Offener Brief der Verbände gegen ein generelles Wildtierhaltungsverbot

Auch sie würden unter ein generelles Wildtierhandelsverbot fallen: Rennschnecken der Gattung Neritina.

OFFENER BRIEF AN NATIONALE UND INTERNATIONALE ENTSCHEIDUNGSTRÄGER IN BEZUG AUF DIE AUFRUFE VON NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN ZUR BEENDIGUNG DES HANDELS MIT LEBENDEN TIEREN ALS REAKTION AUF DIE COVID-19-PANDEMIE

Wir schreiben diesen Brief als führende Vertreter des globalen Heimtierhandels und der Tierhalter, um unsere Besorgnis über die Kampagnen mehrerer NGOs zum Ausdruck zu bringen, die ein generelles Verbot des Wildtierhandels in allen seinen Formen fordern. Unserer Meinung nach nutzen diese Organisationen die Beunruhigung im Zusammenhang mit der aktuellen Covid- 19-Krise, um langjährige politische Kampagnen für ein Verbot des Wildtierhandels voranzutreiben. Diese Initiativen basieren auf einer ideologischen Opposition gegen die Haltung und Nutzung von Tieren statt auf Beweisen für einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Pandemie und dem legalen Handel mit Heimtieren, und ihnen fehlt ein wissenschaftlich fundiertes oder evidenzbasiertes Verständnis für die Komplexität dieses Wirtschaftszweigs und die globalen Konsequenzen, die sich aus einem Verbot ergeben könnten.

Wir fordern die nationalen und internationalen Gremien, die den Handel mit lebenden Tieren regeln, eindringlich auf, sich den Forderungen nach einem Verbot des Wildtierhandels zu widersetzen und stattdessen auf solide Wissenschaft, ordentliche Regulierung und strenge Durchsetzung bestehender Vorschriften zu bauen, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.

Die Kampagnen dieser NGOs stehen in direktem Widerspruch zu den wohlüberlegten, gut recherchierten und evidenzbasierten Argumenten, die von unabhängigen, wissenschaftlich arbeitenden Institutionen wie der International Union for Conservation of Nature (IUCN), dem International Institute for Environment and Development (IIED) und dem Oxford Martin Programme on the Illegal Wildlife Trade vorgebracht werden. Diese Organisationen haben die Argumente für die weitere legale und nachhaltige Nutzung von Wildtieren sowie die unbeabsichtigten Folgen, die derartige Kampagnen für Wildtiere haben können, eindeutig dargelegt.


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Ein unterschiedsloses und weitreichendes Verbot hätte erhebliche negative Auswirkungen auf verantwortungsbewusste Heim- und Nutztierhalter. Seit vielen Jahrhunderten teilen wir unser Leben mit einer Vielzahl von Arten, von Hunden und Katzen bis hin zu Goldfischen und Geckos. Seit Jahrzehnten werden lebende Tiere erfolgreich zwischen Ländern gehandelt. Hierfür gelten strenge Regeln, die regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen. Die Forschung zeigt, dass die Gesellschaft von Heimtieren die Gesundheit und das psychische Wohlbefinden des Menschen verbessert (was während der derzeit geltenden Kontaktsperren, die zu sozialer Isolation führen können, unglaublich wichtig ist). Heimtiere stellen für uns und unsere Kinder in einer zunehmend urbanisierten Welt eine direkte Verbindung zur Natur dar und tragen dazu bei, mehr Mitgefühl für Tiere und ein besseres Verständnis für natürliche Zusammenhänge zu entwickeln. Außerdem ist der Heimtierhandel ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Ganz gleich, ob es sich um ein herkömmliches Haustier wie einen Hund oder eine Katze oder um eine exotische Art wie tropische Fische, Schlangen oder Spinnen handelt – Heimtierhalter und Vertreter unserer Branche wissen um die Notwendigkeit, unsere tierischen Gefährten verantwortungsvoll und legal zu beschaffen und zu versorgen.

Wie viele andere Organisationen auch möchten wir die nicht nachhaltige Nutzung von und den illegalen Handel mit Wildtieren beenden. Umweltschädliche und gesetzeswidrige Praktiken, die der biologischen Vielfalt schaden, beschädigen den Ruf all derjenigen, die nachhaltig und legal arbeiten. Wir unterstützen die Entwicklung strengerer Richtlinien und ihre entschlossene

Durchsetzung auf der ganzen Welt, um diese Probleme anzugehen. Doch diese zentralen Herausforderungen werden durch unrealistische Aufrufe zu pauschalen Verboten marginalisiert.

Wir alle sollten uns gemeinsam für Veränderungen einsetzen, die zu dauerhaften und wirksamen Verbesserungen führen können. Wir alle sollten uns um eine bessere Regulierung des Handels mit wildlebenden Tieren und um eine strengere Durchsetzung dieser Regeln bemühen und dabei den Schwerpunkt auf die allgemeine menschliche Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere legen, um das Risiko der Übertragung von Zoonosen zu minimieren, die vom Menschen verursachte Zerstörung und Fragmentierung von Lebensräumen zu verringern und die biologische Vielfalt weltweit zu erhalten. Und wir alle sollten uns der Notwendigkeit bewusst sein, die Lebensgrundlagen der vielen Millionen Menschen zu erhalten, die ihren Lebensunterhalt durch den legalen Handel mit lebenden Tieren verdienen – insbesondere in Ländern, in denen die sozialen Sicherungsnetze fehlen, von denen wir in den Industrienationen (wo diese Argumente für Verbote häufig ihren Ursprung haben) profitieren.

Wir, die Unterzeichnenden, sind bereit, mit Regierungen, NGOs und anderen Interessengruppen zusammenzuarbeiten, um realistische, wissenschaftlich untermauerte und evidenzbasierte Lösungen zu finden, die die unsichere, illegale und nicht nachhaltige Nutzung reduzieren und gleichzeitig einen umweltschonenden, auf guten Praktiken basierenden Wildtierhandel unterstützen. All dies sind zentrale Aspekte des Washingtoner Artenschutzübereinkommens, der Biodiversitätskonvention und der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Svein A. Fosså, Präsident, EPO

Die im April 1990 in Wien gegründete European Pet Organization (EPO) ist ein Zusammenschluss von Verbänden, die sich für den Schutz und die Förderung der Interessen der europäischen Heimtierbranche einsetzen. Als Stimme des Heimtierhandels in Europa vertritt die EPO zehn Handelsverbände in zehn Ländern, in denen Tausende von Unternehmen, darunter zahlreiche KMU und Kleinstunternehmen, zusammengeschlossen sind.

Dominic Whitmee, Chief Executive, OATA (UK)

Die Ornamental Aquatic Trade Association (OATA) vertritt die Interessen von über 850 britischen Mitgliedern, die die gesamte Lieferkette für Heimaquarien abdecken – von Importeuren über Großhändler, Züchter und Einzelhändler bis zu Zubehörherstellern, darunter zahlreiche KMU und Kleinstunternehmen. Der Heimaquariensektor umfasst 12.000 Arbeitsplätze und trägt jährlich mit 400 Millionen Pfund zur britischen Wirtschaft bei.

Craig Brummell, Chairman of the Board, PIJAC Canada (CA)

Das Pet Industry Joint Advisory Council of Canada (PIJAC) ist der Zentralverband der kanadischen Heimtierbranche und verbindet die einzelnen Sektoren durch Schulung, Ressourcenbereitstellung und Interessenvertretung miteinander, um die verantwortungsbewusste Heimtierhaltung zu fördern. Der Verband vertritt über 1500 Unternehmen. Er fördert die Zusammenarbeit und die Entwicklung von Standards, um die kanadische Heimtierbranche, die 9 Milliarden Dollar pro Jahr erwirtschaftet, und Heimtiere haltende Familien überall zu unterstützen.

Mike Bober, President und CEO, PIJAC (USA)

Das 1971 gegründete Pet Industry Joint Advisory Council arbeitet im Namen der Heimtierbranche in den Vereinigten Staaten mit Gesetzgebern und Aufsichtsbehörden zusammen und setzt sich dafür ein, Tierschutz, verantwortungsbewusste Heimtierhaltung, Umweltschutz, und die kommerzielle Verfügbarkeit gesunder Heimtiere zu fördern.

Shane Willis, Präsident, OFI

Ornamental Fish International (OFI) ist der wichtigste internationale Handelsverband der Zierfischbranche und vertritt diese seit seiner Gründung im Jahr 1980. OFI repräsentiert Mitglieder aus mehr als
30 Ländern weltweit und umfasst Unternehmen aus allen Bereichen der Branche (Hersteller, Exporteure, Importeure und Einzelhändler) sowie eine Reihe von NGOs und anderen Handelsverbänden. Der Verband vertritt und fördert die Interessen der Branche durch Lobbyarbeit bei verschiedenen Institutionen auf der ganzen Welt und durch die Schulung von Fachpersonal und Hobbyhaltern in verantwortungsbewussten und nachhaltigen Best Practices. Im Jahr 2017 haben die OFI-Mitglieder ihre neue Charta verabschiedet, die einen ethischen, fairen und legalen Handel garantiert.

Chris Newman, Chief Executive, REPTA (UK)

Die Reptile and Exotic Pet Trade Association (REPTA) vertritt die Interessen des Fachhandels mit Reptilien, Amphibien und wirbellosen Tieren im Vereinigten Königreich in allen Sektoren (Import, Groß- und Einzelhandel sowie Zucht). Der Handel mit exotischen Heimtieren trägt pro Jahr mit über 350 Millionen Pfund zur britischen Wirtschaft bei.

Dr. Jim Collins, Koordinator, SUN (UK)

Das Sustainable Users Network (SUN) ist eine Dachorganisation für angeschlossene Verbände in den Bereichen Handel und Haltung nicht domestizierter Tierarten sowie Zucht und Handel von Pflanzen. Mitglieder sind beispielsweise große Organisationen wie der National Council for Aviculture, das Hawk Board und die Royal Horticultural Society, aber auch zahlreiche kleine Fachgesellschaften.

Adolfo Santa-Olalla, Präsident der Kommission für lebende Tiere von AEDPAC (ES)
Die Asociación Española de la Industria y el Comercio del Sector Animal de la Compañía (AEDPAC) vereint die wichtigsten Importeure, Hersteller und Händler von Heimtierprodukten auf dem spanischen Markt. Ihr Ziel ist die Förderung der Heimtierbranche und des damit zusammenhängenden Handels mit Produkten und Zubehör, Futter, Dienstleistungen, Ausrüstung und Gesundheitsartikeln für Tiere.


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Svein A. Fosså, Generalsekretär, NZB (NO)

Die 1978 gegründete Norges Zoohandleres Bransjeforening (NZB) hat insgesamt 160 Mitglieder, darunter Hersteller, Importeure sowie Groß- und Einzelhändler, die alle auf die Fortsetzung des Heimtierhandels angewiesen sind.

Dr. Gerrit Hofstra, Stellvertretender Sekretär, DIBEVO (NL)

Dieren Benodigdheden en Voeders (DIBEVO) ist die niederländische Dachorganisation, die alle Betriebe der Heimtierbranche in den Niederlanden vertritt, darunter Tierhandlungen, Großhändler, Exporteure, Importeure, Trockenfutterhersteller, Gartenmärkte mit Tier-Abteilungen und Tierpflegeunternehmen (d. h. Tierpensionen und Tierpflegesalons).

René Michaux, Präsident, PRODAF (FR)
Olivier Dominikowski, Präsident der PRODAF-Kommission für Nachverfolgbarkeit und Tierschutz
Das Syndicat professionnel des métiers et services de l’animal familier (PRODAF) ist der Dachverband, der sich in Frankreich für einen nachhaltigen Heimtierhandel und die direkt damit verbundenen Interessengruppen – Unternehmen und ihre Mitarbeiter – sowie für den Tierschutz einsetzt. PRODAF vereint und vertritt französische Händler (Zoofachgeschäfte, Gartenmärkte), Züchter, Fachleute für Hunde, Katzen und exotische Heimtiere, Tierpflegesalons, Hersteller, Großhändler, Importeure und Schulungszentren.

Kurt Essmann, Vorsitzender Zoofachhandel in der WKO (AT)

Der Ausschuss Zoofachhandel ist Teil des Bundesgremiums des Versand-, Internet- und allgemeinen Handels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO).

