Und da auch Verhalten zu einem großen Teil vererbt wird, sind viele Blaue Guramis ziemlich friedlich. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass Fadenfische in den Zuchtanstalten gewöhnlich in großen Freilandteichen vermehrt werden. Hier fällt es nicht weiter ins Gewicht, wenn einmal ein garstiges Männchen zur Fortpflanzung kommt. Pech kann man immer haben…

Lebensraum von Trichogaster trichopterus in Zentral-Thailand bei Pak Chong
Vor Ort erstelltes Kuvettenfoto der Tiere von diesem Fundort
Dieses Wildfang-Paar stammt ebenfalls aus Thailand, der genaue Fundort ist mir jedoch nicht bekannt. Man beachte, dass bei dem Weibchen die Flankenflecken fehlen; das ist eine individuelle Fehlzeichnung, die auch bei Wildfängen vorkommen kann.
Wildfang-Weibchen von der Insel Phuket. Die Punktierten Fadenfische von dort wurden 1957 von KLAUSEWITZ als eigenständige Unterart beschrieben. Diese Unterart wird gegenwärtig nicht anerkannt.
Wildfang-Weibchen aus Schwarzwasser, Süd-Thailand. Diese Form lebt syntop mit Mosaik-Fadenfischen (Trichogaster leerii). Interessant sind die goldenen Tüpfel im hinteren Körperdrittel.
Wildfang-Exemplar aus Vietnam

Fadenfischzucht
Trichogaster-Fadenfische sind ganz und gar typische Schaumnestbauer. Das bedeutet, das Männchen besetzt ein Revier und baut darin aus mit einem in der Mundhöhle gebildeten Sekret umhüllten Luftbläschen ein Schaumnest an der Wasseroberfläche. Alle Farbvarianten/Mutanten des Punktierten Fadenfisches verwenden dabei typischerweise KEINE zusätzlichen Baustoffe, sondern nur Bläschen. Der Mosaik- und der Mondscheinfadenfisch (Trichogaster leerii und T. microlepis) bauen dagegen sehr gerne feine Pflanzenwurzeln, Algen etc. mit ein. Die Art T. pectoralis (Schaufelfadenfisch) wiederum gleicht bezüglich des Schaumnestbaues dem Punktierten Fadenfisch, nur ist das Nest des deutlich größeren, 15-20 cm langen T. pectoralis eher klein und kompakt, das des Punktierten Fadenfisches großflächiger. Man weiß aber von vielen Labyrinthfischen, dass beim Nestbau auch immer wieder einmal individuelle Abweichungen vorkommen. Bei der Zucht ist es wichtig, einen niedrigen Wasserstand (maximal 20 cm, 15 cm sind besser) und eine hohe Wassertemperatur zu wählen; 30-32°C sind angemessen. Die Härte und der pH-Wert spielen eine untergeordnete Rolle, jedes normale Leitungswasser eignet sich auch für die Zucht. Da das Männchen während der Nestbauphase sehr aggressiv sein kann, muss man dem Weibchen Versteckmöglichkeiten bieten. Das können Pflanzenbüsche sein (die meisten Pflanzen vertragen allerdings die hohen Temperaturen nicht), aber auch senkrecht stehende Steinplatten. Ideal, wenn auch potthässlich, sind schwimmende Stücke von PVC-Rohr mit 5 cm Durchmesser, wie sie für Wasserleitungen in Baumärkten angeboten werden. Hier finden die Weibchen Deckung, sind für das Männchen weitgehend unsichtbar und müssen zum Luftholen nicht weit aus dem Versteck heraus. Man sollte immer nur Weibchen mit bereits deutlich sichtbarem Laichansatz zur Zucht ansetzen, sonst kann das Männchen das Weibchen zu Tode hetzen. Ein laichreifes Weibchen hingegen sucht aktiv die Nähe des Männchens und signalisiert Paarungsbereitschaft.

Man erkennt die Weibchen beim Punktierten Fadenfisch immer sicher an der Form der Rückenflosse, die beim Männchen lang und spitz ausgezogen ist, beim Weibchen dagegen kürzer und am hinteren Ende abgerundet. Das Ablaichen ist wieder ganz labyrinthfisch typisch. Das Männchen umschlingt das Weibchen in Form eines U und kippt so mit dem Weibchen auf die Seite. Währenddessen werden Eier und Spermien abgegeben. Die winzigen Eier enthalten ein Öltröpfchen und steigen daher von alleine zur Wasseroberfläche auf, wo sie das Männchen einsammelt und in das Nest spuckt. Das Weibchen beteiligt sich nicht an der Brutpflege, die ist Männersache. Darum fängt man das Weibchen nach dem Ablaichen auch am besten aus dem Aquarium, es stört eher als das es nutzt und läuft zudem Gefahr, von dem brutpflegenden Männchen angegriffen und verletzt oder getötet zu werden. Die winzigen Jungfische, es sind bis zu 1.500 – 2.000 von ihnen, schlüpfen bei Temperaturen um 30°C bereits nach ca. 24 Stunden, zwei weitere Tage später ist der Dottersack aufgezehrt und das Babygewimmel lässt sich nicht mehr im Nest zusammenhalten. Jetzt sollte auch der Papa abgefischt werden. Man sollte gar nicht erst versuchen, mehr als 100-150 Jungtiere aufzuziehen, bereits das erfordert sehr viel Platz und Zeit. In der Natur überleben statistisch gesehen nur zwei Tiere (also höchstens 0,1%, gewöhnlich jedoch viel weniger) von allen Nachkommen eines Paares und sorgen selbst für Nachwuchs, 99,9% gehen vorher zugrunde. Wenn wir 10% der Jungen aufziehen, ist das also mehr als genug.

