Isopachys gyldenstolpei – ein geheimnisvoller Skink aus Thailand

Gelegentlich tauchen Tierarten im Handel auf, über die so gut wie nichts bekannt ist. Dann liegen oft weder wissenschaftliche Untersuchungen zu den Tieren vor, noch kann man auf fundierte Erfahrungen von Hobbyisten zurückgreifen. Sollte man deshalb die Finger von solchen Arten lassen? Aber nein! Wissenslücken sind dazu da, geschlossen zu werden!

Die Art, um die es hier geht, bringt alle Voraussetzungen mit, die ein Tier haben muss, um unbekannt zu bleiben. Sie ist ziemlich klein (etwa 30 cm lang, dabei nicht viel dicker als ein Bleistift), lebt unter­irdisch und ist ohne jegliche wirtschaftliche Bedeutung für den Menschen. Dabei wurde sie der Wissenschaft schon früh bekannt: Isopachys gyldenstolpei wurde bereits 1916 von Lönnberg beschrieben.

Die Gattung

Isopachys werden im Englischen als „Worm Skink“, also Wurmskink, bezeichnet. Vier Arten kennt man insgesamt, die alle aus Thailand und dem angrenzenden Burma kommen. Isopachys gehören zu den Skinken; auf den ersten Blick könnte man allerdings auch meinen, eine Verwandte der Blind­schleiche (Anguis fragilis) oder eine Blind­schlange (Typhlops u. ä.) vor sich zu haben. Mit ersteren haben Isopachys das glatte Schup­penkleid und die allgemeine Körper­form, mit letzteren den vorspringenden Nasenschild gemeinsam. Dennoch sind Schleichen, Skinke und Blindschlangen nicht nahe miteinander verwandt. Ihre Über­einstimmung im Körperbau beruht auf einer ähnlichen Lebensweise, nicht auf einem gemeinsamen Vorfahren. Innerhalb der Skinke zählt man Isopachys zu der Unter­familie Lygosominae, die mit über 70 Gat­tungen und etwa 900 beschriebenen Arten eine kaum überschaubare Formenfülle repräsentiert.

Vorkommen

Die Kenntnis der Herkunft eines Tieres ist für die Haltung oft von ausschlaggebender Bedeutung.  Isopachys gyldenstolpei wurde aus dem Süden Thailands beschrieben. Typusfundort ist „Kho Lak“ in der Provinz Prachuap Khiri Khan, ein Ort, den die letzten Bearbeiter der Gattung, M. Lang und W. Böhme, nicht lokalisieren konnten. Immerhin sind aus Museumssammlungen zwei weitere Fund­orte in der genannten Provinz bekannt, nämlich Hua Hin und Nong Kae. Der dritte Fundort, der für I. gyldenstolpei bekannt wurde liegt etwas weiter nördlich, nämlich bei Kanchanaburi in der gleich­namigen Provinz. Damit ist die Aufzählung der gesicherten Fundorte auch schon erschöpft! Kein Wunder, dass Isopachys gyldenstolpei in der Roten Liste der be­drohten Tierarten geführt wird. Man weiss nichts über sie und durch Unwissenheit werden tagtäglich Tierarten vom Menschen ausgerottet, indem die Lebensräume der Tiere vernichtet werden.

Naturgeschichte

Es dürfte nach all dem Gesagten kaum verwundern: man weiß so gut wie gar nichts über das Leben dieser Skinke. Doch gibt es immerhin einige wichtige Hinweise, die es ermöglichen, die Tiere im Terrarium zu pflegen. So wurden z. B. alle Exemplare von Isopachys anguinoides, I. gyldenstolpei und I. roulei in trockenen, sandigen, lockeren Böden nahe bei verrottendem pflanzlichen Material gefunden. I. anguinoides und I. gyldenstolpei wurden schon sympatrisch ge­fangen, genau wie I. anguinoides und I. roulei. Im Gegensatz hierzu ist die erst 1990 wissenschaftlich beschriebene Art I. borealis ein Bewohner von feuchteren und erdigen Böden. Sie wurde meist auf Süßkartoffel- oder Ananasfeldern gefunden, kann also als Kulturfolger gelten. Zur Fortpflanzung ist nichts Gesichertes bekannt, doch nimmt an, die Skinke seien eierlegend. Während für die drei südlichen sandbewohnenden Arten keine Angaben vorliegen, enthielt der Magen mehrerer untersuchter I. borealis Termiten und Regenwürmer.

Terrarienhaltung

Es liegt auf der Hand, dass an dieser Stelle nur recht allgemeine Empfehlungen gegeben werden können. Dazu gehört, dass die Skinke am besten in einem trocken Terrarium unter­gebracht werden, dessen Boden aus feinem, weichen (abgerundete Körnchen, kein ge­mah­lener Bausand!) und relativ staubfreien Sand bestehen sollte. Darin leben die Tiere. Ideal wäre vermutlich ein relativ hoher Bodengrund von etwa 20 cm, damit man den Sand in den untersten Schichten leicht feucht halten kann. In der Praxis bewährt sich dieses theoretisch hübsche Modell jedoch nicht. Denn die Skinke verlassen niemals freiwillig ihre unterirdische Behausung. Um wenigsten gelegentlich eine Kontrollmög­lichkeit zu haben, muss man sie leicht ausgraben können. Daher sollte der Sandboden nur wenige Zentimeter dick sein. Die sonstige Einrichtung kann spar­tanisch sein. Ein Stein als Häutungshilfe genügt. Strahlungsheizung brauchen diese Wühlechsen nicht. Die Temperatur sollte tagsüber 28°C nicht überschreiten, nachts darf sie deutlich (um etwa 10°C) abfallen. Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass die Isopachys-Skinke Wasser inhalieren, wie man das z. B.  von Apothekerskinken (Scincus scin­cus) kennt. Eine flache Wasserschale sollte daher ins Terrarium gestellt werden und stets frisches Wasser enthalten. Untereinander sind die Wurmskinke friedlich. Geschlechts­unterschiede sind keine bekannt, doch ist bei manchen beinlosen Skinken anderer Gattungen das Männchen deutlich kleiner als das Weibchen – vielleicht auch bei Isopachys gyldenstolpei? Glücklicherweise sind die Echsen bezüglich der Ernährung wenig wählerisch. Alle Futtertiere passender Größe werden ganz gerne angenommen, also Heimchen, Mehlwürmer, Buffalo-Würmer.

Die Tiere sind zwar nur äußerst selten im Handel, doch wurden z.B. Ende Dezember 2006 einige Tiere, die übrigens aus Zentralthailand stammen sollten, angeboten. Von einem dieser Tiere wurden auch die Aufnahmen gemacht.

Literatur:

Lang, M. & W. Böhme (1990): Description and phylogentic position of a new species of Isopachys from central Thailand and southern Burma (Squamata: Scincidae). Bulletin de l´instute Royal des sciences naturelles de Belgique; Biologie, 60: 231-240.

Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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