Die Salmler der Gattung Leporinus (der Gattungsname ist eine Ableitung des lateinischen Wortes „lepus“ für „Hase“) gehören zu den charakteristischen Flussfischen Südamerikas. Ihren Namen verdanken sie der Maulform in Kombination mit den verlängerten „Hasenzähnchen“ im Unterkiefer einiger Arten, die den Gattungsbeschreiber an Hasenschnäutzchen erinnerte. Etwa 90 Arten sind wissenschaftlich beschrieben. Wie viele Arten es aber genau gibt, ist umstritten, denn die Abgrenzung der Arten gegeneinander ist schwierig.
Es gibt einige Grundmuster in der Färbung innerhalb der Gattung, die sich bei verschiedenen Arten finden. Die meisten Arten machen eine Umfärbung von der Jugend- zur Erwachsenenfärbung durch und manche können zudem stimmungsabhängig in der Farbe stark variieren. Hier sollen die Arten besprochen werden, die auf weißlichem oder gelbem Körper ein schokoladenbraunes bis schwarzes Ringelmuster tragen – der Verwandtschaft um Leporinus fasciatus, des Gebänderten Leporinus. Die Identifizierung der einzelnen Arten ist schwierig und derzeit kaum abgesichert. In diesem Artikel werden die gegenwärtig geläufigen Namen verwendet, ohne dass behauptet werden soll, dass damit das letzte Wort zu dem Thema gesprochen sei.
Die einzige regelmäßig im Angebot des Zoofachhandels vorhandene Art ist sicherlich Leporinus fasciatus. Auf goldgelbem, manchmal auch silberweißem Grund heben sich wirkungsvoll die senkrechten Binden ab. Immer ist die Kehlregion kräftig gelb, manchmal bis ins orangerote gehend gezeichnet. Lange Zeit teilte man diese sehr weit verbreitete Art, die etwa 40 cm lang werden kann, in Unterarten auf: Die Nominatform, Leporinus fasciatus fasciatus kommt in den Guyana-Ländern vor. Leider wird sie praktisch nie importiert, obwohl sie farblich wirklich wunderschön ist. Alle Flossen sind bei dieser Form tiefrot. Darüber hinaus erkennt man sie daran, dass die Körperbinden vor, unter und unmittelbar hinter der Rückenflossen X-förmig sind, also an Rücken und Bauch jeweils ein helles Dreieck offen lassen.
Die meisten Leporinus aus der fasciatus-Gruppe kommen aus dem peruanischen Amazonas in unsere Aquarien; diese Form kommt nicht nur in Peru vor, denn gelegentlich über Manaus exportierte Exemplare sind von denen aus Peru optisch nicht zu unterscheiden. Welcher Name diesen Fischen zukommt (aus dem Gebiet beschrieben sind L. fasciatus altipinnis, L. multifasciatus und L. holostictus) ist völlig unklar. Interessant ist aber, dass dieser amazonischen „fasciatus“ immer zusammen mit einer ähnlichen Art importiert wird: Leporinus affinis.
Die äußerliche Ähnlichkeit der beiden ist zunächst verblüffend, aber man sieht deutlich, dass es sich um unterschiedliche Arten handelt. Am allereinfachsten unterscheidet man sie, wenn man die Körperringel unterhalb der Fettflosse anschaut: bei L. affinis liegt hier eine breite Binde, bei dem „fasciatus“ zwei schmale Binden, die deutlich näher beieinander liegen, als die übrigen Körperbinden. Ob die beiden Arten auch in der Natur zusammen schwimmen, oder ob sie nur aus Nachlässigkeit bei den Exporteuren vermischt werden, ist unbekannt. Im Gegensatz zu der „fasciatus“-Form ist L. affinis von glänzend weißer Körpergrundfärbung. Diese Art wird 25 cm lang.