Norbert Holthenrich, Präsident, ZZF (DE)
Dr. Stefan Hetz, Fachreferent für Heimtiere und internationale Beziehungen, ZZF
Der 1947 gegründete Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) vertritt die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialpolitischen Interessen der gesamten deutschen Heimtierbranche. Zu den Mitgliedern zählen Betriebe und Systemzentralen des Zoofachhandels, Heimtierpfleger im Salon, Heimtiergroßhändler und – züchter, Großhandelsunternehmen sowie Hersteller von Heimtierfutter und -bedarf. Der ZZF engagiert sich für einen verantwortungsvollen und tiergerechten Umgang mit Heimtieren und hat sich zum Ziel gesetzt, die positiven Auswirkungen einer tierschutzgerechten Heimtierhaltung gegenüber der Öffentlichkeit, den Medien und der Politik sowie anderen Meinungsbildnern aktiv darzustellen. Das Serviceunternehmen des ZZF, die Wirtschaftsgemeinschaft Zoologischer Fachbetriebe GmbH (WZF), spielt als Medienunternehmen sowie als Veranstalter der INTERZOO, der größten internationalen Fachmesse für Heimtierbedarf, eine herausragende Rolle in der internationalen Heimtierbranche.

Biotopaquarien (Teil 3): Das Aquarium

Für unser Biotopaquarium „Roter Neon“ rate ich zu einem mittelgroßen Becken. Es gibt so viele schöne Tiere und Pflanzen und in einem kleinen Becken sind die Gestaltungsmöglichkeiten doch sehr eingeschränkt.

Der immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragene Spruch „in größeren Aquarien ist das Wasser stabiler“, aus dem manche Ahnungslose dann auch noch machen „der Betrieb kleiner Aquarien ist wegen instabiler Wasserverhältnisse nicht tierschutzgerecht“ ist ohne zusätzliche Erläuterungen völliger Unsinn und schlicht falsch. 10 ml Wasser sind chemisch genauso stabil wie 1.000 Liter Wasser. Aber der wahre Kern ist: wir füttern unsere Fische und dadurch werden dem Wasser Stoffe zugeführt, die in stärkerer Kon­zentr­ation Unwohlsein bei den Fischen auslösen können. Aufgrund der hochkomplizierten Chemie des Wassers gibt es außerdem allerlei Wechselwirkungen zwischen den Stoffwechselprodukten – vor allem Stickstoffverbindungen aus der Verdauung und CO2 aus der Atmung -, die sich auf z.B. den pH-Wert (den Säuregehalt) auswirken können. Starke Schwankungen des pH-Wertes werden von vielen Fischen nur sehr schlecht vertragen. Also, was folgert aus all dem? Nur sehr versierten Aquarianern, die genau wissen, was sie tun, kann man guten Gewissens auch den Betrieb von kleinen und sehr kleinen Aquarien empfehlen. Ein 60er Becken ist die Untergrenze dessen, was man als mittelgroßes Aquarium bezeichnen würde, die Obergrenze sind etwa 120 cm lange Aquarien. Dann beginnt der Bereich der großen Aquarien. Wiederum vor allem für nicht so sehr versierte Aquarianer haben große Aquarien übrigens ebenfalls erhebliche Nachteile. Vor allem der auch in diesen Aquarien notwendige Teilwasserwechsel ist arbeitsintensiv und wird daher allzuoft verschoben. Kleine Fische gehen in großen Aquarien leicht unter, eine gezielte Versorgung besonders anspruchvoller, scheuer, kleiner Arten ist oft nur schlecht oder gar nicht möglich. Wenn man also ein Gesellschaftsaquarium mit kleinen Fische pflegen möchte ist ein mittelgroßes Aquarium die beste Wahl.

Rio Jauaperi
(0122089 südl. Breite / 6131339 westl. Breite)
Wassertemp.: 26,3 °C
Wassertyp: Klarwasser
pH: 4,5
Leitfähigkeit: 8 µS/cm
Unterwasser-Impression von der 5. JBL-Expedition 2009

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Der Boden
Hier gibt es keine Frage: feiner, kalkfreier Sand ist die einzige biologische richtige Wahl für unser Biotopaquarium „Roter Neon“. Er sollte aber nur eine Dicke von 1 cm, höchstens 2 cm haben, sonst bilden sich Faulstellen in diesem schlecht durchströmten Boden. Für Pflanzen ist diese Bodenhöhe zu gering, sie müssen wir in speziellen Pflanzgefäßen einbringen, die eine Bodenstärke von 5-7 cm ermöglichen. Ganz unten in das Pflanzgefäß kommt ein Dünger, den man gezielt einsetzen kann, dann kalkfreien Quarz-Kies einer Körnung von 1-3 mm, auch so genannte Soils eignen sich, abgedeckt wird das ganze mit dem feinen Sand. Der Sand wird nach und nach in den Kies oder Soil einsickern, das lässt sich nicht verhindern, man muss die Deckschicht des Bodens in den Pflanzgefäßen darum immer wieder ergänzen. Auf dem restlichen Boden soll sich Totlaub befinden. Ideal ist Laub der Rotbuche (Fagus silvaticus), es eignen sich aber auch das aus Asien stammende, käuflich erwerbbare Laub des Seemandelbaums (Terminalia catappa). Grundsätzlich gibt es keine giftigen heimischen Laubbäume, man kann alles nehmen, nur verrottet das Laub unterschiedlich schnell und die für die Gesundheit der Fische so günstigen sekundären Pflanzenstoffe sind in unterschiedlicher Konzentration (oder auch Zusammensetzung) vorhanden. Rotbuche und Seemandelbaum haben sich in jahrzehntelangen Versuchen als ideal geeignet erwiesen. Egal, was man nimmt, es darf ausschließlich bereits abgefallenes Herbstlaub verwendet werden. Am besten sammelt man es im Oktober/November. Wer keine Gelegenheit dazu hat, kann auch heimisches Laub im Fachhandel beziehen.

So sieht es im Lebensraum unserer Roten Neons unter Wasser aus

Dekoration
Steine haben in unserem Biotopaquarium für Rote Neons nichts zu suchen. Man verwendet ausschließlich Holz, Rinden und Wurzeln, wovon der Fachhandel eine breite Auswahl anbietet. Zusätzlich kann man noch kleine (!) Stücke Totholz und dünne (!) Ästchen im Wald selbst sammeln. Das selbst Gesammelte wird mit der Zeit verfaulen, darum darf es nicht zu viel werden, das belastet das Wasser zu stark. Falls wir Saugwelse mitpflegen (die Fischarten, die gemeinsam mit Roten Neons den Biotop teilen und sich für Gesellschaftsaquarien eignen, werden in einem eigenen Beitrag besprochen) dient dieses Holz aber auch als Nahrungsergänzung. Jegliches Holz sollte vor Verwendung ausgekocht und gewässert werden. Wenn das Holz zu groß ist, um ausgekocht zu werden, übergießt man es mehrfach mit sprudelnd kochendem Wasser und wässert es anschließend mindestens zwei Wochen lang, wobei das Wasser häufiger gewechselt werden sollte. Man beschwert das große Holzstück in dieser Zeit mit Steinen, damit es nicht aufschwimmt. Nach zwei Wochen sollte jedes Holz nach einer derartigen Behandlung den Auftrieb verloren haben. In der Natur gibt es sehr viele Palmenblattdornen zwischen der Laubauflage. Das wollen wir im Aquarium lieber nicht nachstellen, die pieksen echt fies. Aber optisch recht ähnlich wirkt das tote Herbstlaub von Bambus. Wer Zugang zu so etwas hat, sollte es einmal probieren. Schwierig ist es, die zahlreichen Samenkapseln der Bäume, die in der Natur ja ständig ins Wasser fallen, stilecht zu imitieren. Hierzu eignen sich eigentlich nur leere Fruchtkapseln der Rotbuche, außerdem kann man Stücke von Kokosnussschalen einbringen (möglichst nicht exakt halbiert, das wirkt unnatürlich, sondern unregelmäßig gebrochen), die für höhlenbrütende Fische zudem gut als Kinderstube geeignet sind.

Der Hornfarn – Ceratopteris cornuta – ist in den Tropen der ganzen Welt verbreitet. Bild: Tropica

Pflanzen, Weichwasser und pH
Viele der biotopgerechten Pflanzenarten sind ziemlich bis sehr anspruchsvolle Aquarienpflanzen. Ihnen zuliebe müssen wir die chemischen Wasserwerte biotopgerecht einstellen, also praktisch destilliertes Wasser mit einem pH-Wert zwischen 4,5 und 5,5. Den Fischen ist das eher egal; außer zur Fortpflanzung sind sie nicht auf solche Wasserwerte angewiesen. Wer es mit dem Biotopaquarium nicht allzu ernst meint und nur den Charakter des Biotops nachbilden möchte, der sollte es vielleicht mit besser vorhersagbaren Wasserzusammensetzungen probieren, also mittelhartem Wasser (8-14° GH, entspricht in etwa einem Leitwert von 300-500 µS/cm, einen guten Näherungswert ergibt immer die Umrechnung 1°dH entspricht 30 µS/cm) und einem nur ganz schwach sauren pH-Wert von 6-6,5. Bei diesen Werten arbeitet sämtliches für die Aquaristik hergestellte Zubehör (Filter, Filterbakterien, CO2-Düngung etc.) erwartungsgemäß und einwandfrei, während sich im „richtigen“ Weichwasser die Dinge doch ziemlich anders entwickeln können.
Ohne CO2-Düngung werden ausgerechnet die schönsten Pflanzen – Cabomba und Mayaca – nicht recht gedeihen. Da eine CO2-Düngung in schlecht gepuffertem Wasser eine riskante Sache ist, sollte man ernsthaft überlegen, ob man nicht von vornherein eine über eine pH-Elektrode automatisch gesteuerte CO2-Düngeanlage kauft, auch wenn das natürlich ordentlich bei der Hobbykasse zu Buche schlägt. Allerdings: ein Smartphone mit Äpfelchen kostet deutlich mehr…

Die Zwerg-Amazonas, Helanthium tenellum, früher Echinodorus tenellus, kommt im Rio Negro Gebiet vor. Bild: Tropica

Vor allem Aquarianer, die mit der Wasserchemie eher auf Kriegsfuß stehen, sollten auf Extremwässerchen verzichten. In „normal“ weichem Wasser mit einer Karbonathärte von 3-5 werden die meisten der aufgezählten Pflanzen auch noch gut wachsen, in solch einem relativ gut gepufferten Wasser kann man auch ohne einen Riesen-Aufwand zu treiben eine CO2-Düngung vornehmen, der pH wird sich dabei gewöhnlich im ganz schwach sauren Bereich zwischen 6 und 6,5 einpendeln. Man bedenke immer, dass der pH dekadisch angegeben wird, das heißt: Wasser mit pH 6 ist zehn mal so sauer wie Wasser mit pH 7, Wasser mit pH 5 hundert mal so sauer wie Wasser mit pH 7 und Wasser mit pH 4 tausend mal so sauer wie Wasser mit pH 7. Ab pH 4 wird es gefährlich, auch für Weichwasserfische, unter pH 3,5 sollte man den pH im Aquarium nicht absinken lassen. Und experimentierfreudige Aquarianer seien noch daran erinnert, dass Huminsäuren – etwa aus Torf – im sauren Bereich ebenfalls eine puffernde Wirkung haben. Schließlich sei noch zu bedenken gegeben, dass einen „normale“ Nitrifikation in extremen Weich­­­wasseraquarien mit über Huminsäuren (aus Torf oder Erlenzäpfchen) auf pH 4 bis pH 5 eingestellten pH-Wert kaum stattfindet, da die dafür notwendigen Bakterien dort kaum zu wachsen vermögen. Vielmehr wird das von den Fischen über die Kiemen ausgeschiedene Ammonium als solches bestehen bleiben, bis es entweder von den Pflanzen verbraucht oder durch Wasserwechsel entfernt wird. Ein Absinken des pH-Wertes durch Bildung von Salpetersäure (einer starken Säure, deren Salz das Nitrat ist), das in Aquarien mit zu wenig Wasserwechsel und schlechtem Puffer gelegentlich beobachtet wird, ist darum in Weichwasseraquarien ge­wöhnlich nicht zu befürchten, jedenfalls wurde noch nicht darüber berichtet. Es ist leider nicht klar – und uns Aquarianern fehlt dazu auch gewöhnlich die Möglichkeit, das zu untersuchen – ob und wenn ja welche Bakterien die immerhin anfallenden energiereichen chemischen Verbindungen aus dem Fischstoffwechsel in Weichwasseraquarien mit einem pH im Bereich 4,5 – 5,5 noch verwerten und welche chemischen Zwischenprodukte dabei entstehen.

