Das ist ja die Härte!

Die Wasserhärte ist einer der wichtigsten chemischen Parameter im Aqua­rium. Da die Wasserhärte auch über die Aquaristik hinaus zuhause von großer Bedeutung ist, sollte eigentlich jeder wissen, was es mit ihr auf sich hat.

Pamukkale in der Türkei. Der aus dem Wasser ausgefällte Kalk bildet die herrliche, schneeweiße Wunderlandschaft.

Hartes Wasser – weiches Wasser

Wie kommt es eigentlich zu diesen Begriffen? Ein Bauchplatscher tut schließlich immer gleich weh, egal ob das Schwimmbad mit hartem oder weichem Wasser gefüllt ist! Die Begriffe „hart“ und „weich“ beim Wasser wurden im Zusammenhang mit dem Ver­brauch von Seife erfunden. Brauchte man viel Seife, bis es zur Schaumbildung kam und war der Seifenschaum kleinblasig und „hart“, so sprach man von hartem Wasser, schäumte die Seife hingegen schnell und war der Schaum cremig-zart, so hatte man weiches Wasser. Das ist bis heute von großer prak­tischer Bedeutung, denn bei hartem Wasser braucht man viel mehr Waschpulver oder Seife, um einen Reinigungseffekt zu erzielen, als in weichem Wasser. Ob zuhause hartes oder weiches Wasser aus dem Wasserhahn fließt, sieht man sehr gut im Handwasch­becken. Bildet sich, wenn man die Hände regelmäßig mit Seife wäscht, schnell ein stumpfer Belag auf der Oberfläche der Wasch­schüssel, hat man hartes Wasser, bleibt das Waschbecken tagelang glatt und glän­zend, obwohl man kein Ferkel ist, hat man weiches Wasser.

Malawibuntbarsche, hier Pseudotropheus sp. “Daktari”, gedeihen in mittelhartem bis hartem Wasser besser, da sie pH-Werte unter 8 kaum ertragen können.

Die Ursachen von hartem Wasser

Unser Trinkwasser, das aus der Leitung fließt, wird gewöhnlich aus Grundwasser gewon­nen, manchmal handelt es sich auch um aufbereitetes Wasser aus einem großen, an der Erdoberfläche befindlichen Wasser­körper, also einem Fluss oder einem See. Immer hatte das Trinkwasser also Kontakt mit Erde und Gestein; und Erde und Gestein enthalten Bestandteile, die wasserlöslich sind, darunter Kalzium*- und Magnesium-Verbindungen. Und das sind die Härte­bildner. Enthält ein Wasser also viele dieser Kalzium- und Magnesium-Verbindungen, so hat man hartes Wasser, sind nur wenige Kalzium- und Magnesium-Verbindungen darin, so hat man weiches Wasser. Wissen­schaftlich korrekt ausgedrückt muss es heißen: die Gesamthärte gibt die Summe aller im Wasser gelösten Erdalkali-Ionen an.

*Das Wort „Kalzium“ wird im Deutschen mit „K“ geschrieben, wenn es sich um den Alltagsgebrauch des Wortes handelt, mit „C“ am Anfang, wenn das chemische Element gemeint ist – man kann also beide Schreib­weisen verwenden.

Erdalkali-Ionen

Die Erdalkali-Metalle sind chemische Ele­mente. Sie heißen Beryllium (Be), Magnesium (Mg), Calcium (Ca), Strontium (Sr), Barium (Ba) und Radium (Ra). Von diesen kommen jedoch nur Calzium- und Magnesium-Ionen in so hoher Konzentration im Wasser vor, dass sie in der Praxis berücksichtigt werden müssen. Diese Ionen haben eine positive Ladung, es handelt sich also um Kationen. Die für die biologischen Auswirkungen der Härte im Wasser zuständigen, negativ ge­ladenen Gegenstücke der Erdalkali-Ionen – die Anionen – sind Karbonate, das sind Mole­kül-Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasser­stoff und Sauerstoff.

Was ist ein Ion?