Blauer Fadenfisch eines Stammes von Singapur

Die Aufzucht der Jungen
Das Wachstum der Jungtiere ist rasant, bereits nach 8 Tagen können sie Artemia – Nauplien bewältigen; davor reicht in einem alteingerichteten Aquarium das dort vorhandene Mikroleben, das man mit einem Blatt getrockneten Salats noch ankurbelt. Eine winzige Prise (!) Eigelb eines hartgekochten Hühnereis, das man nach dem Kochen auf einem Brettchen zu einer flachen, rund 1 mm dicken Schicht ausstreicht (nur das Eigelb!) und bei 60°C im Backofen getrocknet hat, ist ebenfalls als Erstnahrung sehr gut geeignet. Ich rate davon ab, bei der Aufzucht einen Filter zu verwenden. Stattdessen darf der Wasserstand nicht höher als 10-15 cm sein. So kommt es aufgrund der Heizung zu einer ausreichenden Durchmischung des Wassers (warmes Wasser steigt vom Heizer zur Oberfläche auf, kühleres, sauerstoffangereichertes Wasser sinkt von der Wasseroberfläche nach unten). Ab der zweiten Lebenswoche sollte ein täglicher Teilwasserwechsel von ca. 30% des Beckeninhalts durchgeführt werden, wobei die Temperatur des Frischwassers identisch mit der Temperatur des Beckens sein sollte. Einige kleinere Paradies-Schnecken (Marisa cornuarietis) halten das Becken sauber. Bereits nach 4 Wochen bildet sich das Labyrinth. Man erkennt das daran, dass die Jungtiere an der Wasseroberfläche Luft holen. Sie sind zu diesem Zeitpunkt ca. 1-1,5 cm groß. Während der Bildung des Labyrinthes verengt sich der Schlund und die Jungfische können an zu großen Futterbrocken ersticken. Darum füttert man am besten bis zu einer Größe von ca. 2 cm Artemia-Nauplien als Hauptfutter, dazu staubfeines Trockenfutter, das im Zoofachhandel angeboten wird. Wenn das Labyrinth fertig ausgebildet ist, kann man den Wasserspiegel auf Normalhöhe bringen und einen kleinen mit Luft betriebenen Blubberfilter installieren. Leider wachsen die Jungfische unterschiedlich rasch und vorwüchsige Tiere unterdrücken ihre Geschwister; dagegen hilft nur sortieren und auseinandersetzen. Nach ca. 5 Wochen sehen die Jungtiere bereits wie Miniatur-Ausgaben der Eltern aus. Zum Schluss: Niemals die Deckscheibe vergessen! Eine Deckscheibe auf dem Aquarium ist absolute Grundvoraussetzung für die Pflege und Zucht des Blauen Fadenfisches (und der meisten Labyrinthfische). Denn wenn die Luft über dem Aquarium kühler ist als das Wasser, so erkälten sich die Tiere beim Luftholen. Zwischen Deckscheibe und Wasseroberfläche muss mindestens 1 cm Abstand sein, etwas mehr ist besser. Labyrinthfische können tatsächlich ertrinken, wenn man sie am Lufholen hindert.

Das war sie, die Geschichte vom Blauen Fadenfisch. Und es gäbe noch so viel mehr zu erzählen. Aber das können Sie ja auch zuhause selbst beobachten….Das war sie, die Geschichte vom Blauen Fadenfisch. Und es gäbe noch so viel mehr zu erzählen. Aber das können Sie ja auch zuhause selbst beobachten…

Frank Schäfer

PS: Trichogaster oder Trichopodus?
Wer sich für Nomenklatur, also die Lehre von der zoologischen Namensgebung, interessiert, der wird wissen, dass seit einiger Zeit von manchen Wissenschaftlern für die hier besprochene Trichogaster-Art der Gattungsname Trichopo­dus verwendet wird. Andere Wissenschaftler, so auch ich, lehnen diese Umbenennung ab. Warum?
Die wissenschaftliche Namensgebung wird durch einen Ehrencodex, den so genannten Code (richtig auf deutsch: Internationale Regeln für die Zoolog­ische Nomenklatur) geregelt. Daran muss man sich nicht halten, der Code ist kein Gesetz, aber es herrscht Einigkeit unter den allermeisten Forschern, dass es sinnvoll ist, den Code zu respektieren und seine Vorgaben umzusetzen. Den Code gibt es seit 1843, derzeit ist die 4. Auf­lage aus dem Jahr 2000 gültig.
Der wichtigste und allem übergeordnete Sinn des Codes besteht darin, dass die wissen­schaftliche zoologische Namensgebung so stabil und uni­versell wie nur irgend möglich sein soll. Diesem obersten Leitsatz sind alle anderen Artikel des Code unter­geordnet.
Seit 1923 wird aufgrund einer Publikation von George S. Myers universell der Gattungsname Colisa für die westlichen und Trichogaster für die östlichen Fadenfische verwendet. Über beide Fischgattungen existieren Berge von Literatur, in der diese Gattungsnamen im Sinne von Myers ver­­wendet werden. Auch wenn wir heute wissen, dass Myers irrte, und daher nach strenger (!) Aus­legung des Code alle früher Trichogaster ge­nannten Arten jetzt Trichopodus heißen müssten, während der Gattungsname Tricho­gaster den bisher Colisa genannten Arten zu­kommen müsste, bleibt es nichtsdestotrotz sinnvoll, die beiden Gattungs­namen im Sinne der uni­versellen Stabilität der Nomenklatur weiter im bisherigen Sinne zu verwenden, was auch absolut möglich ist.