Der Brasilianische Wassernabel, Hydrocotyle leucocephala. Bild: Tropica

Bei aller Verantwortung den Pfleglingen gegenüber und allen auch noch so sehr berechtigten theoretischen Bedenken sollten wir uns nicht dazu verführen lassen, in Handlungslosigkeit zu verfallen und Aquaristik nur noch theoretisch zu betreiben. Die oben aufgeführten Hinweise sollen nur dabei helfen, mögliche Fehlerquellen rasch zu finden und nicht dazu, vom Betrieb eines Aquariums abzuraten. Auch ganz ohne großartige Messerei werden die meisten Aquarien gut funktionieren, Fische und Pflanzen gut gedeihen, wenn man die beiden goldenen Regeln der Aquarienkunde beherzigt:

– nicht zu viele Fische
– wöchentlicher Teilwasserwechsel

Der Südamerikanische Froschbiss, Limnobium laevigatum. Bild: Tropica

Alle Fische des Biotopaquariums für Rote Neons mögen wenig Licht, die erwähnten Wasserpflanzen sind aber ausgesprochen lichthungrig. Wie löst man diesen Konflikt? Teils durch die Pflanzen selbst, denn ihre Blätter, die sie dem Licht entgegenrecken, werfen ja Schatten. Ich persönlich finde es sehr schön, wenn man statt mit einer flächenhaften Ausleuchtung mit Spots arbeitet, also nur direkt über den Pflanzen, die viel Licht brauchen, einen entsprechend stark dimensionierten Lichtspot setzt. Dadurch entsteht eine sehr natürliche Licht- Schatten-Wirkung und ein attraktiver „Sonnenkringel-Effekt“ auf dem Boden. Eine weitere, sehr gute Möglichkeit, schattige Bereiche im Aquarium zu gestalten, sind Schwimmpflanzen. Größere Exemplare kann man mit Nylonschnur an der Stelle fixieren, an der man sie haben möchte, ansonsten werden sich Schwimmpflanzen gemäß der Strömungsverhältnisse positionieren.

Speerblätter, Spatiphyllum wallisii, können nicht permanent untergetaucht leben, eignen sich aber hervorragend für Paludarien. Es gibt die Pflanze in zahlreichen Sorten. Bild: Tropica

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Darf es vielleicht ein Paludarium sein?
Ein Paludarium oder Sumpfaquarium ermöglicht es, einen besonders naturgetreuen Ausschnitt dieses Lebensraumes darzustellen. Wie mehrfach beschrieben, leben die Roten Neons in einem Biotop, der von stark schwankenden Wasserständen massiv beeinflusst wird. Das ist vor allem für die Pflanzen eine Herausforderung. Sie müssen zeitweise untergetaucht und zeitweise als Landpflanzen leben können. Im Paludarium können wir sie als Sumpfpflanzen kultivieren. Das hat mehrere Vorteile. Erstens steigt damit die Anzahl der zur Verfügung stehenden Pflanzen. Zweites entziehen Pflanzen, die aufgetaucht leben, aufgrund ihres massiveren Körperbaus dem Wasser deutlich mehr Schadstoffe (für Pflanzen sind es ja Nährstoffe) in Form von Ammonium und Phosphat. Drittens kommt man mit erheblich weniger Licht aus, da Wasser, besonders wenn man es mit Huminstoffen noch etwas einfärbt, wie es ja den natürlichen Verhältnissen entspricht, sehr viel Licht schluckt. Und viertens kann man im Paludarium sehr oft die Blüten der Pflanzen beobachten, was im „normalen“ Aquarium oft nur unbefriedigend gelingt. Wenn man sich für ein Paludarium entscheidet, sollten die Rückwand und die Seitenwände des Aquariums möglichst vollständig mit Korkplatten, Kokosmatten oder anderen, nur langsam verrottenden, aber natürlich aussehenden Materialien aus Holz (Steine kommen nicht in Frage) verkleidet werden. Hier kann man nicht nur beobachten, wie sich Wasserfarne (Ceratopteris), Moose und andere Pflänzchen ansiedeln, man kann auch kleine Orchideen, Bromelien und andere Aufsitzerpflanzen (Epiphyten) „pflanzen“.

In den Netzen am Ufer werden die Zierfische gehältert, bis sie nach Barcelos gebracht werden.

Fortsetzung folgt.

Frank Schäfer

Ruten und Köder – Anglerfische

Anglerfische – auch Krötenfische genannt – sind bizarre Geschöpfe, die mit ihrer Umgebung eins sind und arglosen Zeitgenossen den Tod bringen. Ihnen fehlt eine Schwimmblase und so bevorzugen sie einen ruhigen Lebenswandel. Das können sie sich auch leisten, denn ihr Nahrungserwerb ist so ausgelegt, dass sich ihre Beute ihnen nähert.

Dieses ein­zig­artige Exemplar von Antennarius maculatus hat Haut­auswüchse, die wie Korallen­polypen aussehen. Importiert von Meeresaquaristik Reising.

Meister der Tarnung
Perfekt getarnt lauern diese Fische in der Natur vor allem auf Schwämmen und locken ihre Beute, gleich einem Angler mit Köder und Angelrute, an. Der leichtsinnige Flossenträger nähert sich neugierig der Köder-Attrappe und verliert in gleichem Moment sein Leben im riesigen Schlund des Anglerfisches, der lediglich sechs Milli­sekunden für den Vorgang des Maulöffnens benötigt (Schneidewind 2003).

Die Größe der erbeuteten Nahrung kann beträchtlich sein, wie Schneidewind (2004) dokumentierte. In einem Händlerbecken waren ein 10 cm langer Anglerfisch (Antennarius pictus) und ein 10 cm messender Poma­canthus asfur zusammengesetzt worden, da aufgrund der Größe des hochrückigen Kaiser­fisches es kategorisch ausgeschlossen wurde, dass man dem Anglerfisch eine potenzielle Beute darbieten würde. Dieser jedoch war anderer Ansicht und fing den Kaiserfisch, der jedoch im Maul stecken blieb. Das Malheur wurde am nächsten Morgen entdeckt. Beide Fische waren erstickt.


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Pflege im Artaquarium
Dieser Vorfall belegt, dass Anglerfische in eigenen Aquarien gehalten werden müssen. Die sonderbaren Meeresgeschöpfe lassen sich in vergleichsweise kleinen Aquarien pflegen, da ihr Fortbewegungsdrang gering ist und die Körpergröße vieler Arten nur selten mehr als 10 cm erreicht. Wenn doch einmal ein Ortswechsel von Nöten ist, wandern die Großmäuler mithilfe ihrer modifizierten Bauch- und Brustflossen über den Unter­grund. Dabei wirkt dieses so, als bewege sich der Anglerfisch mit Armen und Beinen fort. Wechseln die Tarnkünstler ihren Standort, geht – wenn erforderlich – eine Farbänderung und ein Wechsel der Körperzeichnung einher. So verweist Schneidewind darauf, dass binnen weniger Tage im Aquarium eine vollständige Änderung der Farbe von den Anglerfischen vollzogen werden kann.

Identifizierung der Arten
Es ist sinnlos zu versuchen, Anglerfische nach der Körperfarbe einer Art zuordnen zu wollen. Wie aber lässt sich dann die Art identifizieren? Ein wichtiges Kriterium ist die Angelrute (Illicium) und die Köder-Attrappe (Esca). Außerdem von Bedeutung ist die Herkunft und die Größe. Trotz der variablen Körper­farbe zählen auch Streifen, Flecke, Augen­flecke sowie deren Anordnung zu den Merk­malen der Artbestimmung. Schneide­wind (2003) nennt für die Familie Anten­nariidae 18 Familien mit etwa 65 Gattungen und rund 300 Arten. Die für die Aquaristik bedeutungs­volle Gattung Antennarius um­fasst 24 Arten.

Paarweise Pflege?
In den natürlichen Lebensräumen der tro­pischen und subtropischen Meeresregionen finden sich Anglerfische paarweise oder einzeln. Ob sie ein Revierverhalten inne­haben, vermag ich nicht zu beantworten, doch ist von den kannibalistischen Nei­gungen von so manchem Anglerfisch berichtet worden. Es ist also ein Wagnis, zwei gleichartige Tiere mit­einander zu verge­sellschaften, da der Mangel äußerer Ge­schlechtsmerkmale verhindert, dass Männ­chen und Weibchen zweifelsfrei zu erkennen sind. Lediglich über die Größe ausge­wachsener Tiere ließe sich eine Veri­fi­zierung vornehmen, da die Männchen oft­mals klei­ner bleiben als ihre weiblichen Artgenossen.
Über das Ablaichverhalten ist berichtet, dass es zwei Varianten der Gametenabgabe gibt. Einerseits legen frei laichende Arten bis 2,7 m lange Laichschnüre in die Wassersäule. Aus diesen schlüpfen nach zwei bis fünf Tagen planktonische Larven. Andererseits gibt es Substratlaicher, die eine gallertartige Masse produzieren. Ein solches Gelege wird bis zum Schlupf meist vom Männchen bewacht. Von einem besonderen Fall der Brutpflege berich­tet Schneidewind, der von Lophiocharon trisig­natus weiß, dass diese Art ihre rund 600 großen Eier direkt auf den Körper des Männ­chens anheftet und diese dort bis zum Schlupf der Larven verbleiben.

Joachim Frische

Literatur:
Schneidewind, F. (2003): Anglerfische. Aquaristik Fachmagazin & Aquarium heute. 35(5), 82-88.
Schneidewind, F. (2004): Fressen und gefressen werden – Anglerfisch frisst Kaiserfisch. Aquaristik Fachmagazin & Aquarium heute. 36(2), 86.

Biotopaquarien (Teil 2): Ein Biotop-Aquarium für Rote Neon

Schöne Fische gibt es auf der ganzen Welt. Womit also beginnen? Vielleicht mit dem beliebtesten aller Zierfische, dem Roten Neon (Paracheirodon axelrodi)? Nun denn! Der Rote Ne­on ist sowieso ein pri­ma Einstieg in das Thema, denn mit ihm ist die „Hauptart“ des Beckens immer verfügbar. Außer­­­dem ist der Rote Neon sehr gut ökologisch erforscht. Und er bleibt klein, man kann also so ziemlich in jeder Beckengröße ab 54 Litern ein Biotopaquarium für diesen Fisch gestalten.

Der Rote Neon (Paracheirodon axelrodi) ist der weltweit beliebteste Aquarienfisch.

Die natürlichen Lebensräume
Es gibt eine ausführliche, hervorragende ökologische Arbeit über den Roten Neon, die auch noch in deutscher Sprache abgefasst ist: Geisler, R. & S. R. Annibal (1984): Ökologie des Cardinal Tetra Paracheirodon axelrodi (Pisces, Characoidea) im Stromgebiet des Rio Negro/Brasilien, sowie zuchtrelevante Faktoren. Amazoniana, 9 (1): 53-86. Dieser Aufsatz ist wirklich eine Pflichtlektüre für jeden ernsthaft am Roten Neon interessierten Aquarianer. Alle wesentlichen folgenden Aussagen beruhen auf dieser Quelle. 1992 berichtete Ning Labbish Chao, der Begründer des Projekt Piaba, in der US-amerikanischen Aqua­rien-Zeitschrift TFH in einer Artikelserie ebenfalls ausführlich über die Lebensräume des Roten Neon in Brasilien, diese Artikel stellen eine weitere wichtige Quelle dar.

Rote Neon im natürlichen Lebensraum von oben fotografiert. Photo: John Dawes

Rote Neons leben in kleinen Nebenbächen, den so genannten Igaparés, des Rio-Negro-Gebietes. Der am weitesten verbreitete Irrtum bezüglich des Roten Neon ist, dass er ein typischer Schwarz­wasserbewohner sei. Das ist einfach falsch. Im Hauptfluss des Rio Negro, der Schwarzwasser führt, kommt der Rote Neon nicht vor, er ist ein Klarwasserbewohner.

Man unterscheidet in den Tropen ganz grob drei Wassertypen.
Das Weißwasser ist lehmig-trüb, hat einen relativ hohen Leitwert (das „relativ“ ist sehr ernst gemeint, auch hier liegt der Leitwert oft noch unter 20µS/cm, kann aber auch bei 80-90µS/cm liegen) und einen ungefähr neutralen pH-Wert (ca. 6,5). Dieser Wassertyp ist der produktivste in Amazonien und die Heimat sehr vieler auch großer Fische.
Das Klarwasser ist oft braun, aber glasartig-durchsichtig, sauer (pH zwischen 4 und 5) und hat einen niedrigen Leitwert (meist um 20µ‚/cm, manchmal aber auch nur 5 µS/cm). Es ist sehr nährstoffarm. Hier leben viele unserer kleinen, bunten Aquarienfische.
Das Schwarzwasser, wie im Rio Negro, ist der extremste Wassertyp. Das Wasser hat die Farbe von starkem Kaffee, der pH-Wert kann bis zu 3,5 betragen, der Leitwert liegt auch hier zwischen 5 und 20 µS/cm. Im echten Schwarzwasser überleben nur Spezialisten.


