Die Steppenrenner (Gattung Eremias) sind eine artenreiche und sehr erfolgreiche Gruppe von Eidechsen. 33 Arten kennt man, von denen auch zwei in Europa vorkommen, der Rest in Asien.
Früher wurde die Gattung noch viel weiter gefasst, doch sieht man die afrikanischen Arten heute eher in anderen Gattungen.
Steppenrenner und die Terraristik
Grundsätzlich sind Steppenrenner keine beliebten Terrarientiere, was verschiedene Ursachen hat. Früher waren zumindest die beiden europäischen Arten wegen der räumlichen Nähe und damit relativ leichten Beschaffbarkeit häufig im Handel, doch sind sie heute, wie alle europäischen Arten, als Wildfang nicht mehr handelbar. Selten sind sie keineswegs, doch gelten gerade diese Arten als relativ hinfällig. Hinzu kommt, dass diese beiden Arten der Steppenrenner farblich nichts zu bieten haben, sie sind relativ unscheinbar gelblich- oder graubraun. Der schlechte Ruf dieser beiden Arten (E. arguta und E. velox) im Hobby sorgte dafür, dass man sich auch kaum um die anderen Arten kümmerte. Doch das könnte sich mit dem erfolgreichen Import von E. przewalskii durch das Tropenparadies in Oberhausen im Jahr 2015 ändern. Denn wenn man diese prachtvollen Eidechsen sieht, kann man kaum anders als “wow” sagen!
Wirklich schwierig?
Bisher erwiesen sich die herrlichen Eidechsen als ausgesprochen robust.
Die Ernährung ist überhaupt kein Problem, alle üblichen Futterinsekten werden gerne gefressen. Der Futterbedarf ist allerdings vergleichsweise hoch und man sollte während der Aktivitätsphase durchaus täglich Futter anbieten.
Man muss natürlich ein paar Besonderheiten beachten. Dazu gehört das Wissen darum, dass Steppenrenner einen großen Teil ihres Feuchtigkeitshaushaltes über die Haut decken. Sie trinken zwar durchaus auch aus Wassernäpfen, aber das reicht nicht. Obwohl Steppenrenner aus oft knochentrockenen Gebieten stammen, ist der Bodengrund dort, wo sie ihre Versteckplätze haben, immer leicht feucht. Aus dieser Bodenfeuchte nehmen die Tiere nachts über die Haut die benötigte Flüssigkeit auf. Eremias przewalskii hat ein riesiges Verbreitungsgebiet im Norden Chinas, in Russland, der Mongolei und der Republik Tuwa, wo sie überall als sehr häufig gilt. Zusammen mit den Krötenkopfagamen (Phrynocephalus) sind Steppenrenner so häufig, dass sie zu den wichtigsten Nährtieren von vielen Vögeln und räuberischen Kleinsäugern gehören. In ihrem Verbreitungsgebiet variiert E. przewalskii erheblich in der Färbung (s. ORLOVA, 1992). Aber eines ist überall gleich: die Art kommt praktisch nur auf weichen Sandböden vor und nachts gehen die Temperaturen im gesamten Verbreitungsgebiet erheblich zurück.
In die terraristische Praxis übersetzt heißt das, dass man einen ausreichend hohen (8-15 cm) Bodengrund aus Sand wählt, der es erlaubt, ihn in den untersten Schichten stets leicht feucht zu halten. Eremias przewalskii graben eifrig und wenn der Sand entsprechend feucht ist, legen sie reichlich Höhlen an. Es ist darum wichtig, keine schweren Steine auf die Bodenoberfläche zu legen, denn diese werden garantiert unterwühlt und können, wenn es dumm läuft, die Tiere unter sich begraben. Die Bodenfeuchte ist dann richtig eingestellt, wenn das Terrarium, von oben betrachtet, völlig trocken wirkt, die Steppenrenner jedoch, wenn sie morgens zum Sonnenbad erscheinen, feuchte Sandpartikel an sich kleben haben.
Der zweite wichtige Punkt: ein klassisches Terrarienzimmer ist als Aufstellungsort für ein Steppenrennerterrarium denkbar ungeeignet, denn hier sinkt die Temperatur nachts zu wenig ab. Idealerweise sollten die Temperaturen nachts um mindestens 10°C sinken. Tagsüber kann die Temperatur auf 25 und 35°C ansteigen, unter dem Strahler kann sie auch höher liegen. Schwankende Temperaturen entsprechen den natürlichen Gegebenheiten und sollten unbedingt nachgeahmt werden. Man kann auch mal einen Schlechtwettertag oder eine -woche einlegen. Im Sommer bietet sich die Pflege in einer regengeschützten (!) Freiluftanlage an. Im Winter brauchen die Steppenrenner ein 3-monatige Winterruhe bei Temperaturen unter 10°C.
So gepflegt sind Eremias keineswegs sonderlich heikel und bereiten durch ihr lebhaftes Wesen viel Freude.
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Paare, Gruppen, Einzelhaltung?
Grundsätzlich sollte man Reptilien ja idealerweise einzeln halten, denn diese Tiere sind nicht sozial. Jedoch zeigen sich Eremias-Arten erstaunlich tolerant gegenüber Artgenossen. Eine paarweise Pflege ist gewöhnlich problemlos möglich, auch eine Gruppenhaltung – selbst mit mehreren Männchen – sind in der Literatur als erfolgreich beschrieben worden. Aufpassen muss man allerdings, dass kein Tier unterdrückt wird und außerdem können die Männchen sehr aufdringlich zu den Weibchen sein.
Zucht
Eremias-Arten sind von Haus aus kurzlebig und dürften in der Natur kaum jemals älter als 2 Jahre werden. Daher sind die Eidechsen recht fortpflanzungsfreudig. Die beiden vom Tropenparadies importierten Arten aus der Mongolei, E. przewalskii, und der kleinere, eher auch auf festen Böden vorkommende E. multiocellata, sind ovovivipar, d.h. die Jungen schlüpfen im Moment der Eiablage. Die übrigen Eremias-Arten gelten als Eierleger. Bleibt zu hoffen, dass der herrliche E. przewalskii in Zukunft häufiger im Terrarium anzutreffen ist.
Lexikon: Eremias & Co.
Eremias: bedeutet “Liebhaber öder Plätze”
Phrynocephalus: ist zusammengesetzt aus “phrynus”, was nach Plinius eine Art giftiger Frösche ist, die in Dornhecken lebt und “cephalus”, was Kopf bedeutet.
arguta: bedeutet “mit scharfen Zähnen”
multiocellata: bedeutet “mit vielen Augenflecken”
przewalskii: benannt zu Ehren von Nikolai Michailowitsch Prschewalski (1839-1888), einem berühmten Forschungsreisenden
velox: bedeutet “schnell”
Frank Schäfer
zitierte Literatur:
Orlova, V. F. (1992): Intrapopulational and Geographic Variation of Eremias przewalskii Strauch in Mongolia. Asiatic Herpetological research 4: 113-122.
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