Harlekingarnelen aus der Gattung Hymenocera sind farblich überaus attraktiv was ihre Körperstruktur noch unterstützt. Vor allem die großen Scheren, die unwillkürlich an Flügel erinnern, charakterisieren diese Garnelen unfehlbar. Ihre wackelnde Fortbewegungstechnik ist prägnant und auffallend.
Weltruhm erlangten die Harlekingarnelen, als diese als mögliche Kandidaten in Erwägung gezogen wurden, das Great Barrier Reef vor der Zerstörung der gefürchteten Dornenkrone Acanthaster plancii zu retten. Letzten Endes wurde von diesem Experiment dann doch Abstand genommen, da Harlekingarnelen Seesterne der Gattung Fromia, Nardoa und Linckia den Dornenkronen vorziehen.
Systematik
Fosså & Nilsen (1998) als auch Baensch & Debelius (1992) verwenden den Namen Gnathophyllidae als Familienbezeichnung für die Harlekingarnelen. Ich habe mich bei der Nennung der Familie an dem jüngeren Werk von Debelius (2000) orientiert, der den Familiennamen Hymenoceridae Ortmann, 1890 verwendet. Die Familie der Hummelgarnelen wird hier in die Gnathophyllidae Dana, 1852 eingeordnet. Die ITIS (2006) verwendet ebenfalls Hymenoceridae.
Zur Anzahl der Arten in der Gattung Hymenocera Latreille, 1819 gibt es Widersprüchliches. Einige Autoren, wie Debelius (2000) oder Schuhmacher & Hinterkircher (1996) differenzieren zwischen Hymenocera picta und H. elegans. Als Kriterium hierfür werden Unterschiede in der Farbe angeführt.
Fosså & Nilsen (1998) verweisen darauf, dass die Unterscheidung der zwei Arten auf keiner wissenschaftlichen Untersuchung basiert und somit eine Variation der Färbung nicht ausgeschlossen werden kann, was bedeutet, dass es lediglich eine Art ist, was die Gattung monotypisch machen würde.
Es verwundert also nicht, dass die ITIS (2006) lediglich Hymenocera picta Dana, 1852 als valide Art nennt.
Seesternkiller
Da es vor allem Versuche mit Acanthaster waren, die Aufschluss über das Fressverhalten von Hymenocera picta gaben, nachfolgend die Beschreibung wie Harlekingarnelen ihr Opfer fangen.
Debelius (1983) beschreibt den Vorgang nach Angaben der Beobachtungen aus den Laboratorien des Max-Planck-Instituts für Verhaltensphysiologie in Seewiesen / Bayern so:
Zunächst nähert sich das Weibchen der Dornenkrone, klettert auf diese hinauf und sucht die Oberfläche des Seesterns nach einer kleinen Wunde ab. Zur Suche werden die winzigen Scheren eingesetzt. Der Seestern bewegt sich weiter fort und erklimmt einen Stein. Jetzt tritt die männliche Harlekingarnele in Aktion. Beide Garnelen versuchen den Seestern, durch Stemmen, auf den Rücken zu drehen. Dazu wird der Arm, auf dem die männliche Garnele inzwischen Platz genommen hat, von selbiger hochgestemmt. Dabei drückt die Garnele nicht nur den Arm des Seesterns in die Höhe sondern auch sich selbst. Damit dies funktioniert, dienen die großen Scheren als Stemmwerkzeug – sie werden gegen den Untergrund gedrückt. Die Fressscheren gleiten nun in die Ambulakralrinne auf der Unterseite des Seesternarms. Die Lauffüßchen des Seesterns ziehen sich, Reflex bedingt, ein, was den Verlust der Bodenhaftung zur Folge hat.
Aber die Dornenkrone gibt deshalb noch lange nicht auf! Sie bewegt sich weiter fort und die Garnele ist damit beschäftigt, den Seesternarm fortwährend in die Höhe zu stemmen. Um dieses zu bewerkstelligen, stelzt die Harlekingarnele auf den Rändern der Schere und folgt so der Richtung des Seesterns. Schließlich schafft es die gerade mal eben 5 cm messende Garnele, die Dornenkrone auf den Rücken zu kippen. Der Seestern versucht sich zu wehren und ist bemüht, wieder die normale Körperposition einzunehmen. Das funktioniert aber nur, wenn die Ambulakralfüßchen die schützende Rinne verlassen. Auf diesen Moment haben die Harlekingarnelen gewartet. Die Füßchen werden abgezwickt und durch die Hebelwirkung verursachten Wunden werden genutzt, um einen langen Eingeweidestrang aus dem Körper des Seesterns zu ziehen. Dieser wird mit den messerscharfen Fressscheren zerteilt und gefressen. Das Ende des Seesterns ist besiegelt. Je nachdem wo der Seestern verletzt wurde, dient er mehrere Tage als frische Nahrungsquelle.
Im Aquarium
Zur aquaristischen Bedeutung avancierten Harlekingarnelen vor allem dadurch, dass sie durch ihre speziellen Nahrungsbedürfnisse zuverlässig die kleinen aber lästigen Seesterne aus der Familie Asterinidae vertilgen. Leider verenden mit dem Verschwinden der Seesterne auch die Harlekingarnelen, da sowohl Hymenocera elegans (?) als auch H. picta ausschließlich Seesterne fressen.