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Ein typischer Klarwasserbiotop; das Wasser ist bräunlich gefärbt, aber glasklar durchsichtig.

Rote Neons können zwar Schwarzwasser ertragen, meiden es aber und wandern ab, wenn es zu ihren Standorten kommt. Der Wasserstand in Amazonien wechselt mit den Jahreszeiten gewaltig. Pegelunterschiede zwischen 6 und 9 Metern sind normal. Rote Neons leben jedoch nur in Flachwasser, das zwischen 40 und 70 cm tief ist. Sie wandern bei steigenden Wasserpegeln bachaufwärts. Innerhalb des Baches leben die Roten Neons nicht etwa in der Strömung des Bachbettes, sondern in Uferbereichen, wo fast Wasserstillstand herrscht. Nach Geisler & Annibal nennt man diese Bereiche in Amazonien „remanso“. In den Überflutungswald dringen Rote Neons gewöhnlich erst bei abfließendem Was­ser vor, bei steigendem Wasser ist es dort vermutlich zu warm und vor allem zu sauerstoffarm, bedingt durch Fäulnisprozesse. Alljährlich ver­trock­nen Abermillionen Roter Neons (weit mehr, als für den Export gefangen werden), wenn der Wasserpegel sinkt, da viele Exemplare bei der Wanderung bachabwärts nicht den richtigen Weg finden, abgeschnitten werden und so den Waldboden düngen.

Also, fassen wir zusammen: in der Natur leben Rote Neons in strömungsarmem Flachwasser, der bevorzugte Wassertyp ist Klarwasser.

Palmsumpf, Lebensraum von Paracheirodon axelrodi.

Der Palmsumpf
Der Lebensraum des Roten Neon ist für Menschen sehr unzugänglich. So wundert es nicht, dass nach der wichtigen und bis heute in allen wesentlichen Punkten gültigen Arbeit von Geisler & Annibal lange Zeit keine wissenschaftlichen Studien folgten. Erst in jüngster Zeit (2012) gab es wieder eine wirklich neue Erkenntnisse bringende Arbeit von Marshall, Forsberg, Hess & de Carvalho Freitas. Dieses Autorenteam untersuchte die ökologischen Unterschiede des Roten Neon und des ähnlichen Blauen Neon (Paracheirodon simulans); von letzterem wird später noch die Rede sein. Dabei charakterisierten sie den natürlichen Lebensraum beider Arten und ergänzten die Arbeit von Geisler & Annibal um einige, auch für uns Aquarianer wichtige Punkte. Die Pflanzengemeinschaft im Lebensraum des Roten Neon benennen die Autoren als Palmsumpf. Der Rote Neon wandert innerhalb der Palmsumpfgebiete beim Einsetzen der Regenzeit zwischen April und Juni sowohl in überflutete Waldgebiete als auch in die Oberläufe der Bäche. Beide Habitate bieten vermehrt Nahrung an; wichtig für den Roten Neon ist dabei, dass die Wassertemperatur möglichst nicht über 30°C steigt, weniger ist besser, die Temperaturuntergrenze im Biotop ist 25°C.

Der Wasserstand im natürlichen Lebensraum des Roten Neons schwankt beträchtlich. Zur Regenzeit ist der Wald meterhoch überflutet.

Sinkt der Wasserspiegel wieder, so wandern viele Rote Neons zurück in die Mittelläufe der Bäche. Die Palmsümpfe sind Teil des Überflutungswaldes (Igapó) und werden als Chavascais oder – häufiger – als Campos bezeichnet.

Leopoldinia pulchra aus “Palm trees of the Amazon and their uses” von Alfred Russel Wallace, 1853

Die stark ans Wasser gebundene Jará-Palme, Leopoldinia pulchra, ist so typisch für den speziellen Lebensraum des Roten Neons, dass man sie direkt als Anzeigerpflanze verwenden kann, sucht man nach dem Fisch. Weitere charakteristische Palmenarten sind Mauritia flexuosa und Mauritiella armata. Ferner gibt es dort Büsche und kleine Bäume wie Machaerium floribundum und Vitex calothyrsa. Wasserpflanzen sind Becquerelia cymosa, Eleocharis sp., Mont­richardia arborescens, Cyperus ligularis und Ischnosiphon sp.

Lichtscheue Pflanzenliebhaber
Zwei ökologische Faktoren sind für Rote Neons sehr wichtig: Schatten oder Deckung und Unterwasserpflanzen. Rote Neons sind ausgesprochen lichtscheu, Jungtiere in stärkerem Maße als Erwachsene. Es gibt eine weitere, für den Lebensraum des Roten Neon sehr typische Pflanzenart, die Geisler & Annibal explizit erwähnen. Der semiaquatische Farn Trichomanes hostmannianum gehört da­zu und ist von besonderer Bedeutung für den Roten Neon. Diese nur zu bestimmten Zeiten überflutete Sumpfpflanze wird vom Roten Neon als wichtige Versteck- und vermutlich auch Ablaichpflanze verwendet.

Fänger bei der Arbeit; der Rote Neon ist der einzige Kleinfisch der Welt, bei dem je wissenschaftliche Langzeit-Untersuchungen über die Auswirkungen des Zierfischfanges auf die natürlichen Bestände durchgeführt wurden. Das Ergebnis: trotzdem der Rote Neon die am intensivsten als Wildfang genutzte Zierfischart der Welt ist, hat diese Nutzung keinerlei negative Auswirkung auf die natürlichen Bestände. Photo: John Dawes

Leider sind alle bisher aufgezählten Pflanzenarten – soweit ich das weiß – nicht im Pflanzenhandel erhältlich.
Ein sehr wichtiger Aspekt im natürlichen Klarwasser-Lebensraum der Roten Neons ist das Vorhandensein großer Mengen von Unterwasserpflanzen. Gewöhnlich fehlen diese im Gebiet des Rio Negro, denn im Weißwasser ist es zu trübe, im Schwarzwasser kommt zum Lichtmangel noch der Nährstoffmangel. Im Klarwasser wach­sen aber mancherorts so riesige Bestände, dass sich davon die Seekuhpopulationen ernähren können. Und die fressen einiges weg! Wie genau es die Wasserpflanzen schaffen, in dem für sie ebenfalls eher lebensfeindlichen Klarwassermilieu zu überleben, ist bislang wissenschaftlich nicht geklärt. Aber für den Roten Neon sind diese Wasserpflanzenbestände überlebensnotwendig. Hauptnahrung des Roten Neons in der Natur sind kleine Copepoden, wir bezeichnen diese Kleinkrebse im deutschen meist als Hüpferlinge oder – verallgemeinernd, ohne damit explizit die Gattung zu meinen – als Cyclops. Die Dichte an Nährtieren in der Natur ist sehr gering, deshalb sind freilebende Rote Neons auch immer halb verhungert, aber sie ist am höchsten an den Wasserpflanzen. Nach Geisler & Annibal könnten ohne die in den Wasserpflanzenbeständen vorhandenen Copepoden die Jungtiere der Roten Neons nicht überleben.

Wunderschöner Biotop in Brasilien. Wer bei diesem Anblick kein Fernweh bekommt, dem ist nicht zu helfen.

Diese grundlegenden Erkenntnisse werden im Wesentlichen durch eine aktuellere Arbeit über das Nahrungsspektrum des Roten Neons durch Walker (2004) bestätigt. Sie stellt allerdings zusätzlich zur Diskussion, dass die Bioproduktion an Nährtieren – die Nahrungskette beginnt mit totem Laub, dessen Zersetzung durch Pilze, wovon sich Chironomiden – wir Aquarianer bezeichnen diese Mü­ckenlarven pauschal als Rote Mückenlarven – und Kleinkrebse ernähren, die Hauptnahrung der Roten Neons sind – trotz der allgemeinen Nährstoffarmut in den natürlichen Lebensräumen der Roten Neons ausreichend ist. Sie glaubt, dass der allgemein schlechte Ernährungszustand von Roten Neons in der Natur eher auf den Distress der Wanderungen und auf Feinddruck als auf direkten Mangel an Nährtieren zurückzuführen ist.

Die Riesen-Haarnixe, Cabomba aquatica, kommt im Lebensraum des Roten Neons vor.
Brasilianisches Mooskraut, Mayaca fluviatilis, eine weitere biotopgerechte Pflanze.

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Die Pflanzen, die Geisler & Annibal iden­tifizieren konnten, waren folgende: Cabomba schwartzi (heute: Cabomba aquatica, die Riesen-Haarnixe), Helodea guianensis (heute: Elodea guianensis, eine Wasserpest), Mayaca sp. (Mooskraut), Nymphyaea sp. (rudgeana?) (Seerosen) und eine Nadelsimse (Eleocharis sp.). Auch auf dem Photo von John Dawes, das Rote Neons in ihrem natürlichen Lebensraum zeigt, erkennt man Haarnixen. Die meisten Pflanzen, die im natürlichen Lebensraum von Roten Neons vorkommen, sind allerdings überflutete Landpflanzen, die absterben, wenn sie dauerhaft unter Wasser leben müssen. Auch die im Hobby beliebten Schwertpflanzen (Echinodorus und Helanthium) wachsen in der Natur übrigens fast immer als Landpflanzen (emers), auch andere Arten, die in der Region häufig gefunden werden, können diese Wuchsform annehmen. Zu den geografisch richtigen, auch im europäischen Pflanzenhandel erhältlichen Arten zählen die Wasserfarne Ceratopteris pteroides und C. thalictroides, die Amazonas-Schwertpflanzen Echinodorus horizontalis und Helanthium tenellus, der Brasilianische Wassernabel Hydrocotyle leucocephala und der Palmenwedel Eichhornia azurea. Nicht vergessen sollte man die Schwimmpflanzen. In der Rio-Negro-Region findet man häufig Azolla (Moosfarn), Eichhornia crassipes (Wasserhyazinthe) und Limnobium laevigatum, den Südamerikanischen Froschbiss.

Der Sand in Amazonien ist sehr fein und schneeweiß. Hier eine sandiges Ufer am Rio Negro.

Feiner Sand und Laub
Der Bodengrund im natürlichen Lebensraum des Roten Neons besteht aus feinem, weißen Sand, der fast keine Nährstoffe enthält. Auf dem Sand befindet sich fast überall eine mehr oder minder mächtige Schicht aus totem Laub der Bäume; diese Laubschicht kann aus nur wenigen Lagen von Blättern bestehen oder auch bis zu 60 cm dick sein. Hinzu kommt jede Menge Totholz, also Äste, Wurzeln und ganze Baumstämme. Mit diesen Informationen geht es nun an die Planung der Grundeinrichtung unseres Biotopaquariums.

Buchenlaub und Totholz – gratis Spitzendeko aus der Natur.

Weiter geht es nächste Woche!

Frank Schäfer

Ranitomeya reticulata

Obwohl es sich bei Ranitomeya reticulata um ein echtes Juwel unter den Pfeilgiftfröschen handelt, findet man die Art doch eher selten in unseren Terrarien. Sie gehört mit einer maximalen Gesamtlänge von 17 mm mit zu den kleinsten Pfeilgiftfroscharten.

Ranitomeya reticulata Photo: W. Schmidt

Ihr attraktives Aussehen verdanken die Tiere dem leuchtenden Rot, welches Kopf und Teile des Rückens ziert. Die übrige Zeichnung besteht aus unregelmäßigen schwarzen Flecken auf bläulichem Grund.

Die Art stammt aus den Tiefland­regen­wäldern Perus und des angrenzenden Kolum­biens. Innerhalb der Primärwälder leben die Tiere zumeist auf dem Boden in der Laubschicht, nur gelegentlich sieht man sie etwas höher in der Vegetation kletternd. Das Klima dort kann als feucht-warm bis heiß bezeichnet werden. Ganzjährig herrscht im Habitat eine hohe relative Luftfeuchtigkeit, und vor allem während der Regenzeit (von Juni bis zum Dezember) kommt es täglich zu heftigen Niederschlägen. Die Temperaturen liegen in diesem Lebensraum am Tage bei 24 bis 28°C mit einer leichten Nachtabsenkung.

