Sekundäre Pflanzenstoffe im Aquarium Teil 3 – Birke, Eiche, Weide

Die Birke

Unter den Baumarten der Nordhalbkugel nehmen die Birken (Betula) einen bedeutenden Platz in der traditionellen Volksmedizin ein. Zeitweise galt der Baum als heilig, wurden Birkenprodukte bis in das Hochmittelalter nahezu als Universalheilmittel eingesetzt. Jedoch auch in der modernen, zeitgenössischen Medizin wird die Wirksamkeit der Birkenblätter von der Schulmedizin offiziell anerkannt.

Birken erkennt man leicht an der weißen Rinde

In Mitteleuropa gibt es vier heimische Birkenarten: die Hänge- oder Warzenbirke (Betula pendula), die Moor- oder Haarbirke (B. pubescens), die Strauchbirke (B. humilis) und die Zwergbirke (B. nana). Die beiden ersteren sind Bäume und allgemein verbreitet, die beiden letzteren bei uns sehr seltene und geschützte Eiszeitrelikte, die nur strauchartig wachsen. Für die Laubernte werden nur die beiden Bäume genutzt, die übrigens gar nicht so leicht auseinanderzuhalten sind. Für unsere Zwecke ist die Artzugehörigkeit nicht bedeutend, weshalb hier nicht weiter auf die Artunterschiede eingegangen wird, aber vielleicht nutzen Sie ja diese Zeilen als Anregung, einmal botanisieren zu gehen und die Birken in Ihrer Umgebung zu bestimmen.

Birken sind Kätzchenblüher. Ihr Pollen ist für Allergiker eine Plage, zeigt aber auch, wie potent Birkeninhaltsstoffe sind.

Medizinische Anwendungsgebiete

Beim Menschen wird Birkenlaub heutzutage therapeutisch bei entzündlichen Erkrankungen des Urogenitaltraktes und in der Oedemtherapie angewendet. Es wirkt mild, aber sehr effektiv entwässernd. Dieser Effekt ist bei Aquarienfischen von untergeordneter Bedeutung. Hier interessieren vor allem die entzündungshemmenden und hautheilenden Eigenschaften, die in der Kosmetik übrigens auch zur Verwendung von Birke führen: Birkenhaltiges Shampoo wird bei Schuppen und zur Kopfhautbelebung hergestellt.


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Über historische Anwendungsgebiete informiert ausführlich Norbert Lagoni in der von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft herausgegebenen Schrift ”Beiträge zur Sandbirke LWF-Bericht Nr. 28” aus dem Jahr 2000. Hier werden folgende traditionelle Anwendungsgebiete von Birkenprodukten – nicht nur Laub, sondern auch Rinde, Birkenwasser, Harz und Birkenwein – genannt: bei Sumpffieber, Magen- und Darmleiden, Gicht, Gelbsucht, Harnverhalten, rheumatischen Beschwerden, Wurmerkrankungen und Parasitenbefall, Hauterkrankungen, Mundfäule, Krätze, Haarausfall und Schuppenbildung.

Bei Aquarienfischen finden grün gepflückte, getrocknete Birkenblätter Anwendung in der Heilteemischung (mehr darüber nächste Woche). Da sich das gesamte Feld der Pflanzenheilkunde für Aquarienfische noch im Experimentierstadium befindet, können wir hier leider keine wissenschaftlich fundierten Anwendungen beschreiben; die Erfahrung zeigt jedoch, dass bei Anwendung der Teemischung im Großhandel bei frisch importierten Fischen eine deutliche Verbesserung des Allgemeinzustandes der Tiere (weniger Flossenklemmen, Schaukeln oder andere Unwohlseinsbekundungen, aktiveres Schwimmen und mehr Balzverhalten) zu verzeichnen ist, verglichen mit Kontrollgruppen der gleichen Fischart aus den gleichen Importen, bei denen keine Teemischung zugegeben wurde.

Birken sind nicht auf Gewässer angewiesen, wachsen aber manchmal am Ufer.

Weitere Anwendungen

Herbstlaub der Birke ist ein gutes Zusatzfutter für Garnelen, Krebse und Krabben. Auch für ”normale” Aquarien kann und sollte man Herbstlaub aller Art in geringen Mengen stets im Aquarium haben. Es dient während des mikrobiologischen Abbaus als Zusatzfutter für Fische, danach als idealer Pflanzendünger; zusätzlich gibt Herbstlaub günstig wirkende, sekundäre Pflanzenstoffe an das Wasser ab. Der pharmazeutische Effekt von Birken- Herbstlaub ist aber wohl nur gering.

Von herbstlichem Birkenlaub sind keine besonderen Heilwirkungen zu erwarten, aber es kann sehr gut als Ergänzungsfutter und Wasserverbesserer Verwendung finden.