Seit Jahren herrscht Zank über die korrekte Benennung der westlichen (hinten) und östlichen Fadenfische. Eine allgemein akzeptierte Lösung ist nicht in Sicht.

zitierte Literatur:

Arnold, J. P. & E. Ahl (1936): Fremdländische Süßwasserfische. Gustav Wenzel & Sohn, Braunschweig
Kessler, S. (1957): Gouramis. A guide to the identification, care and breeding of the gouramis. TFH Publication, New Jersey
Ladiges, W. (1934): Tropische Zierfische. Aquarium Hamburg
Ladiges, W. (1949): Eine Diskussion über die Arten der Gattung Pterophyllum. DATZ 2 (3): 50-53
Ladiges, W. (1957): Über einige Farbabweichungen bei Fischen. Datz 10 (6): 153-156
Pfeifer, H. A. (1960): Der marmorierte Fadenfisch. DATZ 13 (12): 359-360
Sänger, E. (1988): Zur Zucht von Trichogaster trichopterus. Der Makropode 10 (1): 2-3
Seyfried, R., Speierl, T. & R. Klupp (2011): Zur Situation der Äsche in Oberfranken. Blaue Äschen aus der Wiesent. http://www.bezirk-oberfranken.de/fileadmin/1_Aktuelles/infos/bilder/110211_blaueaeschenaufsess.pdf
Vierke, J. (1976): Fadenfische in Gold und Silber. Das Aquarium, Heft 80 (Februar 1976): 64-66
Vierke, J. (1978): Labyrinthfische und verwandte Arten. Engelbert Pfriem Verlag, Wuppertal-Elberfeld


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Der linkshändige Einsiedlerkrebs Diogenes pugilator

Der Star dieses Blogs: Diogenes pugilator

Wer kennt sie nicht, die kleinen Einsiedlerkrebse an den Küsten des Mittelmeers, des Atlantiks und des Schwarzen Meeres, die den Schneckengehäuse-Sammlern immer wieder schrille Schreie entlocken, wenn das vermeintlich leere Schneckenhaus plötzlich Beine bekommt und mehr oder weniger energisch versucht, sich aus der Hand zu befreien? An den feinsandigen Nordseestränden von Zeeland in Holland passiert das aber sehr, sehr selten, u.a., weil man nur wenige Schneckenhäuser im Spülsaum findet. Wir sind gerade in Westenschouwen in Zeeland und dort findet man zwar massenhaft leere Muschelschalen – Herzmuscheln, Klaffmuscheln, Austern, Messermuscheln, Miesmuscheln usw. – aber kaum Schneckenhäuser. Warum wohl? 

Im Spülsaum des Strandes von Westenschouwen findet man hauptsächlich Herzmuscheln und andere Muschelschalen, jedoch kaum Schneckenhäuschen.

Es gibt m.W. keine wissenschaftlichen Untersuchungen darüber, aber der Verdacht liegt nahe: man findet so wenig Schneckenschalen, weil sie schon jemand vor uns gefunden hat. Natürlich gibt es an Sandstränden auch nur vergleichsweise wenige Schnecken, da diese überwiegend Hartsubstrate besiedeln. Aber für bestimmte Landeinsiedlerkrebse (Coenobita) ist tatsächlich – und das ist wissenschaftlich bewiesen – die Anzahl der verfügbaren Schneckenhäuser der wichtigste limitierende Faktor für die Populationsgröße.

Die eingangs erwähnten kleinen Einsiedler des Mittelmeeres und Schwarzen Meeres gehören gewöhnlich zur Gattung Clibanarius, sind tagaktiv und treten in großen Mengen auf. Wer jedoch tagsüber in den Ebbetümpeln von Westenschouwen nach Einsiedlerkrebsen sucht, der findet nur ab und zu welche. Nimmt man solch ein Tierchen mit nach Hause und setzt es in ein Meerwasseraquarium mit Sandboden, verschwindet es rasch – es gräbt sich ein! Abends, wenn es dämmert, kommen im Freien und im Aquarium die kleinen Einsiedler heraus und krabbeln herum. Bei Sonnenuntergang findet man sie vor allem im Spätsommer (September) in den Ebbetümpeln auf einmal massenhaft (5-6 Exemplare pro Quadratmeter). Jetzt wird auch klar, warum man kaum Schneckenhäuser findet: die, die zur Verfügung stehen, werden von den kleinen Einsiedlern besetzt und durch Einbuddeln unseren Augen entzogen. 

Einsiedlersammelzeit; Indie hilft mir.

Der kleine Schneckenhausbesetzter heißt wissenschaftlich Diogenes pugilator und kann von allen anderen Einsiedlerkrebs-Arten in der Nordsee leicht unterschieden werden, denn bei D. pugilator ist die linke Schere vergrößert, bei allen anderen die rechte. Links und rechts unterscheidet man bei einem Einsiedlerkrebs, indem man von oben auf ihn schaut, wobei der Kopf nach vorne gerichtet ist. Bei den anderen 6 Arten der Nordsee, von denen allerdings nur 3 regelmäßig vorkommen, ist die rechte Schere größer als die linke. Diogenes pugilator ist weit im Atlantik verbreitet. Von der Küste Angolas in Afrika bis in den Norden der Nordsee, außerdem im Mittelmeer und Schwarzen Meer. Durch den Suez-Kanal ist er sogar ins Rote Meer eingewandert.

