Nachzucht im Meerwasser-Aquarium: Die Herausforderung! (Teil 2)

Teil 1 dieses Artikels (https://www.aqualog.de/blog/nachzucht-im-meerwasser-aquarium-die-herausforderung/) erläuterte die Grund­voraus­setzun­gen zur Nach­zucht des Ane­monen­­fisches Amphiprion ocellaris. Diese Fort­setzung informiert Sie über die nötigen Vorbereitungen zur Ei­ablage und das weitere Vorgehen nach dem Ablaichen.

Notieren Sie alles!

Damit Sie bei späteren Gelegen auch in der Lage sind, diese in das vor­be­reitete Schlüpfbecken zu überführen, stellen Sie einen flachen Stein, Platte, Fliesen­stück o. ä. vor die erste Ablaich­stelle. Meistens nehmen Mr. und Mrs. Ocellaris Ihren Wunsch, darauf ab­zu­laichen, an, und Sie haben beim Um­setzen dann keine Probleme.

A. ocellaris über dem Gelege

Jetzt wird’s spannend!

Die zweite Laichabgabe prangt wunsch­­­gemäß und lachsrot 5 cm im Durch­­­messer auf der bereitgestellten Küchen­fliese. Schließlich haben wir ja die Erziehung im Griff. Nach 8–9 Tagen (27°C) guter Pflege der Elterntiere wird es soweit sein. Die kleinen Fisch­chen wer­­den in der kommenden Nacht, ca. 2–3 Stunden nach völliger Verdun­klung des Beckens schlüpfen. Vorher: Füllen Sie aus dem Ablaichaquarium so viel Wasser in das Schlüpfaquarium, dass sich das Gelege mit der Platte senk­recht stehend unter Wasser be­fin­den wird. Vorsichtig muß nun das Gelege ohne Luftkontakt in einem ent­sprechen­den Behälter (Becher o.ä., der mit dem gleichen Wasser gefüllt ist) vom Ablaichbecken ins Schlüpf­becken über­führt werden. Danach ver­sorgen Sie behutsam die Embryos mit Sauer­stoff, und zwar so, daß die Luft­strömung dicht am Gelege vor­bei­führt, dieses aber nicht berührt. Diese Sauer­stoff­versorgung verbleibt dann auch für die nächsten 4–6 Wochen grob­­perlig im Aufzuchtbecken. Bitte keine weitere Wasserbewegung und keinen Filter installieren! Nun ge­ben Sie, noch bevor das Becken ab­ge­dun­kelt wird, aus Ihren Plank­tonkul­tu­ren je 1 Liter langsam ins Schlüpf­becke­n. In der kommenden Nacht muß un­be­dingt jede Störung an diesem Aqua­rium unterbleiben. Seien Sie ge­dul­­dig bis zum anderen Morgen. Schauen Sie bitte nicht neugierig nach, ob evtl. schon ein paar Fischchen schwimmen. Nach meinen Erfahrun­gen schlüpfen dann die Tiere gar nicht oder nur teil­wei­­­se, und der Rest des Geleges verpilzt.

Mein Tip: Errechnen Sie die ungefähre Schlüpf­zeit (2–3 Stunden nach völliger Dun­kel­heit). Geben Sie aus Sicherheit noch 2 Stunden dazu und schalten Sie dann für etwa 1 Stunde über die vorbe­rei­te­te Schaltuhr das Licht ein. Dadurch wird erreicht, dass für die Jungen die Nacht ohne Futter nicht zu lang wird; denn gefressen wird natürlich nur bei Licht.

Gelege kurz vor dem Schlupf. Die Augen der Embryonen sind schon deutlich zu erkennen.

Ein überwältigender Anblick

Spätestens morgens um 7:00 Uhr sollten Sie dann „Gewehr bei Fuß“ stehen, um für Futternachschub sor­gen zu können. Ich gehöre, liebe Leser, mit meinen mensch­lichen Gepflogenheiten bei­lei­be nicht zu den Frühaufstehern. Je­doch mit der Erwartungshaltung, 200, 300 oder 400 kleine Anemonen­fisch­chen in Augenschein nehmen zu können, trieb es mich immer wieder herzklopfend zu früher Zeit aus dem Bett, noch bevor die eingestellte Licht­schaltuhr ihren Dienst aufnehmen konnte. Wer diesen Moment jemals genießen durfte, weiß, dass man so einen über­wältigenden Anblick von mehreren Hun­dert Jungfischen nicht beschrei­ben kann. Dieses einmalige Gefühl und Er­leb­nis wünsche ich Ihnen allen, liebe Leser.

Gelege von A. melanopus

Pflege und Versorgung unserer Jungfische

In den folgenden Tagen und Wochen werden die täglichen Arbeiten zur Routine. Je nach Larvendichte bitte ca. 6 Liter Plankton zugeben. Jeden Abend mit einem dünnen Luft­schlauch Mulm sowie Futterreste und leider auch tote Fischchen absaugen. Das abgesaugte Wasser tröpfchen­wei­se mit Altwasser aus dem Eltern­becken wieder ersetzen. Bitte jeden Tag – ohne Ausnahme! Eine wichtige Versorgungs- und Er­folgs­maßnahme besteht darin, die Plankton­kulturen immer auf einem Qualitätshöchststand zu halten. Meistens ab dem 9. oder 10. Tag wurden von mir bei der Fischfütterung geringe Mengen frisch geschlüpfte, vitaminisierte Artemien zugegeben. Sie sollten die Fische genau be­ob­ach­ten! Erst wenn alle Jungfische Arte­mien aufnehmen, kann langsam nach und nach das Planktonfutter ab­ge­setzt werden. Unter größter Sorgfalt müssen die frischen Artemien von ihren Eischalen ge­trennt (ausgesiebt) werden. Die Artemia-Kultur dürfte jedem/r enga­gierten Züchter/in bekannt sein. An­dern­­falls kann alles hierüber in guter Literatur nachgelesen werden. Junge Amphiprion gehen unweigerlich an Ver­­stopfung zugrunde, sollten sie ver­sehentlich nicht entfernte Artemia-Eier­schalen fressen. Um den Speise­plan für unsere Kleinen zu erweitern, geben Sie bei der Fütterung 1 x täglich Staub­futter mit auf die Wasser­oberfläche.

Zu diesem Zeitpunkt kann ein kleiner Innenfilter mit Schaumstoffpatrone eingesetzt werden. Die Fischchen neh­men jetzt auch die Körperfarben ihrer jeweiligen Art an. Bei Amphiprion ocellaris entsteht das wunderschöne Orange. Auch zeigen sie schon im freien Wasser stehend ihre charak­­teristi­schen Schaukelbewegungen. So macht es täglich immer mehr Freude, das Heranwachsen der kleinen Clowns zu verfolgen. Sind 3–4 Monate ver­gangen, sollte zu ihrer besseren Weiter­entwicklung der Umzug in ein größeres Aquarium stattfinden. Anemonen können dann mit Einzug hal­ten, müssen es aber nicht – obwohl es ein Vergnügen besonderer Art ist, die kleinen „Orangeringelchen“ in einer weißen Anemone surfen zu sehen. Gönnen Sie sich dieses Erlebnis!

Eine Gruppe jugendlicher A. melanopus im Alter von etwa 3 Monaten

Jürgen Brei


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