Es geht ein neues Schreckgespenst um in der EU: ein Pilz, der Salamander killt. Batrachochytrium salamandrivorans ist eine Pilzerkrankung, die in den Niederlanden und Belgien zu einem Massensterben unter Feuersalamandern (Salamandra salamandra) führte; auch in Deutschland und Großbritannien ist die Krankheit bereits nachgewiesen. Der Pilz ist ein enger Verwandter des Froschlurche befallenden Chytrid-Pilzes (Batrachochytrium dendrobatidis), der seit den 1980er Jahren eine weltweite Epidemie darstellt, die manche Frosch-Arten schon an den Rand der Ausrottung brachte.
Wie beim Chytrid-Pilz ist auch bei Batrachochytrium salamandrivorans (im Folgenden kurz Bsal genannt) unklar, warum und wie er wirkt. Bei manchen Arten der Schwanzlurche – wissenschaftlich: Caudata, hierzu zählen alle Molche, Salamander, Axolotl und Olme – ist er praktisch wirkungslos, bei anderen fast 100%ig tödlich. Das tückische ist: symptomlos bleibende jedoch infizierte Tiere können als Überträger der Krankheit dienen.
Der sichere Nachweis des Bsal gelingt nur über einen so genannten qPCR-Test, dessen Zuverlässigkeit allerdings erst dann gegeben ist, wenn mindestens 62 Individuen eines Bestandes untersucht wurden; dafür werden Hautabstriche der Tiere gemacht. Die Krankheitssymptome von Bsal sind ziemlich unspezifisch, meist treten Hautdefekte und Geschwüre auf. Solche Symptome sind zwar ein ernst zu nehmender Warnhinweis, aber keineswegs ein Beweis für eine Bsal-Infektion.
Unbehandelt führt Bsal bei vielen erkrankten Tieren empfänglicher Arten zum Tod, doch gibt es Behandlungsmethoden, die den Pilz nach bisheriger Kenntnis sicher abtöten. Zwei davon werden in der EU-Verordnung ausführlich beschrieben und als zur Quarantänisierung geeignet genannt. Die bequemere ist die Temperaturmethode. Mindestens 12 Tage bei 25°C gehaltene Salamander und Molche gelten anschließend als pilzfrei. Leider sterben jedoch etliche Spezies der Caudaten bei Temperaturen über 18°C nach relativ kurzer Zeit, so dass diese Methode nicht für alle Arten in Frage kommt. Für diese gibt es noch eine chemische Behandlung: Haltung der Tiere bei einer Temperatur von mindestens 20 °C während mindestens zehn Tagen, kombiniert mit einer Behandlung mit Polymyxin-E-Tauchbädern (2 000 IE/ml) für die Dauer von zehn Minuten zweimal täglich, gefolgt von der Anwendung von Voriconazol-Spray (12,5 μg/ml). Die EU-Verordnung erlaubt auch ausdrücklich jede weitere Behandlung mit vergleichbaren Ergebnissen bei der Ausmerzung von Bsal, wenn diese „in einem Artikel dargelegt, der einer Peer-Review unterzogen und in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht wurde.“
Woher Bsal kommt und warum er plötzlich ausbrach, ist unbekannt. Die EU vermutet – gestützt auf eine Studie der EFSA (European Food Safety Authority) „Scientific and technical assistance concerning the survival, establishment and spread of Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) in the EU“, EFSA Journal Vol 15, Issue 2 (2017) – importierte Caudata aus Asien zum Zwecke der Terrarienhaltung als Quelle des Übels. Das ist allerdings wissenschaftlich nicht bewiesen. Dennoch wurde jetzt eine Notverordnung erlassen, die von tiefgreifender Auswirkung auf das Hobby ist, da sie auch die wenigen temperaturtoleranten, seit Dekaden gezüchteten Arten Axolotl (Ambystoma mexicanum), Rippenmolch (Pleurodeles waltl) und Marmormolch (Triturus marmoratus), sowie die einzige in großer Stückzahl aus China importierte, ebenfalls sehr temperaturtolerante Art, den Chinesischen Zwergmolch (Cynops orientalis) betrifft. Andere Caudata sind fast ausschließlich bei Spezialisten anzutreffen, da sie aufgrund ihrer Temperaturansprüche und versteckten Lebensweise für eine Haltung in Wohnräumen wenig geeignet sind.
