Die Formen- und Farbenvielfalt der Natur ist schier unerschöpflich und so manches Bauwerk, das wir voller Respekt bewundern, hat in der Natur schon längst eine Kreatur umgesetzt. Was hätten die alten Ägypter wohl gesagt, wenn sie den Pyramiden-Kofferfisch Tetrosomus gibbosus gesehen hätten? Gibt es doch tatsächlich ein Abbild der gewaltigen Totenstätten ihrer Pharaonen in den Korallenriffen des Roten Meeres, Indonesiens, den Philippinen und Teilen des australischen Barriere Riffs.
Der Pyramiden-Kofferfisch ist die einzige der bis dato vier beschriebenen Arten in dieser Gattung, der regelmäßig eingeführt wird. Mit einer Länge von bis zu 30 cm ist er für große Aquarien geeignet.
Da er in den ersten Wochen nicht ganz einfach an das Leben im Aquarium zu gewöhnen ist, ist die Art dem erfahrenen Pfleger vorbehalten. Neben Hauterkrankungen ist es anfangs die oft zögerliche Nahrungsaufnahme, die einem zu schaffen macht.
Die Strömung ist ein weiteres Kriterium das Schwierigkeiten bereitet. Die heutigen Riffaquarien sind oft mit einer starken Wasserumwälzung ausgestattet, was den Kofferfisch zu einem Spielball der Wasserbewegung werden lässt.
Wer sich Kofferfische genauer betrachtet, wird schnell feststellen, dass ihr Außenskelett einem Panzer gleich kommt. Der Körper der Kofferfische ist von verwachsenen, sechseckigen Knochenplatten bedeckt. Lediglich Öffnungen für Flossen, Schwanz, Kiemen, Augen, Maul und Ausscheidungsorganen unterbrechen den Panzer. Dennoch ist die Konstruktion in sich geschlossen, denn alle genannten Organe sind über ein Häutchen mit dem Panzer verwachsen. Dieses schließt die Kiemendeckel ein, was sie damit unbeweglich macht.
Damit das Wasser die Kiemen dennoch durchströmt, muss stattdessen der Mundhöhlenboden für den Wasserstrom durch die Kiemenbögen sorgen.
Viele Kofferfische tragen zusätzlich zum Panzer Auswüchse, die an Hörnchen (z. B. Lactoria cornuta) oder Zacken (z. B. Tetrosomus gibbosus) erinnern. Damit wirken Kofferfische plump. Ihre Manövrierfähigkeit jedoch ist gewaltig und kann mit jedem hochmodernen Hubschrauber konkurrieren. Durch den kantigen Körper entstehen kleine Wirbel, die den Kofferfisch lagestabiler machen, als jeden anderen Fisch. Der stromlinienförmige Körperbau kann sich sehr energiesparend durch das Korallenriff bewegen. Bei Experimenten mit Modellen, die der Morphologie des Kofferfisches nachempfunden wurden, ließ sich ein cw-Wert (Strömungswiderstandskoeffizient) von 0,06 messen.
Anzeige
Kofferfische produzieren ein potentes Gift, das als Pahutoxin (früher: Ostracitoxin) bekannt ist. Es wird unter Stress abgegeben.
Pahutoxin ist ein Nervengift, das auf die Nervenenden wirkt. Dies hat eine Lähmung des Muskelapparates zur Folge. Der Vergiftete erstickt.
Kofferfische sind gegen ihr eigenes Gift unempfindlich.
Die Ursache liegt in dem Wirkungsort des Pahutoxins, das an jene Rezeptoren bindet, die von einer ganzen Reihe von Zellen, aus denen die Kiemen aufgebaut sind, präsent sind. Den Kofferfischen fehlen diese Rezeptoren.
Giftigkeit und ihre Folgen
Die Kofferfische (Ostraciidae) sind nicht die einzigen Giftfische in ihrer Verwandtschaft. Denn sie gehören in die Ordung der Tetraodontiformes, zu der u.a. auch die Drücker-, Kugel- und Igelfische gehören. Und diese Fische sind ebenfalls hochgiftig, jedenfalls wenn man sie verzehrt. Sie besitzen nämlich das Gift Tetrodotoxin, ein extrem starkes Nervengift, das Atemlähmung verursacht. Auch die Kofferfische besitzen dieses Gift in den inneren Organen.
Berühmt wurde das Tetrodotoxin, da manche Kugelfische (Fugu) in Japan als besondere Delikatesse gelten. Es ist dabei weniger der Geschmack, sondern eher die schwache Vergiftung und die dadurch ausgelöste Erregung, die den besonderen Genuss ausmacht. Diesen Genuss bezahlen trotz einer mehrjährigen Ausbildung, die ein Koch machen muss, um Fugu anbieten zu dürfen, jedes Jahr einige Menschen mit dem Leben. Sicher ist es der Schutz durch ihr Gift, der die Kugel- und Kofferfische so relativ furchtlos macht und ihre Pflege darum so besonders reizvoll.
Anzeige
Die Frage ist berechtigt: Eignen sich Kofferfische für eine Pflege im Riffaquarium?
Während man sich darüber einig ist, dass Kofferfische alleine zu transportieren und in einem eigenen Behältnis an das Aquarienwasser zu gewöhnen sind, scheiden sich die Geister bezüglich des Gefahrenpotenzials.
Geht man aber davon aus, dass circa 2.87 µM Pahutoxin ausreicht, um den Tod zu bringen, bleibt zumindest beim Gedanken daran ein mulmiges Gefühl bei der Pflege von Kofferfischen im Aquarium.
Joachim Frische