Kaulquappen

Terrarium:
Ranitomeya reticulata gehört zu den leicht zu pflegenden und gut nachziehbaren Pfeil­giftfrosch-Arten, deren Unterbringung in einem silikongeklebtem Glasterrarium erfol­gen sollte. Aufgrund ihrer geringen Größe lassen sich die Frösche paarweise oder aber in Gruppen (bestehend aus einem Männ­chen und mehreren Weibchen) in vergleichs­weise kleinen Behältern (z. B. Länge 30 cm, Tiefe 30 cm, Höhe 30 cm) vergesellschaften.

Die Einrichtung kann denkbar einfach gestaltet werden. Den Bodengrund bilden nach hinten an­steigende und mit eingefärb­ter Dicht­schlämme verputzte Styropor­plat­ten. Auf diese Grundlage gibt man einige lose Torfplatten, die auch als Pflanzsubstrat dienen, Moospolster, eine kleine Wurzel und eine Laubschicht. Im vorderen Bereich des Bodens sammelt sich das überschüssige Sprühwasser in einem kleinen Mini-Teich, der mit einem, gegen das Eindringen von Tieren gesicherten, Überlauf versehen ist. Auf diese Weise wird das überflüssige Wasser aus dem Terrarium ins Abwassersystem geleitet. Zur Bepflanzung eignen sich die unterschiedlichsten kleinen Rankpflanzen, kleinwüchsige, oftmals sehr dekorative Farne und andere Pflanzen, die mit dem feucht­warmen Klima zurecht kommen. Unerläss­lich sind einige kleinbleibende Bromelien aus den Gattungen Aechmea, Guzmania, Neoregelia, Nidularium, Vriesea usw. Die Temperaturen sollten während des Tages möglichst bei 24 bis 28°C liegen und während der Nacht wieder auf Zimmer­ni­veau zurückgehen. Zur Beleuchtung eignen sich die handelsüblichen T5-Leucht­stoff­lampen. Bei derart kleinen Terrarien reicht oftmals eine leistungsstarke Lampe. Die Beleuchtungsdauer sollte etwa 14 Stunden am Tag betragen.

Quappe mit durchgebrochenen Hinterbeinen

Pflege:
Bereits nach einer kurzen Eingewöh­nungs­phase halten sich die Tiere auf allen Ebenen des Terrariums auf und sind gut zu beob­achten. Zweimal am Tag sollte das gesamte Terrarium übersprüht werden.

Gefüttert wird täglich mit kleinsten Futter­tieren wie Spring­schwänzen, Blatt­läusen, weißen Fliegen, kleine und große Frucht­fliegen, frisch ge­schlüpf­ten Heimchen, kleinen Ofen­fisch­chen usw.


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Jungfrosch kurz vor der vollendeten Metamorphose

Die Art pflanzt sich, abgesehen von kleineren Pausen, während des gesamten Jahres fort. Bevorzugte Eiablageplätze sind waagerecht liegende schwarze Filmdosen, die in unter­schiedlichen Höhen im Terrarium ange­bracht sein sollten. Alle Eiablageplätze sind stets nahezu waagerecht und weisen nur eine geringe Restfeuchte auf – also keine klei­nen Wasseransammlungen. Die Weib­chen legen etwa einmal in der Woche 1 bis 4 Eier, deren temperaturabhängige Entwick­lungs­dauer bis zum Schlupf rund 12 bis 16 Tage beträgt. Zur besseren Beobachtung und kontrollierten Aufzucht werden die Gelege bereits 1 bis 2 Tage nach der Ablage aus dem Terrarium entnommen und die Kaulquappen nach ihrem Schlupf künstlich bei einer Wassertemperatur von 24 bis 26 °C aufgezogen. Problemlos verläuft ihre Ent­wicklung, wenn sie einzeln in Behältern mit 500 ml Volumen gepflegt werden. Gefüttert wird mit hochwertigem Fisch­futter, welches die Wasserqualität nicht zu stark belasten darf. In jedem Fall sollte das Wasser etwa zweimal in der Woche erneuert werden. Die so aufgezogenen Larven wan­deln sich nach ca. 2 bis 3 Monaten in ca. 8 mm große Jungfrösche um. Diese werden in Kleinst­terrarien gemeinsam aufgezogen. Gefüttert werden sie anfangs mit kleinen Spring­schwänzen, Blattläusen usw.

Geschafft; nun muss der Jungfrosch sofort in ein Terrarium überführt werden, sonst besteht die große Gefahr des Ertrinkens.

Wolfgang Schmidt

Biotopaquarien (Teil1)

Es gibt unzählige Möglichkeiten, ein Aquarium einzurichten und zu besetzen. Wie in einem Garten kann man in einem Gesellschaftsaquarium Fische und Pflanzen kombinieren, die ähnliche Ansprüche stellen und sich vertragen, ungeachtet ihrer geografischen Herkunft und man wird feststellen: es funktioniert! Aber es macht auch sehr viel Freude, die Naturgeschichte unserer Pfleglinge zu studieren und im Aquarium einen echten Naturausschnitt nachzubilden. Dann wird man nur solche Tiere und Pflanzen einsetzen, die auch in freier Natur den Lebensraum miteinander teilen. Das nennt man ein Biotopaquarium.

Natürlicher Lebensraum von Roten Neons (Paracheirodon axelrodi) in Brasilien

ALLGEMEINES

Kein Liliput!
Vorfreude ist die schönste Freude und auf jeden Fall macht die Planung eines Biotopaquariums fast so viel Spaß, wie der Betrieb des Aquariums selbst. Hinzu kommt, dass die Tiere und Pflanzen, die man haben möchte, oft nicht jederzeit erhältlich sind, wodurch der Jäger und Sammler in uns geweckt wird.

Am Anfang des Biotop­aquariums sollte die Naturbeobachtung stehen. Dazu müssen Sie nicht in die Tropen fahren, die Grundprinzipien des Biotopes sind auf der ganzen Welt die gleichen. Also, gehen Sie spazieren, wählen Sie als Ausflugsziel ein (möglichst) natürliches Gewässer und bringen Sie etwas Zeit mit. Beobachten Sie! Und dann versuchen Sie in Ge­danken, Ihre Beobachtungen so um­zu­setzen, als würden Sie einen möglichst naturgetreuen Ausschnitt des Baches, Teiches, Sees oder Flusses zuhause im Aquarium nachbilden wollen.

Ein schön bepflanztes Aquarium. Ein Biotopaquarium ist das aber nicht.

Was sind die charakteristischen Merkmale des Lebensraumes? Genau das bedeutet das Wort „Biotop“ übersetzt: Lebensraum! Und wie stelle ich ihn nach? Einen typischen Anfängerfehler sollte man meiden, wie der Teufel das Weihwasser: Mini­a­turen. In seinem klassischen Roman „Gullivers Reisen“ beschreibt Jonathan Swift (1667-1745) die Insel Liliput, in der alles wie bei uns ist, nur viel, viel kleiner. Ein Biotopaquarium soll kein Liliput sein, in dem wie auf einer Modellbahnanlage alle Dinge maßstabsgerecht verkleinert sind. Ein Beispiel. Ein Uferdamm eines Flusses wird aus großen, mindestens 25 Zentimeter im Durchmesser messenden Steinen gebaut. Dort leben unzählige Kleinfische und wirbellose Tiere, die in den Lücken zwischen den Steinen Deckung finden und die sich von dem Aufwuchs (Algen und Mikrolebewesen) auf den Steinen ernähren.


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So sieht es in der Heimat unserer Fische unter Wasser aus: Hemigrammus bellottii, Curimatopsis evelynae, Nannostomus unifasciatus, Apistogramma agassizii, Dicrossus maculatus – ein großes, buntes Aquarium!

Wenn ich zuhause statt der großen Steine nur faustgroße Kiesel verwende, entsteht niemals der gewünschte Biotopeindruck. Wie löse ich dieses Problem? Ich kann ja wohl kaum einen solchen Uferdamm komplett im Aqua­­­rium nachbauen? Natürlich nicht. Aber in diesem Fall wählt man einfach einen Randbezirk des abzubildenden Biotopes aus. Also: ein bis vier der großen Steine (je nach Beckengröße) und dazu noch ein paar kleinere Steine und etwas Schwemmholz, genau wie es in der Natur am Rande des Dammes zu finden ist.

Typischer Waldbach (Igarapé) in Brasilien, Heimat unzähliger Aquarienfische.

Wie groß muss das Biotopaquarium sein?
Die Antwort auf diese Frage ist einfach: egal! Jedes Aquarium kann auch als Biotopaquarium eingerichtet werden. Kleiner als 30 x 20 x 20 cm sollte
es nicht sein, sonst sind die Einrichtungsmöglichkeiten zu beschränkt, in manchen Ländern muss man auch gesetzliche Vorgaben zur Mindestgröße eines Aquariums mit Wirbeltieren wie z. B. Fischen beachten. Aber sonst ist man völlig frei in seinen Entscheidungen und muss sich nur danach richten, welche Ansprüche die Fische stellen.

Nächste Woche geht es los mit einem Biotopaquarium zum Thema „Rote Neon“.

Frank Schäfer

Ein Update zum Thema „Zistrose gegen Corona?“

Vor fünf Wochen – das ist, rückblickend, eine kleine Ewigkeit her – gab es einen Franky Friday zum Thema “ Zistrosen – wirksam gegen Corona-Infektion?

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Cistus x incanus „Sunset“ Photo: Leonora Enking 

Hierzu erreichte uns eine wunderbare Ergänzung, die wir an dieser Stelle sehr gerne in voller Länge wiedergeben, denn das COVID-19-Virus wird unseren Alltag sicher noch viele Monate beherrschen:

Sehr geehrter Herr Schäfer,

wir sind auf Ihren schönen Beitrag zur Zistrose gestoßen und möchten Ihnen kurz einige relevante Informationen zukommen lassen. Vielleicht möchten Sie die ja noch kurz einpflegen.

Sie schreiben, daß Cistuskraut in der EU nicht als Lebensmittel zugelassen sei. Das ist nicht ganz richtig: Die Varietät Cistus x incanus L. Pandalis ist als Lebensmitteltee zugelassen. Seit dem 01.01.2018 gilt die Unionsliste mit den zugelassenen neuartigen Lebensmitteln (Novel Food) gemäß der neuen Novel-Food-Verordnung. Siehe:

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:02017R2470-20190825&from=EN

Zum Vergrößern anklicken

Alle andere Varietäten von Cistus x incanus L. und andere Cistusarten sind tatsächlich als Lebensmitteltee in der EU wegen der Novel-Food-VO nicht zugelassen.

Lutschtabletten mit dem Extrakt Cystus 052® aus Cistus x incanus L. Pandalis können Sie nicht nur in der Schweiz kaufen, sondern auch in deutschen Apotheken. Mit den Cystus Pandalis® Lutschtabletten bieten wir das einzige Arzneimittel auf Basis von Cistus an. Viele gesetzliche und private Krankenkassen erstatten die Kosten (grünes Rezept). Außerdem bieten wir denselben Extrakt als Nahrungsergänzungsmittel in den Cystus 052® Bio Halspastillen mit verschiedenen Geschmacksrichtungen an.

Ein weiteres Produkt – der Cystus 052® Infektblocker – ist als Medizinprodukt überall in Europa auf dem Markt außer in Deutschland. Vielleicht rührt daher auch die kleine Verwirrung hinsichtlich der Verfügbarkeit nur in der Schweiz. Auch dort sind die etablierten Cistus-Präparate in der Apotheke von uns.

Übrigens beziehen sich die Studien u. a. von Rebensburg et al., die sie verlinken, auf unseren Cystus 052®- Extrakt.

Wir würden uns freuen, wenn Sie die Kleinigkeiten im Blog anpassen würden. Kommen Sie mit Fragen und Rückmeldungen gerne auf uns zu!

Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen

i. A. Andreas Teppe


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Naturprodukte Dr. Pandalis GmbH & Co. KG
Füchtenweg 3
49219 Glandorf
Tel.: +49 5426 3481
Fax: +49 5426 3482
E-Mail: info@pandalis.com
Internet: www.pandalis.de

Regenbogenschlammspringer

Schlammspringer sind faszinierende Fische, die an Land wie im Wasser gleichermaßen zuhause sind. Der Regenbogenschlammspringer, Periophthalmodon septemradiatus, ist eine der schönsten Arten.

Schlammspringer atmen Luft und sind an Land wie im Wasser gleichermaßen zuhause.

