

Die Störwelse gehören zu den sehr beliebten Harnischwelsen für das Aquarium. Das liegt an ihrer interessanten Gestalt und guten Züchtbarkeit. Hinzu kommt, dass Störwelse auch tagsüber aktiv sind und sich nicht – wie viele andere Harnischwelse – verstecken. Es gibt zwei Gattungen der Störwelse, Sturisoma und Sturisomatichthys. Die Gattungsunterschiede sind subtil. Als die Gattung Sturisomatichthys 1979 aufgestellt wurde, wurde als einziger Unterschied zu Sturisoma das nicht verlängerte Rostrum (= die Schnauze) angegeben. Sturisomatichthys waren also de kurznasigen Störwelse. Spätere Arbeiten zur Anatomie und DNS der Störwelse gruppierten die Sturisomatichthys und Sturisoma zugeordneten Arten unterschiedlich, bis schließlich 2019 in einer umfassenden Studie zur Taxonomie von Sturisomatichthys die Gattung wie folgt von Sturisoma getrennt wurde:
„Von Sturisoma unterscheiden sie (Anmerkung: Sturisomatichthys) sich durch die unregelmäßigen, zahlreichen zentralen Bauchplatten, die nicht in definierten Reihen angeordnet sind (im Gegensatz zu drei klar angeordneten Reihen zentraler Bauchplatten); durch den Besitz von dunklen Flecken auf einer oder allen Rücken-, Brust-, Bauch- oder Afterflossen (im Gegensatz zu fehlenden Flecken); und durch die 13-18 Platten auf der mittleren Plattenreihe (im Gegensatz zu 20-21 Platten auf der mittleren Reihe)“; (im Original: from Sturisoma it is distinguished by the irregular, numerous central abdominal plates not arranged in defined series (vs. three clearly arranged series of developed central abdominal plates); by the possession of dark spots on either, or all, dorsal, pectoral, pelvic, or anal fins (vs. spots absent); and by having 13–18 plates on the median plate series (vs. 20–21 plates on the median series. Londoño-Burbano & Reis, 2019: 765).
Aufgrund dieser Definition gehören heute folgende Arten zu Sturisomatichthys: Sturisomatichthys aureus; S. caquetae; S. citurensis; S. dariensis; S. festivus; S. frenatus; S. guaitipan; S. kneri; S. leightoni; S. panamensis; S. reinae; S. tamanae und S. varii. Zu Sturisoma zählen: Sturisoma barbatum; S. brevirostre; S. caquetae; S. guentheri; S. lyra; S. monopelte; S. nigrirostrum; S. robustum; S. rostratum und S. tenuirostre.
Aus Paraguay werden wundervolle, teilweise sehr große Sturisoma-Störwelse importiert. Aus dem Rio Paraguay sind zwei Sturisoma-Arten bekannt: der bereits 1853 von Kner beschriebene S. barbatum und der 1904 von Regan beschriebene S. robustum. Die beiden Arten unterscheiden sich auf den ersten Blick nur unwesentlich voneinander.
Das wichtigste anatomische Merkmal, das die beiden Arten unterscheidet, ist die Struktur der Nacken- und Vorderrückenschilder. Bei S. barbatum bestehen sie im wesentlichen aus drei massiven Knochenspangen (plus zwei kleinere Knochenplatten), bei S. robustum aus 17 Knochenplatten.
S. barbatum soll wesentlich länger ausgezogene Flossenfilamente haben als S. robustum. Heute wissen wir aber, dass solche Flossenfilamente sowohl ontogenetisch (also im Verlauf des Lebens während des Wachstums) wie auch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können und zur Artunterscheidung wenig geeignet sind. Betrachtet man die den Originalbeschreibungen beigefügten Abbildungen, so fällt ferner auf, dass S. barbatum insgesamt zierlicher wirkt, der Artname “robustum“ ist von Regan gut gewählt.
Betrachtet man die den Originalbeschreibungen beigefügten Abbildungen, so fällt ferner auf, dass S. barbatum (abgebildet ist ein Männchen) insgesamt zierlicher wirkt, der Artname “robustum“ ist von Regan gut gewählt (bei ihm ist ein Weibchen abgebildet). Bei lebenden Tieren aus Paraguay sieht man sehr gut, dass die Männchen besser S. barbatum, die Weibchen besser S. robustum entsprechen.


Im Hobby benutzt man allgemein den Namen S. robustum, im Handel hingegen werden Störwelse aus Paraguay meist als S. barbatum bezeichnet. Klären kann solche Fragen nur eine wissenschaftliche Studie. Die arttypische Nackenbeschilderung ist auf Photos nicht immer zu erkennen; die von Aquarium Glaser aktuell (2021/22) importierten Tiere entsprechen bezüglich der Nacken- und Vorderrückenschilder, wie man auf den Photos gut erkennen kann, S. barbatum.



Störwelse sind fantastische Aquarienfische, die bis zu 28 cm lang werden können und entsprechend große Aquarien benötigen. Die Männchen sind in der Fortpflanzungszeit an dem ausgeprägten Backenbart zu erkennen, aber auch außerhalb der Laichzeit fällt die Unterscheidung der Geschlechter nicht schwer, wie man auf den Fotos leicht erkennen kann. Die Ernährung ist vielseitig mit einem deutlichen Schwerpunkt auf pflanzlicher Kost.




In Importen aus Paraguay sind also beide Arten vertreten. Da sie sich außerordentlich ähnlich sehen, ist es wichtig, bei Zuchtabsichten auf die Rückenbeschilderung zu achten, um nicht versehentlich gemischte Paare zusammenzustellen.
Bei Fischen aus Paraguay ist allgemein zu beachten, dass die Wassertemperaturen dort jahreszeitlich schwanken und im dortigen Winter recht niedrig sind. Nach erfolgreicher Eingewöhnung sollte man die Fische an unsere Jahreszeiten anpassen und bei 24-26°C im Sommer und 16-18°C im Winter pflegen. Dann züchten sie auch meist willig nach. Abgelaicht wird gerne an der Frontscheibe des Aquariums, das Männchen bewacht Laich und frischgeschlüpfte Jungtiere. Für die Aufzucht der Jungfische ist es unumgänglich, Kot der Elterntiere zu verfüttern, da sie die im Darm lebenden Bakterien und Plize (Endosymbionten) benötigen, um Pflanzenkost verdauen zu können. Beachtet man dies nicht, verhungern die Jungtiere nach der Umstellung von Fleischkost (Artemia-Nauplien etc.), die sie als Anfangsnahrung benötigen, zu Pflanzenkost trotz vollen Magens.
Frank Schäfer
Hier gibt es weiteren Lesestoff: https://www.animalbook.de/navi.php?qs=harnischwelse
Literatur:
Kner, R. (1853): Die Panzerwelse des K.K. Hof-naturalien-Cabinetes zu Wien. I. Abtheilung. Loricarinae. Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe. v. 6: 65-98.
Londoño-Burbano, A. & R. E. Reis (2019): A taxonomic revision of Sturisomatichthys Isbrücker and Nijssen, 1979 (Loricariidae: Loricariinae), with descriptions of three new species. Copeia v. 107 (no. 4): 764-806.
Regan, C. T. (1904): A monograph of the fishes of the family Loricariidae. Transactions of the Zoological Society of London v. 17 (pt 3, no. 1): 191-350, Pls. 9-21.
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Hallo Frank,
sehr lesenswerter Artikel und schöne Bilder. Ich schaue immer wieder gerne auf dem Blog vorbei. Macht weiter so.