Kaum eine andere Insektengruppe ruft bei Menschen so eine Anziehungskraft aus wie die der Fangschrecken. Dabei spielt es keine Rolle, ob der menschliche Betrachter Insekten gegenüber eher gleichgültig, skeptisch oder doch eher aufgeschlossen ist.
Bei den Gottesanbeterinnen an sich nehmen Orchideenmantiden noch einmal eine besondere Rolle ein, sind sie doch wunderschön anzuschauen und selbst „insektenfremde“ Personen sind von ihnen fasziniert.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass diese Tiere seit den 1990er Jahren zu einem Dauerbrenner in der Haltung tropischer Wirbellose aufgestiegen sind. Die Nachfrage nach ihnen ist ungebrochen hoch. Nachdem nun jedoch die Terraristikbranche Beschränkungen im Zusammenhang mit der Wirbeltierhaltung unterworfen ist, wird deren hohe Nachfrage auch so schnell nicht abreißen.
Jüngst darf man auch die kleine ‚gelbe Schwester‘, Helvia cardinalis, dazuzählen. Im Gegensatz zur „echten“ Orchideenmantis, Hymenopus coronatus, ist hier jedoch noch mehr Züchterengagement gefragt, sind wir hier noch von einem stabilen Zuchtstamm weit entfernt. Eigentlich verwunderlich, denn die Tiere sind bereits seit dem Ende des 19ten Jahrhunderts bekannt.
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In der Haltung der Fangschrecken sind Orchideenmantiden nach wie vor eine Herausforderung für den engagierten Halter. Alle Bedingungen müssen stimmen um hier erfolgreich zu sein. Darüber hinaus macht ihr verhältnismäßig geringer Platzbedarf sie gleichfalls für Neueinsteiger interessant. Ein Terrarium mit den Maßen von 30 x 30 x 40 cm (L x B x H) reicht dafür schon vollkommen aus.
Doch der Reihe nach. Orchideenmantiden stammen aus den tropischen Regenwäldern Südostasiens. Dort besiedelt Hymenopus intakte Habitate über ein weiträumiges Gebiet von Ostindien bis Indonesien. Helvia nach heutigem Wissensstand Thailand, Malaysia und Indonesien. Ihre Haltung ist also grob als tropisch warm und feucht einzustufen. Trotzdem, und gerade weil es Insekten mit speziellen biologischen Eigenschaften sind, ist auf eine ausreichend hohe Luftzirkulation bei der Haltung zu achten. Wir haben hier immer eine Gradwanderung von hoher Luftfeuchte und ausreichend Frischluft im Blick. Eingerichtet wird das Terrarium mit feuchter Erde, vorzugsweise Torferde oder Kokohum, Kletterästen und lebenden Pflanzen. Die Belüftungsfläche besteht idealerweise aus Siebdruckgaze. Diese ist so fein, dass ein Abreißen der Endklauen der Tiere beim Beutefang unterbunden wird. Da es sich um räuberisch lebende Insekten handelt, werden diese mit anderen Insekten gefüttert. Die Größe muss stimmen. Aber auch deren Qualität ist entscheidend. Nur allzu oft scheitern viele Halter, weil sie „falsches“ Futter anbieten. Dabei beziehe ich mich auf deren Hygiene. Es nützt nichts einen Euro bei einer Dose Futter zu sparen, wenn der Euro bei jenen Futtertieren beim Hygienemanagement des Anbieters/Produzenten eingespart wurde. Mit Erkrankungen oder dem Ableben der Pfleglinge ist dann zu rechnen.
Die Fütterung unserer Raubinsekten bleibt ein Highlight in deren Haltung. Zu beobachten, wie sich die Tiere teils an ihre Beute anschleichen, oder diese sehr genau mit ihren Kopfbewegungen verfolgen, fasziniert uns immer wieder. Die Geschwindigkeit beim Zuschnappen der Fangbeine auf das Beutetier ist atemberaubend. Nur in Zeitlupe lässt sich dieser Vorgang detailliert nachverfolgen. Auch die Häutungen sind fesselnde Abschnitte in der Haltung dieser Geschöpfe. Von Mal zu Mal ändert das Insekt seine Farbe, und Körperanhängsel werden größer. Spontan können Farbänderungen bei Häutungen auftreten und lassen die Gottesanbeterinnen in rein weiß, pink, ocker (zumeist Hymenopus) gelb, grüngelb (zumeist Helvia) oder Farbgebungen dazwischen auftreten. Dieser Anblick ist einfach wunderschön und es fällt schon schwer dabei an ein Tier und nicht an eine Blüte zu denken.
Letzte Chance zum Vorbestellen – erscheint März 2019!
Stellen die optimalen Klimaparameter einen entscheidenden Faktor für die erfolgreiche Haltung dieser Arten Gottesanbeterinnen dar, ist für eine erfolgreiche Vermehrung das Vorhandensein beider Geschlechtspartner zum optimalen Zeitpunkt ihrer Entwicklung essentiell. Wieso das? Ganz einfach – Männchen beider Arten entwickeln sich deutlich schneller als Weibchen. Diese benötigen i.d.R. zwei Häutungen weniger zum Erreichen des geschlechtsreifen Vollinsekts. Sie sind auch nur halb so groß. Zieht man beide Geschlechter unter gleichen Bedingungen auf, sind Männchen zumeist außer Stande sich mit adulten Weibchen zu paaren. Sie sind einfach zu alt oder bereits sogar schon verstorben. Es ist die Aufgabe des Halters diesen Prozess so zu steuern, damit es mit der Paarung in diesem eher kleinen Zeitfenster auch wirklich klappt. Wenn das jedoch der Fall ist, wird der Züchter mit all den Facetten der Haltung dieser faszinierenden Mantiden belohnt – von der Paarung, über den Oothekenbau (Ootheken sind die Eibehälter zur Reproduktion), bis hin zum Schlupf der nächsten Generation.
Viele spannende Beobachtungen eröffnen sich dem interessierten Terrarianer, ein gewisses Maß Erfahrung in der Haltung von Insekten, speziell Mantodeen jedoch vorausgesetzt.
Text & Fotos: Thomas Rönisch | Titelbild: istockphoto.com/macro frog insect animal