Kennen Sie Procatopus?

Wenn Aquarianer auf der Suche nach friedlichen, pflanzenschonenden und schwimm­aktiven Fischen sind, so denken sie fast immer an die große Schar der Bar­ben und Salmler. Aber es gibt auch Killifische, die dieser Lebensweise nach­ge­hen, z.B. die Leuchtaugenfische der Gattung Procatopus aus West-Zentral-Afrika.

Leider haftet den Tieren der unbe­grün­dete Ruf an, sie seien nur Fische für Spezialisten und überhaupt für Gesell­schafts­aquarien völlig ungeeignet. Das ist aber Unsinn!

Procatopus nototaenia Yabassi, Männchen.

Haltungsbedingungen

Die Pflegebedingungen aller Procatopus-Arten sind in etwa gleich. In der Natur bewohnen diese Fische schattige Bäche mit klarem Wasser. Dem entsprechend pflegt man sie bei etwas niedrigeren Wasser­tem­peraturen als sonst oft für tropische Fische üblich sind, nämlich ca. 20-25°C. Ein guter Filter sorgt für klares Wasser und etwas Strömung. Die Fische sind sehr geschickte Schwimmer! Bezüglich der Wasser­zu­sam­mensetzung braucht man keine Klimmzüge zu machen. Weiches bis mittelhartes Wasser und ein pH-Wert irgendwo zwischen 6,0 und 7,5 sind gut geeignet für Pflege und Zucht. Unbedingt zu achten ist auf eine gut und absolut dicht schließende Deckscheibe. Die Körperform der maximal 6 cm Länge er­reichenden Tiere zeigt es schon: sie fressen im natürlichen Lebensraum vor allem kleine Insekten etc., die auf die Wasseroberfläche fallen oder im Sprung erbeutet werden. Und dieser Gewohnheit gehen sie natürlich auch im Aquarium nach. Nur endet ein Sprung nach einer kleinen Fliege hier leicht auf dem Fußboden! Bezüglich der Fütterung sind Procatopus aber sehr pflegeleicht. Jedes Lebend- und Frost­futter wird gerne genommen und ein gutes Flockenfutter wird ebenfalls akzep­tiert. Denken Sie aber bitte daran, dass die Vitamine und ungesättigten Fettsäuren im Flocken­futter unter dem Einfluss von Licht, Feuch­tigkeit, Wärme und Sauerstoff sehr schnell zerstört werden. Deshalb soll die Trocken­futterdose immer möglichst kühl, trocken und dunkel gelagert werden. Ein angebrochenes Gebinde sollte binnen sechs Wochen auf­ge­braucht sein, sonst ist es nur noch von mangelhafter Qualität. Wenn Sie größere Gebinde kaufen, teilen Sie sie bitte in entspre­chende Portionen auf und frieren Sie sie ein. So stellen Sie sicher, dass Ihre Fische auch mit Trockenfutter stets optimal ernährt sind!

Procatopus nototaenia Yabassi, Männchen.

Procatopus nototaenia Yabassi, Weibchen.

Schwarmfische ?!

Doch zurück zu den Leuchtaugen: der Begriff ”Schwarmfisch” wird im Hobby oft ver­wendet, trifft aber nur selten zu. Echte Schwarmfische, die wie Heringe oder Sardinen, bei denen der Schwarm wie ein einziger, riesiger Organismus reagiert, werden im Aquarium kaum gepflegt. Was wir so allgemein als ”Schwarmfische” be­zeichnen sind vielmehr Arten, die den sozialen Kontakt zu Artgenossen suchen. Und das tun alle Procatopus-Arten unbe­dingt! Pflegen Sie diese Tiere also bitte immer im Trupp von 8-15 Exemplaren, die aus Tieren beiderlei Geschlechts bestehen sollten. Wie genau das Mischungsverhältnis dabei ausfällt, ist relativ gleichgültig. Die Tiere tun sich gegenseitig nichts, sogar die Haltung einer reinen Männertruppe ist möglich, aber die Fische zeigen deutlich mehr Farbe, Temperament und somit letztendlich Lebensfreude, wenn Weibchen vorhanden sind.