Sein wissenschaftlicher Name erinnert an den griechischen Philosophen Diogenes von Sinope, der zumindest zeitweise in einer Tonne gehaust haben soll; eine schillernde Gestalt, berühmt für den Spruch „geh mir ein wenig aus der Sonne“, den er angeblich äußerte, als Alexander der Große ihn fragte, ob es etwas gäbe, das er für ihn tun könne. Und ein Pugilator ist ein Faustkämpfer/Boxer im antiken Rom. Als Polydore Roux die Art 1829 unter dem Namen Pagurus pugilator beschrieb, nahm er wohl an, die vergrößerte linke Schere diene Auseinandersetzungen mit Artgenossen oder der Feindabwehr. Heute geht man davon aus, dass die vergrößerte Schere dem Knacken von kleinen Muscheln etc. dient, vielleicht auch der innerartlichen Kommunikation, aber Boxen tun die Krebse nicht damit, soviel ist sicher.

Wissenschaftlich ist die Art ganz gut untersucht. Sie ist in wärmeren Regionen ganzjährig fortpflanzungsfähig, in den darauf untersuchten Populationen überwog der Weibchenanteil. Männchen und Weibchen sind, wie bei allen Einsiedlerkrebsen, nicht unterscheidbar, wenn sie in ihren Schneckenhäusern sitzen. Dazu müssen sie heraus, was sie freiwillig nicht tun. Ohne wissenschaftlichen Anspruch wäre eine solche Untersuchung darum als Tierquälerei einzustufen und ist zu unterlassen. Weibchen haben am Hinterleib zusätzliche Beine, an denen die Eier angeheftet werden. Die Weibchen tragen die Eier mit sich herum, bis daraus die typische Zoea-Larve (ausgesprochen in getrennten Vokalen, also Zo-e-a, nicht etwa wie mit Umlaut Zö-a) schlüpft, die frei schwimmend im Plankton lebt, sich räuberisch ernährt und nach mehreren Häutungen zur so genannten Megalopa-Larve wird. Dieses ist das letzte Larvenstadium; die Krebse sehen im Megalopa-Stadium schon fast wie fertige Einsiedler aus, jedoch ist der Hinterleib noch „normal“, ähnlich wie bei einem Flusskrebs (nur viel kürzer), entwickelt. Im Megalopa-Stadium gehen die Tiere zum Bodenleben über. Nach einer letzten Häutung ist der Hinterleib Einsiedler-typisch gekrümmt, mit den Haltebeinchen ausgestattet, die ein rasches Einziehen in das Schneckenhaus ermöglichen – kurz: der Einsiedler ist fertig entwickelt und kann von nun an ohne Schneckenhaus kaum noch überleben.

Hausbesichtigung

Abbildung aus der Originalbeschreibung von 1829; von mir eingefügt: Markierung des Rückenschildes.

Über eine erfolgreiche Zucht im Aquarium ist m.W. noch nicht berichtet worden, sie ist aber sicher möglich. Die Weibchen werden schon sehr früh geschlechtsreif: bereits mit einer Schild-Länge von 0,6 mm wurden eiertragende Weibchen gefunden (Manjón-Cabeza & Raso, 2000a), histologische (also an präpariertem Gewebe) Untersuchungen zeigten, dass Männchen vermutlich bei einer ähnlich geringen Größe geschlechtsreif werden, sicher aber ab einer Schild-Länge von 1 mm (Manjón-Cabeza & Raso, 2000b). Die Schild-Länge ist die Strecke des Rückenschilds in Draufsicht, gemessen vom hinteren Rand der Augenstiele bis zu dessen Ende. Die maximale Schild-Länge beträgt bei D. pugilator etwas über 5 mm (5,3 mm). Die Eizahl schwankt zwischen 9 und 2838 pro Weibchen, die Eigröße ist weitgehend konstant (artspezifisch) und hängt nicht von der Größe des Weibchens ab. Die optimale Fortpflanzungsgröße der Weibchen scheint bei einer Schild-Länge von 2,1 – 2,3 mm zu liegen, davor und danach sind sie weniger produktiv (Manjón-Cabeza & Raso, 2000a).

Diogenes pugilator ist kein derart spezialisierter Filtrierer wie seine entfernten Verwandten, die Seepocken, aber ein Filtrierer ist er schon.

Zoea-Larven reagieren positiv phototaktisch, lassen sich also in einem Lichtkegel konzentrieren. Man ernährt sie mit frisch (!) geschlüpften Artemia-Nauplien. Bei einer Wassertemperatur von 22-25°C entwickelt sich die nahe verwandte Art Diogenes nitidimanus über 4 Zoea-Stadien zur Megalopa in 22 Tagen (Korn et al., 2008). Die Laboraufzucht erfolgte in 250 ml fassenden Kleinbehältern, die mit natürlichem, mittels UV-Licht sterilisierten und gefilterten Seewasser gefüllt sind, bei einer Larvendichte von 1 Exemplar pro 10 ml und täglichem 100%igen Wasserwechsel. Unter Hobbybedingungen wird man wohl zum Aufzuchtkreisel greifen, das ist schon arbeitsintensiv genug. Ein Aufzuchtkreisel ist in etwa ein senkrecht installiertes, breites, unbewegliches Rad, in dem man durch an geeigneter Stelle angebrachte Lufteinspeisung eine kreiselnde Wasserbewegung erzeugt. Die darin gehaltenen Organismen kommen dadurch nicht mit der Wandung des Gefäßes in Berührung. Solche Kreisel haben sich zur Aufzucht von Plankton-Stadien von Fischen und Wirbellosen, aber auch zur Dauerhaltung von z.B. Quallen sehr bewährt. Bei der Aufzucht in solchen Kreiseln muss man vor allem darauf achten, dass sich kein Schmutz oder Algen an den Innenwänden ansetzen, man muss sie also am besten täglich mit einem Pinsel reinigen.