Die Eiche

Die Eiche ist der wahrscheinlich deutscheste aller Bäume. Dabei kommen in Deutschland ursprünglich nur zwei der über 400 Eichenarten vor, die es auf der Welt gibt.

Stiel-Eiche, Quercus robur

Die beiden heimischen Arten, die Stiel- und die Trauben-Eiche (Quercus robur und Quercus petraea) sind nur kniffelig aus­ein­anderzuhalten, am sichersten an den Frucht­ständen. Da sie aber auch häufig hybridisieren und bezüglich der Inhaltsstoffe (um die es ja hier geht) keine Unterschiede bekannt sind, ist es an dieser Stelle nicht so wichtig, wie man sie erkennt. Beide hei­­mische Eichen haben schöne, an den Rändern ausgebuchtete Blätter. Nach dem römischen Schriftsteller Plinius dem Älteren führten die Kelten keine religiös-kultischen Handlungen ohne Eichen­laub durch und auch in vielen anderen Religionen nutzt man Eichenlaub, um Altare und Kultstätten zu schmücken. Viele weitere Eichenarten werden als Zier­bäume ange­pflanzt, einige amerikanische Arten auch als Waldbäume. Letztere, vor allen anderen die Roteiche (Quercus rubra), liefern ein im Aquarium sehr exotisch aussehendes Laub, das genau so gut wie das der heimi­schen Eichen benutzt werden kann.

Frei stehende Eiche


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Verwendung
Eichenlaub ist vielseitig einsetzbar und man sollte immer ein paar Blätter davon zuhause haben. Verwechslungsmöglichkeiten mit giftigen Blättern gibt es nicht. Eichenlaub ist sehr gerbsäurehaltig und wird dadurch nur langsam bakteriell abgebaut. Es senkt sanft den pH-Wert und dient kleinen Fischen als Deckung. Viele Fisch­arten heften ihren Laich an Eichenlaub, der durch den Gerbsäure­ge­halt kaum zum Verpilzen neigt. In der Hu­man­­medizin wird Eichen­rinde von dün­nen Ästen verwendet. Sie wird äußerlich bei Ge­schwüren und näs­senden Wunden ange­wendet, und als Tee bei chronischen Magen-Darm-Erkran­kun­gen. Einen solchen heilen­den Effekt hat Eichenrinde auch auf Fische und andere Aquarienbewohner; auch Eichenlaub wirkt in diese Richtung, nur milder. Für die Pfleger und Züchter von Süß­wasserkrebsen ist Eichenlaub ganz unver­zichtbar; es dient diesen Tieren als Nahrungs­grundlage und verhindert Pilzerkrankungen, die ohne das Verfüttern von Eichenlaub epide­mische Ausmaße annehmen können.

Die aus Amerika stammende Roteiche liefert exotisch aussehende Blätter

Nützliche Gerbsäure
Die Gerbsäure hat ihre Bezeichnung davon, dass sie Eiweiße verändert und dadurch aus Tierhäuten Leder gemacht – gegerbt – wer­den kann. Dazu wurden schon immer Eichen­rinde, Eichenblätter oder Eichenholz ver­wen­det (Gerberlohe). Natürlich wollen wir nicht, dass die Haut unsere Fische oder Wasser­schild­kröten zu Leder gegerbt wird, aber in der Verdünnung, in der wir Eichenlaub im Aqua­rium verwenden (ca. 1 Blatt auf 5 Liter Wasser) ist so etwas auch nicht zu befürchten. Vielmehr kommt es zu einer Art ”Schutzfilm­bildung”, wenn die Gerbsäure der Eichen­blätter auf Schleimhäute gelangt (Lagoni, 2014). Potentielle Krankheitserreger aller Art haben es dadurch schwerer, anzugreifen.

Nur trockene Blätter
Man sollte, wie bei fast allen Laubsorten, immer nur trockene, im Herbst abgefallene Eichenblätter im Aquarium einsetzen. Das grüne Laub, das sich durchaus als Futter eignet, enthält zuviel Zucker­verbindungen, die wiederum ein uner­wünschtes Bakterienwachstum im Aquarium fördern.

Alles in allem steht uns mit Eichenlaub ein nahezu universell einsetzbares Laub zur Verfügung, das heilende und krankheits­vorbeugende Eigenschaften aufweist, dazu aber auch noch ein wertvolles Nahrungs­ergänzungsmittel und eine naturnahe Deko­ration darstellt.

Die Weide

Weiden werden oft als so genannte Kopfweiden geschnitten. So erhält man jährlich neue, dünne Zweige für Korbgeflecht.

”Die” Weide gibt es eigentlich gar nicht. Weiden (botanisch: Salix) sind eine Gattung von Sträuchern und Bäumen, die mit etwa 450 Arten in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel vorkommen, hinzu kommen noch zahlreiche Hybriden. Die Tropen mögen Weiden nicht, nur wenige Arten kommen dort vor.

