Hinter dem Kürzel LPS verbirgt sich der Begriff Large Polyp Stony Coral oder auch Large Polyped Scleractinian – beides bedeutet einfach großpolypige Steinkoralle. Da die entsprechende deutsche Abkürzung GPS aber allgemein für das Global Position System gebraucht wird und sich darum niemand ein GPS ins Aquarium setzen will, haben sich unter den deutschen Meerwasserfreunden die Anglizismen LPS und SPS (letzteres für die kleinpolypigen Arten, englisch small = klein) fest eingebürgert. Einige wunderschöne Arten der LPS werden aus Australien importiert.
Man kann es gar nicht oft genug sagen: noch vor 30 Jahren galt die erfolgreiche Haltung von Steinkorallen im Aquarium als nahezu unmöglich und heutzutage züchten wir sie sogar im privaten Aquarium! Den wesentlichen Durchbruch brachten dabei technische Hilfsmittel. Vor allem Strömungspumpen sind heute sehr leistungsstark, dabei aber energiesparend und mit geringer Abwärmentwicklung. Auch die Lampenentwicklung ermöglicht die Korallenhaltung, denn Steinkorallen leben in Symbiose mit Algen. Diese Algen haben übrigens einen erheblichen Anteil an der Farbigkeit der Tiere. Und diese Algen brauchen Licht in bestimmter Stärke und Zusammensetzung, um zu überleben und die Koralle zu ernähren. Den wahren Durchbruch brachte aber die Umkehrosmose, die es erlaubt, praktisch destilliertes Wasser kostengünstig selbst herzustellen. Denn der Anteil an Phosphaten und Nitraten in unserem Trinkwasser ist so hoch, dass das Trinkwasser nicht zur Herstellung von Meerwasser genutzt werden kann, wenn darin Steinkorallen gepflegt werden sollen.
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LPS mögen es gar nicht so hell
Im Unterschied zu vielen kleinpolypigen Steinkorallen, leben viele großpolypige Arten in etwas tieferem Wasser, etwa um 10-20 Meter Wassertiefe. Dort ist es immer noch sehr hell, denn das Wasser in Korallenriffen ist äußerst nährstoff- und schwebstoffarm und somit klar, doch das Wasser filtert das Licht. In Tiefen ab 10 m sind zwar noch alle sichtbaren Lichtfarben vorhanden, jedoch ist bereits eine Verschiebung zum Blau deutlich spürbar. Außerdem kommt weniger als 10% der an der Wasseroberfläche einstrahlenden Lichtmenge hier noch an. In einem Aquarium, dessen Beleuchtungskapazität für lichthungrige kleinpolypige Steinkorallen ausgelegt ist, muss man großpolypige Steinkorallen darum an etwas schattiger Stelle unterbringen. Analoges gilt für die Strömung. In dieser Wassertiefe sind die Verwirbelungen, die nahe der Wasseroberfläche herrschen und an die zahlreiche Riffbildner angepasst sein müssen, bei weitem nicht mehr so heftig. Man sollte also LPS nicht direkt mit einer Strömungspumpe anstrahlen, das vertragen sie nur schlecht.
Große Polypen – großer Hunger?
Unter Meerwasseraquarianern wird heftig und kontrovers diskutiert, ob, und wenn ja, wie LPS gefüttert werden sollen. Tagsüber bleiben die Polypen einiger Arten geschlossen, da in der Natur die Planktondichte nachts erheblich zunimmt. Als passive Fresser, die ihre Nahrung nicht verfolgen können, müssen Korallen mit dem Vorlieb nehmen, was von allein in ihre Arme treibt. Tagsüber sind viele Fressfeinde der Korallen (z.B. Falterfische) unterwegs, da ist es sicherer und besser, die Polypen erst nachts zu entfalten, ein Verhalten, das diese Arten auch im Aquarium beibehalten. Wie bereits gesagt, es besteht keine Einigkeit unter den Praktikern, welche Pflegemethode optimal ist. Die einen haben hervorragende Erfolge in extrem nährstoffarmem Wasser (Phosphat nicht nachweisbar, Nitrat unter 3 mg/l), anderen sterben die großpolypigen Steinkorallen unter solchen Bedingungen schnell ab. Hingegen werden immer wieder gute Erfolge in etwas nährstoffreicherem Wasser und abwechslungsreicher Fischfütterung beschrieben. Dabei fällt vom Futter für die Fische immer auch allerlei für die Korallen ab. Es ist wohl kein Zufall, dass in Aquarien, in denen täglich häufiger in kleinen Portionen gefüttert wird und das Futter möglichst abwechslungsreich ist, nicht nur die Fische prächtig gedeihen, sondern auch die großpolypigen Steinkorallen.
Welches Futter?
Manches sagt sich leichter, als es sich tut und niemandem nutzt graue Theorie. Es ist nun einmal so, dass die Meeresaquaristik für die meisten Menschen ein Hobby ist und nicht der Lebensmittelpunkt. Es ist ein durch und durch sinnvolles Hobby, muss aber vom Zeitaufwand vertretbar bleiben. Berufstätigen sei darum geraten, morgens und abends Frostfutter zu reichen – es eignen sich sämtliche im Handel befindlichen Sorten – und einen Futterautomaten zu installieren, der über den Tag verteilt 2-3 mal Trockenfutter (Flocken oder Granulat) spendet. Dabei darf pro Fütterung nicht mehr Futter gereicht werden, als in ca. 5 Minuten restlos aufgefressen wird. Man probiert das am Besten am Wochenende aus. Damit kommt man den Bedürfnissen von sehr vielen im Riffaquarium gepflegten Arten ideal entgegen. Eine perfekte Gesellschaft für die LPS sind z. B. Fahnenbarsche, denn die sind planktivor, fressen also nur Plankton und lassen die festgewachsenen (= sessilen) Wirbellosen völlig in Ruhe. Und auch die Fahnenbarsche gedeihen am besten, wenn mehrmals täglich gefüttert wird. Zudem mögen es auch die Fahnenbarsche nicht übermäßig hell. Eine ideale Kombination also! Über Fahnenbarsche gibt es hier einen Blog. Und dort gibt es auch Tipps für den richtigen Umgang mit Trockenfutter und Futterautomaten, denn hier werden häufig aus Unwissenheit schwere Fehler begangen.
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Alles in allem sind die aus Australien importieren großpolypigen Steinkorallen eine ganz wundervolle Bereicherung für die Riffaquaristik. Ihr vergleichsweise geringer Lichtbedarf macht sie zudem sehr zeitgemäß, denn die Stromkosten, die für ein hell erleuchtetes Riffaquarium anfallen, sind nicht unerheblich.
Frank Schäfer
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