Apple-User mögen denken, es han­dele sich dabei um eine neue, geniale Erfindung aus der Ideen­schmiede von Steve Jobs. Aber es schreibt sich nicht i-On, sondern Ion und ist nichts weiter als ein elek­trisch geladenes Teilchen – Atom oder Molekül – das zusätzliche Elek­tronen aufgenommen oder ur­sprünglich vorhandene Elektronen abgegeben hat. Es erreicht dadurch einen chemisch stabileren Zustand. Hat ein Ion Elektronen abgegeben und dadurch eine positive Ladung angenommen, so heißt es Kation, ist das Ion durch die Aufnahme zu­sätzlicher Elektronen negativ gela­den, so nennt man es Anion. Ein be­kanntes Beispiel: warum löst sich Kochsalz in Wasser auf? Kochsalz besteht – chemisch gesehen – aus einer Verbindung von positiv gela­denem Natrium- und negativ gela­denen Chlor-Ionen. Gibt man Koch­salz in Wasser, so lagern sich um das positiv geladene Natrium-Ion und um das negativ geladene Chlor-Ion Wassermoleküle an. Wasser (H2O) besitzt vom Wasserstoff (H) nämlich eine positive Ladung, vom Sauer­stoff (O) eine negative Ladung. Wie bei Magneten ziehen sich positive und negative Ladungen an. So lange es genug Wassermoleküle gibt, la­gern sie sich an die Ionen des Koch­salzes an, das Salz löst sich auf. Irgendwann ist aber die Lösung ge­sättigt und es ist nicht mehr mög­lich, weiteres Salz aufzulösen: es rieselt unaufgelöst zu Boden des Gefäßes, in dem man den Versuch macht. Beim Auflösen von Kochsalz in Wasser wird Energie benötigt, weswegen sich die Lösung abkühlt.

Durch die Keilfleckbarbe erkannte man die Bedeutung der Wasserhärte für die Zierfischzucht.

Gesamthärte

Die Gesamthärte wurde bereits definiert: Sie ist die Summe aller Erdalkali-Ionen-Konzen­trationen im Wasser. Gesamthärte heißt sie, weil sie sich aus zwei Komponenten zu­sammen­setzt, der Karbonathärte und der Nicht-Karbonathärte. Diese beiden Begriffe werden gleich noch erläutert. Kalzium und Magnesium sind für den Körper sehr wichtig; ihretwegen trinken wir Mineralwasser, die sehr viel von diesen Kationen enthalten. Mit den waschaktiven Bestandteilen der Seifen, den Tensiden, bilden diese Erdalkali-Katio­nen jedoch wasserunlösliche Verbindungen, die Kalkseifen, die keinerlei Reinigungskraft haben. Die Tenside der Seifen sind nämlich anionisch. Darum braucht man in hartem Wasser so viel mehr Seife.

Karbonathärte

Die Karbonathärte beschreibt den Anteil der Gesamthärte, der durch das Anion Hydro­gencarbonat gebildet wird. (Chemisch ge­sehen ist das falsch, denn eigentlich geht es auch hier um einen Teil der insgesamt die Härte ausmachenden Kationen Calzium und Magnesium, in der Praxis ist diese Un­korrektheit aber bedeutungslos, da beide Erdalkali-Ionen äquivalent zu dem Hydro­gen­carbonat-Ion vorhanden sind). Hydro­gen­carbonat steht mit Kohlendioxyd (bzw. Kohlensäure) in einem Gleichgewicht, das u.a. temperaturabhängig ist. Steigt die Temperatur, so sinkt die Löslichkeit für Kohlendioxyd im Wasser; das Kohlendioxyd  entweicht und aus dem Hydrogencarbonat bildet sich Kesselstein, der als weißer, stein­harter und praktisch wasserunlöslicher Belag ausfällt. Dieses Phänomen kennt ja jeder aus dem Haushalt in Form von Verkalken von Wasserkochern, Kochtöpfen oder Wasserhähnen.

Ist die Karbonathärte sehr hoch, dann „fängt“ das Hydrogencarbonat praktisch alles Kohlendioxyd ein; die Folgen sind ein hoher pH-Wert und hungrige Pflanzen.

Altum-Skalare, typische Weichwasserfische

Nichtkarbonathärte

Ein Teil der die Härte bildenden Erdalkali-Kationen hat als Gegenspieler-Anionen kein Hydrogencarbonat, sondern z.B. Sulfate (z.B. Gips), Chloride oder Nitrate. Da dieser Anteil der Gesamthärte nicht durch die Temperatur verändert werden kann, spricht man auch von der „bleibenden Härte“, im Gegensatz zur „vorübergehenden Härte“ der Car­bo­nate. Die Nichtkarbonathärte hat erfah­rungs­gemäß nur einen relativ geringen Einfluss auf das Leben im Aquarium. Allerdings muss man auch einen ziemlichen Aufwand betreiben, um die einzelnen Komponenten der Nichtkarbonathärte zu bestimmen, weshalb solche Analysen im Hobby kaum gemacht werden.