Beschrieben wurde sie 1822 aus Bengalen. Von dort stammen auch die abgebildeten Exemplare, die Aquarium Glaser, Rodgau, importieren konnte. Der Fisch hat jedoch eine sehr weite Ver­breitung im Indo-West-Pazifischen Bereich, regelmäßige Importe für das Hobby erfolgen noch aus Vietnam.

Über der Iris haben Schlammspringer eine reflektierende Pigmentschicht, die als Sonnenbrille fungiert.

Wie alle Schlammspringer ist auch diese Art voll­­ständig euryhalin, d.h. sie können in Süß-, Brack- oder Meerwasser leben. Allerdings muss man bedenken, dass eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Stickstoffver­bindungen des Stoffwechsels (Nitrit, Nitrat) im Vergleich zu “normalen” Süßwasser­fischen besteht. Bereits 30-40 mg Nitrat pro Liter können im Süßwasser kritisch sein. In Meer- oder Brackwasser besteht diese Empfindlichkeit nicht, da Kochsalz, der Haupt­bestandteil des Meeresalzes, die Giftwirkung des Nitrats aufhebt. Daher ist die Pflege in Brack- oder Meerwasserpaludarien viel einfacher.


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Periophthalmodon septemradiatus, Männchen, erkennbar an der lang ausgezogenen ersten Rückenflosse.

Mehr über Schlammspringer im allgeinen erfahren Sie hier: https://www.aqualog.de/blog/warum-gingen-die-fische-an-land-teil-3/

Mit etwa 10 cm Maximallänge gehört diese Art zu den mittelgroßen Schlammspringern. Die Weibchen erkennt man bei dieser Art besonders leicht, denn bei ihnen ist die erste Rückenflosse völlig verkümmert.

Periophthalmodon septemradiatus, Weibchen

Bezüglich der innerartlichen Aggressivität ist die Art als relativ unverträglich einzustufen. Sie ist zwar nicht ganz so streitsüchtig, wie die Afrikanischen Schlammspringer (Peri­opht­halmus barbarus), aber in zu kleinen Becken kann es durchaus zu Kämpfen mit Todesfolge kommen. Daher sollte das Aquarium groß und gut strukturiert eingerichtet sein.

Die erste Rückenflosse ist bei Schlammspringer-Männchen artspezifisch gefärbt und dient zur innerartlichen Kommunikation.

Die Ernährung ist, wie bei allen Schlamm­springern, völlig problemlos. In der Natur Aufwuchsfresser, nehmen die Tiere sehr gerne Trockenfutter an. Als Leckerbissen kann man Frostfutter anbieten.

Ästuar des Mahanadi in Orissa, Indien, Lebensraum von Schlammspringern.
Zwergschlammspringer, Periophthalmus novemradiatus, Männchen

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In der Natur leben sehr oft mehrere Schlammspringer-Arten zusammen. Das funktioniert nur, weil sie ein unterschiedliches Nahrungsspektrum nutzen. In Indien, z.B. im Ästuar des Mahanadi in Orissa, sind es Periophthalmus novemradiatus, die mit nur 5 cm Länge kleinsten Schlammspringer, die mit ihren erheblich größeren Vettern zusammen leben. Die unterschiedlichen Gattungsnamen geben einen Hinweis, warum: Regenbogenschlammspringer (Periophthalmodon) haben eine ganz andere Bezahnung als die kleinen. Während die Großen sich von Kleinstnahrung ernähren, die sie mit ihren speziellen Zähnen aus em Uferschlamm sieben, picken die Kleinen eher gezielt Nahrungspartikel auf. Im Aquarium funktioniert eine solche ökologische Trennung allerdings nicht. Hier fressen alle das, was der Aquarinaner reicht, entsprechend besteht auch allgemeiner Futterneid. Ich rate darum entschieden von eventuellen Vergesellschaftungsversuchen ab. Die „friedlichen“ Kleintierfresser Periophthalmodon septemradiatus würden hier schnell zum Mörder an ihren kleinen Verwandten werden.

Frank Schäfer

Nur ein Frühlingsspaziergang…

Unsere Situation ändert sich täglich und kann jederzeit dramatisch werden. Im Zierfisch-Großhandel, konkret bei Aquarium Glaser, ist momentan die Aufrechterhaltung der Versorgung der Fische im Stock die Hauptsorge, denn wenn auch nur ein Mitarbeiter einer Schicht an Corona erkrankt, müssen alle in Quarantäne. Deswegen wird mit möglichst kleinen Gruppen gearbeitet, die einander nicht treffen dürfen. Importe von außerhalb der EU sind in dieser Woche nicht möglich, es fliegen einfach keine Flugzeuge. Letzte Woche haben wir noch etwas bekommen. Wie es sich mit internationalen Flügen in den nächsten Wochen entwickelt, muss man abwarten. Fische von deutschen und anderen Züchtern in der EU bekommen wir noch. Wir wissen nicht, wie und ob der Lebendverkauf von Fischen in Deutschland in Geschäften erlaubt bleibt, oder ob der Einzelhandel auf Online-Verkäufe ausweichen muss. Wie gesagt, die Gesunderhaltung unserer Tiere in unserer Anlage vor Ort ist für uns gerade das Wichtigste, wenn hier etwas passiert, wird es existenzbedrohend. Darum arbeiten z.B. ich und einige andere Büromitarbeiter im Homeoffice, damit wir, falls nötig, als Fischversorger einspringen können.

Indie steht nicht so sehr auf Stöckchen, mehr so auf Projekte.

Im Homeoffice bleibe ich, genau wie alle anderen, zuhause und gehe nur zum Lebensmitteleinkauf und mit dem Hund raus. Unser Labrador, Dr. Henry Jones jr. (Freunde dürfen Indie zu ihm sagen), muss schließlich bewegt werden und besteht auf Laubrascheln unter den Füßen, bevor die Darmperistaltik in Schwung kommt. Gestern habe ich die kleine Kamera mitgenommen, um ein paar Tümpel auf unserem Gassiweg zu dokumentieren; unsere Grasfrösche, Feuersalamander, Berg- und Teichmolche und die Gelbbauchunken haben in den letzten zwei Jahren sehr gelitten, weil die kleinen Ablaichtümpel (auch unsere lokale Salamanderpopulation setzt dort ihre Jungtiere ab) austrockneten, bevor die Metamorphose durch war. Die einzige Art unserer lokalen Amphibien, die nicht von diesem kompletten Fehlen zweier Jahrgänge Nachwuchs betroffen ist, ist die Erdkröte, die auf die größeren Fischteiche im Wald ausweichen kann. Dieses Jahr 2020 fing bezüglich Regens eigentlich ganz gut an und die Grasfrösche haben auf Teufel komm raus gelaicht, aber jetzt ist es schon wieder viel zu trocken…

Eines der unscheinbaren Laichgewässer des Grasfrosches.
Hier, im Birkenbruch, trocknen die Löcher auch im Sommer nicht aus. Der Grasfrosch laicht hier jedoch nicht, es gibt zu viele Fressfeinde für die Kaulquappen. Der Frühlings-Wasserstern (Callitriche palustris) hat jetzt schon die Wasseroberfläche erreicht.

Die Sonne scheint, der eisige Wind ist grade mal eingeschlafen, überall singen Vögel. Zuerst fotografiere ich nur meine Pfützen und Moorlöcher, aber die Buschwindröschen (Anemone nemorosa) sind einfach viel zu schön, um unbeachtet zu bleiben. Also erweitere ich meinen Plan. Ich will auch die Blümchen fotografieren. Da ist ja schon allerhand unterwegs, auch wenn die erste Blühwelle – Schneeglöckchen und Krokusse, die in den vielen offen gelassenen Gärten am Waldrand einen riesigen Blütenteppich gezaubert hatten – schon wieder durch ist. Aber die Buschwindröschen bieten den Blütenbesuchern, die so früh im Jahr schon unterwegs sind, reichlich Ersatz. Wir haben Massenbestände von ihnen – wie schön! Allerdings ist es wirklich nicht einfach, gemeinsam mit Indie botanisieren zu gehen. Der kommt nämlich, sobald ich meinen Luxusleib auf dem Waldboden ausbreite, um den Blümlein so nah wie möglich zu kommen, angetrabt, um zu schauen, was ich da treibe und belastet vorzugsweise die spezielle Blüte, die ich mir als Fotomodell ausgesucht habe, mit seinen stattlichen 45 kg Hundegewicht. Egal, der Weg ist das Ziel!


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Buschwindröschen

Die zweite teppichbildende Pflanze dieser Tage ist das Scharbockskraut, Ficaria verna. Heute kennen wir sie nur als Giftpflanze, aber früher hat man sie gegessen, da sie den tödlichen Skorbut oder Scharbock, eine Vitamin-C-Mangelkrankheit, bei der man elendiglich verreckt, aufhalten konnte. Scharbockskraut mag es feucht. Man kann es gut am Gartenteichufer ansiedeln, allerdings zieht es im Juni/Juli ein und überdauert den Rest des Jahres in Form von unterirdischen Knöllchen. Man muss also damit rechnen, dass dort, wo das Scharbockskraut wächst, im Sommer kahle Stellen entstehen.

Scharbockskraut

Wer als kulinarischer Selbstversorger in unserem Wald unterwegs ist, sollte lieber die Finger vom Scharbockskraut lassen; bezüglich der Blattform ähnlich, aber gesundheitlich unbedenklich ist die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata). Nur wegen des Fuchsbandwurms sollte man bei ihr vorsichtig sein. Die Knoblauchsrauke blüht jetzt noch nicht, aber überall sind die zarten und gerade jetzt besonders inhaltstoffreichen Quirle zu sehen. Knoblauchsrauke isst man roh, z.B. auf Butterbrot der in Salaten. Wer es mag, kann aus Brennesseln (Urtica dioica) und Giersch (Aegopodium podagraria) Wildgemüse machen; beides ist jetzt, im zeitigen Frühling, besonders gesund, vitamin- und mineralienreich. Die jungen Triebe sind zudem zart, später im Jahr werden beide Pflanzen rack und von unerfreulicher Haptik. Man sollte aber wirklich nur dann selbst sammeln, wenn man sich gut auskennt. Jetzt sind auch tödlich giftige Pflanzen unterwegs, etwa Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) – also Vorsicht!

Knoblauchsrauke
Brennessel
Giersch
Finger weg vom Fingerhut, der ist tödlich giftig!

Daran dürfte der Förster Wilhelm Hoffmann, dessen Mausoleum mitten im Wald liegt, allerdings kaum gestorben sein, der kannte sich nämlich mit Pflanzen aus. Er propagierte die nordamerkanische Douglasie als Waldbaum in unserem Wald. Heute ist das nicht mehr erwünscht, Douglasien sind als standortfremde Pflanzen mit invasivem Charakter zu sehen. Immerhin passt die Grabbepflanzung mit Mahonie (Berberis aquifolium) zum Förster Hoffmann, denn die stammt auch aus Nordamerika und hat in unserem Wald eigentlich nichts zu suchen. Die Insekten interessiert das allerdings wenig…

Mahonie auf dem Förstergrab

Überall in unmittelbarer Nähe des Förstergrabes wächst Immergrün (Vinca major), für mich eine wirklich typische Friedhofspflanze, denn sie kommt auch auf dem darmstädter Waldfriedhof, wo unser Familiengrab liegt, allenthalben vor. Sie hat sehr hübsche Blüten, aber ich werde nicht so recht warm mit dieser Pflanze, vielleicht auch deshalb, weil sie zu den Hundsgiftgewächsen zählt und sehr, sehr giftig ist.


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Immergrün

Indie juckt das wenig, er frisst eh – wenn er denn Pflanzen frisst – nur Gras und schnüffelt und trampelt zu meinem Ärger in den Hundsveilchen (Viola canina) herum. Die heißen aber nicht so, weil Hunde sie so besonders gerne mögen, sondern weil sie im Gegensatz zum Duft- oder Märzen-Veilchen nicht duften, die hundsgemeinen Dinger. Ich mag sie trotzdem, lege mich davor und fotografiere. Schön zu sehen: der grüne Sporn an der Rückseite der Blüte, der die Art sicher vom Märzen-Veilchen (Viola odorata) unterscheidet, bei dem der Sporn die Blütenfarbe hat. Das einzige Märzen-Veilchen, das wir heute sehen, ist ein ziemlich zertrampeltes Exemplar mitten auf einem Weg. Indie war diesmal nicht der Übeltäter, sondern andere Homeoffice-Arbeiter. Das ist halt der Preis, den das Märzen-Veilchen zu zahlen hat. Denn es ist keine heimische Art, auch wenn es seit Jahrtausenden bei uns als Heil- und Kult-Pflanze kultiviert wird, sondern stammt ursprünglich aus dem Mittelmeer-Raum und dem Kaukasus. Es ist ein Kulturfolger und wo das Märzen-Veilchen wächst, sind menschliche Ansiedlungen nicht fern. Ich beschließe, einen der nächsten Gassi-Gänge am anderen Ende des Dorfes durchzuführen. Dort gibt es nämlich einen Massenbestand von Märzen-Veilchen in einem aufgegeben Garten, nicht nur violette, sondern auch viele weiße Varianten wachsen dort.

