CITES, auch Washingtoner Artenschutzabkommen (WA) genannt, ist ein internationales Handelsabkommen, das den Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und deren Produkten regelt und dafür sorgen soll, dass durch den Handel keine Arten gefährdet werden. In manchen Fällen funktioniert das ganz gut, in anderen leider gar nicht. Welche Arten in CITES aufgenommen werden und welchen Schutzstatus diese Arten erhalten, wird in regelmäßig stattfindenden CITES-Konferenzen festgelegt.
Die Tier- und Pflanzenarten werden in so genannten Anhängen aufgeführt. Das sind einfach Artenlisten. Anhang 1 bedeutet, dass der Handel mit Wildfängen vollständig verboten ist. Anhang 2 bedeutet, dass der Handel mit Wildfängen zwar erlaubt ist, dass jedoch sowohl das exportierende wie auch das importierende Land eine individuelle Genehmigung erteilen müssen.
Ein Beispiel: wenn ich ein oder mehrere Exemplare einer Tier- oder Pflanzenart, die in Anhang 2 steht, aus z.B. Ghana nach Deutschland importieren möchte, so muss ich zunächst einen Exportantrag in Ghana stellen. Ist der genehmigt, so stelle ich damit einen Importantrag in Deutschland. Nur wenn auch der genehmigt wird, darf ich das oder die Exemplare mit allen erforderlichen Papieren importieren. Mit diesen Papieren lässt sich der legale Status der importierten Exemplare jederzeit beweisen.
Bei Arten, die in Anhang 1 gelistet sind, ist der Handel mit Wildfängen verboten, man bekommt also keine Export- und auch keine Import-Genehmigung. Hingegen ist der Handel mit Nachzuchten natürlich erlaubt, das geht schließlich niemanden etwas an. Aber damit nun nicht jeder einfach behaupten kann, seine wild gefangenen oder gesammelten Exemplare seien Nachzuchten wurde hier eine für einen Rechtstaat sehr problematische Regelung getroffen: eine Umkehr der Beweispflicht. Eigentlich gilt in einem Rechtstaat die Unschuldsvermutung. Das bedeutet, im Verdachtsfall muss der Staat dem Bürger eine Schuld nachweisen und niemals der Bürger seine Unschuld. Doch im Fall von Arten aus Anhang 1 von CITES ist das nicht so. Der Handel und Besitz eines Tieres oder einer Pflanze ist so lange illegal, bis ich beweisen kann, dass es eine Nachzucht ist und zwar der zweiten Generation, um zu verhindern, dass man trächtige Weibchen oder Samen schmuggelt und die Jungen bzw. Sämlinge dann als Nachzucht deklariert.
Geht das überhaupt? Nun ja, im Prinzip schon. Gerade heutzutage, da DNS-Vaterschafts-Tests nur noch einen Appel und nen Knopp kosten. Eine einfache Kotprobe oder ein Stückchen Blattwerk reichen, um die Verwandtschaft zweier Individuen zu beweisen. Aber leider ist dieses Wissen bei der Bürokratie noch nicht angekommen. Und nun wird es kritisch: man muss bei CITES-Arten, die in Anhang 1 stehen irgendwie beweisen, dass sie legal sind.
Das geht z.B. über eine glaubwürdige Einkaufsquittung. Der Himmelblaue Taggecko, eine beliebte und sehr gut züchtbare kleine Gecko-Art war bislang überhaupt nicht in CITES (und auch sonst nicht geschützt), durfte also sowohl als Wildfang wie auch als Nachzucht frei gehandelt werden. Auf der 17. CITES-Konferenz, die ab dem 24. September 2016 zwei Wochen in Johannesburg, Südafrika stattfand, wurde Lygodactylus williamsi von „international gar nicht geschützt und frei handelbar“ zu einer Anhang-1-Art erklärt. Das ist natürlich extrem problematisch, denn viele Halter und Züchter verfügen über keinen Herkunftsnachweis (gerichtsverwertbare Kaufquittung) ihrer Tiere. Nun müssen nach dem Abschluss der Konferenz die Beschlüsse binnen 90 Tagen EU-weit umgesetzt werden. Noch ist also ein wenig Zeit, noch sind Himmelblaue Taggeckos offiziell nicht geschützt (nur nach Bundesnaturschutzgesetz EG-Verordnung 1320/2014 [EG] Anhang:B, seit dem 20.12.2014). Es ist meines Erachtens allen Pflegern und Züchtern dringend zu raten, ihre Tiere jetzt schnellstmöglich zu melden. Das kann man bei jedem Amt mit Dienstsiegel machen, auch beim lokalen Polizeiflecken. Es geht ja nur darum, einen offiziellen Zeugen dafür zu haben, dass man im legalen Besitz dieser Tiere ist. Damit werden auch Wildfänge als „Vorerwerbstiere“ legal bleiben! Also alle Lygos in ein Transportterrarium, und z. B. ab auf die nächste Polizeidienststelle, in die Bürgermeisterei oder sonstwo hin und den Besitz per Dienstsiegel mit Datum bestätigen lassen. Man kann und sollte mit Photos die Tiere dokumentieren, damit nachher niemand behaupten kann, es wären gar keine williamsi gewesen – Beamte mit Artenkenntnis bei Reptilien sind nunmal eher selten.
Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, das jetzt sehr schnell zu erledigen, die Zeit drängt ungeheuer! In ähnlichen Fällen wurde in der Vergangenheit den Haltern von uneinsichtigen Behörden manchmal richtig Ärger gemacht. Der Halter von Lygodactylus williamsi, der keinen Beweis für den legalen Vorerwerb hat, ist, wenn das Gesetz erst einmal verabschiedet ist, auf Gedeih und Verderb der Willkür des bearbeitenden Beamten ausgeliefert. Vorbeugen ist in diesem Fall unbedingt angesagt!!!!
Ob die Listung des Himmelblauen Taggeckos in CITES, Anhang 1, sinnvoll ist? Das ist eine völlig andere Geschichte. Es gibt Argumente dafür und dagegen. Die Erfahrung in ähnlich gelagerten Fällen zeigt, dass eine solche Listung keinen positiven Einfluss auf die wildlebenden Bestände hat, sondern im Gegenteil zu einem illegalen Handel führt, der einen größeren Umfang hat, als der legale Handel zuvor. Wenn man es nicht schafft, die Bevölkerung vor Ort vom Sinn des Artenschutzes im Allgemeinen und von der des Himmelblauen Taggeckos im Speziellen zu überzeugen, sind ohnehin alle am grünen Tisch beschlossenen Gesetze vollkommen wirkungslos.
Frank Schäfer
Sie interessieren sich für mehr Hintergründe? Lesen Sie sie hier nach: https://www.aqualog.de/blog/der-himmelblaue-taggecko-die-terrarianer-koennen-ihn-retten/
Anzeige
Pingback: Blog Amphibien & Reptilien – aquaterra70