Demnach dürfen ab dem 6. September 2018 keine Caudata mehr in die EU impotiert werden und auch keine Molche und Salamander innerhalb der EU grenzüberschreitend gehandelt werden, sofern sie nicht einer strengen Quarantäne-Prozedur und einem großen bürokratischen Aufwand unterzogen werden. Bis zum 6. September 2018 gilt ab sofort (28. Februar 2018) eine Übergangsfrist. Die Notverordnung gilt bis zum 31. Dezember 2019.
Den exakten vollständigen Text der Verordnung (DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2018/320 DER KOMMISSION vom 28. Februar 2018 über bestimmte Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit beim Handel mit Salamandern innerhalb der Union und bei der Verbringung solcher Tiere in die Union im Hinblick auf den Pilz Batrachochytrium salamandrivorans) kann man hier herunterladen: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018D0320&from=EN
Kurz zusammengefasst werden folgende Maßnahmen angeordnet:
Wer mit Caudata handeln möchte, muss eine von einem Amtstierarzt genehmigte Quarantäneanlage besitzen, bei der sicher gestellt ist, dass keine infizierten Tiere oder mit Bsal kontaminiertes Material in die Natur oder in andere Haltungen gelangen kann.
Tiere, die in den Handel gelangen sollen, müssen einer vom Amtstierarzt überwachten Quarantäne unterzogen werden, bei der sie ggf. einer der oben geschilderten Behandlungsmethoden unterzogen werden müssen.
Nur solche Tiere dürfen in den Handel gelangen, bei denen eine Befallsfreiheit von Bsal vom Amtstierarzt bescheinigt wurde.
Der allerwichtigste Rat für alle gewerblichen Händler, die mit Caudata handeln und weiter handeln wollen (ACHTUNG: das gilt auch für Axolotl!) ist darum, sich schnellst möglich mit dem zuständigen Amtstierarzt zu besprechen. Ohne dessen Unterstützung ist ein legaler Handel mit Caudata nicht mehr möglich.
Und was bedeutet die Verordnung für private Halter und Züchter? Wir haben dazu einen kleinen Fragenkatalog dem Rechtsanwalt Dietrich Rössel vorgelegt, der sie uns demnächst beantworten will (wird nachgereicht).
Frank Schäfer
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Hallo,
wo findet man den Frage- und Antwortkatalog, welcher in dem Text erwähnt wurde?
Hallo Herr Kohl, leider haben wir die entsprechenden Antworten noch nicht vorliegen, evtl. ist noch zu viel Dynamik bzw. Interpretationsspielraum vorhanden um zuverlässige Aussagen treffen zu können. Wir bleiben dran und reichen es schnellstmöglich nach.
Hallo Herr Meisinger, leider gibt es hier noch nichts Neues. Aus rechtlicher Sicht ist es wohl noch schwer abschätzbar da keine Urteile vorliegen. Allerdings wurde in einer der Fachgruppen ein sehr interessanter Beitrag geleistet, hier müssen wir noch abklären ob dies veröffentlicht werden darf. Hoffe wir können demnächst die entsprechenden Informationen liefern…
Und was bedeutet die Verordnung für private Halter und Züchter? Wir haben dazu einen kleinen Fragenkatalog dem Rechtsanwalt Dietrich Rössel vorgelegt, der sie uns demnächst beantworten will (wird nachgereicht).
Gibt es hier schon einen neuen Stand?