Seltsamerweise scheint aber noch niemand Diogenes pugilator für längere Zeit im Aquarium beobachtet zu haben, obwohl die Pflege wirklich problemlos ist. Anders ist kaum zu erklären, warum eine der bemerkenswertesten Verhaltensweisen des Tierchens noch nie (soweit ich das beurteilen kann) beschrieben wurde: das Filtrieren mittels der federartig behaarten Antennen! Die meisten Klein-Einsiedler, wie die oben erwähnten Clibanarius, sind die unermüdlichen Straßenkehrer im Aquarium. Sie sind stets unterwegs und fressen alles, was ihnen an totem organischen Material in die Scheren gerät, egal ob pflanzlichen oder tierischen Ursprungs. Man kann sie also völlig problemlos mit Futtertabletten etc. ernähren. Lebende Tiere werden nicht angenagt, das ist vor allem bei der gemeinsamen Pflege mit festsitzenden Tieren, wie Seeanaemonen, Korallen, Seescheiden, Schwämmen etc. bedeutungsvoll.

So weit, so gut, so wird das Verhalten von Diogenes pugilator im Aquarium ebenfalls beschrieben. Aber hat denn nie jemand hingesehen, was diese Tierchen machen, wenn sie eingegraben sind? Dann strecken sie nämlich ihre Antennen aus dem Sand und fischen Mikro-Organismen aus dem Wasser, so wie es ihre entfernten Verwandten, die festsitzenden Seepocken tun. Einmal mehr zeigt sich, dass es sich lohnt, jedes noch so banale und alltägliche Klein-Viech erst einmal mit nach Hause zu nehmen und es zu beobachten, denn nur dann werden seine Eigenheiten offenbar.

Bleiben Sie neugierig und aufgeschlossen!

Frank Schäfer

Literatur:

https://sites.google.com/site/crustahobby/lagere-zeedieren-in-het-aquarium/heremietkreeften/diogenes-pugilator

https://www.meerwasser-lexikon.de/tiere/5779_Diogenes_pugilator.htm

Korn, O. M., Kornienko, E. S. & K. Tomoyuki (2008): A reexamination of adults and larval stages of Diogenes nitidimanus (Crustacea: Decapoda: Anomura: Diogenidae). Zootaxa 1693: 1–26

Manjón-Cabeza, M. E. & J. E. G. Raso (1998): Population structure and growth of the hermit crab Diogenes pugilator (Decapoda: Anomura: Diogenidae) from the northeastern Atlantic. Journal of Crustacean Biology 18 (4): 753-762

Manjón-Cabeza, M. E. & J. E. G.Raso (2000a): Reproductive aspects of females of the hermit crab Diogenes pugilator (Crustacea: Decapoda: Anomura) from southern Spain. Journal of the Marine Biological Association of the United Kingdom, 80(1): 85-93.

Manjón-Cabeza, M. E. & J. E. G. Raso (2000b): Morphological reproductive aspects of males of Diogenes pugilator (Roux, 1829) (Crustacea, Decapoda, Anomura) from southern Spain. Sarsia, 85(3): 195-202.

Roux, P. (1828-1830): Crustacés de la Méditerranée et de son Littoral, decrits et lithographiés. Paris, Marseille: 284 pp

Hoplocharax goethei

Kennen Sie diesen Salmler? Die Art ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich! Da wäre vielleicht zunächst ihr seltsamer Artname, goethei. Wurde die Art etwa nach unserem Dichterfürsten und Universalgenie, Johann Wolfgang von Goethe benannt? Leider nein. Sie wurde dem umstrittenen Eugeniker Charles Matthias Goethe (1875-1966) gewidmet.

Zum Vergleich: Hemigrammus bellottii aus Venezuela

Aber das ist ja eher nebensächlich. Das Fischchen – es wird nur 3-4 cm lang – sieht auf den ersten Blick aus wie der vielleicht verbreitetste Salmler in Amazonien, Hemigrammus bellottii, gehört aber in einen völlig anderen Verwandtschaftskreis und ist tatsächlich ein engerer Verwandter zu Raubsalmlern wie etwa den Süßwasser-Barrakudas der Gattung Acestrorhynchus. Was man mit bloßem Auge nicht sehen kann: das Gebiss von Hoplocharax goethei besteht nicht aus zackigen Schneidezähnen wie bei Hemigrammus bellottii sondern aus nadelspitzen Fangzähnen! Dennoch ist dieser Miniaturräuber ein friedliches Tier, das keinem gleichgroßen Mitbewohner etwas zuleide tut. Vielleicht frisst der Fisch in der Natur bevorzugt Fischlarven, wer weiß? Im Aquarium nimmt er jedes übliche Fischfutter an, auch Trockenfutter.

Auch ohne de Zähne zu begutachten (was am lebenden Tier kaum möglich ist) kann man Hoplocharax goethei gut von Hemigrammus bellottii unterscheiden: die Position der Afterflosse ist eine andere. Bei H. goethei setzt die Afterflosse unter der Rückenflosse an, bei H. bellottii deutlich hinter der Rückenflosse.

Bisher wurde Hoplocharax goethei eher zufällig als Neon-Beifang aus Kolumbien importiert; dabei handelte es sich meist um Einzelexemplare. Doch in den letzten Jahren konnte Aquarium Glaser ab und zu aus Venezuela eine etwas größere Anzahl von Tieren importieren. Vielleicht gelingt jetzt ja sogar die Zucht? 

Frank Schäfer

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Zwergdrachengrundeln: Schismatogobius

Die Gattung Schismatogobius besteht aus Arten kleiner, nur 3-5 cm langer Süßwassergrundeln. Da die Tierchen wirtschaftlich unbedeutend sind und sich einer eventuellen Nachstellung dadurch entziehen, dass sie sich blitzartig schnell eingraben, sind sie noch ziemlich schlecht erforscht. Allerdings wurden in jüngster Zeit viele Arten wissenschaftlich beschrieben.