Hundsveilchen
Ein etwas mitgenommenes Exemplar des Märzen-Veilchens
Der Sporn der Märzenveilchenblüte ist blütenfarben, grünlich-weißlich beim Hundsveilchen.
Großer Bestand von lila Märzenveilchen (links) und der weißen Variante (rechts).

Oder gehe ich lieber in den westlichen Stadtwald und schaue nochmal nach dem Lerchensporn? So viel und so verschieden gefärbten Hohlen Lerchensporn (Corydalis cava), wie er in diesem Jahr vorkommt, habe ich bei uns noch nicht gesehen. Klar, er ist allgegenwärtig unter Gebüschen und ich mag ihn sehr. Als Knabe hielt ich ihn für eine Orchideenart (in Wirklichkeit ist er ein Vetter des gewöhnlichen Klatschmohns) und seine Standorte waren mein kostbares Geheimnis, in das ich nur wenige Auserwählte einweihte. Ich erinnere mich noch lebhaft – ich muss damals 8 oder 9 Jahre alt gewesen sein – wie enttäuscht ich war, als man mir die wahre Natur der Pflanze enthüllte. Das war so ähnlich, wie die Behauptung der anderen, dass es das Christkind und den Osterhasen nicht gäbe. Aber den Lerchensporn liebe ich immer noch, auch wenn er „nur“ ein Mohngewächs ist. Und Christkind und Osterhase gibt es nicht? Lächerlich!

Hohler Lerchensporn

Bis nächste Woche und bleiben Sie gesund!

Frank Schäfer

Das amtra Clean Procult – Oster Gewinnspiel 2020

Willkommen zu einem neuen Aqualog Gewinnspiel in Zusammenarbeit mit unserem Partner amtra!

Lebend-Impfkulturen für ein gesundes Aquarium!

Gewinne 16 x 3 amtra clean procult

Milliarden von hochspezialisierten, schadstoffabbauenden Bakterien und das speziell entwickelte Mineralgranulat (Mk-19 Sediment) sorgen für weniger Algen, kristallklares Wasser und gesündere Fische durch eine biologische Grundreinigung. Organische und anorganische Schadstoffe werden sicher gebunden mit einem positiven Effekt auf die gesamte Biologie des Aquariums.

Die amtra clean procult Lebend-Impfkulturen verwandeln das gesamte Aquarium, für die Dauer weniger Stunden, in einen hochaktiven biologischen Filter. Dies bewirkt eine biologische Grundreinigung und organische sowie anorganische Schadstoffe werden sicher gebunden, was einen positiven Effekt auf die gesamte Biologie des Aquariums nach sich zieht.

procult besteht aus zwei Komponenten:
1. Aus Milliarden hochspezialisierter, schadstoffabbauender Bakterien
2. Aus einem speziell entwickelten Mineralgranulat (Mk-19 Sediment), auf dem diese Bakterien siedeln
Ergebnis: Weniger Algen – kristallklares Wasser – gesündere Fische!

Die Gewinner wurden benachrichtigt!


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Protopterus aethiopicus – der Leoparden-Lungenfisch

Vor etwa 60 Millionen Jahren schlug ein großer Meteroit vor der mexikanischen Halbinsel Yukatan ein. Die von dieser Katastrophe ausgelösten Klimaveränderungen waren so gravierend, dass fast sämtliche Ökosysteme zusammen­brachen. In Folge dessen starben binnen weniger Millionen Jahren die Dinosaurier aus.

Die Lungenfische beeindruckte das jedoch wenig. Es gibt zwar heute nur noch wenige Arten, sechs, um genau zu sein, doch die sind durchaus vital und werden voraussichtlich auch das Kommen und Gehen der Menschheit auf diesem Planeten überstehen.

Lungenfische sind uralter Wirbeltieradel. Die ersten Formen der heutigen afrika­nisch-südamerikanischen Lungen­fische (Protopte­rus und Lepidosiren) entwickelten sich im frühen Devon, vor etwa 400 Millionen Jahren und spalteten sich von der Schwes­ter­gruppe, den australischen Lungenfischen (Neoceratodus) ab.

Der attraktivste der vier Arten afrikanischer Lungenfische ist die im Kongo lebende Unterart von Protopterus aethiopicus, die als P. a. congicus von Poll 1961 beschrieben wurde. Artcharakteristisch ist die sattel­förmige Schnauze. Vom ähnlichen P. annec­tens kann man P. aethiopicus am leichtesten an einem Hautsaum an den Brustflossen, der bei P. annectens gut ausgebildet ist, bei P. aethiopicus jedoch fehlt, unterscheiden.


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Die Nominatform von P. aethiopicus besie­delt neben dem Nil hauptsächlich Seen, darunter den Victoria-, Tanganjika- und Albertsee. Die congicus-Unterart kommt im Kongo vom Lualaba bis nach Kinshasa vor, während im Unterlauf des Kongo die Unter­art mesmaekersi verteten ist.

Die Unterart congicus unterscheidet sich von ihren Artverwandten durch attraktive Leo­pardenzeichnung. Die beiden anderen Unter­­arten sind mit kleinen Punkten verse­hen oder einfarbig grau.

Der Leoparden-Lungenfisch ist ein Fluss­bewohner, der seine Lungenatmung nicht sehr oft einsetzen muss. Das abgebildete, rund 40 cm lange Exemplar hat sogar noch deut­lich erkennbare Reste der Außen­kiemen, wie sie Babies haben.

Leoparden-Lungenfische sind untereinan­der absolut unverträglich und können nur einzeln gehalten werden. Erwachsene er­nähren sich in der Natur von Schnecken und Muscheln, während Jungtiere reine Insek­ten­fresser sind. Im Aquarium fressen sie aber alles Futter fleischlichen Ursprungs.

Man sollte die Beißkraft dieser Tiere niemals unterschätzen. Immerhin werden sie bis zu einem Meter lang.


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Äußere Geschlechtsunterschiede sind nicht bekannt. Zur Fortpflanzungszeit baut das Männ­chen ein Nest, in dem es mit einem oder mehreren Weibchen ablaicht. Die Lar­ven sind pechschwarz und werden vom Vater einige Wochen betreut. Anschließend be­ginnen sie ihr Einsiedler-Dasein, das, wenn alles gut läuft, viele Jahrzehnte dauern kann.

Frank Schäfer

„Futter bei die Fische“ in Corona-Zeiten

Das Virus hat uns alle fest im Griff und inzwischen sollte jeder Einzelne verstanden haben, dass es nun gilt solidarisch zu sein und aktuell nur im äußersten Notfall das Haus zu verlassen. In einer digitalisierten Welt kann man zwar von zu Hause aus viele Dinge erledigen aber gerade für frische Lebensmittel oder Tierfutter geht oft kein Weg an einem Besuch im Supermarkt oder beim lokalen Zoofachhändler vorbei.

Im Bezug auf frisches Futter für die Fische trifft das nicht ganz zu; hier kann man gerade online noch aus dem vollen Schöpfen und sowohl hochwertiges amtra Lebendfutter als auch Frostfutter ganz bequem nach Hause bestellen ohne einen Schritt vor die Tür zu machen. Gerade für Ältere oder Menschen aus Risikogruppen ist solch ein Futterservice wie von tierverliebt (Aqualog animalbook) die perfekte Alternative, zumal der Transport der Ware (Kühlung, Verpackung, Gewicht) stets eine Herausforderung ist und oft lange Wege zu Händlern mit einem Frost- und Lebendfutter-Sortiment zurückgelegt werden müssen…


Frostfutter für Fische

Frostfutter ist perfekt für die Ernährung von Zierfischen geeignet. Denn es entspricht in seiner Zusammensetzung an Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten genau ihren Bedürfnissen. Kein Wunder, handelt es sich nunmal um ein reines Naturprodukt, also um genau das, was ein Fisch auch in freier Natur am liebsten frisst.

Lebendfutter für Fische

Lebendfutter ist für Aquarienfische ohne jeden Zweifel eines der besten Futter überhaupt. Die erfolgreiche Haltung einiger Arten ist ohne Lebendfutter gar nicht möglich, andere benötigen es zur Eingewöhnung – doch alle Fische lieben es!

Beim Lebendfutter geht es keineswegs nur um die Inhaltstoffe. Ein ausgewogenes Flockenfutter, sorgfältig hergestelltes Frostfutter, gefriergetrocknete und sonstige Zierfischfuttermittel halten durchaus, was sie versprechen und garantieren gesunde Fische. Aber bei der Nachzucht liegen die Dinge etwas anders. So mancher Fisch mag ohne Lebendfuttergaben nicht recht ablaichen. Und schließlich bedeutet Lebendfutter für unsere Aquarienfische eine echte Abwechslung im gelegentlich etwas langweiligen Fischalltag. Das Lebendfutter weckt den Jagdinstinkt und bereichert so das Leben der Fische in menschlicher Obhut. In der Fachsprache der Wildtierhalter heißt das “Environmental Enrichment” und meint nichts anderes.

Pethia cumingii und P. reval: wunderschöne Ceylonbarben

Die Ceylonbarbe, Pethia cumingii, ist ein altbekannter Aquarienfisch. Bereits 1936 wurde sie über die Importfirma „Aquarium Hamburg“ nach Deutschland importiert. Wie manch anderer Karpfenfisch von Sri Lanka – wie Ceylon heute heißt – bildet sie Farbvarianten aus. Oder handelt es sich dabei um verschiedene Arten? Eine besonders hübsche, rotflossige Ceylonbarbe wurde 2008 als eigenständige Art, Pethia reval, beschrieben.

Pethia reval

Im gleichen Jahr 2008, jedoch einige Monate früher, konnte Aquarium Glaser die damals noch unbenannte P. reval als Wildfang importieren. Leider geht das heutzutage nicht mehr, denn der Handel mit wildgefangenen Zierfischen von Sri Lanka ist bis auf weiteres ausgesetzt. Angeblich sind Artenschutzgründe dafür verantwortlich, wie jedoch längst bekannt ist, hat der Zierfischhandel mit Wildfängen keinen negativen Einfluss auf die freilebenden Bestände. Somit ist das Verbot des Handels mit wildgefangenen Zierfischen von Sri Lanka nur als politischer Akt ohne einen Zusammenhang mit der Natur- und Artenschutzthematik zu sehen.

Dieser alte Diascan – das Bild entstand in den 1990er Jahren – zeigt ein Männchen des Aquarienstammes von Pethia cumingii.
Das dazugehörige Weibchen.

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Ich berichtete damals über die hübschen neuen Ceylonbarben folgendes:

Die Süßwasserfische Sri Lankas sind besser untersucht als die der meisten anderen süd- und südosasiatischen Ge­wässer. Das ist vor allem Rohan Pethiya­goda zu verdanken. In seinem berühmenten Buch zu diesem Thema schreibt er bereits, dass es zwei grundsätzliche Farbvarianten von Barbus cumingii Günther, 1868 gibt: eine eher gelbflossige, die im Einzug des Kalu-Flusses und von dort aus südwärts vor­kommt, und eine rotflossige, die im Einzug des Kelani-Flusses und von dort aus nordwärts verbreitet ist. Unter den gelb- und rotflossigen gibt es dann noch Tiere mit schwarzen Flecken in der Rückenflosse und solche, bei denen die Flossen nicht gesprenkelt sind.
Neben diesen farblichen Unterschieden gibt es aber auch körperliche. Die rotflossigen Tiere sind kleiner und zierlicher als ihre gelbflossigen Verwandten.

Die Bilder dieser Reihe zeigen Wildfänge von Pethia cumingii, die 2007 importiert wurden. Sie stammten aus dem Bentota River.

