Der Altmeister der Terrarienkunde, Wilhelm Klingelhöffer (1871-1953), unterschied in seinem bis heute gültigen Werk “Terrarienkunde” (Erstauflage 1931, zweite, vollständig überarbeitete Auflage in vier Bänden 1955-1959) die Schlangen nach ökologischen Gesichtspunkten. Als eine der reizvollsten Gruppen schildert er die Wassernattern.
Diese moderne Idee ist unübertroffen, denn die ökologischen Ansprüche einer Schlangenart sind für eine erfolgreiche Pflege und Zucht im Terrarium viel entscheidender als ihre verwandtschaftlich-systematische Einordnung im zoologischen System. So werden denn auch folgerichtig Schlangen aus ganz unterschiedlichen Gattungen und Familien zu den Wassernattern gezählt. Zwar gibt es Schlangengruppen, bei denen fast alle Arten mehr oder weniger Wassernattern sind (etwa Natrix), aber auch hier gibt es Ausnahmen. Es ist z.B. vollkommen falsch, alle Strumpfbandnattern (Thamnophis) zu den Wassernattern zu zählen, auch wenn sich in dieser Gattung ganz besonders viele Arten finden, die dieser ökologischen Gruppe zuzuordnen sind.
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Allgemeine Ansprüche
Was ist nun eine Wassernatter und wie pflegt man sie? Unter einer Wassernatter wird hier eine Natter verstanden, die im Freileben immer in oder an Gewässern vorkommt und sich hauptsächlich von Fischen und Fröschen ernährt. Schon früh erlkannte man, dass Wassernattern im Terrarium eine eher trockene Haltung viel besser vertragen als eine vermeintlich naturnahe feuchte. Wie kommt das? Dauerhaft feucht gehaltene Wassernattern erkranken durch die unnatürliche Staunässe, die im Terrarium auftritt, nahezu zwangsläufig an “Pocken”. Das sind eitrige Hautpusteln, die, wird die falsche Haltung nicht geändert, zum Tode des Tieres führen. Die wichtigste Forderung für ein Wassernatterterrarium ist demnach: es muss, muss, muss, muss ein absolut trockener Ruheplatz für die Schlangen im Terrarium vorhanden sein.
Terrarianer, die sich hauptsächlich mit der Zucht solcher Schlangen beschäftigen, pflegen sie daher ganz pragmatisch in einem trockenen Terrarium mit einem besonders großen Wassernapf. Als Bodengrund verwenden sie oft Zeitungspapier oder Hobelspäne. Diese rein nach hygienischen Gesichtspunkten gestaltete Pflege ist möglich, aber aus ästhetischen Gründen natürlich wenig befriedigend. Schließlich betreibt die Mehrzahl der Terrarianer ihr Hobby aus biologischem Interesse und da möchte man möglichst viele natürliche Verhaltensweisen beobachten können. Dazu eignet sich ein Aqua-Terrarium am besten. Der Wasserteil sollte dabei so eingerichtet sein, dass man wie in einem normalen Aquarium das Geschehen unter Wasser durch die Frontscheibe beobachten kann. Damit man die Forderung nach trockenen und – das ist allerdings artabhängig – warmen Ruheplätzen in einem Aquaterrarium erfüllen kann, muss eine wirksame Sperre zwischen Wasser- und Landteil vorhanden sein. Diese Forderung lässt sich in vertikaler Bauweise viel leichter verwirklichen als in horizontaler Bauweise. Denn wenn die Schlangen das Wasser verlassen verschleppen sie am Körper haftendes Wasser in die Trockenzone. Der Schwerkraft folgend sickert das Wasser vom Körper nach unten in den Bodengrund, der dadurch feuchter und feuchter wird.
Benutzt man jedoch die gesamte Bodenfläche des Aquaterrariums als Aquarium und schafft die Ruheplätze oberhalb des Wasserbeckens, so tropft das Wasser von den Schlangen einfach zurück ins Wasserbecken. Außerdem lässt sich in hohen Terrarien viel leichter ein Temperaturgefälle aufbauen, wie es die Tiere in der Natur erleben. Das Wasser ist der kühlste Teil des Terrariums, hier kühlen die Schlangen während der Jagd etc. auch entsprechend aus. Ein Spot als Wärmequelle von oben ermöglicht es der Schlange, den Platz im Terrraium aufzusuchen, der die optimale Wärme für sie bietet.
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Das spezielle Wassernatterterrarium
Für die Verwirklichung dieses Prinzipes gibt es mehrere Möglichkeiten. Die einfachste besteht darin, an die linke, rechte und hintere Beckenscheibe mit Silikon 1-2 cm breite Glasstreifen in der Höhe anzukleben, die der Höhe des Wasserspiegels entspricht. Diese Glasstreifen dienen als Haltepunkte für Äste und Zweige, die den Landteil darstellen. Für grazile, gut kletternde Arten, die zudem lebendgebärend sind, ist das die ideale Hälterungsform.
Für schlecht kletternde oder eierlegende Arten muss man sich aber etwas anderes überlegen. Hier beginnt man aber trotzdem wie oben beschrieben mit dem Einkleben von Glasstreifen. Diesmal dienen diese aber als Auflage für ein absolut passend gebautes, kleines weiteres Aquarium, das etwa die Hälfte der Bodenfläche des Hauptbeckens einnehmen sollte. Also: Hat das Hauptbecken z.B. eine Bodenfläche von 80 x 50 cm, so sollte das “Landteilaquarium” eine Fläche von 80 (minus doppelter Seitenscheibendicke) x 25 cm aufweisen. Eine Höhe von 10 -15 cm ist völlig ausreichend. Dieses Landteilaquarium wird wie eine Schublade auf den eingeklebten Glasstreifen geschoben. So kann man es im Bedarfsfall (z.B. für die lustige Eiersuche) leicht herausnehmen. Eine Besonderheit dieses Beckens: es muss an der Vorderkante, wo Bodenscheibe und Frontscheibe aneinanderstoßen, undicht gebaut sein. Diese Kante dient als Drainage für überschüssiges Wasser, das in das darunterstehende Aquarium abtropfen kann. Sonst kommt es auch hier zu dem zuvor beschriebenen Versumpfungseffekt.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass Terrarien von der Stange für diese Zwecke nur bedingt geeignet sind. Aus statischen Gründen sollte ein dickeres Glas als im Terrarienbau üblich gewählt werden. Ihr Zoofachhändler hat mit Sicherheit einen Aquarien- bzw. Terrarienbauer an der Hand, der Ihnen Ihr Wassernatterbecken maßgeschneidert baut.
Die Höhe des Wassernatterbeckens sollte mindestens 60 cm betragen. So kann man gestalterisch gut tätig werden. Bei Becken mit “Schubladenlandteil” gestaltet man den Luftraum am besten mit Polyurethanschaum (PU-Schaum). Man kann natürlich auch Steine, dicke Äste etc, benutzen, aber das Gewichtsproblem ist bei Verwendung solcher Materialien nicht zu unterschätzen.
In einem solchen Terrarium kann man nun das gesamte Verhaltensspektrum der wunderbaren Wassernattern beobachten.
Frank Schäfer
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