Die Schmuckhornfrösche (Ceratophrys) sind seit jeher begehrte Terrarientiere, wenngleich sie die Gemeinde der Terrarianer in zwei Lager spalten: die einen hassen sie, die anderen lieben sie. Gleichgültig lassen sie niemanden.
Es gibt sieben oder acht Arten (der Status von C. testudo ist immer noch unklar). Bis auf C. cornuta, von dem auch ab und zu Wildfänge zu haben sind, sind alle im Handel befindlichen Schmuckhornfrösche Nachzuchten. Oftmals sind diese Tiere keiner der natürlichen Arten mehr zuzuordnen, denn bei den Schmuckhornfröschen wird munter durcheinandergekreuzt.
Diese Frösche werden hauptsächlich in den USA kommerziell gezüchtet. Die Tierhaltung in den USA unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der in Mitteleuropa. Während in Mitteleuropa bei Terrarianern und Aquarianern das naturwissenschaftliche Interesse, die Beobachtung und das Studium von Verhaltensweisen, sowie die Erforschung der Naturgeschichte der einzelnen Arten im Vordergrund des Interesses steht, während das gepflegte Individuum per se von untergeordneter Bedeutung ist, ist das in den USA genau umgekehrt. Hier pflegt eine Mehrheit auch Terrarientiere als echte Heimtiere, als „Pets“, das gepflegte Individuum wird als Familienmitglied verstanden und der Pfleger versucht, eine empathisch motivierte Beziehung zu dem Tier aufzunehmen.
Unter den etwa 6.400 Arten von Amphibien eignet sich kaum eine für diesen „Pet“-Gedanken. Zum einen sind alle Amphibien prinzipiell asozial und zum anderen sind bunte Farben bei Amphibien in aller Regel Warnfarben, die auf Giftigkeit hinweisen. Ein direkter Umgang mit solchen Tieren verbietet sich von selbst. Wie gelang da den Schmuckhornfröschen der Weg in die Herzen der „Pet“-Halter?
Das liegt in an einer einmaligen Kombination von Eigenschaften, die nur die Schmuckhornfrösche aufweisen. Erstens sind sie bizarr geformt und auffällig gefärbt. Beides tritt jedoch nur bei der Terrarienhaltung hervor, denn in der Natur sorgen Form und Färbung für perfekte Tarnung. Die natürliche Lebensweise der Schmuckhornfrösche besteht darin, halb eingegraben im Waldboden in der Laubschicht zu sitzen und auf vorüberkommende Beute zu lauern. Schmuckhornfrösche werden vergleichsweise groß (bis 22 cm), eine weitere wichtige Voraussetzung für ein „Pet“. Trotz dieser Größe brauchen sie nur sehr wenig Platz, denn ohne Not bewegen sie sich nicht. Auch das ist für ein Tier, das sich als „Pet“ eignen soll, unabdingbare Voraussetzung.
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Schmuckhornfrösche gehören zu den ganz wenigen Amphibienarten, die so verfressen sind, dass sie auch tote Nahrung von der Pinzette nehmen. Das sonst bei der Amphibienpflege unverzichtbare Verfüttern lebender Insekten und Würmer empfindet der typische „Pet“-Halter als eklig und lehnt es ab. Schließlich und endlich zeigen Schmuckhornfrösche kein Fluchtverhalten. In der Natur vertrauen sie vollständig auf ihre perfekte Tarnung. Dieses angeborene Verhalten wird von „Pet“-Pflegern als angenehme Zahmheit verstanden. Die aufgezählte Kombination von Eigenschaften scheint ausreichend zu sein, um eine kommerzielle Zucht von Fröschen für die Heimtierhaltung, wie sie ansonsten kaum eine Chance auf wirtschaftlichen Erfolg hat, zu rechtfertigen. Da schadet auch eine negative Eigenschaft der Schmuckhornfrösche nicht: sie sind sehr bissig. Man mag meinen, der Biss eines Frosches sei nicht weiter schlimm. Seien Sie gewarnt: Schmuckhornfrösche haben Zähne und der Biss eines großen Exemplares hinterlässt blutende Wunden.
Die Pflege von Schmuckhornfröschen ist sehr einfach. Zusätzliche Heizung oder Beleuchtung ist bei Zimmerhaltung in normal klimatisierten Räumen überflüssig. Schmuckhornfrösche dürfen immer nur einzeln gehalten werden, untereinander sind sie aggressiv. Viele Pfleger halten ihre Schmuckhornfrösche auf feuchtem Küchenpapier oder Schaumstoff, denn bei dem gewaltigen Appetit der Tiere fällt reichlich Kot an. Naturnäher ist die Pflege auf natürlichem (Laub-!)Waldboden. Die darin befindlichen Mikroorganismen, Pilze, Kleinstinsekten etc. bauen die anfallenden Exkrementen ab. Aber hier ein wirkliches Gleichgewicht zu erreichen ist hohe Schule der Terraristik und gelingt meist erst nach jahrelanger Erfahrung. Für die „Pet“-Halter scheidet diese Methode von vornherein aus. Bei der Fütterung ist unbedingt darauf zu achten, die Futtertiere (es können, wie schon erwähnt, tiefgefrorene Tiere sein, die allerdings erst unmittelbar vor dem Verfüttern aufgetaut werden dürfen, weil sie nach dem Auftauen sehr schnell verderben) mit Kalk und Vitaminen anzureichern. Jungtiere füttert man alle 2-3 Tage, bei erwachsenen Tieren reicht eine Fütterung pro Woche völlig aus.
Eine Zucht ist privaten Liebhabern nur schwer möglich und (wenn es sich nicht um Wildfänge oder Wildfangnachzuchten gleicher Herkunft handelt, bei denen ein Interesse besteht, sie in Erhaltungszucht zu pflegen) auch kaum sinnvoll, denn wo soll eine Privatperson die zahlreiche Nachkommenschaft unterbringen?
Die Männchen bleiben erheblich kleiner als die Weibchen. Kannibalismus ist die häufigste Ursache für das Scheitern von Zuchtansätzen. Für die Zuchtstimulation imitiert man zunächst eine Trockenzeit mit kühlen Temperaturen (um 15°C), relativ trockenen Haltungsbedingungen und Kurztag-Lichtregime. Anschließend erhöht man die Temperatur, setzt die Tiere nach reichlicher Fütterung in ein Beregnungsbecken unter Langtagbedingungen. Ohne zusätzliche hormonelle Stimulation gelingt die Zucht mit Wildfängen dennoch nur unzuverlässig, während Nachzuchtexemplare diesbezüglich wenig Probleme machen. Die Kaulquappen (ein Gelege umfasst bis zu 5.000 Eier) sind bereits kannibalisch und müssen daher einzeln aufgezogen werden.
Schmuckhornfrösche sind auf dem besten Weg, ähnlich wie Goldhamster und Zebrafinken zu Haustieren, zu Pets zu werden. Für „normale“ Terrarianer sind sie vielleicht nur mäßig interessant, aber den Weg der Domestikation eines solchen, uns Menschen entwicklungsgeschichtlich so fern stehenden Wesens zu beobachten, ist dennoch sehr spannend!
Frank Schäfer