Die Gattung wurde 1912 aufgestellt, seither wurden ihr zunächst 10 Arten zugeordnet.

Das Jahr 2017 erlebt geradezu eine Artenexplosion in der Gattung. Zunächst wurden in einer Revision der Arten aus dem Gebiet von Papua-Neuguinea bis Samoa 7 neue Arten beschrieben, dann, kurze Zeit später, 4 weitere neue Arten bei der Revision der Arten aus Indonesien und schließlich in einer Arbeit über die Gattung in Japan eine weitere neue Art, so dass die Gattung nominiell aus 22 Arten bestand; 2018 kam noch eine weitere Art von den Molukken dazu, es sind also formell 23 Arten bekannt. Die Arten sehen sich im Leben unglaublich ähnlich, sie kommen teilweise auch räumlich in unmittelbarer Nähe zueinander vor, was die Bestimmung schwierig bis unmöglich macht. Die wissenschaftliche Bestimmung erfolgt durch DNS-Analysen und Details, die an lebenden Tieren nicht zu erkennen sind.

Auf Taiwan kommen nach gegenwärtigem Wissensstand 2 Arten vor, die erst 1995 beschriebene S. ampluvinculus und die Art S. roxasi. Beide Arten sind sich sehr ähnlich, jedoch entwickelt nur S. ampluvinculus in bestimmten Stimmungslagen eine leuchtend kontrastreiche Schwarz-Weiß-Bänderung.

Schismatogobius ampluviculus, Männchen
Schismatogobius ampluviculus, Weibchen

Auf Gattungsebene sind Schismatogobius u.a. darum unverkennbar, weil sie keine Schup­pen haben. Augenfällig ist zudem das riesige, tiefge­spaltene Maul der Männchen, das im Maulinneren bei einigen Arten sehr auffällig gefärbt ist. Die Männchen reißen das Maul bei Streitereien weit auf, wobei dann die auffällige Färbung zum Tragen kommt.

Zu den gattungstypischen Merkmalen von Schismatogobius gehört die individuelle Färbung: es gibt nicht zwei Exemplare, die absolut identisch gezeichnet sind. Aber auch das Farbwechselvermögen mancher Arten ist erstaunlich. Ein und dasselbe Exemplar von S. ampluvinculus kann wunderschön schwarz-weiß geringelt sein oder aber grau mit ver­waschenen Bändern. Das betrifft beide Geschlechter.

Schismatogobius ampluviculus, Paar

Die Maximalgröße von S. ampluvinculus wird in der Literatur mit 2.69 cm angegeben, sie werden aber etwas größer – bis etwa 5 cm.

Erwachsene Schismatogobius leben – soweit bekannt – ausschließlich im Süßwasser, wo sie in größeren Gruppen die flacheren Gebiete von Fließgewässern besiedeln. Bei Gefahr graben sie sich biltzschnell durch seitlich schlängelnde Bewegungen ein. Die Art S. ampluvinculus kommt in Bereichen mit kiesigem Boden vor.

Die zweite Schismatogobius-Art von Taiwan ist S. roxasi, bei der es sich nach neueren Untersuchungen wohl um ein Synonym von S. insignus handelt. Sie ist in keiner Stimmungslage so kontrastreich gefärbt wie S. ampluvinculus, jedoch auch sehr hübsch. Bei dieser Art sind die Weibchen farbiger als die Männchen und besitzen einen auffälligen orangefarbenen Sattel auf dem Rücken. Die Männchen erkennt man an dem riesigen Maul. Man pflegt diese extrem selten importierte Grundel im ungeheizten Aquarium mit Sandboden, Kieseln und guter Strömung.

Von Sumatra wurde eine weitere Schismatogobius-Art importiert. Ich glaube, dass es sich aufgrund der besonderen Brustflossenzeichnung (die man allerdings nur bei Aufsichtsphotos auf weißem Untergrund gut erkennen kann) bei diesen Importtieren um die im Juli 2017 neubeschriebene Art S. risdawatiae von Sumatra handelt. Das ist eine kleine Art, die nur 2,5-3 cm Länge (ohne Schwanzflosse) erreicht. 

Leider ist die Zucht von noch keiner der Arten gelungen, wenngleich die Fische ganz willig ablaichen. Außerhalb der Fortpflanzungszeit sind die Fische voll­kommen friedlich zueinander, sowohl die Männchen, wie auch die Weibchen. Fort­pflanzungswillige Männchen legen un­ter­­halb eines hohl liegenden Steines oder dergleichen (bei Horsthemke wurde eine Blumentopfscherbe allen anderen Materi­alien vorgezogen) eine Bruthöhle an. Die winzigen Larven entwickeln sich vermutlich nur in Meerwasser. Für die Pflege von S. ampluvinculus ist wichtig, dass diese Tiere in ungeheizten Aquarien gepflegt werden sollten, da sie aus gemäßigten Breiten kommen.

Die Ernährung mit Frost- und Lebendfutter ist unproblematisch. Aufgrund ihrer Ansprüche im Aquarium und wegen ihrer Kleinheit eignen sich Zwerg­drachen­grundeln besonders gut zur Ver­gesellschaftung mit den derzeit so beliebten Zwerggarnelen der Gattung Caridina, die es ja ebenfalls kühl mögen. Trotz des großen Maules der Männ­chen konnten bislang keine Übergriffe der Grundeln auf die Zwerggarnelen beob­achtet werden. Für das freie Wasser sind z.B. Kardinalfische (Tanichthys albonubes) her­vor­ragend geeig­nete Gesellschafter. Allen, die sich näher über Schismatogobius informieren wollen, sei der sehr ausführliche Aufsatz von H. Horsthemke über S. deraniya­galai empfohlen.