Weiden wachsen als Gebüsch oder Baum

Manche Weiden sind nur winzig klein, in der Pflanzenkunde Ungeschulte erkennen sie kaum als Gehölz: die Zwerg- oder Strauchheide (Salix herbacea), die der Vater der wissenschaftlichen Namensgebung von Tieren und Pflanzen, Carl von Linné, als den kleinsten aller Bäume bezeichnete. Die Zwergweide kommt bei uns nur noch in den Alpen vor, sie ist ein Überbleibsel der Eiszeit.

Die Trauerweide wird sehr oft als Parkbaum gepflanzt. Ihr Laub lässt sich gut verwenden.

Wichtige Medizinpflanze

Andere Weiden-Arten gehören hingegen zu den häufigsten Gehölzen in Mitteleuropa überhaupt. Und sie gehören zu den am meisten verwendeten Medizinpflanzen der Neuzeit, auch wenn die meisten Menschen keine Ahnung davon haben, dass sie einen Wirkstoff der Weidenrinde zu sich nehmen, wenn sie Aspirin schlucken. Und doch steckt das Wort ”Weide (=Salix)” noch im Wirkstoff des Aspirin: Acetyl-Salicyl-Säure. Allerdings wird heutzutage dieser Wirkstoff künstlich hergestellt. Weidenrinde wurde als Medikament gegen Schmerzen, Entzündungen, Fieber etc. bereits in vorgeschichtlicher Zeit von Jägern und Sammlern verwendet. Lagoni (1999) führt folgende Anwendungen von Weidenrinde in der Volksmedizin an: Blutungen (innerlich und äußerlich), Durchfall, Erbrechen, Darmkatarrh, Ruhr, Fiebermittel, Beruhigungsmittel bei sexueller Übererregbarkeit, Empfängnisverhütung, Gicht, Blasengries und -steine, Hautwunden, Geschwüre, Skrofeln, Knoten, Warzen, Milz- und Leberschmerzen, Lungen- und Halserkrankungen, Nervenleiden, Angstzustände, Rheuma- und Gelenkschmerzen – kurz, man benutzte Weidenrinde fast universell.

Blätter einer Silberweide

Da die häufigsten Weidenarten in feuchten Böden und entlang von Gewässern wachsen, schloss man schon in der mittelalterlichen Signaturenlehre (nach der der Schöpfergott den Heilpflanzen ein Zeichen gegeben hat, woran der Mensch erkennen kann, wogegen das Kraut gewachsen ist), dass in Weiden ein Mittel gegen ”Sumpffieber” enthalten sein müsse.

Silberweiden kommen überall häufig vor

Magischer Baum

In allen vorchristlichen europäischen Religionen waren Gewässer heilig und wurden von niederen Gottheiten bewacht und bewohnt. Zudem waren Bäume Stellvertreter der Gottheiten. Die Weide galt z.B. als Baum der Demeter (der Erdgöttin), als Mondbaum und hohle Weiden als Übergang zur Anderswelt.

Abgestorbene Weiden wirken etwas unheimlich

Verwendung im Aquarium

Über die medizinische Wirkung von Weidenrinde und -laub im Aquarium gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen. Da Weiden aber an den meisten Gewässern wachsen, gehört Weidenlaub zu den am häufigsten in natürlichen Gewässern der Nordhalbkugel vorhandenen Laubsorten. Der Tee-Kräutermischung (mehr darüber nächste Woche) kann man auch ein paar grüne Weidenblätter zufügen. Sehr attraktiv sind Weidenwurzeln im Aquarium. An Ufern, wo Weiden wachsen, kann man sie leicht selbst sammeln. Sie müssen nur gut gereinigt werden, dann können sie direkt in das Aquarium. Die blutroten Weidenwurzel kann man herrlich mit grünen Moosen bepflanzen. Die Fische lieben es! Wer mag, kann aus fingerdicken Weidenaststücken auch bewurzelte Ableger ziehen und die Wurzeln ins Aquarium hängen lassen, was ebenfalls sehr attraktiv ist.

Weiden wachsen oft in Gewässernähe

Frank Schäfer

Literatur:

Lagoni, N. (1999): Weidenrinde – ein arzneilicher Grundstoff. pp. 74-79 in Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) (Hrg.) (1999): Beiträge zur Silberweide. LWF Wissen Band 24, 92 pp.

Lagoni, N. (2000): Birke als Rohstoff für die Pharmazie. pp. 100-104 in Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) (Hrg.) (2000): Beiträge zur Sandbirke. LWF Wissen Band 28, 124 pp.

Lagoni, N. (2014): Quercus-Arten – Verwendung in der Naturheilkunde. pp. 99-102 in Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) (Hrg.) (2014): Beiträge zur Traubeneiche. LWF Wissen Band 75, 112 pp.

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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