Zum 25-jährigen Bestehen von AQUALOG beschäftigt sich das Bookazine 9 schwerpunktmäßig mit Harnischwelsen. Das erste Buch von AQUALOG erschien 1995 und behandelte alle L-Nummern. Bookazine 9 enthält einen Katalog aller bislang erschienen 105 LDA-Welse, die aquaristisch interessantesten werden anschließend in Portraits ausführlich vorgestellt und zusätzlich werden für weitere 15 im Hobby vorhandene Harnischwelse neue LDA-Nummern verben, so dass die Gesamtzahl beschriebener LDA-Nummern jetzt bei 120 liegt.
Außerdem gibt es einen ausführlichen Bericht zu der terraritsisch bislang kaum erschlossenen, kleinbleibenden, sehr schönen Landschildkrötenart Kinixys spekii aus Afrika, der im Süßwasseraquarium nahezu universell einsetzbaren Schwimmpflanze Pistia stratiotes (Muschelblume), einen Rückblick auf 25 Jahre AQUALOG und den beliebten Magazinteil mit Kurzberichten. Zum Jubiläum hat der Verlag zusätzlich 48 Seiten ohne Preisaufschlag spendiert, so dass dieses Bookazine 9 statt der regulären 144 Seiten 192 Seiten Lesestoff bietet.
So viel zum Bookazine No9 allgemein. Erstmals in der Literatur werden dort alle Arten der Zwerg-Harnischwelse Nannoptompoma vorgestellt, beide wissenschaftlich beschriebenen und zwei weitere, wissenschaftlich noch unbeschriebene, die die LDA-Nummern 109 und 110 erhalten
Harnischwelse sind bekanntlich eine sehr artenreiche und formenreiche Fischgruppe. Die größten Arten können gut einen Meter lang werden; Nannoptopoma gehören zu den allerkleinsten bekannten Arten, sie erreichen nur ca. 3-4 cm Totallänge.
Bisher sind nur zwei Arten der Zwergsaugwelse der Gattung Nannoptopoma wissenschaftlich beschrieben, nämlich N. spectabile und N. sternoptychum; im Hobby kennen wir zudem zwei unbeschriebene Arten aus Peru, die im Bookazine als LDA109 und 110 vorgestellt werden. Während N. spectabile und N. sternoptychum farblich wenig auffällig sind und sich vor allem anatomisch unterscheiden (die Brustflossen sind bei N. sternoptychum erheblich länger, zudem hat die Art eine Reiche auffälliger Knochenplättchen im Bereich des Brustgürtels, s. Bilder), sind LDA 109 und 110 sehr attraktiv gefärbt und unterscheiden sich farblich deutlich voneinander.
Die Gattung Nannoptopoma ist gut erkennbar anhand der sehr weit seitlich am Kopf sitzenden Augen, die eine Sicht nach oben wie nach unten erlauben. Eine derartige Augenstellung findet man sonst nur noch bei den erheblich größer werdenden Hypoptopoma und Oxyropsis. Zeitweise wurde Nannoptopoma sogar als Synonym zu Hypoptopoma gesehen, doch aktuellste wissenschaftliche Untersuchungen haben die Abspaltung und Eigenständigkeit von Nannoptopoma wieder bestätigt (Delapieve et al, 2018).
Frisch importierte Nannoptopoma sind ziemlich empfindlich, was vermutlich mit der Qualität der Hälterung im Ursprungsland zu tun hat. Einmal erfolgreich eingewöhnt (wobei sich stichfester Joghurt als Futtermittel zum Wiederaufbau einer gestörten Darmflora sehr bewährt hat, Mike Meuschke, mündl. Mitt.) sind sie aber keineswegs extrem anspruchsvoll. Genügend Totlaub als Basisnahrung sollte stets im Aquarium vorhanden sein (Buche, Eiche, Seemandel, kleine Mengen Walnuss). Manche Pfleger empfehlen größere Aquarien, die die Tiere zum großen Teil von allein ernähren und stabilere Wasserbedingungen bieten. In jedem Fall sind Nannoptopoma-Arten nur Pflegeobjekte für erfahrene Aquarianer, zumal sie sich oft recht scheu zeigen.
LDA 109 sind ganz entzückende, winzige Welse, die größten Exemplare waren gerade einmal 3 cm lang (inkl. Schwanzflosse); der Import erfolgte 2020 durch Aquarium Glaser. Die Fische sind ziemlich aktiv und bei Beunruhigung (z.B. beim Umsetzen in das Fotografieraquarium) versuchten sie, an der Scheibe aus dem Wasser heraus zu klettern; ein solches Verhalten zeigen gewöhnlich nur Fische aus stark strömenden Gewässern, wie z.B. Flossensauger. Weitere Angaben zu Pflege und Zucht sind aufgrund der erst kurzen Zeit, die diese Tiere im Hobby zur Verfügung stehen, noch nicht machbar. Allerdings wurden N. specabile bereits im Aquarium gezüchtet. Das Fortpflanzungsverhalten erinnert an Hypoptopoma, d.h. die Tiere sind keine Höhlenlaicher, sondern die Gelege werden offen (z.B. an einer der Aquarienscheiben) abgesetzt, aber die Männchen betreiben Brutpflege bis zum Freischwimmen der Jungtiere.
Nannoptopoma sp. Peru / LDA110 steht, genau wie LDA 109, in anatomischer Hinsicht N. spectabile näher als N. sternoptychum. Wie bei N. spectabile reichen die Spitzen der angelegten Brustflossen nicht bis zum Ansatz der Afterflosse und Knochenschilder auf der Bauchseite oberhalb des Schultergürtels fehlen. Es gibt jedoch keinen Zweifel daran, dass es sich bei LDA109 und LDA110 um wissenschaftlich neue, unbeschriebene Spezies handelt.
Alles in allem sind Nannoptopoma sowohl aquaristisch wie auch wissenschaftlich gesehen hochinteressante Zwergharnischwelse, an denen es noch sehr viel zu erforschen gibt!
Frank Schäfer
Literatur:
Delapieve, M. L. S., P. Lehmann A and R. E. Reis (2018): An appraisal of the phylogenetic relationships of Hypoptopomatini cascudinhos with description of two new genera and three new species (Siluriformes: Loricariidae). Neotropical Ichthyology v. 15 (no. 4) e170079 (für den 18 Dez. 2017): 1-37
Weidner,T. & Dotzer,P.(2004): Klein, aber oho! Nannoptopoma cf. spectabilis. (Das Aquarium, 415,1:21-24): 2004/01:21-24