Ebensowenig weiss man, ob die dritte gebänderte Art, die gelegentlich in den Importen enthalten ist, nämlich Leporinus yophorus, in der Natur gemeinsam mit „fasciatus“ und/ oder L. affinis schwimmt. Die Bestimmung dieser Art ist erfreulich einfach, denn das namengebende Y-förmige Band (yophorus = der Y-tragende) vor der Rückenflosse ist immer gut zu erkennen. Merkwürdig an dieser Art ist, dass sie, wenn sie sich erschreckt oder unwohl fühlt, ihre Körperbänder stark verblassen lassen kann. Eine solche Schreckfärbung ist von den beiden oben genannten Leporinus unbekannt. L. yophorus bleibt mit 15-20 cm etwas kleiner als diese.
Umgekehrt zeigt sich die Schreckfärbung von Leporinus desmotes. Dieser aus Guyana und Venezuela stammende Fisch wird in Stresssituationen ganz dunkel. Er ist als Jungfisch hochrückiger als die vorigen Arten und erinnert etwas an den Brachsensalmler, Abramites hypselonotus. L. desmotes erreicht eine Länge von rund 18 cm.
Aus Venezuela wird schließlich noch eine Art ab und an importiert, die eine gelbe Körpergrundfärbung und ins orange gehende Rückenfärbung aufweist. Sie wird gegenwärtig mit Leporinus tigrinus gleichgesetzt.
Genug der Aufzählung der Arten, die ohnehin unvollständig bleiben muss. Aquaristisch wird vor Leporinus gerne gewarnt, denn es handelt sich um relativ großwüchsige Fische, die als ausgesprochene Allesfresser auch Aquarienpflanzen gerne verzehren. Diese Warnungen sind berechtigt, wenn man nur Fische pflegen will, die in reich bepflanzten Kleinaquarien dauerhaft untergebracht werden können. Aber ist die Aquaristik wirklich so einseitig? Ich meine – nein! Heutzutage sind Aquarien von 150 cm Kantenlänge nun wirklich keine Seltenheit mehr und in solchen Aquarien kann man Leporinus hervorragend pflegen. Auch die Arten, die wie L. fasciatus in der Natur 30-40 cm lang werden, wachsen im Aquarium kaum über 20 cm Länge hinaus. Und auch unbepflanzte Aquarien können sehr schön aussehen, wie uns die Großcichlidenhalter schon lange vormachen.
Sehr interessant und leider bislang kaum intensiv untersucht ist das Sozialverhalten dieser Fische. Untereinander machen sie nämlich eine Rangordnung aus. Wenn sie die Gelegenheit dazu haben, besetzen sie gerne Höhlen und verteidigen ihren Wohnraum recht energisch gegen Artgenossen. Zumindest bei den Arten L. fasciatus und L. affinis kommt es dabei jedoch kaum zu Beschädigungen, außer der Flossen, was aber immer schnell wieder abheilt.
Leider gibt es unter Leporinus ausgesprochene Flossenbeisser, die mit einer entnervenden Hartnäckigkeit andere Fische piesacken. Es fehlt zwar an genauen Untersuchungen zu dem Thema, doch halte ich es für wahrscheinlich, dass es sich dabei um gefangenschaftsbedingtes Fehlverhalten handelt, das vor allem dann in Erscheinung tritt, wenn diese Fische einzeln gehalten werden. Wenn irgend möglich, sollten nicht weniger als 5 Exemplare erworben werden, wenn man Leporinus pflegen will. In der Natur bewohnen diese herrlichen Salmler sehr strömungsreiche Abschnitte von Fließgewässern. Sie schwimmen hier in kleinen Trupps, wobei sie einen relativ großen Individualabstand einhalten. Obwohl schon einige Leporinus-Arten im Aquarium gezüchtet wurden, sind die Berichte spärlich. Meist handelt es sich bei den gezüchteten Arten um Vertreter der sogenannten „maculatus-Gruppe“. Von den geringelten Leporinus wird L. affinis in Indonesien regelmäßig gezüchtet und als Zierfisch exportiert. In der Natur werden Leporinus fasciatus aus Guyana mit 15 cm Länge geschlechtsreif. Sie laichen von den Monaten Dezember bis Mai. In ausreichend großen Aquarien sollte die Zucht durchaus möglich sein. Vielleicht versuchen Sie sich ja einmal daran?
Frank Schäfer
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