Hartes Wasser ist für die erfolgreiche Pflege von Korallen unabdingbar, denn sie brauchen den Kalk zum Aufbau ihres Skelettes.

Warum ist die Härte des Wassers wichtig?

Die Karbonathärte ist von großer Wichtigkeit für den Betrieb eines Aquariums. Denn sie sorgt dafür, dass der gewünschte pH-Wert, egal ob sauer oder alkalisch, stabil eingestellt werden kann. In einem harten Wasser kann man keinen stabilen sauren pH-Wert einstellen, in einem weichen Wasser keinen stabilen alkalischen.

Im Aquarium entsteht z.B. ständig Kohlendioxyd durch die Atmung der Fische und Pflanzen, sowie durch die Tätigkeit der Bakterien und Pilze, es wird aber auch ständig Kohlendioxyd verbraucht, das die Pflanzen zur Bildung von Zucker durch die Photosynthese benötigen. Die Folge ist eine ständige Verschiebung des pH-Wertes in einem ungepufferten Wasser, da Kohlendioxyd in Wasser gelöst Kohlen­säure ergibt und der pH-Wert (vereinfacht gesagt) anzeigt, wieviel Säure sich im Wasser befindet.

Außerdem bildet sich im Aquarium durch den Stickstoffabbau bei der chemischen Umwandlung der Verdauungsprokukte unserer Fische Salpetersäure. Diese Säure „frisst“ die Karbonathärte sozusagen auf, wodurch es irgendwann zu plötzlichen und drastischen pH-Wertstürzen kommen kann.

Empfindliche Fische nehmen schon bei verhältnismäßig geringen Verschiebungen des pH-Wertes Schaden. Ein sta­bi­ler pH-Wert gehört darum zu den wichtigsten Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Pflege und Zucht von Fischen, auch wenn die meisten Fischarten pH-Werte zwischen 6 und 8 zumindest zeitweise tolerieren.

Die Härte an sich, sowohl die Karbonathärte wie auch die Gesamthärte, ist den Fischen im großen und ganzen egal, denn auch so genannte Weichwasserfische wie Diskus, Neon oder Altum-Skalare werden in härterem Wasser nicht krank, aber die in der aquaristischen Praxis direkt an die Härte gekoppelte Stabilität des pH-Wertes (man nennt diese Stabilisierung des pH-Wertes durch das Hydrogencarbonat die „Pufferkapazität des Aquarienwassers“) ist für diese Fische von überlebenswichtiger Bedeutung. Wenn ich einen stabilen sauren pH-Wert im Aquarium einstellen möchte, so darf die Karbonathärte einen gewissen Wert nicht überschreiten, sonst geht das einfach nicht.

Der pH-Wert ist für viele Fischarten (durchaus nicht für alle) aus mehreren Gründen wichtig, doch das soll an anderer Stelle erörtert werden.

Manche Pflanzen können dem Hydrogencarbonat Kohlendioxyd entziehen. Dann fällt wieder unlöslicher Kalk (Kesselstein) aus, der sich auf den Blättern als weiße Kruste niederschlägt. Dieser Vor­gang wird „biogene Entkalkung“ genannt. Die meisten unserer im Aquarium gepfleg­ten Pflanzen können das aber nicht und verhungern schlichtweg in einem Wasser mit hoher Karbonathärte – ganz abgesehen davon, dass weiße Kalkablagerungen auf den Pflanzen dem ästhetischen Empfinden der meisten Aquarianer nicht entsprechen und der Lichtbedarf derart verkalkter Pflanzen stark ansteigt.

Ist die Karbonathärte sehr niedrig, dann besteht die Gefahr, dass zuviel freie Kohlensäure entsteht und der pH-Wert sprunghaft absackt. Ein solches Ereignis kann für Fische tödlich sein. Auch der umgekehrte Fall kann ist stark be­pflanzten Aquarien mit zu niedriger Karbo­nathärte eintreten: Wenn nämlich morgens nach dem Lichteinschalten die Photosyn­these so richtig losgeht, kann u. U. alles freie Kohlendioxyd verbraucht werden, mit der Folge, dass der pH-Wert nach oben schnellt.

Wie misst man die Härte und wie macht man weiches oder hartes Wasser?

Das erfahren Sie in der nächsten Woche von Franky Friday. Nicht verpassen!

Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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