Myloplus (früher Myleus) schomburgkii und seine Zuchtformen

Scheibensalmler sind herrliche Fische. Sie werden allerdings recht groß und die meisten Arten fressen Pflanzen, weshalb sie sich hauptsächlich für Schauaquarien und Spezialisten eignen, weniger für das klassische Gesellschaftsaquarium. Darum lässt sich der Bedarf in der Regel gut mit Wildfängen decken. Jedoch haben sich kürzlich Züchtereien in Asien der dort begehrten Art Myleus schomburgkii angenommen, um von den unregelmäßigen Lieferungen aus Südamerika unabhängig zu sein.

Myleus schomburgkii ist im mittleren und unteren Amazonsgebiet, im Rio Nanay sowie im oberen Orinoko weit verbreitet und häufig. Die Typuslokalität liegt im Rio Negro, Brasilien. Die Art wurde von Jardine (in Schomburgk) 1841 als Tetragonopterus schomburgkii beschrieben. Nachdem die Art seit  Jahrzehnten in der Gattung Myleus geführt wurde stellt man sie seit einigen Jahren jetzt in die Gattung Myloplus.

Originalabbildung des Tetragonopterus schomburgkii

Die Art erreicht eine Maximalllänge von etwa 45 cm und wird als Speisefisch genutzt. Bereits jugendliche Tiere zeigen auf silbrigem Grund eine sichel­förmige Binde, die je nach Herkunft unter­schiedlich breit ausgeprägt ist. Die After­flosse ist rot gefärbt. Bei zahlreichen Scheibensalmlern weicht die Jugendfärbung – im Gegensatz zu den Verhältnissen bei M. schomburgkii – erheblich von der Erwachsenenfärbung ab; allerdings sind sehr kleine Scheibensalmler (1,5-2 cm Länge) nicht sicher bestimmbar, da macht M. schomburgkii keine Ausnahme.

Im Gegensatz zu vielen anderen Scheibensalmlern ist die Identifizierung von Myloplus schomburgkii sehr einfach, denn nur diese Art zeigt den senkrechten schwarzen Streifen in der Körpermitte. Allerdings variiert die Form und Ausprägung des Streifens bei Tieren unterschiedlicher geografischer Herkunft erheblich und es ist nicht ausgeschlossen, dass sich mehrere Arten hinter dem Namen M. schomburgkii verbergen.

Bei Jungtieren sind Geschlechtsunterschiede noch nicht auszumachen. Bei erwachsenen Exemplaren sind die Geschlechter hingegen unverwechselbar. Bei allen Myloplus-Arten bekommen die Männchen im Alter eine zweilappige Afterflosse. Bei M. schomburgkii bekommen die Männchen zudem fadenförmig ausgezogene Rückenflossenfilamente. Balzaktive Männchen werden prachtvoll rot.

Wie und wann die Zuchtform „Lamax III“ erstmals auftauchte ist nicht dokumentiert, wir zeigten 2012 wohl die ersten Bilder in der westlichen Presse. Es scheint sich um eine sehr seltene, züchterisch kaum zu manifestierende Form zu handeln, denn auf dem Weltmarkt wurden 2012 nur 30 Tiere angeboten, von denen 20 zu Aquarium Glaser kamen. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass es sich bei M. „Lamax III“ um einen der seltensten Fische der Welt handelt. Es ist zwar ein wenig spekulativ, dieses Tier der Art Myloplus schomburgkii zuzuordnen, doch scheint die These glaubhaft, da die Züchterei, aus der die Fische stammen, „normale“ M. schomburgkii als „Lamax I“ und die natürlich vorkommende Variante oder Art mit der breiten Mittelbinde aus dem Alto Solimoes und Kolumbien als „Lamax II“ anbietet. So liegt der Gedanke nahe, dass es sich bei „Lamax III“ um eine Mutation handelt, die bei der Zucht der vorgenannten zwei Formen auftauchte. Um eine Kreuzung handelt es sich hingegen höchstwahrscheinlich nicht, denn alle 20 „Lamax III“ sehen identisch aus. Zudem gäbe dann sicher mehr Exemplare, da solch große Scheibensalmler wie Myloplus schomburgkii mehrere zehntausend Eier auf einmal laichen.

Zuchtform „Lamax III“, höchstwahrscheinlich eine Mutation von Myloplus schomburgkii

Relativ unstrittig ist, dass es sich bei den roten Schomburgkii um eine Zuchtform handelt. Sie werden unter der Bezeichnung „Salmon Red“ gehandelt und via Singapur vertrieben. Während der „Lamax“ wohl in einem Zuchtbetrieb in Malaysia entstanden ist, ist über den „Salmon Red“ nicht einmal das bekannt. Die fotografierten Tiere waren 7-8 cm lang.

Auch ganz normale Myloplus schomburgkii werden in Südostasien nachgezüchtet; meist gehören diese Tiere der schmalbindigen Form an.

Wildfarbene Nachzuchttiere

Wildfang-Jungtier der schmalbindigen Form. Optisch sind sie von Nachtzuchttieren nicht unterscheidbar.

Die Breitbinden-Form wird zwar ebenfalls gezüchtet (und als Lamax II vermarktet, siehe oben), aber zumindest im europäischen Markt konnte sie sich noch nicht durchsetzen. Die Nachzuchttiere sind ähnlich teuer wie die Wildfänge, die meist aus Venezuela und Kolumbien zu uns kommen, und in Europa reichen diese Wildfänge wohl aus, um den insgesamt kleinen Bedarf zu decken.

Frank Schäfer

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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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