Raubfische sind faszinierende Geschöpfe. Sie mussten zahlreiche Strategien entwickeln, um an ihre Nahrung zu gelangen – andere Fische, also Tiere, die den Räubern bezüglich Intelligenz und Anpassungsvermögen ebenbürtig sind. Eben darum sind Raubfische besonders spannende Beobachtungsobjekte im Aquarium. Wie beschleichen sie ihre Beute? Welche Beutefische werden bevorzugt erjagt? Wie reagieren sie auf Artgenossen – sehen sie in ihnen Konkurrenten oder jagen sie gemeinsam? Wie finden sich bei einzelgängerischen Raubfischen die Geschlechtspartner zur Fortpflanzungszeit? Das sind nur einige wenige Fragen, auf die für die meisten Arten bislang kaum Antworten gegeben werden können. Ein weites Feld also für forschende Aquarianer.
Hinzu kommt noch, dass die meisten Raubfische entweder sehr elegante oder aber sehr bizarre Körperformen haben. Und fast alle sind – für Fischverhältnisse – besonders intelligent und manchmal scheint es gar, als könne man zu diesen uns stammesgeschichtlich so fern stehenden Geschöpfen sogar eine Art gegenseitiger Beziehung aufbauen.
Leider haben fast alle Raubfische aber eine unangenehme Eigenschaft: die meisten werden zu groß für durchschnittliche Aquarienmaße. In vielen Fällen können wir darum nur Jungtiere auf Zeit pflegen und müssen uns von ihnen wieder trennen, wenn es gerade schön wird. Schade!
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Eine diesbezüglich Ausnahme findet sich mit Acestrorhynchus minimus, einem Barrakuda-Salmler aus Amazonien. Die Barrakuda-Salmler sind mit 14 derzeit anerkannten Arten weit in Südamerika verbreitet. Die meisten Arten werden 20-30 cm lang, können in sehr großen Aquarien also noch ganz gut gepflegt werden. Doch Acestrorhynchus minimus wird sogar nur etwa 8-10 cm lang und kann somit auch in mittelgroßen Aquarien von vielleicht 120 cm Kantenlänge noch hervorragend untergebracht werden. Leider wird die Art nur sehr selten importiert. Aus wissenschaftlichen Aufsammlungen kennt man den Fisch, dessen Typuslokalität der Lago Jacaré am Rio Trombetas in Brasilien ist, aus Brasilien, Venezuela und dem brasilianisch-kolumbianischen Grenzgebiet. Das abgebildete Exemplar stammt aber aus Peru, jedoch passen alle diagnostischen Merkmale der Art. Von morphologisch ähnlichen, großwüchsigen Arten, kann man A. minimus am sichersten dadurch unterscheiden, dass A. minimus nur einen dunklen Fleck auf der Schwanzwurzel hat, nicht aber am Ende des Kiemendeckels.
Die herrliche grüne Körperfarbe zeigen die Fische leider nur bei entsprechender Beleuchtung von der Seite; am schönsten wirken sie, wenn zeitweise die Sonne in das Aquarium scheint. Die Aufnahme entstand ohne Blitzlicht bei seitlichem Tageslichteinfall.
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Der Zwerg-Barrakuda-Salmler ist gegenüber Artgenossen und artfremden Fischen, die als Beute nicht in Frage kommen, vollkommen friedlich. Futterfische sollten die Länge des Kopfes von Acestrorhynchus minimus nicht wesentlich überschreiten. Es ist aber grundsätzlich empfehlenswert, die Fische frühzeitig an tiefgekühlte Fischstückchen (ideal eignet sich dazu Stint, Osmerus eperlanus) zu gewöhnen, denn die ständige Gabe von lebenden Futterfischen ist aus mehreren Gründen problematisch: die ganzjährige, ausreichende Beschaffung kann Probleme bereiten und die Futterfische können sehr leicht Krankheiten mitbringen. Sehr sentimentale Menschen könnten mit der Zeit auch Skrupel entwickeln, lebende Fische zu verfüttern.
Insgesamt ist der Zwerg-Barrakuda-Salmler ein ideales Beobachtungsobjekt für Aquarianer, die Raubfische studieren wollen, jedoch nur eingeschränkte räumliche Möglichkeiten dazu haben.
Frank Schäfer
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