Procatopus aberrans Ossing, Männchen.

Procatopus aberrans Ossing, Weibchen.

Langlebige Spaltenlaicher

Bei Killifischen denken viele an kurzlebige Saisonfische, die ihre Eier im Boden ablegen. Das tun viele Arten ja auch, nicht jedoch die Leuchtaugen der Gattung Procatopus. Sie werden genau so alt wie etwa ein Platy oder Molly (mit denen sie übrigens recht nahe verwandt sind). Und sie haben einen sehr speziellen Ab­laichmodus. Sie legen nämlich täglich einige wenige Eier in kleine Spalten ab. Dazu kann man Korkrinden anbieten, oder speziell vorbereitete Wollmops, die man mit Gummis derart zu Zöpfen bindet, dass viele kleine Lücken entstehen. Der Schlupf der winzigen Jungen erfolgt nach ca. 10-14 Tagen, das ist auch von der Temperatur abhängig. Da die Fische Dauerlaicher sind hat man ständig Jungtiere unterschied­lichen Alters. Obwohl die Aufzucht nicht sonderlich schwer ist, sind Procatopus für Berufszüchter nicht wirtschaftlich nach­züchtbar und darum selten zu erwerben. Die drei hier abgebildeten, sehr schönen Procatopus-Varianten wurden aus Kamerun importiert.

Procatopus similis Mundemba, Männchen.

Procatopus similis Mundemba, Weibchen.

Ich kann nur sagen: Greifen Sie zu, wenn Ihnen Procatopus angeboten werden, Sie werden es bestimmt nicht bereuen! Ein 60-cm Becken mit einem Trupp dieser Fische bietet einen unvergesslichen Anblick und fasziniert immer wieder aufs Neue!

Frank Schäfer

Lexikon

Procatopus: bedeutet ”mit vorn stehenden Bauchflossen”. nototaenia: bedeutet ”mit einem Rückenstreifen”. similis: bedeutet ”ähnlich”. aberrans: bedeutet ”abweichend”. Die Bezeichnungen hinter dem Artnamen, wie Yabassi, Ossing und Mundemba bezeichen die Fundorte der jeweiligen Population in Kamerun. Man muss solche Fische immer fundortrein züchten.


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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Ein Kommentar zu “Kennen Sie Procatopus?

  1. Rudolf Pohlmann

    „Der Schlupf der winzigen Jungen erfolgt nach ca. 10-14 Tagen, das ist auch von der Temperatur abhängig.“

    Die Inkubationszeit bei den Procatopus betrug bei meinen Tests 17 bis 19 Tage.
    Procatopus simillis „Kumba GPE 1990/2″
    Procatopus aberrans (Wildfänge aus Nigeria)

    Zuchtversuch 1 (Wasserlagerung)
    In einen Plastikbehälter (30x20x10 cm legte ich einen kleinen luftbetriebenen Schwammfilter und füllte den Behälter mit grobem Kies (5-20mm) in eine Schichthöhe von ca. 4 cm. Diese Schale setzte ich in das Aquarium und montierte den Filter an die Luftversorgung. Dieses Ablaichsubstrat wurde von den Procatopus similis gut angenommen. Nach etwa 14 Tagen entnahm ich dem Aquarium den Behälter und setzte ihn in ein neues Becken. In das Aquariumwasser gab ich nun etwa eine 20 ml-Spritze Essigälchen als Erstfutter. Die Jungfische entdeckte ich nach weiteren 5 Tagen an der Wasseroberfläche. Gefüttert wurde täglich mit Artemia.

