Kugelfische produzieren eines der wirksamsten Gifte des Tierreiches, das Tetrodotoxin. Bereits winzige eingenommene Mengen führen beim Menschen zum Tod durch Atemlähmung. Trotzdem (bzw. deswegen) ist Kugelfischfleisch als „Fugu“ eine beliebte Delikatesse in Japan. Köche benötigen eine jahrelange Spezialausbildung in der Zubereitung der Kugelfische, um Fugu anbieten zu dürfen. Dennoch kommt es alljährlich zu einigen Todesfällen unter den Feinschmeckern, die vermutlich wegen des in kaum noch nachweisbarer Konzentration anregend wirkenden Tetrodotoxins nicht auf den Fugu-Genuss verzichten wollen.
Stirbt in Japan ein Mensch in Folge des Genusses von Fugu, so wird seine Leiche einige Tage zur Abschreckung vor dem Restaurant des zubereitenden Koches aufgebahrt. Der Tod kommt bei falscher Zubereitung schnell, so dass die Opfer stets am Ort des Verzehres versterben.
Tödliche Mahlzeit in Bengalen
In anderen Teilen Asiens werden Kugelfische normalerweise nicht gegessen. Während der Fugu der Japaner eine relativ große (um 50 cm) marine Art ist, kommen im Süßwasser Asiens auch zahlreiche kleine Kugelfischarten vor. So z. B. in Bengalen (Indien) der kleine, kaum 8 cm lang werdende Leiodon (früher: Tetraodon) cutcutia. In Bengalen werden alle Fische gegessen, vom 3 cm langen Zebrabärbling (Danio rerio) bis zum meterlangen Raubwels Wallago attu.
Leiodon cutcutia wird nicht gezielt nachgestellt, aber die häufige Art findet sich immer wieder in den Zugnetzfängen. Offenbar ist dieser Süßwasserkugelfisch nur zu bestimmten Zeiten giftig. Jedenfalls ist sich die bengalische Bevölkerung der von diesen Tieren ausgehenden Gefahr nicht bewusst. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Kugelfische ganz normal auf die lokalen Fischmärkte kamen und auch Käufer fanden. So kam es jedes Jahr zu Meldungen in der Tagespresse von Kalkutta, dass Menschen wegen des Verzehrs von dem dort „Tepa“ genannten Kugelfisch verstarben. Inzwischen hat die indische Regierung den Verkauf des Fisches verboten.
Überraschende Entdeckung in Thailand
Dieses Wissen im Kopf staunte ich nicht schlecht, als unsere kleine Expedition, bestehend aus Georg Rossmann, Izaak den Daas und mir, in einer Ansiedlung von Berufsfischern am Stausee von Pak Chong (Zentral-Thailand) einen Wok entdeckte, in dem ganze Kugelfische im siedenden Öl bruzzelten. Offenbar waren die Fische noch lebend ins Öl geworfen worden, denn sie waren aufgeblasen. Keinesfalls konnten die Tiere aber ausgenommen gewesen sein. Dabei gelten die Gonaden (inneren Geschlechtsorgane) und die Haut als die giftigsten Teile des Kugelfisches.
Bakterien als Giftköche
Zumindest beim Fugu (es handelt sich dabei hauptsächlich um die Art Takifugu rubripes, siehe http://www.picture-worl.org/tokyo-japan-food-fugu-aquarium-restaurant.html) wurde nachgewiesen, dass es nicht die Kugelfische selbst sind, die das Tetrodotoxin produzieren, sondern bestimmte Bakterien, die die Kugelfische aufnehmen müssen. Künstlich erbrütete und unter sterilen Bedingungen aufgezogene Fugu sind demzufolge nicht giftig, werden es aber, sobald sie in ihre natürliche Umhebung entlassen werden. Sollten etwa im See von Pak Chong die notwendigen Bakterien fehlen und die Kugelfische tatsächlich ungiftig sein? Ich befragte die Fischer intensiv und hartnäckig, ob es denn je zu irgendwelchen Vergiftungserscheinungen nach dem Verzehr von Kugelfisch gekommen sei, ob man sie zu bestimmten Zeiten nicht essen dürfe, ob es eine besondere Zubereitungweise gäbe und so weiter. Ich ging ihnen offensichtlich gehörig auf die Nerven, denn schließlich sagte einer der Fischer, um mich loszuwerden: Ja, gelegentlich empfände er leichten Schwindel nach dem Verzehr von Kugelfisch, aber nur, wenn er mehr als vier Flaschen Bier dazu tränke!
Pak-Chong-Kugelfische im Aquarium
Wie auch immer, ich würde diese Fische nicht freiwillig essen. Wir konnten den Fischern einige lebende Exemplare, die noch nicht im Wok gelandet waren, abkaufen. Es handelte sich um Vertreter der Gattung Pao, einer systematisch sehr komplexen Fisch-Gruppe, die bis heute nicht richtig verstanden ist. Man spricht am einfachsten von der Pao-leiurus-Gruppe. Es besteht keine Einigkeit unter den Fachwissenschaftlern, wie die Art der Pao aus dem See bei Pak Chong zu benennen ist. Manche halten sie für die Art Pao palustris, während andere die Art P. palustris nicht anerkennen und für ein Synonym zu P. brevirostris halten.
Im Aquarium verhielten sich die Kugelfische von Pak Chong so, wie man es von den Arten des Pao-leiurus-Artenkomplexes erwartet. Nach einer Eingewöhnungszeit von einigen Wochen, in der sie friedlich beisammen lebten, wurden sie untereinander bissig und unverträglich. Die Haltung ist leicht, aber nur im Artenbecken möglich.
Frank Schäfer
Mehr Lesestoff zum Thema Kugelfische gibt es hier: https://www.animalbook.de/navi.php?qs=kugelfisch
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Hallo,
dass die Leiche eines Vergifteten in Japan vor dem Restaurant aufgebahrt wird, halte ich für eine Mär… Belege bitte.
Hallo,
ganz ausschließen, dass es sich dabei um eine „Zeitungsente“ handelt, kann ich nicht; ich habe das nicht selbst gesehen. Die Aussage bezieht sich auf einen Artikel (mit Photos) in einem englisch-sprachigen Magazin, das im Speiseraum der Khao Yai Garden Lodge zur Zeit unseres letzten Besuchs dort (März 2006) auslag. Ich glaube mich zu erinnern, dass es ein seriöses Magazin war, ich glaube National Geographic, aber das mag falsch sein. Wenn es eine Fake-Story war, dann eine gute…
Gruß
Frank Schäfer
– editor AQUALOG –