Lexikon:
Schismatogobius
: bezieht sich auf die ge­spaltene, zweilappige Zunge.
ampluvinculus: latein, in etwa „mit ansehn­lichen Bändern“, wegen der deutlichen Schwarz- Weiß-Zeichnung.
deraniyagalai: zu Ehren des berühmten ceylonesischen Ichthyologen P. E. P. Derani­yagala. roxasi: Widmungsname

Frank Schäfer

Literatur:

Horsthemke, H. (1992): Aquarienbe­ob­achtungen an Schismatogobius deraniyangali. Die Aquarien- und Terrarienzeitschrift 45 (7): 440-450

Keith, P., C. Lord and H. K. Larson (2017): Review of Schismatogobius (Gobiidae) from Papua New Guinea to Samoa, with description of seven new species. Cybium v. 41 (no. 1): 45-66.

Keith, P., C. Lord, H. Darhuddin, G. Limmon, T. Sukmono, R. Hadiaty and N. Hubert  (2017): Schismatogobius (Gobiidae) from Indonesia, with description of four new species. Cybium v. 41 (no. 2): 195-211.

Keith, P., H. Dahruddin, G. Limmon and N. Hubert (2018): A new species of Schismatogobius (Teleostei: Gobiidae) from Halmahera (Indonesia). Cybium v. 42 (no. 2): 195-200

Lin, Chu-Ji (2008): A Field Guide to the Freshwater Fish & Shrimps in Taiwan. Vol. 2. Taipeh: 240 pp.

Und weiteren Lesestoff über Grundeln gibt es hier: https://www.animalbook.de/navi.php?qs=grundel


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Die Fisch & Reptil ist abgesagt

20 Jahre Fisch & Reptil – ein Jubiläum der Superlative wollten die Macher von Deutschlands führender Messe der Aquaristik- und Terraristik-Branche im Jahr 2020 ausrichten. Als im Frühjahr das Coronavirus kam, kämpfte man sich zuversichtlich und fest entschlossen durch den Lockdown, überzeugt, dass die Lage sich positiv entwickeln würde und man den Besuchern auch mit Einschränkungen eine attraktive Messe bieten könne. Jetzt musste die Messe Sindelfingen eine sehr schwere Entscheidung treffen …

Glitzern, Schillern, Farbenpracht: Aquarianer und Terrarianer aus ganz Deutschland und den Nachbarländern kommen alljährlich auf der Fisch & Reptil zusammen, um das atemberaubende Angebot der vielen Hersteller, Händler, Vereine und Züchter zu bestaunen. Unangefochten gilt die reich besuchte Veranstaltung als Deutschlands bedeutendste Verkaufsmesse der Branche, in diesem Jahr hätte sie sogar ihr 20- jähriges Jubiläum gefeiert. Eine Jubiläumsmesse voller Superlative war geplant, doch es kam leider anders. „Wir sehen uns leider gezwungen, die Fisch & Reptil, die für den 4. bis 6. Dezember 2020 geplant war, abzusagen“, erklärt Projektleiterin Cristina Steinfeld von der Messe Sindelfingen. Durchaus, so Steinfeld, hätten die Messemacher bis kurz vor dieser Entscheidung an eine positive Entwicklung des Pandemiegeschehens geglaubt, auch hatte man mit viel Sorgfalt und Umsicht einHygienekonzept für den Messeablauf geplant. Steinfeld: „Unser Ziel war, denBesuchern eine zwar andere, aber nach wie vor attraktive Messe und damit einen Lichtblick nach so vielen Verzichtsmomenten zu bieten.“

Doch es blieben einfach zu viele Unsicherheiten: „Die vielen und andauernden Unwägbarkeiten, wie die Pandemie sich weiterentwickelt und welche Einschränkungen und weiteren Auflagen damit einhergehen werden, haben in der Szene und auch allgemein für große Verunsicherung gesorgt und unsere Planung extrem erschwert“, schildert die Projektleiterin. „Immer mehr hat sich im Zuge unserer Vorbereitungen herausgestellt, dass es deshalb in diesem Jahr schlichtweg nicht möglich sein wird, mit der hohen Qualität und Angebotsvielfalt, die unsere Besucher und Aussteller gewohnt sind, einen erfolgreichen Messeverlauf sicherzustellen und das 20-jährige Jubiläum würdig zu begehen.“

Die Entscheidung für die Absage, so Steinfeld, hat die Messe Sindelfingen aus ihrem Verantwortungsbewusstsein heraus getroffen: „gegenüber unseren Ausstellern und gegenüber unseren vielen treuen Besuchern – unter gesundheitlichen, wirtschaftlichen und ideellen Aspekten gleichermaßen.“

Die Hoffnungen der Messemacher konzentrieren sich jetzt auf das Jahr 2021: Vom 3. bis 5. Dezember 2021 ist die nächste Fisch & Reptil geplant, auf der es dann wieder das gewohnte vielfältige und atemberaubende Angebot geben soll. Cristina Steinfeld:„Wir freuen uns sehr darauf, unsere Aussteller und unser Publikum an diesem Termingesund und voller Begeisterung wiederzusehen.“

Pressemitteilung der Messe Sindelfingen

Phelsuma parkeri – der seltenste aller Taggeckos

Die Taggeckos der Gattung Phelsuma sind sehr beliebte Terrarientiere. Sie vereinen prachtvolle Färbung, leichte Halt- und Züchtbarkeit mit einem meist zutraulichen Wesen.

