In Menschenobhut entstehen von nahezu allen Tier- und Pflanzenarten über kurz oder lang Zuchtformen. Mancher findet sie schöner, mancher weniger begehrenswert als die Naturformen. Ich will Ihnen heute zwei seltene Wildformen von Lebendgebärenden Zahnkarpfen vorstellen, deren Zucht über Generationen hinweg mindestens so anspruchsvoll ist, wie das Erzüchten neuer Spielarten.
Priapella olmecae
Die Gattung Priapella umfasst derzeit 6 beschriebene Arten, von denen P. intermedia und P. compressa bisweilen im Handel auftauchen. Eine Art, P. bonita, ist wohl ausgestorben, zumindest sind alle bekannten Wohngewässer der Art durch Zuckerfabrikabwässer verseucht, die Fische dort nicht mehr nachweisbar.
Alle Priapella-Arten sind Oberflächenfische, die in der Natur an relativ stark strömendes Wasser angepasst sind. Hier stehen sie im Schwarm mit dem Kopf gegen die Strömung und springen nach kleinen Insekten, die ihre Hauptnahrung bilden. Besonders auffallend sind die leuchtend blauen Augen, die es an Leuchtkraft leicht mit denen der Leuchtaugenfische (Aplocheilichthys) aufnehmen können.
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Die Pflege der schönen Tiere im Aquarium ist nicht schwer, aber anspruchsvoll. Man sollte sie im Schwarm halten, damit ihre volle Schönheit zur Geltung kommt. Es handelt sich um sehr friedliche Fische. Das Aquarium sollte nicht zu klein sein, sonst sind die Fische scheu; geeignet sind Aquarien ab 80 cm Kantenlänge, mehr ist besser. Die Tiere mögen ein gut ausgeleuchtetes Aquarium mit kräftiger Filterung, die Temperatur sollte im Bereich von 21-26°C liegen. Mittelhartes bis hartes Wasser mit einem pH-Wert über 7,5 ist zu bevorzugen, auch wenn Priapella in der Natur in vergleichsweise weichem Wasser vorkommen (GH 3-8°dH, KH 3-4°dH). Bakterielle Wasserbelastung wird nur schlecht vertragen, kräftige, möglichst häufige Teilwassserwechsel (ich rate zu 30-50% wöchentlich) sind eine wichtige Pflegemaßnahme.
Gefressen wird jegliches übliches Zierfischfutter, allerdings nicht vom Boden. Anflugnahrung (Essigfliegen) und Schwarze Mückenlarven sind Leckerbissen für die Fische. Erfahrene Züchter schwören auf die Anflugnahrung als wesentliches Mittel zur erfolgreichen Nachzucht. Die Tragzeit beträgt 35-42 Tage und es werden 8-25 Jungtiere pro Wurf geboren. Pflanzen werden von Priapella olmecae nicht beschädigt.
Xenophallus umbratilis
Aus Costa Rica stammt dieser niedliche Fisch. Hier kommt er in nur wenigen Gewässern vor, die in den Atlantik entwässern. Es handelt sich um recht zarte, dabei aber keineswegs empfindliche Fische. Die Männchen werden etwa 4 cm, die Weibchen etwa 5 cm groß.
Solche Besonderheiten pflegt man nicht in bunt zusammengewürfelten Gesellschaftsaquarien, sondern stellt ein Becken ganz gezielt für sie zusammen. Andernfalls hätte man wenig Freude an den Fischen, denn in unpassender Gesellschaft wirken sie blass und unscheinbar. Ganz anders in ruhigen, dicht bepflanzten und nicht zu hell erleuchteten Aquarien. Der Fisch trägt seinen (allerdings wenig gebräuchlichen) deutschen Namen “Schattenkärpfling” nicht zu Unrecht. Wie in der Natur meidet er offene, hell erleuchtete Partien des Aquariums. Ist das Becken wie oben beschrieben eingerichtet, mit sauberem Wasser und einer guten, wenn auch nicht übermäßigen Strömung ausgestattet, so wird man von der Farbenpracht der balzenden Männchen begeistert sein.
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Wie bei vielen anderen Lebendgebärenden machen sie eine Rangordnung untereinander aus, die man als Aquarianer an der Färbung der Rückenflosse erkennen kann. Je orangefarbener, desto höher im Rang steht das Tier.
Man pflegt Xenophallus umbratilis bei Temperaturen zwischen 20 und 24°C. Die Weibchen gebären nach etwa 28 Tagen Tragzeit 15-25 Jungtiere, die sehr zart wirken und mit Artemia-Nauplien aufgezogen werden sollten.
Frank Schäfer
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