    Zuchtversuch II (Trockenlagerung)
    Um den Laich besser zu kontrollieren, wollte ich testen ob diese Fische auch auf Wolle ablaichen. Ich besorgte mir Wolle mit einem stärkeren Faden. Diese Wolle wurde zu einem Klumpen zusammen gebunden und in eine Ecke der Kiesschale gelegt. Täglich konnte ich so etwa 10 bis 15 Eier absammeln und auf nassem Torf ablegen. Am fünften Tag wurde das Wasser vorsichtig abgegossen und der Ansatz auf Blätter einer Küchenrolle zum Trocknen abgelegt. Um den Vorgang zu beschleunigen, drückte ich mit Blättern der Küchenrolle von oben auf den Torfansatz und saugte so die Feuchtigkeit aus dem Torf. Der Torfansatz kam in eine Plastiktüte, wurde mit einem Gummiband verschlossen, beschriftet (Name, Datum) und auf den oberen Aquarien (25°C) gelagert.
    Nach 18 Tagen Lagerung wurde der Torfansatz in der Plastiktüte in einen Plastikbehälter gegeben und mit abgestandenem Wasser (250 ps) übergossen. In das Wasser gab ich nun etwa eine 20ml-Spritze Essigälchen als Erstfutter. Nach etwa drei Stunden beobachtete ich, wie sich die ersten Larven an der Wasseroberfläche bewegten. Bis sie alle geschlüpft waren, vergingen einige Tage. Wahrscheinlich waren 18 Tage Lagerungszeit des Torfes zu kurz, damit sie alle etwa zur gleichen Zeit schlüpfen. Die Larven wurden sofort mit Essigälchen und Artemia gefüttert.

    Zuchtversuch III
    (Wasserlagerung, Testen der Entwicklungszeit bis zum Schlüpfen der Larven)

    In einem neuen Wollmop suchte ich nach 24 Stunden 10 Eier ab. Sie wurden auf Filterwatte verteilt und in ein etwa 1/2 -Liter-Behälter mit Aquariumwasser gelegt. Die Filterwatte soll verhindern, dass die Eier aneinander liegen und bei einer Verpilzung eines Eies der Pilz auch andere Eier befällt. Im Gegensatz zu den Eiern auf Torf waren die Eier auf der Filterwatte nach den ersten Tagen schlecht zu erkennen. Dafür konnte man hier später die Entwicklung der Eier besser beobachten. Nach 17 bis 19 Tagen schlüpften 8 Larven. Interessant, dass sich die an einem Tag gelegten Eier so unterschiedlich entwickelten.

    Zusammenfassung und Anmerkungen
    Procatopus similis sind Schwarmfische. Das Schwarmverhalten kann man besonders gut beobachten, wenn die kleinen Jungfische wie eine Wolke durch das Aquarium ziehen. Es ist zwar möglich, sie paarweise in kleinen Becken zur Zucht anzusetzen – in einer kleinen Gruppe und in größeren Aquarien fühlen sie sich erst richtig wohl. Abgelaicht wird, sofern keine anderen Ablaichmittel vorhanden sind, im Kiesbodengrund. Auch bei guten Versteckmöglichkeiten im Aquarium konnte ich keine überlebende Jungfische entdecken. Die Eier müssen aus dem Aquarium entfernt werden. Das gelingt durch das Umsetzen der Ablaichschale in ein anderes Aquarium oder durch das Absuchen des Wollmop nach Eiern.

    Die Eier können auf Torf oder auch auf Filterwatte in einem kleinen Wasserbehälter gelagert werden. Die Inkubationszeit betrug bei meinen Tests 17 bis 19 Tage. Statt der Wasserlagerung kann man die abgelagerten Laichkörner auf Torf auch „Trockenlegen“. Aufgießen sollte man den Ansatz nach 3 Wochen, da die Larven sonst zu unterschiedlichen Zeiten schlüpfen. Ein Problem ist dies nicht, da die frisch geschlüpften Larven sehr groß sind und von den früher geschlüpften Larven nicht gefressen werden.

    Info: https://www.killifische.info/ Rudolf Pohlmann

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