Das Wort „selten“ wird häufig im Zusammenhang mit Tieren gebraucht (ist das Wortwitz oder was?). Aber was heißt „selten“ eigentlich? Meint man damit, dass die betreffende Art vergleichs­weise selten gepflegt wird? Dann ist Phelsuma parkeri wirklich eine seltene Art, denn selbst viele Spezialisten kennen sie nur vom hörensagen. Oder meint man mit „selten“, dass die betreffende Art nur an wenigen Orten der Welt angetroffen werden kann? Auch in diesem Sinne ist Phelsuma parkeri eine seltene Tierart, denn es gibt sie nur auf der dem ostafrikanischen Staat Tansania vorgelagerten Insel Pemba, die etwa 1340 km2 groß ist. Wenn „selten“ jedoch meint, dass die betreffende Tierart in ihrem Vorkommensgebiet kaum anzu­treffen ist, so trifft dies auf Phelsuma parkeri nicht zu. Als einzige Taggecko-Art auf Pemba ist sie dort ohne Konkurrenz. Zudem ist die Art ein Kulturfolger und lebt durchaus gerne in von Menschen nachhaltig veränderten Landschaften, wie Palmenplantagen oder Hausgärten. Auch an Häuserwänden werden Tiere gesehen.

Parkers Taggecko, Phelsuma parkeri.

Ein derart winziges Verbreitungsgebiet macht jedoch jede Tierart zu einer gefährdeten Tierart. Der Ausbruch einer Krankheit, die Einschleppung eines Nahrungskonkurren­ten oder Freßfeindes oder auch eine Natur­kastatrophe kann eine solche Art schnell zum Aussterben bringen. Auch eine über­mäßige Nutzung der Tiere als Exportartikel für die Terrarienhaltung ist eine theoretische Gefahr. Glücklicherweise besteht diese Gefahr in Wirklichkeit jedoch nicht. Denn es gibt eine große Anzahl bunterer, wesentlich billigerer und zudem weniger scheuer Arten. So wird Phelsuma parkeri immer ein seltener Terrarienpflegling bleiben.

Ab und zu sind jedoch einige Exemplare dieser Art auf dem Markt. Phelsuma parkeri ist ein schlanker, einfarbig grüner Taggecko, dem jeglicher Rot-Anteil in der Färbung fehlt. Über die genauen Verwandtschafts­verhält­nisse war man sich lange nicht einig. So wurde die bereits 1941 beschriebene Echse mal als Unterart von P. madagascariensis, mal als Unterart von P. abbotti gesehen. Das alte, etwas diffuse Unterartkonzept, nach dem Phänotypen je nach Ähnlichkeit als Art oder Unterart gesehen wurden, wird heute kaum noch angewandt. Von Unterarten spricht man nur noch dann, wenn es im Über­schneidungsgebiet zweier Unterarten Zwi­schenformen gibt, die keiner Unterart zuzuordnen sind. Diese Mischformen nennt man dann Intergrades. Da sich das Verbrei­tungsgebiet von P. parkeri nicht mit dem einer anderen Phelsume überschneidet, gibt es zwangsläufig keine Mischformen. So wird P. parkeri heute konsequenterweise als eigen­ständige Tierart geführt.

Die Geschlechtsunterschiede sind bei P. parkeri nur sehr gering ausgeprägt. Oben das Männchen, unten das Weibchen.

Die Maximallänge erwachsener Tiere beträgt etwa 165 mm, wobei der Schwanz 1,3 x so lang wie der Körper ist. Die Geschlechter sind nur schwer zu unterscheiden. Als sicheres Merkmal gilt die Färbung der Kloakenregion, die beim Männchen gelb, beim Weibchen weißlich ist. Folgt man den bisherigen Mitteilungen über die Terrarienbiologie der Tiere so pflanzen sie sich meist von Mai-Juli fort. In der Regel werden zwei, gelegentlich auch ein Ei pro Gelege gelegt. Gecko-Eier haben unmittelbar nach dem Ablegen eine große Klebkraft. Viele Arten nutzen dies und kleben ihre Eier an ein Substrat an. Bei P. parkeri ist das anders. Hier dreht das Weibchen das Gelege nach der Ablage so lange mit den Hinterbeinen, bis die Eier ausgehärtet sind. Dann werden sie in Blattachseln etc. deponiert. Aus der Natur sind Massen-Eiablageplätze bekannt. Im Terrarium hält man die Tiere jedoch besser nur paarweise. Hier werden kleine Nistkästen für Vögel gerne zur Eiablage genutzt. Die Eier überführt man in einen Brutapparat, zumal die Eltern dem frisch geschlüpften Nach­wuchs, der etwa 5 cm lang ist und im Gegensatz zu den Eltern eine schwarze Wurm­zeichnung zeigt, nachstellen. Anson­sten fressen sie die üblichen Insekten und lecken sehr gerne an süßem Obst.

Leider bleibt P. parkeri immer scheu. Auch die Nachzuchten. Und so wird dieser Taggecko wohl immer eine Seltenheit im Terrarium sein.

Frank Schäfer

Aspidoras pauciradiatus

Dieser niedliche Schmerlen-Zwergpanzerwels erreicht nur maximal 3 cm Länge. Aspidoras pauciradiatus kommt aus dem zentralen Rio-Negro-Gebiet und ist ein idealer Gesellschaftsfisch für Salmler, Zwergbuntbarsche etc.

Seltsamerweise wurden die der wissenschaftlichen Beschreibung zugrunde liegenden Exemplare angeblich im Rio Araguaia nahe der Stadt Aruana, etwa 2.000 km von den üblichen Fangplätzen der Art entfernt, gesammelt. Dort konnten sie seither nicht wieder gefunden werden.

Text & Photos: Frank Schäfer

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