Dabei ist die Hysterie vieler Aquarianer gegenüber den Seesternen meines Erachtens nach unbegründet. Auch Hebbinghaus (2002) verweist darauf, dass es sich bei Asterina cf. anomala um einen harmlosen kleinen Seestern handelt, der sich von Mikroalgen ernährt.
Im Aquarium benötigen Harlekingarnelen viele Verstecke, in die sie sich tagsüber zurückziehen. Sind die Tiere gut genährt, zeigen sie sich in meinem Aquarium nur nachts im Schein der Taschenlampe.
Zum Wohlbefinden ebenfalls wichtig ist die Pflege eines Paares. Debelius (1983) hat die Untersuchungen der monogam lebenden Garnelen dokumentiert. Dabei geht aus der Niederschrift hervor, dass Harlekingarnelen in der Lage sind, ihren Partner zu erkennen. Außerdem ist belegt, dass sowohl Weibchen als auch Männchen ihren erwählten Partner anderen bevorzugen. So wurde mit einem kleinen Netz einer der Partner isoliert und etwas weiter weg vom Unterschlupf im Aquarium platziert. Der verbliebenen Harlekingarnele wurden nun verschiedene andersgeschlechtliche Artgenossen präsentiert. Alle wurden jedoch ignoriert. Vielmehr machte sich der Partner auf, seinen isolierten Lebensgefährten aufzusuchen und sich neben diesem niederzulassen. Beide Tiere waren nur noch durch das Netz getrennt. Schuhmacher & Hinterkircher (1996) vermuten als Erkennung individuelle Duftstoffe des weiblichen Tieres.
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Harlekingarnelen eine monogame Lebensweise anstreben. Ist es ihnen doch in aller Regel ausschließlich als Paar möglich, größere Seesterne zu erbeuten.
Das bislang größte Problem der aquaristischen Pflege stellt, wie schon erwähnt, die dauerhafte Ernährung dar. Da Harlekingarnelen ausschließlich Seesterne fressen, wird diese Ernährungsstrategie einerseits recht kostspielig und andererseits sind Bedenken begründet, welche die Einfuhr von Seesternen ausschließlich zur Ernährung der Harlekingarnele anmahnen.
Pintak (2000) hat eine interessante Möglichkeit vorgestellt, die es vielleicht ermöglicht, Harlekingarnelen über Wochen mit einem Seestern zu versorgen. Als bewährte Nahrung wurde im Handel nach Blauen Seesternen aus der Gattung Linckia gesucht, die den Transport nicht ganz unbeschadet überstanden hatten. Entlang der Ambulakralrinne wurden diese Tiere (nach vorherigem Töten durch Abkochen) aufgeschnitten und in 2 cm große Stücke geschnitten und anschließend eingefroren. Seine Harlekingarnelen nahmen das Futter bereitwillig an.
Leider wurde diese spezielle Nahrungszubereitung, die sicher ein Meilenstein in der Versorgung der aquaristisch gepflegten Harlekingarnelen darstellen würde, von anderen Autoren nicht bestätigt, sodass mit einer Pauschalisierung von dieser Form der Versorgung nicht auszugehen ist.
Ich habe inzwischen diese Variante der Ernährung meines Paares Hymenocera elegans (?) ebenfalls versucht. Jedoch ist das Ergebnis eher mit magerem Erfolg zu beurteilen. Momentan bleibt mir nur der Weg, geschädigte – noch lebende – Linckia spp. zu kaufen und sofort zu verfüttern, um mein Harlekingarnelen-Paar in einem guten Ernährungszustand zu halten.
Die von Pintak (2000) beschriebene Methode allerdings versuche ich dennoch immer wieder, in der Hoffnung, dass sich die Harlekingarnelen doch noch auf diese galante Form der Ernährung umstellen lassen.
Neben der Ernährung über Seesterne berichten Fosså & Nilsen (1998) davon, dass sich Harlekingarnelen im Aquarium über Seeigel hermachen. Eine Beobachtung, die in anderer Literatur keine Bestätigung findet. Im Internet allerdings findet sich ein weiterer Hinweis zu dieser Form der Nahrungsaufnahme (M. Kruppas, pers. Mttlg. 2006).
Es bleibt zu resümieren, dass Harlekingarnelen gut für die Pflege in einem Riffaquarium geeignet wären, wenn es das Problem der Ernährung nicht gäbe.
Joachim Frische
Literatur
Baensch, H. A. & Debelius, H. (1992): Meerwasser Atlas Bd. 1. Mergus Verlag. 1216 S.
Debelius, H. (2000): Krebsführer. Jahr Verlag GmbH & Co., 322 S.
Debelius, H. (1983): Gepanzerte Meeresritter. Kernen Verlag. 120 S.
Fosså, S. A. & Nilsen, A. J. (1998): Korallenriff-Aquarium Bd. 6. Birgit Schmettkamp Verlag, 590 S.
Hebbinghaus, R. (2002): Seesterne im Aquarium Teil 2. DATZ. 55(1), 30-33
ITIS (2006): Integrated Taxonomic Information System: http://www.itis.usda.gov
Pintak, T. (2000): Anmutige Helfer ohne Gnadenbrot? Der Meerwasseraquarianer 4(1), 4-8
Schuhmacher, H. & Hinterkircher, J. (1996): Niedere Meerestiere. BLV. 320 S.