Die Familie der Warzenschlangen (Acrochordidae) umfasst lediglich drei Arten. Es handelt sich um ungiftige, rein aquatile (also im Wasser lebende) Tiere, die sich an Land nur äußerst unbeholfen fortbewegen können.
Alle drei Arten der Warzenschlangen gehören zur gleichen Gattung, nämlich Acrochordus. Die bekannteste Art ist sicherlich A. javanicus. Sie ist weit im süd- und südostasiatischen Raum verbreitet und wird bis 200 cm lang. Die Javanische Warzenschlange lebt in Süß- und manchmal auch Brackwasser und ernährt sich von Fischen.
Wie alle Warzenschlangen ist sie lebendgebärend. Typisch ist, das gilt ebenfalls für alle Warzenschlangenarten, dass die Haut relativ lose am Körper liegt und dadurch irgendwie immer faltig und eigentlich zu groß für das Tier wirkt. Es ist dadurch nicht ganz leicht, den Ernährungsstatus einer solchen Schlange zu beurteilen. Die Haut ist es auch, die der Javanischen Warzenschlange (auf Englisch nennt man sie übrigen „Elefantenrüsselschlange“) im Hinblick auf den Menschen das Leben schwer macht. Denn sie wird zu einem begehrten Leder verarbeitet, das unter der Bezeichnung „Karung“ vermarktet wird. Die Art fällt jedoch nicht unter internationale Gesetze, die den Handel mit Wildtieren regeln (CITES).
Terraristisch spielt die Javanische Warzenschlange keine große Rolle und taucht im Tierhandel nur selten auf. Daran ist sicherlich ihr schlechter Ruf schuld. Erstens gilt die Art als ausgesprochen bissig. Der Biss gilt zudem als sehr unangenehm (nun ja, ich persönlich finde es allerdings nie angenehm, von egal welchem Viech gebissen zu werden), denn obwohl die Warzenschlangen, wie schon erwähnt, nicht giftig sind, brechen die Zähne in der Wunde leicht ab und verursachen hier gemeine Infektionen. Schließlich gilt die Javanische Warzenschlange als ein sehr heikler Pflegling, der oft das Futter verweigert und sehr krankheitsanfällig ist.
Hartnäckig hält sich in der vivaristischen Literatur die Meinung, A. javanicus bräuchte mindestens 40 cm Wassertiefe, um zu fressen. Was ist an diesen Vorturteilen dran? Es wäre vermessen und unfair, alle diese Dinge als Unsinn abzutun. Ganz offenbar beruht diese allgemeine Meinung aber auf nur wenigen Beobachtungen. Man kann mit Tieren nun mal richtig Pech haben. Ich hingegen hatte mit meinen Tieren ausgesprochenes Glück. So waren die von mir vor rund 10 Jahren gepflegten vier Exemplare z.B. ausgesprochen defensiv und versuchten nie zu beissen. Es handelte sich um Jungtiere von etwa 40 cm Länge. Sie fraßen außerdem völlig problemlos Goldfische von 6-8 cm Länge und das sogar in einem winzigen Quarantäne-Aquarium von nur 5 Litern Inhalt. Und dass die Tiere ohne jede medizinische Versorgung topfit waren, ist sicherlich auch nicht mein Verdienst, sondern war einfach Glück. Trotzdem zeigt dieser Fall wieder einmal, dass es genau so falsch ist, negative Erfahrungen zu verallgemeinern, wie sich selbst auf positive Erfahrungen zu viel einzubilden. Fest steht nur folgendes: gesund importierte Jungtiere der Javanischen Warzenschlange sind nicht schwer zu pflegen.
