Mit 400 Arten stellen die Anolis eine der erfolgreichsten Echsengruppen der Welt dar. Ihr formen- und Individuenreichtum ist unübertroffen. Eine der größten Arten überhaupt ist der Ritteranolis, Anolis equestris.
Diese prachtvolle Echse ist seit jeher ein Traumtier vieler Terrarianer. Ursprünglich gab es das Tier nur auf Kuba, wo es in 11 Unterarten, die sich oft auch farblich unterscheiden lassen, die Baumkronen bewohnt. Schon in den späten 1950er Jahren wurde der Ritteranolis in Florida ausgesetzt und hat sich seither rasant ausgebreitet. Nicht ganz ohne Folgen für die Umwelt, denn diese große Echse – sie erreicht immerhin 15-16 cm Kopf-Rumpflänge, mit Schwanz wird sie gut 50 cm lang – frisst zwar vornehmlich relativ kleine Insekten. Doch bei Gelegenheit verschwinden auch kleine Echsen (u.a. andere Anolis) oder Frösche im Magen dieser Tiere, die MESHADA darum auch als „veritable Tyrannosaurusrex der Bäume“ bezeichnet. Ritteranolis tendieren dazu, Allesfresser zu sein und nehmen bei Gelegenheit sogar Früchte zu sich. Welcher Unterart diese „Florida-Ritteranolis“ angehören, wurde bislang nicht untersucht, gewöhnlich ordnet man sie der Nominat-Unterart zu. Ebenso unklar ist der wissenschaftliche Status der Handel befindlichen Ritteranolis, die in der Regel aus Zuchtfarmen in den USA stammen.
Bei aller Verschiedenheit zeigen die Anolis-Arten doch auch allerhand Gemeinsamkeiten. So haben z.B. alle Arten Haftzehen. Sie klettern zwar nicht ganz so gut an senkrechten Glasflächen wie viele Geckos, aber fast. Der deutsche (etwas aus der Mode gekommene) Name „Saumfinger“ für die Anolis deutet auf die spezielle Zehenstruktur hin. Und alle Anolis haben ausklappbare Kehlsäcke, die sehr auffallend und artspezifisch gefärbt sind. Damit „winken“ vor allem die Männchen, beim Ritteranolis auch die Weibchen. Das hat eine ganz ähnliche Funktion wie der Gesang der Vögel. Man zeigt mit dem Kehlsackwinken an, dass das Revier besetzt ist und teilt Artgenossen mit, dass sie sich von dannen scheren sollen, weil es sonst Ärger gibt. Denn untereinander sind Anolis ziemlich unverträglich. Im Terrarium kann man niemals zwei Männchen zusammen halten, auch Weibchen können zicken. Am besten ist darum beim Ritteranolis die paarweise Haltung. In jüngster Zeit (NICHOLSON et al. 2012) wurde versucht, die große Artenfülle bei Anolis durch die Aufteilung in verschiedene Gattungen etwas besser zu gliedern. Nach dieser Arbeit gehört der Ritteranolis in die Gattung Deiroptyx und heißt dann Deiroptyx equestris. Unter Fachleuten wird die Arbeit von NICHOLSON et al. noch heftig und kontrovers diskutiert.
Trotz ihrer Größe brauchen Ritteranolis gar keine großen Terrarien, denn im Vergleich zu vielen kleinen Anolis-Arten sind es doch eher ruhige Gesellen. In zu kleinen und vor allem zu tief stehenden Terrarien können sie aber Panikattacken bekommen. Als Bewohner von Bäumen empfinden sie jeden Schatten, der von oben kommt, als tödliche Bedrohung, denn Raubvögel sind ihre schlimmsten Feinde. In richtig aufgestellten Terrarien werden die Ritteranolis hingegen recht zahm und es gelingt sogar oft, sie halb frei in der Wohnung zu halten, wobei das Terrarium dann nur noch als Rückzugsmöglichkeit für die Echsen dient.
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Wie viele andere Baumechsen haben Ritteranolis ein Problem damit, stehendes Wasser zu erkennen. In der Natur trinken sie bei Regen, Näpfe gibt es dort nicht. Im Terrarium hilft ein Miniatur-Wasserfall, dieses Problem zu beheben. Wenn die Tiere nicht genug trinken, muss man sie unbedingt mit einer Pipette tränken! Erwachsene Ritteranolis machen mit der Nahrungsaufnahme kaum Probleme. Die üblichen Futterinsekten (immer mit Kalk bestäuben) und gelegentlich süßes Obst erlauben eine abwechslungsreiche Diät. Wichtig ist für diese Baumbewohner UV-Bestrahlung. Frisch geschlüpfte Jungtiere verweigern oft das Futter und müssen dann zwangsgefüttert werden. Die Ursache dafür ist noch ungeklärt.
Literatur:
Meshaka, W. E. (2011): A runaway train in the making: the exotic amphibians, reptiles, turtles, and crocodilians of Florida. Monograph 1. Herpetological conservation & biology 6: 1-101
Nicholson, K. E., Crother, B. I., Guyer, C. & J. M. Savage (2012): It is time for a new classification of anoles (Squamata: Dactyloidae). Zootaxa 3477: 1-108
Lexikon Ritteranolis
Anolis: abgeleitet von einem auf karibischen Inseln für diese Echsen benutzten Namen; Deiroptyx: bedeutet „Nackenfalte“; equestris: bedeutet „Ritter“; warum, ist nicht erklärt, doch schreibt Merrem, der Erstbeschreiber, es handele sich dabei um „Le grand Anolis à écharpe“ (= „der große Anolis mit Schärpe“, wohl in Bezug auf die Färbung) von Cuvier; wahrscheinlich sah Merrem in der Schärpe ein Standeszeichen der Ritter.
Frank Schäfer
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