Scheinbar hat jeder irgendwann schon einmal Keilfleckbärblinge (Trigonostigma heteromorpha) gepflegt, so groß war und ist immer noch die Popularität dieses wunderschönen Fisches. Doch wer denkt schon darüber nach, dass dieser Fisch in Deutschland oft Keilfleck-Barbe und im englischen Sprachraum „Rote Rasbora“ genannt wird?
Dabei sind beide der alternativen Namen nicht leicht nachzuvollziehen und auch wenig diagnostisch. So fehlen dem Keilfleckbärbling Barteln, und das sollte doch eines der deutlichsten Kennzeichen einer „Barbe“ (der Name „Barbe“ bedeutet „der Bärtige“ und spielt auf die Barteln an) sein.
Der zweite Name führt auch nicht weiter, denn der Keilfleckbärbling ist nicht unbedingt stärker rot gefärbt als der nächste Verwandte, Espes Bärbling (Trigonostigma espei) oder kontrastreicher als der Glühlicht-Keilfeckbärbling (Trigonostigma hengeli). Auch der weniger gut bekannte, stark vom Aussterben bedrohte Somphongs Bärbling (Trigonostigma somphongsi), der heutzutage leider kaum im Hobby vertreten ist, kann unter entsprechender Beleuchtung sehr rot sein.
Ich persönlich finde zwei der englischen Populärnamen, nämlich „Lammkotelett“ (lamb chop) für T. espei und „Schweinekotelett“ (pork chop) für T. hengeli – sie beziehen sich auf den Keilfleck, der entfernt an die Form eines Koteletts erinnert – besonders amüsant, denn man muss schon ziemlich viel Vorstellungsgabe mitbringen, um hier zwischen Lamm und Schwein zu unterscheiden! Den eigentlichen Keilfleckbärbling hat man nie mit Koteletts in Verbindung gebracht, genauso wenig Somphongs Bärbling, der auch keinen eigentlichen Keilfleck, sondern nur einen Strich in der hinteren Körperhälfte aufweist.
Der Keilfleckbärbling ist nicht nur einer der populärsten Aquarienfische überhaupt, sondern gehört auch zu den Dienstältesten. Er kam schon 1906 nach Europa, nur zwei Jahre nachdem die Art von G. DUNCKER entdeckt und als Rasbora heteromorpha in den Mitteilungen aus dem Naturhistorischen (Zoologischen) Museum in Hamburg beschrieben worden war.
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Der Artname „heteromorpha“ (= „von verschiedener Gestalt“) bezieht sich auf die Hochrückigkeit – verglichen mit den eher stromlinienförmigen Arten, die damals ansonsten in der Gattung Rasbora standen. 1999 gliederten M. KOTTELAT und K. E. WITTE die Keilfleckbärblinge aus Rasbora aus und vergaben für sie den passenden Namen Trigonostigma (= Dreiecksfleck), der sich auf den für drei der Arten so typischen Keilfleck bezieht.
Man sagt, zu viel Vertrautheit schadet nur, aber für den Keilfleckbärbling trifft dieses Sprichwort nicht zu. Er ist immer noch stark nachgefragt. Dafür gibt es viele Gründe, aber einer davon ist sicher der, dass die Art leicht zu pflegen ist.
In der Natur, also in Indonesien, Malaysia, Singapur und Thailand, bewohnt der Keilfleckbärbling Waldbäche, die weiches, leicht saures Wasser führen und wo ein dämmeriges Licht herrscht. Aber im Aquarium wird ein recht weiter Bereich von Bedingungen toleriert, was sicher zumindest zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Art schon so lange kommerziell gezüchtet wird. So kann man einen pH-wert zwischen 5,5 und 7,5, eine Härte zwischen 1 und 12°dH und eine Temperatur zwischen 22 und 28°C für den normalerweise rund 3 cm, maximal bis zu 5 cm langen Fisch wählen. Eine Schwimmpflanzendecke, eine dichte Bepflanzung des Aquariums und ein dunkler Bodengrund sorgen dafür, dass das Tier in seinen schönsten Farben erstrahlt.
Bezüglich des Futters ist der Keilfleckbärbling unproblematisch, eine große Palette möglicher Futtermittel wird akzeptiert; man sollte aber daran denken, dass der Fisch in der Natur Kleintierfresser ist und gelegentlich Frost- und Lebendfutter reichen.
Trigonostigma heteromorpha ist ein friedlicher Schwarmfisch. Darum sollte man niemals Einzelexemplare pflegen. Ein Trupp sollte mindestens aus fünf, besser mehr Exemplaren bestehen. Dann zeigen die Keilfleckbärblinge ein reiches Sozialverhalten, sind nicht scheu und zeigen ihre schönsten Farben.
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Bezüglich des Fortpflanzungsverhaltens haben Keilfleckbärblinge eine faszinierende Strategie entwickelt. Anstatt, wie die meisten Bärblinge, ihre Eier frei in Pflanzen zu verstreuen, laichen Keilfleckbärbling mit dem Bauch nach oben an der Unterseite von Pflanzenblättern ab. Das tun sie auch im Gesellschaftaquarium, jedoch muss man ein Paar zur Zucht in ein separates Aquarium setzen. Nach dem Ablaichen müssen nämlich die Eltern entfernt werden, die ihren Laich sonst verzehren. Bei Temperaturen im oberen Bereich brauchen die Eier 24-48 Stunden, um zu schlüpfen und bis zu einer Woche, um frei zu schwimmen. Dann benötigen sie feinstes Futter zur Aufzucht.
Verschiedene Farbformen des Keilfleckbärblings sind im Handel verfügbar, die Blaue und Goldene sind sicher die bekanntesten. 2012 veröffentlichen R. A. Collins et al. (PLoS ONE, 7(1):e28381) eine Studie, nach der die Trigonostigma heteromorpha im Handel eine Anzahl nahezu identisch aussehender, aber verschiedener Arten (kryptische Arten) darstellen. Überraschenderweise wird in dem Artikel der Keilfleckbärbling als Rasbora heteromorpha bezeichnet…
Lexikon Keilfleckbärblinge
Trigonostigma: bedeutet „Dreiecksfleck“
heteromorpha: bedeutet „von verschiedener Gestalt“
Rasbora: nach der bengalischen Bezeichnung für eine der Arten
hengeli: Widmungsname für J. von Hengel, einem holländischen Zierfischimporteur
espei: Widmungsname für H. Espe, einem deutschen Zierfischimporteur
somphongsi: Widmungsname für den thailandischen Zierfischexporteur Somphongs
John Dawes
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