Ich pflegte die vier Exemplare gemeinsam, wobei die Tiere sich oft zu einem wirren Knäuel zusammenfanden. Bei der Jagd stellten sich die Schlangen ausgesprochen ungeschickt an, was sicherlich während der Quarantäne auf das geringe Wasservolumen zurückzuführen war. Denn die Warzenschlangen orten die Fische durch den Geruchs- und nicht durch ihren schwach entwickelten Gesichtssinn. Bei kleinem Wasservolumen ist die Geruchskonzetration im gesamten Behälter so hoch, dass die Schlangen große Schwierigkeiten haben, den Futterfisch zu orten. So ist oft zu beobachten, dass die Tiere ins Leere beißen. Analoges beobachtet man auch bei Muränen im Aquarium, die sich ja ebenfalls nach dem Geruch des Futters orientieren. Erwischen die Warzenschlangen aber einen Futterfisch, so wird die Beute umwickelt und lebend gefressen. Man sieht den armen Fisch oft noch eine ganze Weile im Leib der Schlange zucken.
Glücklicherweise nahmen meine Tiere nach einiger Zeit auch tote Fische an, so dass ich als Pfleger in der Lage war, dem Futtertier ein schnelles und schmerzfreies Ende zu bereiten. Ich pflegte meine Javanischen Warzenschlangen in Leitungswasser (Gesamthärte 25° dH, pH-Wert 7,8 – 8,2) bei ca. 25°C.
Das gelingt mit der zweiten, wesentlich kleineren und hübscheren Art leider nicht. Die Indische Warzenschlange (Acrochordus granulatus) ist nämlich ein Küstenbewohner und braucht zumindest langfristig vollwertiges Seewasser. Bei der Haltung in Süßwasser sterben die Tiere nach verhältnismäßig kurzer Zeit (wenigen Wochen) und verweigern außerdem die Nahrungsaufnahme. Diese Art kommt nicht nur in Indien vor, wie der deutsche Name suggeriert, sondern ist bis nach Südostasien (Thailand, Malaysia, Indonesien) und bis Australien verbreitet. Als Meeresschlange imitiert das völlig harmlose und etwa 60 cm lang werdende Tier die tödlich giftigen Seeschlangen. Ihre auffällige schwarz-weiße Ringelung (Männchen sind in der Grundfarbe dunkler als die Weibchen) imitiert die Korallentracht der Seeschlangen, die als Warnfärbung verstanden wird. Die Indische Warzenschlange ist auch deutlich offensiver als ihre große Vetterin. Das scheint zwar nur Bluff zu sein, aber ich empfand A. granulatus als recht aggressiv gegen den Pfleger.
Bauchschilder fehlen allen Warzenschlangen, dafür können sie mit einer Hautfalte die Bauchseite zu einer Schwimmhilfe verbreitern. Wie gesagt braucht A. granulatus vollwertiges, eingefahrenes Seewasser, um zu gedeihen.
Die dritte Art der Warzenschlangen kommt in Australien und auf Neu-Guinea vor: Acrochordus arafurae. Sind die beiden anderen Arten schon nicht eben häufig im Handel, ist es diese noch weniger, denn Australien hat ein generelles Exportverbot für alle Tiere und Pflanzen, seien sie häufig oder selten. Das ist schade, denn diese Süßwasserart ist möglicherweise parthenogenetisch, d.h. dass Weibchen auch ohne Befruchtung Junge bekommen können, die dann wiederum alle Weibchen sind. Es wäre sehr spannend, das experimentell beweisen zu können.
Bei dieser Art besteht ein deutlicher Sexual-Dimorphismus, die Weibchen werden bis zu 250 cm lang, die Männchen nur etwa 120 cm. Man nimmt an, dass dies die Ko-Existenz von geschlechtsreifen Männchen und Weibchen erleichtert, da die unterschiedlich großen Tiere ein unterschiedliches Beutespektrum haben. Man nimmt an, dass die Arafura-Warzenschlange sich nur alle 8 – 10 Jahre einmal fortpflanzt, ein Wurf umfasst dann 10-30 Jungtiere. Männchen sollen mit etwa 5, Weibchen mit 7-8 Jahren die Geschlechtsreife erreichen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die urtümlichen Warzenschlangen spannende Beobachtungsobjekte darstellen und dass es wünschenswert wäre, wenn sich mehr Terrarianer mit der Pflege und Zucht dieser Tiere beschäftigen würden, denn es gibt an ihnen noch viel zu entdecken.
Frank Schäfer
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