Es ist besonders erfreulich, dass immer wieder einmal unverfälschte Wildfänge auch solcher Fische importiert werden, die an sich als Nachzuchtexemplare jederzeit verfügbar sind. Denn in den notwendigerweise auf Ge­winn ausgerichteten kommerziellen Zier­fisch­zuchten werden die Zuchtfische eher unter den Gesichtspunkten der Produktivität und des raschen Wachstums, sowie der Krankheitsresistenz ausgesucht. So können (müssen aber nicht) relativ schnell Haustier- oder Aquarienstämme entstehen, die bezüglich des Aussehens und vor allem des Verhaltens mit den wildlebenden Tieren nur noch wenig gemein haben.
So ist man dann oft erstaunt, wie sehr sich das Verhalten von Wildfängen von dem der Tiere, die schon seit Dekaden gezüchtet werden, unterscheidet.

Pethia reval

Speziell die rotflos­sige Pethia reval ist sehr lebhaft und reagiert, wird sie unter zu beengten Verhältnissen ge­pflegt, durchaus auch zänkisch. Man sollte sie also in Aquarien ab 60 cm Länge pflegen. In Zuchtaquarien, die ja meist nur 30 oder 40 cm lang sind, kann man mit solchen Wild­fängen böse Überraschungen erleben. Die in der aquaristischen Literatur pauschal (und völlig falsch) als „friedliche Schwarmfische“ charakterisierten Barben können unter sol­chen Bedingungen durchaus zum Gat­ten­mörder werden. Es ist daher besser, sie in großen Aquarien anzusetzen und nach dem erfolgten Ablaichen die Eier abzu­saugen. Denn die Anzucht der winzigen, glassplitter­artigen Jungen gelingt selbstver­ständlich un­ter kontrollierten Bedingungen eines kleinen Beckens besser.

Frisch importiert sind P. reval noch etwas blass gefärbt.

Die Rotflossige Ceylonbarbe ist eine wun­der­schöne Bereicherung des Hobbys und jeder Barbenfan sollte die Art einmal pro­biert haben.

Soweit mein damaliger Bericht. Wie sieht es heute, im Jahr 2020, mit den Ceylonbarben aus? Nun, abgesehen davon, dass sie inzwischen in die Gattung Pethia eingegliedert wurden und die Art cumingii auf die gelb/orangeflossigen Tiere beschränkt wurde, sind alle Ceylonbarben inzwischen zu Top-Raritäten im Hobby geworden. Abgesehen davon, dass Barben an sich derzeit nicht gerade Modefische sind, ist die Konkurrenz durch intensiver gefärbte, ansonsten aber sehr ähnliche Arten wie Pethia padamya, die Odessabarbe, einfach zu groß. Es gibt natürlich noch einige wenige Unentwegte, die versuchen, diese schönen Tiere für das Hobby zu erhalten, wie etwa Hans-Jürgen Ende aus Halle, aber es zeigt sich immer wieder, dass Arten, die nicht wenigstens ab und zu in größeren Mengen in den Handel gelangen, langfristig aus der Aquaristik verschwinden.

Voll erwachsenes Männchen von P. cumingii ohne schwarze Punkte in der Rückenflosse.
Das dazugehörige Weibchen. Mulm am Boden ist lebenswichtiger Nahrungsbestandteil und darf in keinem Barbenbecken fehlen.

Für Arten wie die Ceylonbarben ist das Einkaufsverhalten zahlreicher Zoofachhandelsketten, die ihren Zierfischbestand auf de facto weniger als 100 Spezies mit ihren Zuchtformen beschränken, schlecht. Solche Arten können nur noch über die wenigen freien, auf Zierfische spezialisierten Zoofachhändler vertrieben werden, die aber eben auch nicht immer alles anbieten können, und natürlich über Börsen, deren Durchführung allerdings von manchen Behörden immer mehr erschwert wird. So ist zu befürchten, dass die Ceylonbarben langfristig aus den Aquarien verschwinden werden.


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Farbintensive Pethia-Arten (hier: P. padamya, die Odessa- oder Rubinbarbe) verdrängen im Handel die Ceylonbarben.

Davon hat genau niemand etwas: weder die Aquarianer, noch die freilebenden Tiere, noch deren natürlicher Lebensraum; auch die Menschen auf Sri Lanka profitieren nicht von den Exportverboten. Schade, schade. Aber vielleicht nehmen ja ein paar Züchter diese Zeilen zum Anlass, sich zusammenzutun und irgendwo noch ein paar Tiere aufzutreiben. Die Zucht ist einfach und produktiv und da Ceylonbarben im Aquarium langlebig sind (6-8 Jahre sind normal), wäre eine solche Aktion wieder ein kleiner Zeitgewinn. Schließlich wechselt die Mode bei den Zierfischen bekanntlich öfter und wenn die Barben mal wieder dran sind, ist ein Zuchtstamm der Ceylonbarben für Züchter eine feine Sache!

Frank Schäfer

Literatur

Pethiyagoda, R. (1991): The freshwater fishes of Sri Lanka.
The Wildlife Heritage Trust of Sri Lanka: 1-362.

Meegaskumbura, M., A. Silva, K. Maduwage & R. Pethiyagoda (2008): Puntius reval, a new barb from Sri Lanka (Teleostei: Cyprinidae). Ichthyological Exploration of Freshwaters v. 19 (no. 2): 141-152.

Corona macht auch vor Heimtiermessen nicht halt.

Zahlreiche Tiermessen werden auf unbestimmte Zeit verschoben oder gleich ganz gecancelt. So hat es nun auch die größte Heimtiermesse der Welt die Interzoo 2020 vom 19. bis 22. Mai 2020 erwischt. Während es sich bei der Interzoo um eine Händlermesse handelt, mussten aber auch viele Veranstalter von Endverbrauchermessen vorzeitig entscheiden ihre Pforten verschlossen zu halten. Hier nun ein kleiner Überblick der bisherigen Entscheidungen der Veranstalter. Änderungen natürlich vorbehalten.

Aqua-Fisch Friedrichhafen am Bodensee 6. bis 8. März 2020

Abgesagt

Supreme Heimtiermesse München 21. bis 22. März 2020

Verschoben 5. bis 6. Dezember 2020

Messe Tierwelt Magdeburg 18. und 19. April 2020

Verschoben

Interzoo Nürnberg 19. bis 22. Mai 2020

Verschoben

Faszination Heimtierwelt Düsseldorf 3. bis 4. Oktober 2020

Abgesagt

Sturisoma nigrirostrum – der hochnäsige Fisch

Die Gattungen Sturisoma (10 wissenschaftlich beschriebene und akzeptierte Arten, östlich der Anden = cis-andin) und Sturisomatichthys (7 wissenschaftlich beschriebene und akzeptierte Arten, westlich der Anden = trans-andin) werden auf deutsch als Störwelse bezeichnet. Im Hobby haben wir zusätzliche Arten, deren systematischer Status noch unklar ist. Die verbreitetste Art, der Hochflossen-Störwels, war lange als Sturisoma panamense (jetzt Sturisomatichthys p., eine im Hobby nicht vertetene Art) bekannt, bis Evers und Seidel zeigen konnten, dass es sich bei dieser seit den 1980er Jahren kontinuierlich in Zucht befindlichen Art um Sturisomatichthys festivus (früher: Sturisoma festivum) aus Kolumbien handelt.

Sturisoma nigrirostrum, Portrait

Es lassen sich – soweit das bislang versucht wurde – alle Sturisoma-Arten im Aquarium nachzüchten. Jedenfalls lai­chen sie willig ab. Als Offenbrüter laichen sie sogar oft an der Frontscheibe des Aqua­ri­ums, wo das Männchen, erkennbar an einem “Backenbart” aus Odontoden, der dem Tier zur Fortpflanzungszeit wächst, die Eier be­treut. Meist gelingt es recht problemlos, die Jungfische zum Schlupf zu bringen und die ersten ein bis zwei Wochen ist die Aufzucht auch nicht schwierig. Doch dann kommt es bei vielen Züchtern zu massiven Verlusten. Diejenigen, denen die Aufzucht gelingt, machen ein großes Geheimnis aus ihren Methoden, so dass die Ursache des Miss­erfolgs der Scheiternden bislang immer noch nicht ganz geklärt ist.

Sturisomatichthys festivus, die früher am häufigsten gezüchtete Art, war früher als S. panamense bekannt.

Es ist aber wahrscheinlich, dass die Zeit des Jung­fisch­sterbens in die Zeit der Nahrungs­umstellung von vorwiegend fleischlicher Kost auf den Aufwuchs darstellt, der von da an den Rest des Lebens die Hauptnahrung eines Störwelses in der Natur darstellt. Auf­wuchs be­steht aus feinen Mikroalgen, Bak­terien, Pilzen und kleinsten Tierchen. Zu­min­dest für die Verdauung pflanzlichen Materi­als brauchen die Jungfische eine besondere Darmflora.


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Die schwarze Unterseite des Rostrums ist namens­gebend für S. nigrirostrum.

Bei vielen Pflanzenfressern, etwa Leguanen, fressen die Jungtiere daher aktiv den Kot der Erwachs­enen, und infizieren sich so mit den lebens­notwendigen Darmbakterien. Das Kotfressen junger Landschildkröten ist eine ebenso unappetitliche wie allgemein bekannte Vorliebe. Die Euter von Antilopen, Gazellen, Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden befindet sich zwischen den Hinterbeinen, wo die gesäugten Jungtiere immer etwas vom Kot der Muttertiere abbekommen. Zootierpfleger wissen: bei der Flaschenaufzucht von Jungtieren dieser Arten muss man etwas Kot der Elterntiere der Milch beimischen, sonst sind die Tierchen nicht überlebensfähig. Etwas Kot der Elterntiere sollte daher auch im Aufzucht­aqua­rium für Störwelse stets vor­handen sein, damit sich die Jungtiere mit den überlebensnotwendigen Darmbakterien infizieren können. Eine „hygienische“ Aufzucht in blitzblanken Aquarien ist bei Zierfischzuchten grundsätzlich fragwürdig, für pflanzenfressende Arten sogar tödlicher Unfug. Übrigens: auch nach eventuellen Antibiotika-Behandlungen muss man Pflanzenfressern die Möglichkeit geben, ihre Darmflora wieder zu regenerieren. Am einfachsten tut man das durch Kot gesunder Artgenossen.

Sturisomatichthys aureus ist sehr ähnlich zu S. festivus, jedoch fehlen S. aureus die langen Flossenfilamente an Brust- und Bauchflossen.

Von den Störwelsen wurde, wie erwähnt, vor allem der sehr attraktive Sturisomatichthys festivus gezüchtet, zumal aus seinem Verbreitungsgebiet im Norden Kolumbiens wegen dortiger Terroristen-Tätigkeit keine Zierfische mehr zu uns gelangen. Gegenwärtig ist dieser schöne Fisch vom produktiveren und als kleinem Jungfisch nur schwer unterscheidbaren Sturisomatichthys aureus abgelöst worden, was schade ist, da dadurch S. festivus aus unseren Becken zu verschwinden droht. Die übri­gen Arten werden hingegen meist als Wild­fänge angeboten, es besteht darum wenig Bedarf an Nachzuchttieren.

Sturisoma nigrirostrum, zwei Exemplare des gleichen Importes, links mit aufgebogenem, rechts mit normalem Rostrum.

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Hierzu zählt auch der Nadelstreifen-Störwels, Sturisoma nigrirostrum aus Peru, der mehr oder weniger regelmäßig importiert wird. Man erkennt die Art ganz gut an der pech­schwarzen Unterseite des “Schnabels”, ein Merkmal, das auch zum wissenschaftlichen Artnamen führte. Typusfundort der Art ist Contamana, Río Ucayali, Peru. Eine weitere, ähnliche Art, ebenfalls mit schwarzer Rostrum-Unterseite aus Peru ist die erst 2018 neu beschriebene Art Sturisoma graffini aus der Madre de Dios-Region. Da aus verschiedenen Gründen Fische aus dieser Region erheblich teurer sind als solche aus dem Ucayali, kommt S. graffini kaum in den Zierfischhandel.

Sturisoma nigrirostrum, Totale

Aus ungeklärten Gründen sind unter den Importen von Sturisoma nigrirostrum manchmal Tiere vertreten, bei denen das Rostrum nach oben aufgebogen ist. Ingo Seidel (pers. Mitt.) fing beide Formen – also solche mit normaler Nase und hochnäsige Tiere – zusammen am gleichen Fundort in Peru. Es handelt sich um eine Laune der Natur, deren Sinn völlig unklar ist. Unbekannt ist auch, ob sich dieses Merkmal vererbt. Vielleicht züchten Sie diese Tiere ja einmal nach und klären diese Frage? Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Frank Schäfer